Tobias Reckermann (Hg.) - Nighttrain: Windschatten: Geschichten aus dem Hinterhalt

  • Aktuell bei Nighttrain/Whitetrain ist eine wunderbare (ja ja, das muss ich wohl sagen, aber ich sage es auch gerne!) Anthologie mit Geschichten aus dem weiten Feld der Wired Fiction erschienen.


    Nighttrain: Windschatten: Geschichten aus dem Hinterhalt

    Tobias Reckermann (Hg.)

    Paprback, 120 Seiten

    http://whitetrain.de/shop.shtml




    "Dann kommt da dieser Moment, in dem man sich als Autor freischreibt, den Blinker setzt, ausschert und die drei Elemente miteinander verknüpft: Der Windschatten, der lange Blick zurück und der Aufbruch in neue literarische Genre." (aus dem Vorwort) Nighttrain: Windschatten versammelt dunkelfantastische Genregrenzgänge von Erik R. Andara, Sascha Dinse, Ina Elbracht, Christian Veit Eschenfelder, Alla Leshenko, Michael Perkampus, Tobias Reckermann, Philipp Schaab und Felix Woitkowski, eingeleitet durch ein Vorwort von Tobias Bachmann, mit einer Coverillustration von Svart Myr.

  • Ich bin zwar nicht Bachi, aber...


    Hat es eine spezielle Bewandtnis dass du diesen alten Thread wieder ausgräbst, Mammut? Könnte es evtl. am Vincent Preis liegen? Einen Preis hätte dieser Band jedenfalls definitiv verdient!


    +++


    Mein Liebesbrief:

    Nighhtrain hat mit ihren großartigen Anthologien Autoren (und mit ihnen, eine ganz spezielle Form des Horrors) nach Deutschland gebracht, die dort bisher kaum präsent waren. Es gab zwar auch zuvor vereinzelte Versuche "New Weird"-Literatur hierzulande zu etablieren, jedoch waren diese nie von besonders viel Erfolg gekrönt. Der Laird Barron-Band bei Golkonda war wohl eine finanzielle Katastrophe, die letzte Ligotti-Veröffentlichung, die eigentlich der Auftakt zu einer Reihe weiterer Bücher sein sollte, hat sich ebenfalls schlecht verkauft und ob wir jemals wieder etwas von Jeff Vandermeer lesen werden, steht momentan auch noch in den Sternen (hatte den Verlag diesbezüglich mal angeschrieben und eine eher ernüchternde Antwort erhalten). Man kann es Nighttrain daher mMn gar nicht hoch genug anrechnen, dass sie trotzdem mit solchen Projekten an den Start gehen, obwohl von Anfang an klar sein dürfte, dass man damit kein Geld verdienen kann.

    Ohne sie wäre ich auch nie auf so fantastische Autoren wie Matt Cardin, T.E. Grau, Christopher Slatsky, D.P. Watt usw. aufmerksam geworden. Und ohne sie wären diese Autoren wohl auch nie übersetzt worden.

    (Lobend muss hier natürlich auch noch Yellow King Productions mit ihrer "This Weird World"-Anthologie, die "Miskatonic Avenue" von Michael Perkampus und die Sammlung "Allem Fleisch ein Greuel" bei Medusenblut erwähnt werden!)


    Was "Windschatten" nun im Speziellen so besonders macht, ist die Tatsache dass man hier völlig auf "große" Namen aus Übersee verzichtet und ausschließlich Autoren aus dem deutschsprachigen Raum präsentiert, von denen man teilweise noch nie etwas gehört hat (Zumindest ging es mir so). Gerade weil dieser Band auf beeindruckende Weise deutlich macht, dass sich besagte Autoren qualitativ nicht im Geringsten vor ihren (oben erwähnten) Vorbildern verstecken müssen. Und wenn wir ehrlich sind, sah es nachdem Eddie M. Angerhuber ihre schriftstellerische Tätigkeit eingestellt hatte, diesbezüglich bei uns eher düster aus. Dass die Szene aber weiterhin sehr produktiv und alles andere als tot ist (und auch weit mehr zu bieten hat als die unzähligen Lovecraft-Epigone) macht "Windschatten" eindrucksvoll deutlich.

    “It is sometimes an appropriate response to reality to go insane.” (Philip K. Dick)

  • Was "Windschatten" nun im Speziellen so besonders macht, ist die Tatsache dass man hier völlig auf "große" Namen aus Übersee verzichtet und ausschließlich Autoren aus dem deutschsprachigen Raum präsentiert, von denen man teilweise noch nie etwas gehört hat (Zumindest ging es mir so). Gerade weil dieser Band auf beeindruckende Weise deutlich macht, dass sich besagte Autoren qualitativ nicht im Geringsten vor ihren (oben erwähnten) Vorbildern verstecken müssen. Und wenn wir ehrlich sind, sah es nachdem Eddie M. Angerhuber ihre schriftstellerische Tätigkeit eingestellt hatte, diesbezüglich bei uns eher düster aus. Dass die Szene aber weiterhin sehr produktiv und alles andere als tot ist (und auch weit mehr zu bieten hat als die unzähligen Lovecraft-Epigone) macht "Windschatten" eindrucksvoll deutlich.

