Die Reihe „Mutabor. Phantastische Bücher“ – Motto „Mumien, Monstren, Mutationen“ – ist für Liebhaber und Sammler von Phantastik-Reihen ebenso unverzichtbar wie die „Bibliothek des Hauses Usher“, die „Bibliotheca Dracula“ oder die „Bibliothek von Babel“ (und ich nenne noch: „DuMont’s Bibliothek des Phantastischen“).
Worum geht’s?
Das Projekt aus dem Kleinverlag Achilla Presse (Mirko Schädel) bestand von 2001 bis 2010 und brachte es auf 7 Bücher bzw. 8 Bände (Nr. 4/5 war ein Doppelband). Die Bücher sind Gesamtkunstwerke und wurden mit ästhetischer Treffsicherheit aufs Publikum losgelassen. Hier ist vom Format, Satzspiegel, Typografie, Layout über die Illustrationen bis hin zur buchbinderischen Arbeit alles wie aus einem Guss: bequem zu handhaben, spannend zu lesen und genussvoll anzusehen.
Inhalte
Die Auswahl versammelte fast nur deutschsprachige Autoren, die sich in kleinem (wenn nicht kleinstem) Kreis und Umfang der Phantastik widmeten. Bekannte Namen sucht man also vergeblich (Ausnahme Band Nr. 7: Leopold von Sacher-Masoch). Stattdessen brachten die Bände vergriffene, nahezu unauffindbare Raritäten aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert in Form von Novellen oder kurzen Erzählungen.
Aufmachung
Jeder Band misst 27 × 17 Zentimeter und kommt im eleganten Hochformat daher. Die Bücher sind fadengeheftet und haben ein Lesebändchen. Besonders passend für die Buchillustration ist die Wahl von Holz- und Linolschnitten. Kräftige Konturen, große Schwarz- und Farbflächen harmonieren optimal mit dem Schriftbild. Eine Ausnahme stellt Band Nr. 2 (Arno Hach: „Die Menschenhaut“) dar, der mit Aquarellen bebildert ist (und daher auch mit glattem Papier ausgestattet). So gelungen diese duftigen Aquarelle (von Jörg Kleinschmidt) auch sind, – mir gefallen die eher derben Grafiken der anderen Ausgaben in dem Zusammenhang besser.
Verfügbarkeit
Die „Mutabor“-Bücher wurden nicht geheimniskrämerisch oder unter obskuren Umständen unter die Leserschaft gebracht, sondern ganz regulär über den Buchhandel veröffentlicht (zumindest anfangs, bis Schädel aus verlegerischer Erwägung dem Barsortiment den Rücken zukehrte). So gibt es (antiquarisch) einzelne Exemplare noch zu den original Verkaufspreisen von rund 15 Euro +/-. In einem Verlagsprospekt wurde damals allerdings schon der oben genannte Band Nr. 2 als vergriffen deklariert. Kein Wunder, dass hier die Angebote deutlich höher liegen.
Übersicht
- Franz Kreidemann: Der Fluch (2001), illustriert von Heike Küster (Band 1)
- Arno Hach: Die Menschenhaut (2001), illustriert von Jörg Kleinschmidt (Band 2)
- Leopold Günther Schwerin: Der Kleptomane (2002), illustriert von Christoph Feist (Band 3)
- Hans Georg Wegener: Seltsamia (2004), illustriert von Heike Küster (Band 4/5)
- Karl von Schlözer: Jetzt und einst! (2007), illustriert von Heike Küster (Band 6)
- Leopold von Sacher-Masoch: Die Toten sind unersättlich (2008), illustriert von Heike Küster (Band 7)
- Friedrich Wilhelm Ladislaus Tarnowski: Der Dämon in der Apotheke (2010), illustriert von Christoph Feist (Band 8 )
Nebenbei gesagt …
- Im erwähnten Verlagsprospekt ist eine Abbildung des 6. Bandes, wo der Titel „Einst und jetzt“ und nicht wie in der Druckausgabe „Jetzt und einst“ lautet.
- Der Erscheinungsort im Impressum wechselte munter von Band zu Band. Butjadingen war fast immer dabei, daneben aber auch Lemberg/Galizien, Bombay, Friesland, Beresina, Leipzig usw. Dieser Einfall hatte natürlich immer etwas mit den Autoren bzw. den Werken zu tun.
- Die äußerst robusten, harten Einbände der Bücher sind angeblich abwaschbar … was ich nicht getestet habe.
- Der lateinische Reihenname „Mutabor“ ist ein Zauberspruch aus dem Märchen Kalif Storch von Wilhelm Hauff und heißt auf deutsch: „Ich werde verwandelt werden“ (Quelle: Die allwissende Müllhalde)
- Ich selbst wurde auf die Reihe aufmerksam durch eine Rezension des 3. Bandes in der Süddeutschen Zeitung vom 10.11.2003 (Kristina Maidt-Zinke).