Spekulative Kunst (außerhalb von Graphic Novels)

  • Ich kann nur einen Besuch im H R Giger Museum in Greyerz empfehlen. Wirklich, es ist der Hammer! Kann mich noch sehr gut an den Fußweg durch glockenklingende Kuhherden erinnern und dann den phänomenalen Weltensprung. Und im Museum haben mich neben der Kunst auch vor allem seine Briefwechsel mit den jeweiligen Obrigkeiten begeistern können.

  • Vincent Voss Ja, das steht natürlich auch auf meiner Liste 'To do before I die'. Zusammen mit dem Segelschiffsegeln durch die Nordwestpassage, wobei mir letzteres fast wahrscheinlicher vorkommt. [skul]


    Ich hatte das mal gecheckt, als ich noch in Berlin wohnte, und für eine Führerscheinlose wie mich als zu umständlich eingeschätzt. Die einzige Verbindung Zürich Airport -> Dingsda-Schloss geht nur einmal pro Tag, dann ist man nichtmal frei in der Auswahl eines billgen Fluges und ich hab null Interesse, in Zürich zu übernachten. Jetzt aber noch mal neu geguckt und überlege grad, ob der Preis nicht fast mit dem Berlinbesuch aufgeht. Also € 500,- für ein paar Exponate vs. € 800,- für das Gesamtwerk. *kratz am nicht-vorhandenen Bart*

    Vielleicht jetzt Berlin, noch ein, zwei Freundinnen sehen (von denen wird ja wohl eine mal geimpft sein!) und dann aufgehypt genug sein, mir die Schweizfahrt im Sommer zum Geburtstag schenken zu lassen ...


    Ja, mit Frau Giger hatte ich auch mal Kontakt, das verlief leider etwas seltsam.

  • Du machst mich neugierig ...

    Naja, es war mehr eigenartig als spannend.

    Ich hatte damals angeboten, die Homepage ins Englische zu übersetzen, weil das wohl ein Freund des Hauses machte und nicht voran kam. Umsonst natürlich, wie eine Gegenleistung für das, was Gigers Kunst für mich 'getan' hat. Ich schickte die übersetzte Shop-Seite als Arbeitsprobe, man war begeistert und freute sich und fragte tausend Mal, ob wirklich für umsonst, Giger hätte ja äußerst schlechte Erfahrungen und so. Ich meinte, wenn sie wollte, würde ich das mit Unterschrift versichern, aber es wäre - das kostet nämlich Mühe & viel Zeit, v.a. wegen speziellen Begriffen bei Maltechniken etc. - nett, wenn das irgendwo ganz klein im Impressum dort genannt würde. (Find ich jetzt keine unmögliche Forderung.) Irgendwie wurde sie plötzlich total misstrauisch, fragte dann aber, ob sie die Probeseite online stellen dürften. Ich sagte ja, und ja wirklich kostenfrei, und dann antwortete sie nicht mehr und verwendet haben sie das auch nicht. Es hat Jahre gebraucht, bis irgendjemand die Seiten übersetzt hatte.


    Aber meine Berlinreise ist vom Tisch, es ist Krieg in Europa und russische Truppen haben von Belarus aus Tschernobyl und die Exklusionszone eingenommen, ich fliege erstmal nirgendwohin.

  • Eines meiner Lieblingscafés, IPI Kulmakuppila, hatte gerade eine ganz wunderbare Ausstellung mit Grafiken von Maria Tani. Oben ganz links - leider auf dem Photo nicht zu sehen - ist ein Nautilus, in den ich mich schon mal richtig verliebt habe.

    Café IPI und das Studio IPIOMA gehören zu einem Projektnetz von und für Leute aus dem autistischen Spektrum. Maria ist offensichtlich Gothic- und Tentakelfan und ihre Bilder sind, wenn nicht immer direkt spekulativ, geheimnisvoll und erzählen ganze Geschichten.

    Ich hab eine Vorabzusage für eine Zusammenarbeit - hab 3 Illustrationen im Sinn, wobei ich bestehende wie den Nautilus und die Korallen nehmen würde, wenn sie nicht mehr Lust hat, was Neues zu machen - und treffe mich näxten Dienstag mit ihr im Studio. Teasing @Alraune #4 "Nordlicht / Lost Thule", Herbst 2023.


    Maria Tanis Kurzbio, Portrait und eine mini Auswahl Bilder (Engl.)

    Instagram: maima_tani




    Ausschnitt "Korallinainen" / Korallenfrau

  • Tolle Bilder.

    Maria scheint ja nicht nur Tentakel- sondern auch Pilz-Fan zu sein. Da wäre das Thema für die übernächste Alraune-Ausgabe doch gleich schon gesetzt: Biological bzw. Fungal Horror.

  • Ich freue mich sehr, dass dir die Bilder auch gefallen!

    Biological bzw. Fungal Horror.

