Cody Goodfellow - Tiefenrausch


  • Verlag: Festa

    Umfang: 576 Seiten

    Originaltitel: Rapture of the Deep

    Übersetzung: Susanne Picard

    Erscheinungsdatum: 07.10.22


    "Zwölf Geschichten, bizarr und voll außergewöhnlicher Beschwörungskraft. Goodfellows ultimative Hommage an H. P. Lovecraft.

    Amerikanische Soldaten treffen im Irakkrieg auf Wesen, die weitaus schlimmer sind als Taliban-Terroristen.

    Jenseits unseres Schlafs existiert eine Dimension, in der albtraumhafte Götter regieren.

    Einem Toten werden auf kreative Weise all seine Geheimnisse entlockt.

    Ein morbides Geisterschiff macht die Weltmeere unsicher und am tiefsten Punkt unseres Planeten lauert ein unbeschreibliches Grauen …"


    Am Freitag erscheint endlich mal wieder ein Band aus "Lovecrafts Bibliothek des Schreckens". Das Cover ist zwar nicht sonderlich originell (Frau, Dreieck und irgendwas mit Tentakeln), aber ich mag es trotzdem. Besonders die Farbgebung. Außerdem erinnert es mich dezent an "Mandy", "The Void" und "Control". Sicherlich nicht die schlechtesten Assoziationen in Sachen Weird-Fiction/ Kosmisches Grauen/ Horror.

    Die Reihe kann seit ihrem Neustart bisher jedoch nicht wirklich überzeugen. Eigentlich war mMn alles bis auf "Tote Titanen, erwacht!" absolut verzichtbar und auch Wandreis Roman höchstens mittelmäßig – Dennoch bin ich auf "Tiefenrausch" gespannt.

    Von Cody Goodfellow hatte ich mal eine Geschichte in einer Anthologie gelesen, die ich mochte. Außerdem hat er mit Joseph S. Pulver zusammengearbeitet, ein paar Mal im "Vastarien" veröffentlicht und Laird Barron bezeichnet seine Erzählungen als "Lovecraft auf LSD"... klingt zumindest alles mal nicht schlecht.

    Hat das Buch hier sonst noch jemand auf dem Schirm? Oder schon mal etwas vom Autor gelesen?

  • Die Reihe kann seit ihrem Neustart bisher jedoch nicht wirklich überzeugen. Eigentlich war mMn alles bis auf "Tote Titanen, erwacht!" absolut verzichtbar und auch Wandreis Roman höchstens mittelmäßig –


    Etwas off topic, aber nachdem allgemein die Reihe angesprochen wurde. Wie ist denn Edward Lees Die Romanze von Dunwich?

    Das Grauen von Dunwich ist eine meiner liebsten Lovecraft-Geschichten. Von daher hatte mich das Buch schon irgendwie gereizt. Von Lee habe ich bisher nichts gelesen. Ich weiß nur, dass er als Paradebeispiel in Sachen Ekelhorror gilt. Aber kann der wenigstens schreiben oder bietet der nur eine Reihe an grenzwertigen Unappetitlichkeiten?

  • Da bin ich leider der falsche Ansprechpartner, col.race. Mit Lee und dem ganzen Ekelhorror kann ich nämlich wirklich absolut gar nichts anfangen. Ich hatte damals nur kurz reingelesen, mein Exemplar dann aber verkauft.

  • Das Lee Buch ist grausam, zuerst liest man Lovecraft, und ist begeistert und dann kommt Lee s

    Schmuddel Porno daher. Ehrlich es ist irgendwie nett, wenn man Lee s Humor und seine Art mag,

    dennoch grausam. War das Worst Book des 2020 Lesejahres von mir!

  • Ich weiß nur, dass er als Paradebeispiel in Sachen Ekelhorror gilt. Aber kann der wenigstens schreiben oder bietet der nur eine Reihe an grenzwertigen Unappetitlichkeiten?

    Ich hab noch nicht mehr als ein paar zusammenhängende Seiten durchgehalten, aber so ganze Bücher durchgeskippt. Dabei hab ich es damals ernsthaft mit jedem der wenigen Splatterpunk-Bücher probiert, das mir in die Hände fiel und die auch durchgelesen - weil ich eben Splatterfilme mag - und wollte das auch gern gut finden. (Die Bezeichnung wird ja nicht mehr verwendet, ich denke aber, das ist das gleiche Genre).


    Schreiben können? Ich denke nicht. Eigentlich wünschte ich mir eine härtere Version von Barkers Books of Blood - das ist es aber nicht. Simple Sätze / simple Syntax, simple - teils auch auf naiv oder dümmlich gebürstete - Sprache, reduzierter Wortschatz oder im Soziolekt geschrieben. Plot? Naja, well ... so ungefähr wie ein deutscher Billig-TV-Krimi ohne Buttgereits Charme. Headhopping, also chaotische Perspektive (das stört mich mit der Sprache zusammen am meisten). Die Gewalt ist nicht irgendwie transgressiv, sondern einfach so aus einer Spiessersicht 'genuesslich' ausgebreitet. Im Sinne von: Ein Wort ans andere gereiht. Schockierend ist das nicht, provozierend eigentlich auch nicht, weil es keinen Status quo infrage stellt. Wie im Grunde bei allem Prosa-Splatter empathiegestörte / empathielose Erzählhaltung (hier werfe ich mit Steinen aus dem Glashaus, das hab ich auch mal so gelöst). Es gibt zwar Probleme, aber keine literarischen Konflikte; eher nach dem Motto: Was ordentlich derb ist muss nicht noch komplex sein. Wie Martin Cell 71 sagt: Oft ist das auch ein Splatter-Porn-Mix, also massig sexuelle Gewalt. Carlton Mellick III schreibt sehr ähnlich.


    Irgendwie funktioniert Splatter im Text - als bewusster oder nicht-anders-gekonnter Trash - nicht halb so gut wie im Film. Weil viele Splatterfilme eben transgressiv sind und den Status quo infrage stellen (TCM - Original und erstes Remake, Evil Dead, Philospohy of a Knife, Visions of Suffering, La Horde, die alten XY of the Dead und der alte Maniac [explizit nicht das Remake], Mermaid in a Manhole, oder auch Splinter und Centipede, die nicht reiner Splatter sind ...).

    Wenn dich derb-splattrige, aber intellektuelle, ironisch-transgressive Schreibe interessiert, rate ich zu dem alten Blood & Guts in High School von Kathy Acker (grottenschlecht übersetzt als Harte Mädchen weinen nicht, stand in den späten 80ern für 10 Jahre auf dem Index). Das ist natürlich nicht ganz so episch detailliert, kann aber mAn noch ins Genre gezählt werden.

  • Aber Carlton Mellick III hat Fantasie und Ideen, der ist witzig, und den finde ich gut.

    Ach, das ist ja interessant! Das ging bei mir gar nicht (von ihm hab ich aber weniger gelesen als von Lee und erinnere mich an keine Details). Fantasie fehlt mir in dem Genre, das wäre ein Plus; witzig ist eher ein Hindernis. Im geschriebenen Splatter mag ich dann schon lieber Pathos.

    Nach deiner Einschätzung gucke ich aber mal in Mellick rein. Da sah ich keinen Unterschied zu Lee, das ist mal spannend.


    Beide erinnern mich übrigens an Marc Gore. Die Sachen fand ich vor 10 Jahren auch immer extrem unterhaltsam, bis er mir mal antwortete: "Äh, ich meine das eigentlich alles ganz ernst, und gar nicht ironisch!" ^^

  • Wenn dich derb-splattrige, aber intellektuelle, ironisch-transgressive Schreibe interessiert, rate ich zu dem alten Blood & Guts in High School von Kathy Acker (grottenschlecht übersetzt als Harte Mädchen weinen nicht, stand in den späten 80ern für 10 Jahre auf dem Index).