    Das ist ja alles schön und gut. Aber welche der Geschichten in dem Band macht das jetzt deiner Meinung nach eindrucksvoll deutlich? Ich finde den Band durchaus gemischt.

  • Das ist ja alles schön und gut. Aber welche der Geschichten in dem Band macht das jetzt deiner Meinung nach eindrucksvoll deutlich? Ich finde den Band durchaus gemischt.

    Leichte Schwankungen gibt es doch in jeder Anthologie, Mammut. Ein Totalausfall war bei mir hier jedoch nicht dabei und ich fand dass alle Texte auf recht hohem Niveau waren. Um deine Frage jedoch ausführlich beantworten zu können, müsste ich den Band wahrscheinlich wieder lesen. Ist halt schon echt eine Weile her...

    In positiver Erinnerung geblieben sind mir jedenfalls:


    "Nachsehen" von Ina Elbracht

    "Sagittarius" von Christian Veit Eschenfelder

    "Das Zittern der Welt" von Erik R. Andara

    "Die Stadt der leuchtenden Schmetterlinge" von Philipp Schaab


    Besonders die Mischung aus "Blade Runner" und "Der Sandman" fand ich in "Nachsehen" ziemlich originell (und überraschend naheliegend). Ich bin aber auch generell großer Fan von E.T.A. Hoffmann und Philip K. Dick. Die Geschichte zählt neben "Sagittarius" zu meinen absoluten Highlights. Und Erik R. Andara geht sowieso immer...

    An die Beiträge von Tobias Reckermann und Michael Perkampus kann ich mich ehrlich gesagt jetzt spontan gar nicht mehr so genau erinnern, aber bei ihnen handelt es sich ebenfalls um Autoren, die ich eigentlich sehr schätze.

    “It is sometimes an appropriate response to reality to go insane.” (Philip K. Dick)

  • Nachsehen fand ich auch großartig. Genauso die Geschichten von Michael Perkampus und Sascha Dinse.

    An Sagittarius hab ich keine Erinnerung mehr außer das sie nicht mein Fall war. Die Geschichte von Schaab habe ich abgebrochen. Und die des Herausgebers war reiner Füllstoff.


    Die Geschichte von Michael lebt von ihrer Stimmung, da ist es schwer, die nach einiger Zeit zu fassen.


    Also ich finde schon das dieser dritte Band im Vergleich zu den ersten beiden ein wenig abfällt. Das ist jetzt nicht verwunderlich, aber deiner enthusiastischen Anfangsaussage kann ich nicht folgen.

  • An Sagittarius hab ich keine Erinnerung mehr außer das sie nicht mein Fall war. Die Geschichte von Schaab habe ich abgebrochen. Und die des Herausgebers war reiner Füllstoff.

    Ist halt alles Geschmackssache, Mammut. Mir haben die Geschichten gefallen...

    Die Geschichte von Michael lebt von ihrer Stimmung, da ist es schwer, die nach einiger Zeit zu fassen.

    Stimmt!

    An seine Geschichte aus "Nachtschatten" kann ich mich hingegen noch sehr gut erinnern. Die fand ich absolut großartig. Der Band ist aber auch wesentlich aktueller.

    Also ich finde schon das dieser dritte Band im Vergleich zu den ersten beiden ein wenig abfällt.

    Da würde ich dir sogar recht geben (auch wenn ich mir damit ein wenig widerspreche). Er ist aber immer noch besser als ein Großteil der üblichen deutschen Horror-Anthologien!

    ...deiner enthusiastischen Anfangsaussage kann ich nicht folgen.

    War meine Aussage zu enthusiastisch? Vielleicht. Aber es war ja auch ein Liebesbrief... da gehen eben manchmal die Pferde mit einem durch.

    "Windschatten" ist jedenfalls eine tolle Anthologie, die hier wesentlich mehr Beachtung verdient hätte.

    Und ich habe durch den Band ein paar interessante Autoren kennengelernt, von denen ich zuvor noch nie etwas gehört hatte - Was kann es denn Besseres geben?


    Von Ina Elbracht habe ich mir auch schon ein weiteres Buch bestellt...

    “It is sometimes an appropriate response to reality to go insane.” (Philip K. Dick)

    Einmal editiert, zuletzt von Cheddar Goblin ()

  • Im Übrigen hat ein Teil der im Windschatten versammelten Riege an AutorInnen für das Jubiläumsjahr des WHITE TRAINs (10 Jahre!) ja vielleicht noch etwas ganz Besonderes vor ...