Frank Duwald - Die grünen Frauen

  • Verlagsangabe:

    DIE GRÜNEN FRAUEN von Frank Duwald enthält sechs Erzählungen - meisterhaft illustriert von Alexandra F./Projekt wort:rausch -, die zwischen angedeuteter Phantastik und Spiegelungen über das Leben und die Hingabe an das Schreiben/die Kunst pendeln: »Denn das Leben zeigt sich oft als Ungeheuer, als jenes Monstrum, dem wir nie begegnen wollten. Verlust, Tod, Sucht oder Angst sind die stärksten Motoren des Seins, die Maschinerie der mondlosen Nächte. Offenbarend als schlechte Träume, als Szenarien eines Herzstillstandes. Wie ein Halloween-Schrecken bereiten uns Bücher darauf vor, öffnen den Sarg schon beizeiten.« Jede dieser sechs Erzählungen erweist sich dabei als Kunstwerk, als Kleinod, dessen erzählerische Dichte den Leser von der ersten bis zur letzten Zeile in seinem Bann belässt – und so entstehen literarisch-wahrhaftige Bilder, die unvergessen bleiben.

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    Besprechung:

    Das Buch aus dem Apex Verlag erhält sechs Erzählungen. Vier sind schon vorher erschienen (1994, 2000, 2014), die anderen beiden sind Originalausgaben. Der Band ist farbig illustriert von Alexandra F. und hat einen Umfang von 180 Seiten.


    In Die Wörter an der Wand geht es um eine Hounted Love, die den Erzähler heimsucht und ihn zu seiner Erlösung strebt. Eine Geschichte über die Liebe, das Leben und überhaupt, sehr anrührend und eigentlich nur in ihrer Konsequenz unheimlich. Ursprünglich erschienen in Magira 39/40, ist das ein mehr als gelungener Auftakt über das Verlorensein.


    Die lange Nacht erzählt von einer spirituellen Erfahrung, die eine ganze Gemeinde macht und die sich auf jeden einzelnen auswirkt. Eine sehr anrührende kurze Geschichte.


    Gespräch mit einer Maschine ist die gruselige Variante des Cyborg, oder wie ein Mensch mit einer Maschine die Symbiose eingeht. Die Art und Weise wie es erzählt wird, ist schon anders und gerade die Sexszene doch ziemlich erschreckend und abstoßend, obwohl sie nur kurz ist. Die Bilder der Geschichte bleiben haften, aber so richtig warm geworden bin ich mit der Story nicht, dafür ist sie mir zu weltlich, zu konkret und es wirkt so, das sie eher auf Außenwirkung aus ist und da fällt sie aus dem Rahmen der anderen Geschichten, die eher andeuten und halt alles andere als konkret sind.


    Das Spiel kann beginnen ist eine Geschichte über den schleichenden Realitätsverlust, es bleibt einiges an Interpretationsraum und zwar auf positive Art und Weise. Wie sich der Protagonist in seine Situation verliert, das hat schon was sehr Irreales und hallt nach.


    Die Statuette ist ursprünglich im Lovecraft Reiseführer Kingsport (Basilisk Verlag) erschienen und fast habe ich erwartet, eine der typischen HPL Nacherzählungen vorgelegt zu bekommen. Doch so ist es nicht. Die Geschichte fügt sich sehr gut in die Geschichtensammlung ein. Der Realitätsverlust findet schleichend statt und der Protagonist trifft am Ende die Entscheidung, seiner Sehnsucht nachzugeben, und folgt der Liebe, die gar nicht so gut ist. Eine sehr romantisch-melancholische Geschichte.


    Die grünen Frauen ist eine Erstveröffentlichung und die längste Geschichte des Bandes. Es geht um Sinnsuche, Verlorensein, Flucht und den schmalen Grat zwischen Diesseits und Jenseits. Für meinen Geschmack ist die Geschichte ein wenig lang, aber die eigentliche Storyline hat mir sehr gut gefallen und es waren einige schöne Bilder enthalten. Das Ende kann man jetzt natürlich interpretieren wie man will, und ich will hier gar nicht spoilern, den Spoiler sind doof.

    Ein würdiger Abschluss des Buches.


    Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen und ich hoffe, das waren nicht die letzten Veröffentlichungen von Frank Duwald. Die Geschichten bestechen durch ihre Stimmung, widmen sich vor allem dem Realitätsverlust, der Sehnsucht nach Liebe und dem Schrecken des Alltags und haben eine subtile unheimliche Note.

    Die Farbillustrationen passen gut zur Prosa und sind sehr stimmungsvoll.


    Zur Rezension: http://defms.blogspot.com/2019…ld-die-grunen-frauen.html

  • Habe das Buch vor einigen Wochen gelesen, hier meine Eindrücke:


    Frank Duwald gelingt es, ganz unterschiedliche, trefflich auf das Thema abgestimmte Bilder zu erzeugen und Stimmungen zu kreieren, von filigran und unwirklich bis bedrohlich, verloren, grotesk. Der Band gleicht einem Kaleidoskop, die einzelnen Erzählungen werfen Schlaglichter auf die Wünsche, Hoffnungen, Tragödien ganz verschiedener Menschen. So unterschiedlich die Geschichten, ist ihnen allen eine Surrealität gemeinsam, die teils durchgängig ist, teils mit realen, vergangenen und gegenwärtigen Begebenheiten aus dem Lebensalltag der Protagonisten abwechselt, wobei sich die Fäden verschlingen und ein neues Ganzes bilden.

    Es sind zumeist Getriebene, nur auf den ersten Blick beliebige Jedermänner, die aus individuellen Gründen oder aus purem Zufall(?) vom gewohnt-gewöhnlichen Lebensweg abweichen, um sich auf seltsamen, wenig beschrittenen Pfaden wiederzufinden und manchmal auch in der Wildnis jenseits davon zu verirren. Das dann aber mit aller Gründlichkeit, deren letzte Konsequenz sich auszumalen der Leser aufgefordert ist. Die Figuren mögen Mitgefühl erwecken oder auch Ablehnung sowie alle Abstufungen dazwischen, gleichgültig lassen sie einen nicht.

    Es geht um Sehnsüchte, unmögliche Liebe, Verlangen, Verlust, sieht sich der Protagonist konfrontiert mit einer Weiblichkeit, der er nicht gewachsen ist, die sich ihm wie der morgendliche Fetzen eines Traumbildes entzieht, die er verehrt und fürchtet zugleich, in erster Linie aber bedingungslos liebt.

    Von den sechs Erzählungen unterschiedlicher Länge geht ein Zauber aus, der einen nicht kaltlässt, der berührt auf die eine oder andere Art und Weise, mal verstörend, mal betörend. Dabei sind es nicht die teils ungewöhnlichen Ideen, das Sprachvermögen oder die Figuren für sich genommen, es ist deren Zusammenspiel, das diesen Zauber bewirkt, der sich besonders dort entfaltet, wo der Rezipient einen gewissen Widerhall in sich selbst spürt.


    Meine persönlichen Favoriten sind "Die Wörter an der Wand" sowie die titelgebende und umfangreichste Geschichte "Die grünen Frauen", rätselhaft bleibt für mich "Das Spiel kann beginnen".


    Hervorzuheben sind noch die in wunderschönen Farben gehaltenen Illustrationen, die den Erzählband stimmungsvoll abrunden.

  • Eine ganze Besprechung schaffe ich nicht (zumal weiter oben bereits alles gesagt wurde), und es ist auch schon wieder ein paar Tage her, dass ich deine Grünen Frauen gelesen habe, Frank, aber ich habe mich ausgesprochen wohlig unterhalten gefühlt. Was mir gefällt ist das Thema "Liebe" im phantastischen Kontext, das man so heutzutage eher selten zu Gesicht bekommt. "Liebe" meine ich hier nicht im Sinne von Romantasy oder Weichei-Vampirgedöns sondern das glaubhaft nachvollziehbar dargestellte Gefühl an sich, das uns alle selbst schon oft so im Leben verwirren konnte - hier sind es die Protagonisten die vor Liebe blind oder dumm oder unüberlegt ins Verderben laufen - und das hat mir sehr gut gefallen. Es wäre ein Versäumnis, dies schmale Büchlein nicht zu lesen.

  • Ich hab’s jetzt auch endlich geschafft, eine Rezi zu verfassen. Mir gefiel die Titelstory auch am Besten. Allerdings muss ich schon sagen, dass der meist verzweifelte, düstere, stark melancholische Grundton der Erzählungen, ganz schön am Gemüt nagen kann.


    Zum Glück gaben die Illustrationen etwas Farbe hinein!


    Julia »Das Spiel kann beginnen« ist vielleicht etwas einfacher zu verstehen, wenn Du den Anfang der Geschichte noch einmal liest und auf die Kinder achtest.

  • Julia »Das Spiel kann beginnen« ist vielleicht etwas einfacher zu verstehen, wenn Du den Anfang der Geschichte noch einmal liest und auf die Kinder achtest.


    Da scheint es viel Interpretationsspielraum zu geben, weshalb es zwar nicht meine favorisierte Geschichte des Buches ist, aber diejenige, welche mich gedanklich am meisten beschäftigt (hat).


  • Da scheint es viel Interpretationsspielraum zu geben, weshalb es zwar nicht meine favorisierte Geschichte des Buches ist, aber diejenige, welche mich gedanklich am meisten beschäftigt (hat).

    Das mit "Wilde Jagd" verstehe ich nicht. Meinst Du die Szene, in der er Jindra kennenlernt?


    Ich finds ganz gut, dass offenbleibt, was geschehen wird. Das unterstreicht das Gefühl der Falle, in dem sich der Prota befindet.

  • Das mit "Wilde Jagd" verstehe ich nicht. Meinst Du die Szene, in der er Jindra kennenlernt?

    Genau.


    Mich persönlich hat das an die Sagen um die Wilde Jagd erinnert. Ich frage mich, wie diese Verfolgung im Zusammenhang mit dem Verschwinden Jindras steht. Ist aber nicht als Kritik zu werten. Das offene Ende als solches gefällt mir auch sehr gut, alles andere hätte auch nicht gepasst.

  • Hallo Frank, meine Kommentare bezogen sich auf "Das Spiel kann beginnen". Für mich hatte die nächtliche Jagdszene eindeutig übernatürlichen Charakter. Ich bringe sie einfach nicht mit dem Ende in gescheiten Zusammenhang und denke immer, ein Puzzleteil fehlt mir. Muss ich noch mal drüber nachdenken.

    "Die Wörter an der Wand" finde ich wiederum relativ leicht zu verstehen. Gefällt mir, nach der Titelstory, auch am besten.

  • Aussichtslos sind sie auch gar nicht nur sind die Aussichten recht düster. Wobei Düsternis ja sehr subjektiv ist.

    Ich hatte beim Lesen mehr das Gefühl, die Protagonisten beim Scheitern zuzusehen oder bei ihrem Umgang damit.

  • Ich denke ebenfalls, dass die Protagonisten einiger (nicht aller Geschichten) des Bandes im herkömmlichen Sinne, sprich nach den üblichen gesellschaftliche Maßstäben, gescheitert sind; ob sie das selbst so empfinden, ist eine andere Frage. Das Ende der Titelstory wirkt auf mich durchaus hoffnungsvoll. Auch bei der ersten, "Die Wörter an der Wand", ist der Ausgang nicht unbedingt negativ, je nachdem, wie viel (phantastische) Wirklichkeit der Wahrnehmung der Hauptfigur zugrunde liegt.


    Aber nach meiner, wie ich inzwischen weiß, grandiosen Fehlinterpretation von "Das Spiel kann beginnen", liege ich vielleicht auch hier nicht oder nur bedingt richtig.