Mary Shelley - Frankenstein

  • Eine sehr gute Entscheidung, Michael! Mammut Und ich bin sehr interessiert, wie es dir gefallen wird.


    Bitte nicht von dem entsetzlich drögen Intro abschrecken lassen.

    (Un)Fun fact: Mary Shelley hat den Roman an einem späteren Punkt beginnen lassen (zumindest im Original ist der auch ganz deutlich am Stilwechsel erkennbar), aber Percy redete ihr ein, dass das so nicht ginge und lektorierte ihr eben diesen Anfang rein - heißt, er formulierte auch wesentliche Teile davon. Soweit ich weiß ist leider bislang kein Versuch unternommen worden (oder vielleicht existiert das Material nicht mehr?), den Roman in der von Mary Shelley eigentlich intendierten Version zu veröffentlichen - also so eine Rekonstruktion wie Joshi es bei Lovecraft macht.

    EDIT: Ich muss mich korrigieren: diese Originalfassung gibt es!


    Als Studienausgabe gilt (oder galt Mitte der 90er) das Penguin Classics. Wenn es dir darum geht, eine passgenaue Übersetzung zu finden, könntest du dort in den Anfang reinlesen und dann eben vergleichend in die der deutschsprachigen Fassungen.


    Penguin bietet grad eine Deluxe-Ausgabe als kommentiertes Hardcover an, vielleicht nehme ich dein Lesevorhaben als Anlass, das als Zweitausgabe anzuschaffen und noch mal zu lesen. Es ist so anders als als die ganzen Mythen um das Motiv, und hat mir damals extrem gut gefallen. Passend dazu könntest du dich mit Ken Russells Gothic einstimmen - hab ich neulich zum x-Mal gesehen und der ist wahnsinnig gut gealtert. Auch, wenn er eigentlich auf die große Leinwand gehört.

  • Ich habe mir jetzt die gebundene Ausgabe aus dem Anaconda Verlag zugelegt. 8€ ist echt günstig, der Umschlag in Rosa ein wenig schräg. Man sollte meinen, das passt nicht zu dem Inhalt. Allerdings muss ich nach 90 Seiten einräumen, der Roman ist schwülstig, die Personen selbstgefällig und Viktor Frankenstein ein eitler Popanz. Ach, das wird ein schwerer Gang und ich bin nicht sicher, ob ich bis zum Ende durchhalte. Die Liebe und die Familie und überhaupt. Trotz allem, eine interessante Leseerfahrung für mich.

  • Ich habe es genau vor einem Jahr erstmals gelesen, zu oft eine Verfilmung gesehn,

    als das ich wirklich Lust auf die Lektüre gehabt hätte. Die Erschaffung der Kreatur,

    wird erstaunlicherweise sehr knapp abgehandelt, dafür sind deren Fähigkeiten um

    so erstaunlicher. Die Frage, was macht den Mensch aus, und Victor s Jagd der Kreatur

    gefiel mir sehr gut. Der Roman ist anders wie ich mir gedacht habe, aber lesenswert.

  • Als Literaturwerk ist "Frankenstein" ein Meisterwerk. Als Horror-Roman entspricht er vielleicht nicht mehr den heutigen Standards, aber ungeachtet des Genres hat Mary Shelley einen großen und nahezu unsterblichen Roman erschaffen.


    Die Geschichte scheint manches zu zeigen, was für die damalige Zeit typisch war, aber sich auch in der heutigen Zeiten noch weltweit finden lässt. Die Autorin hat etwas über das Leben und die Menschen geschrieben, das eine allgemeine Essenz erfasst und ergründet.

    Veränderungen und Fortschritte von damals zu heute scheinen sich beim Lesen bzw. beim Darüber-Nachdenken ebenso ermitteln zu lassen, aber mit der Erkenntnis, dass erst ein kleiner Schritt gemacht ist und noch ein weiter Weg vor der Menschheit liegt sowie dass solche Erfolge von einigen Menschen gerne rückgängig gemacht würden bzw. nicht jeder mit solchen Veränderungen zurechtkommt.


    Die Emotionen, Sehnsüchte und kontroversen Sichtweisen fand ich von Shelley zudem nachvollziehbar beschrieben.

    Auch wie Frankenstein ein Spezialinteresse entwickelt und in dem Zusammenhang auf unterschiedliche Sichtweisen und Lehren von Seiten der Gelehrten trifft und schließlich seine eigene Philosophie herausarbeitet und seinen eigenen Weg findet, konnte ich gut nachfühlen.


    Aus heutiger Sicht lässt die Geschichte um Victor Frankenstein und seinem "Monster" sich außerdem auf verschiedene Weise deuten.


    Die Geschichte mal im Original lesen zu können, würde auch mich reizen. Unter anderem um den Schreibstil der Autorin mal unverfälscht erleben zu können.