    Hehe, jau! Wegen der dafür unabdingbaren Zombie Ant Fungi aber vllt. nicht für die Alraune, weil es - kann ich dabei durchaus gut verstehen - ein Zombie-Veto gibt. Man könnte für woanders aber Bio - mit Folk Horror kombinieren ... Nicht nur die lokalen Naturgeister, sondern auch die spekulative Flora zusätzlich zur Fauna verwenden.

    ?§"

  • Arkham Insider Axel Danke sehr, das richte ich ihr gerne aus und ich freue mich echt wahnsinnig, dass ihre Bilder hier auf Zustimmung / Begeisterung stoßen.

    Ist immer schwer zu sagen, die passten eben auch irre gut in das Café und da weiß man ja nicht, ob man sich da eher von der netten Atmosphäre 'mitreissen' lässt. Dann hatte ich da wohl doch einen halbwegs objektiven Blick drauf. [CTHu]

  • Ich weiß, ich widerspreche hiermit meinem eigenen Thread-Titel, ^^ will dafür aber kein eigenes Thema aufmachen. Keine Tintin-Pastiches, die es wohl auch gibt, aber sehr liebevoll und originalgetreu gezeichnete Mesh-Up Fake-Cover von Murray Groat.


    Leider hab ich zu der Zeit, in der ich Comixs begann zu verschlingen, Tintin nicht verstanden. Implikationen, Storylines ... keine Ahnung. Als ich es hätte kapieren können, war ich mehr im Heavy Metal-Bereich zugange und fands nicht mehr so arg interessant. Aber die Art der Zeichnungen und den ungeheuren Realismus von Snowys Körpersprache finde ich immer bewundernswert. Wären das hier tatsächlich Magazine, würde ich sicher einsteigen.


  • Der Litauische Photograph Dr. Eugenijus Kavaliauskas gewann einen Sonderpreis - 'Image of Distinction' - bei der diesjährigen Nikon Photomicrography Competition mit dieser Aufnahme eines Ameisenkopfes. Titel: Ant (Camponotus), aufgenommen mit seiner Canon EOS R Kamera und einem 65mm Macro-Objektiv.

    Seine Homepage (Engl.)

    "Die eigentümliche Wirkung wird durch das neuroperzeptive Phänomen der Pareidolie zurückzuführen: Der Bildausschnitt wurde so festgelegt, dass die Augen der Ameise nicht mehr zu sehen sind, sodass es wirkt, als seien die Fühler die Augen. Das Bild lässt auch die Haare der Ameise wie Reißzähne in einem menschlich geformten Mund aussehen, was dem Foto weitere humanoide Proportionen, aber auch monströse Merkmale verleiht." (Schrieb die ansonsten politisch recht zweifelhafte Zeitung The Baltic Word so schön.)


    Kavaliauskas hatte sich als preisgekrönter Vogel-Photograph hervorgetan, bevor er sich auf Insekten verlegte. Es gibt auch sehr niedliche Bilder mit pollenbestäubten Bienengesichtern.

    Vielleicht möchte ja jemand ein biologisch korrektes Remake von Them! (1958) drehen? Das sieht mir plötzlich nach vollkommen ungenutzten Möglichkeiten aus ...


  • Holy Fuck! Wenn Giger und Villeneuve zusammen ein Museum bauen würden - Phantastik in Beton gegossen:

    Zeitz Museum of Contemporary Art Africa / Zeitz MOCAA – Cape Town, South Africa.


    Umgebautes Getreidesilo, Architekt Thomas Heatherwick.

    Heatherwick Studios Homepage | Präsentation MOCAA incl. Video und Bauskizzen / Bauphasen (auf die 'versteckten' Pfeile rechts clicken)

    MOCAA Homepage (Finde ich sehr schlecht aufgebaut, sorry.)

    Zwei Artikel mit wunderbaren Bildern: hier und hier (die interessanteren kommen weiter unten).




    Ausstellung dort: Nicholas Hlobo, Cape Town. Homepage. Noch unter dem Video gibt es die Vorstellung seiner Werke vor und nach 2010, wobei die älteren stärker phantastisch und die jüngeren mehr kulturpolitisch sind.

    “I’m looking at myself in relation to the world being South African, being black, being Xhosa, being a gay man, being a man. And I’m looking at the various cultures that has brought this country to where it is now.”



    Die Ausstellung zusammen mit dem Gebäude hat für mich extrem starke H. R. Giger / Mira Lee-Vibes (Berlin 2022, weiter oben hier im Faden): Die gleiche Nutzung von Objekt / Raum und die gleiche Kombination von organisch (im Sinne auch von: inneren Organen) und biomechanisch / Architektur-bezogen. Vielleicht vor allem für Hospes interessant? (Nur ein bissl weiter entfernt ...)

  • "Holy fuck" trifft es ganz gut. Wow!

