Ich weiß, ich komme als letzte zur Party, aber wegen eines Essays hab ich mich gestern nun endlich an Blade Runner 2049 gewagt. Mein Zögern weil: Das Original hat mich unüberraschenderweise damals im Kino enorm stark beeindruckt und geprägt, zudem bin ich generell kein Freund von Sequels, Remakes (auch, wenn es davon einige grandiose gibt!), und einer Ver-Franchisierung von eigentlich als Solitär geplanten und in sich abgeschlossenen Filmen.
Blade Runner 2049 hat mich mit Abstrichen wesentlich stärker begeistert als ich erwartete, bis ca. 70% der Laufzeit war ich wirklich vollkommen hingerissen - im Grunde vom allem: Settings, Kamera, Schauspiel, Plot, Pacing, all die liebevollen Details und die respektvollen Zitate aus dem Original.
Gosling - den ich bislang gar nicht mochte - spielt ja unfassbar gut, feine Nuancen ohne menschelnde Überzeichnungen, aber auch ohne zu viel Androiden-Kälte. Hammer! Es hat mir sogar gefallen, dass nicht wieder ein Einzelgängermotiv genommen wird, sondern die Hauptfigur in einer durchaus sehr romantischen, aber auch sozusagen einer 'intellektuell-philosophisch relevanten' Beziehung ist. Auch grandios wie immer: Dave Bautista. LOVE! Hätte seine Screentime gern mit Fords vertauscht gesehen.
Die Settings / Szenenbilder sind einfach ein Fest, und es wundert mich nicht, dass es v.a. tatsächliche Miniaturen, Setbauten und reale Gebäude waren. Diese Haptik, Sinnlichkeit ist durch CGI allein einfach nicht zu erreichen. Auch waren wohl die WETA-Studios involviert. Ich hab mir den Film als VoD geliehen, werde mir den aber bei dem Kanal nun kaufen.
Leider hat etwas imA gar nicht gefunzt: Deckard. Villeneuve hat ja eigentlich trotz aller toller Querverweise einen sehr individuellen, eigenständigen Film gedreht. Bis Deckard ins Spiel kommt, ist das imA eine perfekte Balance. Dann aber lehnt sich der Film plötzlich extrem eng ans Original an, spinnt Stories / Figuren weiter, die so nicht angelegt waren und das bringt alles aus dem Gleichgewicht. Zudem, in der Hoffnung, niemandem auf die Füße zu treten: Harrisson Ford ist einfach kein Charakterdarsteller. Action ja, Han Solo und den jungen Deckard ja (der bissl ähnlich war wie Mills in Se7en).
Aber hier kommt er einfach nicht mit. Auch fand ich den Showdown im Wagen stark slapstick-artig und lächerlich, auch zu ausgewalzt. Ab Fords Auftreten war ich mit einem Schlag aus dem Film raus.
Auch hat sich mir der Twist (den ich an sich sehr gut finde) hinsichtlich einer Sache nicht erschlossen: Warum sollte ihm Stelline verschweigen, dass die Holzpferdsache nicht seine Erinnerung war? Hier wäre der Film letztlich zuende gewesen, ohne Deckard, und ich meine: Warum nicht? Wäre das nicht vielleicht die klügere Lösung gewesen?
Und das Mädel ist ja praktisch 'hidden in plain sight', wenn man davon ausgeht, dass so ein komplexes Wohnlaboratorium sicher die Aufmerksamkeit der LAPD auf sich gezogen hätte. Bin unsicher, wie ich das finden soll.
Fun fact: In der Kennenlernszene K / Mariette an dem Imbißstand spricht sie beim Gehen einen Satz Finnisch. Das ist sogar korrekt und passt. Wär mal interessant, warum, denn dies ist das einzige Mal und keiner der anderen Frauen spricht offensichtlich die Sprache.
Einen Extrapunkt dafür, dass Brutalismus auch im Positiven gezeigt wird, nicht nur als dystopisch, sondern auch als Schutzraum (für Stelline). Und Ks Apartment hätte ich durchaus sehr gern! (Ohne die Typen, die im Hausflur rumhängen, aber dasselbe Problem hab ich in der Realität auch, also ...).



Barozzi Velgas nicht-realisiertes Neanderthal Museum als Filmset:
