Beiträge von Arkham Insider Axel


    First Impression

    Karussell des Schreckens bietet ein buntes Potpourri der sogenannten Zeitungs- oder Feuilletonliteratur. Es handelt sich um kurze, anspruchslose Happen, die der Zerstreuung dienen. Angestrebt wird der schnelle Effekt, ein jäher Schauer, ein minutenlanges Aufhorchen … bevor die Banalität des Alltags wieder die Regie übernimmt. Mit dem „Tagebuch des Dr. Hedderson“ gelingt den Herausgebern ein ausgesprochen degoutanter Einstieg.


    Im Detail

    Über den Daumen gepeilt sind die hauptsächlichen Themen: Sterben, Tod, Mord, Selbstmord und Wahnsinn. Dabei werden erwartungsgemäß die Nachbargebiete der Phantastik gestreift. Manches neigt sich zum Krimi („Aus jener Welt“, „Der Becher“), manches zum Abenteuer („Im Sumpf“); vieles fällt in den Bereich der Groteske. Auffällig ist die häufige Englandmode („Das sonderbare Haus“, „Das Wappen der Thorndykes“). Damit verbunden: ein dunkles Kolonialerbe, das im fremden Kulturraum die Bedrohung sieht und von dieser Prämisse hemmungslos Gebrauch macht. Typische Ost-West- bzw. Nord-Süd-Konflikte sind die Folge. Dies trifft etwa zu auf: „Das Tagebuch des Dr. Hedderson“, „Das Schwert mit den Chrysanthemen“ oder „Die Knochen“.


    Meine Highlights

    • Platz 3: „Im Sumpf“. Ein klassisches, atmosphärisches Räubergarn, das uns (wohl zur Zeit des 1. Weltkriegs) in ein verwildertes Hinterland der Ostfront führt.
    • Platz 2: „Aus jener Welt“. Eine fein in der Schwebe gehaltene Gespenstergeschichte um einen ruchlosen Gattin- und Kindsmörder, der seinem schlechten Gewissen nicht entrinnen kann.
    • Platz 1: „Die Knochen“. Der bizarre und mit verstörender Konsequenz dokumentierte Fall eines mysteriösen Knochenschwunds am lebenden Körper.


    Fazit

    Eine stimmige Anthologie mit Texten aus dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts, in der sich Zeitkolorit und literarische Tendenzen exemplarisch verdichten. Die knappe Form, die hier favorisiert wurde, lässt keine Langweile aufkommen, sollte jedoch – da sie so hochprozentig ins Blut schießt – in Maßen genossen werden. Allzu rasch gewöhnt man sich sonst an die kurzen Schocker – die Dosis macht das Gift!


    Zum Bild

    Ein Lektürejournal ist seit Jahren fester Bestandteil meiner Leseroutine. Während des Lesens am liebsten in Form von Notizen auf ca. DIN A6 großen Zettelchen, die ich bisweilen müßig noch mit Kritzeleien banalster Art versehe. Später (nicht immer) werden diese Aufzeichnungen am Rechner verschriftlicht und geordnet. Die Zettel werden zusammengeheftet und ins Buch gelegt. Für die, die nach mir kommen oder für mich selbst, falls ich einmal wiederkomme …

    E. M. Lilien: Träumen von Israel

    Landesmuseum Hinter Aegidien Braunschweig

    26.03.2025 – 26.10.2025


    Zitat

    Ephraim Moses Lilien (1874–1925) gilt als herausragender Jugendstil-Künstler und bedeutender Vertreter des kulturellen Zionismus, einer Strömung, welche die Neubelebung der jüdischen Kultur als Grundlage für ein neues jüdisches Selbstbewusstsein sah. Seine Kunst, in der er zionistische Ideale mit der Ästhetik des Jugendstils meisterhaft verband, wurde zu einer wichtigen Inspirationsquelle für die zionistische Bewegung des 20. Jahrhunderts. Anlässlich des 100. Todestages Liliens widmet das Landesmuseum Hinter Aegidien dem Künstler eine Retrospektive.


    Ausstellung/Museums-Webseite: E. M. Lilien: Träume von Israel

    oder Ankündigungen von Andrea Berg brauche ich hier nun wirklich nicht

    Über den Gebrauchswert der einzelnen Meldungen und Ankündigungen ließe sich natürlich trefflich diskutieren. Was mir an dem Stück gefällt: Die Konzeption ist klar erkennbar und lässt sich objektiv beurteilen – aber das Ergebnis spricht einen auf unterschiedlichen Ebenen an und löst offenbar eine Vielzahl von Reaktionen aus, wie hier:


    Wobei es natürlich schön war, kurz mal Hans Paetsch zu hören.

    Ich habe eine Kritik von Cosima Lutz gelesen, die meine Auffassung der Chose widerspiegelt. Sie beginnt mit dem schönen Satz – in dem schon viel enthalten ist:


    Zitat

    Im Genre Hörspiel kann der Rundfunk von sich selbst träumen wie sonst nirgends […]

    Hier geht es zu dem Text:


    Geisterstimmen aus der Anstalt - epd medien
    In "Der Untergang des Hauses" reist der Erzähler auf Einladung eines Jugendfreundes zu einem Schloss, in dem dieser seit Jahren lebt. A
    medien.epd.de

    Walter Filz: Der Untergang des Hauses

    Besten Dank für diesen Hinweis Felix !


    Ich kann mich doch sehr begeistern für das Stück, das nach längerem Hinhören eine fast schon delirierende Wirkung erzeugt … irgendwie eine vertonte Neurodiversität oder eine Geschichtsstunde auf Speed. Wobei auch aktuellste Ereignisse sich niederschlagen.


    Plus: Ich bin ein Fan von Sylvester Groth, der hier den Poe-Text vorträgt. Ich frage mich, ob das eine bestehende Aufnahme war – oder ob er die Story exklusiv für dieses Projekt eingelesen hat.

    Wichtiger jedoch als die Hauptfigur ist der Ort. Zwar spielen zahlreiche bekannte Romane in Los Angeles, aber Venice Beach scheint mir unterrepräsentiert zu sein.

    Holla, die Waldfee, eine so ausführliche Vorstellung erinnert ja an die frühen Glanzzeiten des Forums. Dazu Bildmaterial und Soundtrack-Tips, – zumindest hier breitet sich die Servicewüste nicht weiter aus!


    Meine Lektüre des Romans liegt nun schon einige Jahre zurück, aber ich empfand es auch so: der Ort, also Venice, ist so etwas wie die heimliche (oder unheimliche) Hauptfigur nebst der eigentlichen Hauptfigur. Fall es das geben kann.


    Ich habe mich sogar so weit verstiegen, das Buch – wegen der Lokalität – in Zusammenhang mit Fritz Leibers Der schwarze Gondoliere zu bringen. Das war in jener Zeit, als Cheddar Goblin in einem ungeheuren Kraftakt das Werk Leibers durchgeackert hat. Schön wars! Hier der Link zu der Story im Leiber-Thread:


    Zu dem Band Lichter im Nebel. Mären und Bilder, den es noch als Nachdruck gibt, kann ich einige Beschreibungen geben:

    Dieser Band ist preislich nun auch in die Höhe geschossen. Habe damals ein Exemplar aus einer wohl noch druckfrischen Restauflage für ca. 15 Euro erworben; bis vor kurzem blieb dieses Angebot auch noch bestehen. Jetzt werden für das Buch vielerorts dreistellige Preise verlangt.


    Wer noch einmal zuschlagen möchte, hier ein ebay-Angebot zu den alten Konditionen (aber nicht wundern, wenn der VK storniert …):


    https://ebay.us/m/kPEgkx

    Auch wenn ich etwas anderes erwartet habe, mir hat es gut gefallen, so gut sogar, dass ich gerne mehr von der Autorin lesen würde.

    Dem kann ich mich anschließen. Es ist eh verwunderlich, dass vergleichsweise wenig von der Autorin auf Deutsch erschienen ist (die ja im "Lexikon der phantastischen Literatur" genannt wird).


    Zur Aussage, dass es sich bei dem Rätsel um das Haus um einen Kriminalfall handelt: Das ist allerdings auffällig. Gerade dieser Umstand rechtfertigt aber den ausführlichen 1. Teil, in dem die Handelnden mit ihren Beziehungen und Motivationen so eingehend untersucht werden. Auch die Darstellung der Geschäftsverhältnisse (vor allem die des verstorbenen Mr. Elmsdale) sind ja in dem Zusammenhang wichtig.