    Du erwähnst Giger, und dazu fällt mir was ein:
    Ich gestehe, ich hatte Giger ein bisschen über. Gerade in der Gothic Szene waren seine Werke irgendwann omnipräsent, so dass sie beinahe vulgär erschienen, kraftlos, abgeschmackt.


    2015 war ich ein paar Tage in Lausanne, wo ich es mir nicht nehmen ließ, den Grabtempel von Maurice Sandoz aufzusuchen. Vom Genfer See aus ist es aber auch nicht weit bis Gruyere. "Wenn ich schon mal da bin …", dachte ich und schaute mir das Giger-Museum an. Und auch hier galt: "Holy Fuck!".

    Ich fühlte mich an die plötzliche Begeisterung meiner Schwester erinnert, die Van Gogh immer für "ganz nett" gehalten hatte ("Sonnenblumen"-Kalenderkunst), bis sie in Amsterdam vor den Originalen stand, deren plastische Struktur ihr einen völlig neuen Bildeindruck vermittelten.
    So ging es mir mit den Werken von Giger. Alle schon tausendmal gesehen, im Web, auf Postkarten, in Büchern. Dann sah ich die Originale und dachte mir: "Scheiße, sind die *groß*!" Entsprechend wirken die Bilder im Original ganz anders.

    Was ich damit sagen will: Wer mal in der Nähe ist, sollte das Giger-Museum nicht verschmähen – es könnte sein, dass man dem alten "Alien" ein paar neue Seiten abgewinnt. :)

  • Ich fühlte mich an die plötzliche Begeisterung meiner Schwester erinnert, die Van Gogh immer für "ganz nett" gehalten hatte ("Sonnenblumen"-Kalenderkunst), bis sie in Amsterdam vor den Originalen stand, deren plastische Struktur ihr einen völlig neuen Bildeindruck vermittelten.

    Das ging mir in Paris mit den Seerosen/Teich-Bildern von Monet so - die mag ich reproduziert allerdings immer noch nicht. *gn* Aber Frida Kahlo mochte ich schon von den Reproduktionen her. Als ich dann eine Werkschau in der Frankfurter Schirn sah, wurde klar, dass Reproduktionen wirklich nichts von der Bildtiefe, den Details und den Farben auch nur ansatzweise wiedergeben können. Obwohl der Ausstellungskatalog schon sehr viel weiter kommt als andere Kahlo-Bildbände.


    Sorry, lieber Carsten , dein schöner Beitrag ist mir durchgerutscht (ich gehe wohl doch stärker über tags, als ich dachte!). Alien oder Giger hatte ich nie über, meine aber, man hätte es beim ersten Film belassen sollen und von Giger mag ich die stark-linigen Skizzen/ Zeichnungen der späteren Jahre nicht ganz so gerne wie die feineren Airbrushgemälde oder seine Skulpturen (muss nix Biomechanisches sein, seinen New York-Band fand ich auch immer grandios).


    Ich hab grad ein Osterei von Muttern bekommen und fürchte, ich muss das direkt investieren, anstatt zu sparen (war mir völlig entgangen, zur Publikationszeit war ich ausschließlich mit Segeln beschäftigt):

    Gigers Alien Diaries / Tagebücher - A Window Into the Making of a Classic Film
    Text: Deutsches Original und Englische Übersetzung. Fast ausschließlich unveröffentlichtes Material / Text.

    660 Seiten: 59 Farb- und 48 Schwarzweiß-Illustrationen. 5.25 x 9.25 inches.

    Edition Patrick Frey 2013. ISBN 9783905929454

    US $115.00 zzgl. Lieferung & Zoll @Artbook

    Via Blackwells ist der Band neu für € 104,- incl. Zoll & Porto zu haben. Habs grad bestellt.



    Wer Gigers Polemiken, aber auch spannende Problemlösungen beim Creature/Setting-Design kennt, kann eigentlich nur auf die ausführliche Version gespannt sein. Hat jemand das Buch vielleicht bereits?


    H. R. Giger worked in the Shepperton Studios near London from February to November 1978, creating the figures and sets for the film Alien (1979) directed by Ridley Scott. The film became an international success, earning Giger an Oscar. In the transcribed Alien Diaries, published here for the first time as a facsimile, HR Giger describes his work in the studios. He writes, sketches, and takes photographs with his Polaroid SX70. With brutal honesty, sarcasm and occasional despair, Giger describes what it is like working for the film industry and how he struggles against all odds be it the stinginess of producers or the sluggishness of his staff to see his designs become reality. The Alien Diaries (in German transcription with an English translation) show a little-known personal side of the artist HR Giger and offer an unusual, detailed glimpse into the making of a movie classic through the eyes of a Swiss artist. The book contains almost completely unpublished material, including drawings, Polaroids showing the monster coming to life, and several still shots from the plentiful film material that Giger took in Shepperton.