    Not my cup of tea, aber davon kam kürzlich eine Neuübersetzung beim März-Verlag raus - Bis aufs Blut. Zerfleischt in der Highschool. Deutschlandfunk Kultur meint zur Übersetzung: "Der neue Text von Johanna Davids ist zeitgemäßer, treffender, härter, derber und entwirrt manchen englischen Satz." Vielleicht für den ein oder anderen ja interessant.

  • Vielleicht für den ein oder anderen ja interessant.

    Oh, sehr gut zu hören! Das ist sinnvoll, denn Acker experimentierte ja mit Sprache, dabei auch mit Syntax. Schade, hab grad mal bissl gegoogelt und keine Leseprobe gefunden; hätte ich gern mal mit meinem Original verglichen.


    Martin Cell 71 Danke schön für den Tipp, das gucke ich mir dann mal mit einem frischen Blick an. [Cof]

  • Danke für eure Eindrücke. Somit kann ich auch weiterhin beruhigt einen Bogen um die Ergüsse des Hrn. Lee machen.

    Einen eleganten Stil hätte ich mir eh nicht erhofft. Aber zB ein Richard Laymon kann seine spätpubertären Exzesse oft genug immerhin spannend erzählen. So auf Pageturner getrimmt, was eine kurzweilige Lektüre bietet.

  • Ich habe ein paar bücher von lee gelesen, war am anfang mal was neues, aber weitere titel werde ich mir nicht von ihm besorgen. Die Romanze von dunwich war auch dabei. Was soll ich hier groß schreiben, die ideen von edward lee mögen im extrem horror bereich schon gut sein, aber sind für mich nicht recht mit der atmosphärischen cosmic horror schreibweise kompatibel. Bzw. Einfach nur unnötig. Ich glaub auch nicht, dass jemand durch edward lee plötzlich bock hat alles von lovecraft zu lesen. Von dem her einfach kein mehrwert.
    weder für extrem horror fans, noch für freunde kosmischen horrors.


    Laymon schreibt zwar auch recht einfach, aber im gegensatz zu edward lee ist er für mich einfach viel angenehmer zu lesen und prügelt den leser zum teil regelrecht durch die handlung. Er versteht es zu unterhalten. Wohingegen sich edward lee ständig in irgendwelchen ekligen beschreibungen verliert, das ist nach ner zeit dann einfach nur noch langweilig.


    Zum Thema: dank dem abo werde ich diesen titel dann nächsten freitag auch bekommen. Die englischen rezensionen haben mich schon sehr neugierig auf das buch gemacht, sie fallen recht positiv aus. Ich werde aber davor noch den 4 band lesen (was nicht leben darf), weil ich von der reihe immer das letzte buch am sub lasse. Ich denke, dass tiefenrausch vll. Das bisher stärkste buch der reihe werden könnte u. Freu mich drauf es zu lesen.

  • Goodfellow ist ein solider Erzähler, der leider auch den Hang zu unnötigen Gewaltdarstellungen und Schwarz/Weißmalerei hat. Ich kenne allerdings nur eine Geschichtensammlung von ihm, die ich abgebrochen habe, weil er explizite Grausamkeiten gegen Hunde geschildert hat. Vielleicht ist sein Potpourri breiter als das.

  • Schade, hab grad mal bissl gegoogelt und keine Leseprobe gefunden...

    Ich leider auch nicht, Katla.

    Goodfellow ist ein solider Erzähler, der leider auch den Hang zu unnötigen Gewaltdarstellungen und Schwarz/Weißmalerei hat

    Danke für deine Eindrücke, Erik. Hört sich doch eher abschreckend an. Mal abwarten. Mein Exemplar wurde heute verschickt und müsst morgen bei mir eintreffen...