  • Da wir gerade beim Thema sind ...

    welche deutsche M.-Shelley-Biografie haltet ihr für die Beste?

    (Vielleicht hat ja jemand schon eine gelesen.)

    Ich liste mal kurz an dieser Stelle die kleine Zahl auf, um Interessierte die Recherche zu ersparen:

    - Alexander Pechmann

    - Muriel Spark

    - Karin Priester

  • - Karin Priest

    - Karin Priester

  • Allerdings muss ich nach 90 Seiten einräumen, der Roman ist schwülstig, die Personen selbstgefällig und Viktor Frankenstein ein eitler Popanz. Ach, das wird ein schwerer Gang und ich bin nicht sicher, ob ich bis zum Ende durchhalte.

    Oh oh. Ich bin inzwischen zur Überzeugung gelangt, dass wir damals im Seminar bereits die Urfassung von 1918 lasen. Da ist dann nur Percys 70-Seiten-Anfang nervig (kitschig, laberig), aber der Rest eigentlich nicht. Wenn ich dein Urteil höre, Michael, rate ich fast: brech das ab und lies die Urfassung. Gibt es auch bei Penguin DE / Anaconda, und zwar interessanterweise von Alexander Pechmann übersetzt.

    Die Presse schrieb dazu:

    »Alexander Pechmanns Neuübersetzung der Erstausgabe von 1818 bringt das aus heutiger Sicht etwas verschnörkelte Englisch des frühen 19. Jahrhunderts in ein klares Deutsch, ohne seinen oft schwärmerischen Ton zu verfälschen. Die Ausgabe ist darüberhinaus besser kommentiert als manche englische.«

    Süddeutsche Zeitung, Nicolas Freund (04. January 2018)


    Das jedenfalls entspricht meinem - überwältigend positiven - Leseerlebnis damals, wobei wir ja auch eine englische Penguin-Classics-Ausgabe vorliegen hatten. Da kann ich Tintenkiller s schönem Lob kaum etwas zufügen. Ich nehme jetzt im Nachhinein an, dass ich die editierte Version nie gelesen hab. Es wäre doch schade, wenn sich deine Meinung zum Buch so durch das Edit/Rewrite verziehen würde. Das ist eigentlich ein sehr frischer, moderner Roman (Form Follows Function bzw. Follows Motif, wenn man den Untertitel - der moderne Prometheus - bedenkt).

    Denke auch nicht, dass ich es im Nachhinein geschönt sehe, denn wir lasen im gleichen Seminar auch Ann Radcliffe, und der Kitsch-/Laber-Overkill da hätte mich um ein Haar gekillt.


    Albico Dass Pechmann Shelley auch übersetzte - und wenn man der Süddeutschen glaubt, wohl mit extrem sensibler Hand - macht seine Biografie natürlich extrem interessant. Vielleicht ist dann ja auch der so gelobte Kommentar in der deutschen Penguin-Übersetzung von ihm, würde zumindest sehr nahe liegen. Vielleicht schaffe ich mir die an, obwohl meine Tendenz da automatisch in Richtung englischsprachiges Original gegangen wäre. Wirklich super Tipp, danke sehr!

  • Ich gebe zu, ich habe Frankenstein noch nicht gelesen und wollte das dieses Jahr nachholen. Jetzt gibt es unzählige Ausgaben.

    Daher die Frage: Welche Ausgabe könnt ihr empfehlen?

    Hier ist noch ein recht interessanter Artikel zum Thema, den ich beim Suchen gefunden habe:


    "It's alive!" und doch vergriffen: Frankenstein, Dracula und die Tücken des Urheberrechts
    Zu Halloween werden sie wieder hervorgeholt: Frankenstein, sein Monster und Graf Dracula
    www.telepolis.de


    Welche Übersetzung wohl die beste ist, habe ich bis heute noch nicht herausgefunden. Ich werde es zuerst mit Pechmann versuchen, nach der Ausgabe von 1818 und dann hole ich mir noch eine Zweite, irgendeine die der 1831 Ausgabe entspricht, die sich gut lesen wird.

    (Mir ist beim Kauf nur wichtig, dass die Übersetzung die Sprache der damaligen Zeit, somit den Originaltext widerspiegelt. Ich finde es ganz furchtbar, wenn historische Erzählungen in unsere Alltagssprache übersetzt werden.)

  • Die Qualität der Pechmann-Übersetzung würde mich interessieren. Seine Arbeiten fand ich bisher immer gut.


    Er übersetzte vor Frankenstein noch einen anderen Text der Shelleys:


    Percy B. Shelley / Mary Wollstonecraft Shelley: Flucht aus England. Reiseerinnerungen und Briefe 1814-1816 - Perlentaucher


    ... und er hat übrigens auch selbst über Shelley geschrieben:


    Alexander Pechmann: Mary Shelley. Leben und Werk - Perlentaucher