Wir haben zwar schon einen "Ich lese gerade..."-Thread, aber ich dachte im Comic-Bereich könnte so eine Rubrik sicher auch nicht schaden. Vielleicht findet sie ja Anklang.
Die letzten Tage habe ich jedenfalls Folgendes gelesen:
"The Nice House On The Lake Vol. 1" von James Tynion IV
Tynion schreibt mit "The Department of Truth" (startet demnächst übrigens auch bei Splitter) zweifellos einer der großartigsten Image-Serien, die man momentan lesen kann. Wer sich auch nur ansatzweise für Verschwörungsmythen (Deep State, Pizzagate, Adrenochrom, Flat Erath, Repilienmenschen etc.) interessiert und es gerne düster und komplex mag, sollte da unbedingt mal reinlesen. Ein Meisterwerk! Auch optisch.
Der erste Band seiner neuen DC-Serie "The Nice House On The Lake" kann da bisher definitiv nicht mithalten, hat mich aber trotzdem ganz gut unterhalten. Die Prämisse: Eine Gruppe von Leuten erhält eine mysteriöse Einladung, die sie zum titelgebenden Haus am See führt. Schnell stellen sie jedoch fest, dass sie den Ort nicht mehr verlassen können. Und während sie nun verzweifelt versuchen zu fliehen, geht draußen vor der Tür plötzlich die Welt unter.
Die Figuren waren mir etwas zu blass und unsympathisch und irgendwie hat man das Gefühl dass alles auch schon mal gelesen oder gesehen zu haben ("The Invitation", "Coherence"), aber den zweiten Band werde ich mir trotzdem zulegen. Ich hoffe aber das große Mysterium läuft nicht auf Aliens hinaus.
"Undiscovered Country Vol. 3" von Scott Snyder und Charles Soule
Wo wir gerade von großartigen Image-Comics gesprochen haben - "Undiscovered Country" zählt definitiv dazu. Eine extrem bekloppte und clevere Sci-Fi-Story über ein Amerika, das sich vor Jahrzehnten vom Rest der Welt abgeschottet und in spiralförmige Zonen aufgeteilt hat, in denen so ziemlich alles möglich ist.
Bisher hat sich nun jeder Band einer dieser Zonen gewidmet. Nach einer Mad-Max-mäßigen Post-Apocalypse (Vol. 1) und einer hochtechnisierten Hologrammwelt (Vol. 2), ist diesmal ein Gebiet an der Reihe, in dem durch Wundermaschinen Fiktion in Wirklichkeit umgewandelt wurde.
Die Serie bleibt weiterhin extrem stark, jedoch war das hier der bisher schwächste Band. Mmn hat man sich zu sehr auf die Zone konzentriert und dabei das große Ganze (die geheimnisvolle Seuche, die Eltern der zwei Protagonisten, den Widersacher) vernachlässigt. Stellenweise kam dafür aber leichtes "Fables"-Feeling auf. Es bleibt also spannend.
(Snyders andere aktuelle Image-Serie "Nocterra" ist übrigens auch ziemlich gut.)
"Stillwater Vol. 2" von Chip Zdarsky
Die Ereignisse Rund um das seltsame Dorf, in dem keiner sterben kann, gehen weiter. Während im ersten Band die einzelnen Bewohner und die herrschende Machtstruktur vorgestellt wurden, kommt hier nun deutlich mehr Bewegung in die Sache. Der komplette Status Quo wird umgeworfen, es gibt einen größeren Zeitsprung und darauf gleich wieder einen erneuten Putschversuch. Langweilig wird es in "Stillwater" also definitiv nicht.
In ein paar Reviews wurde die Serie ja mit "Twin Peaks" verglichen, aber dafür ist das Ganze dann noch nicht verschroben und verschwurbelt genug. Liest sich stattdessen viel eher wie "The Walking Dead" - Nur ohne Zombies. An "Sheltered" von Ed Bisson und "Revival" von Tim Seeley musste ich gelegentlich auch denken. Alles in Allem sicher keine große Comickunst, aber dafür äußerst unterhaltsam.
Weiter geht's mit "Proctor Valley Road" von Grant Morrison...