Mit Illustrationen von Reinhard Kleist
Einmalige Auflage von 250 nummerierten, von Autor und Illustrator handsignierten Exemplaren,
Leinen mit Schutzumschlag, im Samtschuber
Inhalt:
»Ist alles, was wir schaun, nur ein Traum in einem Traum?« fragte einst Edgar Allan Poe. Kann es sein, dass sich hinter der uns bekannten, sichtbaren Realität eine andere Wirklichkeit verbirgt, eine Stadt jenseits der Stadt - die Stadt der unaussprechlichen Freuden, die Kraft unserer kollektiven Wünsche, Sehnsüchte und Gedanken Form annimmt?
Die Buchhändlerin Alexandra und der Antiquar Bernd entdecken als Vermächtnis eines verschollenen Freundes Video- und Textdateien auf seinem Computer, die eine unglaubliche Geschichte erzählen. Hat Julian durch rätselhafte Texte, die als Fehldrucke in Büchern auftauchen, tatsächlich den Weg in jene andere Wirklichkeit gefunden, oder handelt es sich um Fieberphantasien eines überhitzten Verstandes?
Meine Meinung:
Eine Novelle, die 2010 in der Edition Phantasia erschienen und trotz ihrer Limitierung dort auch immer noch erhältlich ist. Die Verfügbarkeit dürfte sicherlich am stolzen Preis liegen, denn dieses schmale Buch ist mit seinen 65,- (!) nicht gerade billig.
Man kann sicher darüber streiten, ob der hohe Preis wirklich gerechtfertigt ist, die Aufmachung von „Die Stadt der unaussprechlichen Freuden“ ist jedoch zweifelsfrei recht edel und ganz sicher ein Traum für bibliophile Sammler. Dennoch ist es schade, dass hier aufgrund der gewählten Exklusivität, ein Großteil der Leser ausgeschlossen wird - Gerade auch wegen der Qualität dieser fantastischen Geschichte, die mich ziemlich sprachlos zurückgelassen hat.
Im Kern geht es um Alexandra und Bernd, die sich durch die Videoaufzeichnungen ihres „Freundes“ Julian arbeiten, um so dessen Verschwinden zu ergründen: Im Roman „Höllenegel“ des fiktiven Autors Albert Duncel (der einem bei Siefener öfters begegnet) entdeckt Julian zufällig Seiten, die aus einem anderen Roman eingebunden worden sind und in denen von der Suche nach einer seltsamen Spiegelstadt berichten wird. Bei seiner Recherche stößt er schnell auf weitere Textfragmente, die eine fortlaufende Geschichte erzählen, und sich wie ein Trojaner in diverse fremde Werke geschlichen haben (Interessanterweise handelt es sich dabei ausschließlich um Siefener-Romane, denen er hier allerdings andere Autoren andichtet. U.a „Die Entdeckung der Nachtseite“ von Ingo Schroeter, „Nonnen“ von Benno Durst und „Der Teufelspakt“ von Jan Droom.). Die „Buch-Infizierung“ überträgt sich jedoch allmählich auch auf Julian und fängt an ihn systematisch umzuschreiben/ zu verändern. Zudem leidet er plötzlich unter seltsamen Visionen, in denen Realität und Fiktion zunehmend miteinander vermischt werden. „Alles durchdringt einander, alles verschwimmt. (..) doch die Wirklichkeit ist noch unterscheidbar von der Fiktion. Sie ist schrecklicher.“
Erlösung hofft er in der Spiegelstadt aus den Texten zu finden, deren Existenz das Ende allen Leids der menschlichen Existenz verheißt. Aber was hat es dann mit den ganzen Menschen auf sich, die ihm während seiner Suche begegnen? Wie eingefroren starren sie aus Fenstern, die es eigentlich nicht geben sollte - Ihre Gesichter zu einem stummen Schrei geformt.
Genau wie die ganzen Bücher, die hier erwähnt werden, wird auch die „Die Stadt der unaussprechlichen Freuden“ bzw. Julians Videoauszeichnungen immer wieder von Textfragmenten unterbrochen. Sie handeln von Reinhold von Waldorff der zufällig auf das Buch „Die Stadt als Ahnung der Erfüllung“ von Theodor Morgenroth stößt, dort von der Spiegelstadt erfährt und danach ebenfalls verschwindet.
„Die Stadt der unaussprechlichen Freuden“ ist also im Prinzip ein Buch in einem Buch in einem Buch, in dem wir Alexandra und Bernd folgen, wie sie Julian folgen, wie er Reinhold von Waldorff folgt, wie er Theodor Morgenroth folgt. „Es ist ein Labyrinth (…) das unendlich verzweigt ist und in dem wir hinter jeder Biegung eine neue Überraschung begegnen können. Wir alle stecken in diesem Labyrinth und sind miteinander verbunden, aber alles, was wir von den anderen sehen, sind Schatten und Ahnungen. Wirklich begegnen wir in diesem Labyrinth nur hin und wieder uns selbst - in welcher Gestalt auch immer.“
Klingt abgefahren? Ist es auch. Sehr abgefahren sogar.
Oder wie es Elmar Huber in seiner Kritik auf Phantastik-Couch recht passend formuliert: „Die Stadt der unaussprechlichen Freuden ist ohne Übertreibung ein phantastisches Kabinettstück; Eine Art kafkaeske Unendliche Geschichte mit deutlichen Anleihen am Expressionismus und durchzogen von einer Symbolik (Namensähnlichkeiten, Spiegelmotiv), die die Handlungsebene unbewusst verstärkt.“
Ein äußerst anspruchsvolles, verstörendes, surreales und mMn auch einzigartiges Beispiel für moderne Weird-Fiction und eine Leseerfahrung, die man so schnell nicht vergisst. Diese Novelle gehört jedenfalls zum Besten, was ich in diesem Bereich bisher lesen durfte (egal ob national oder international) und ich war wirklich traurig, als ich dieses kurze Buch beendet hatte.
Glücklicherweise habe ich hier noch jede Menge andere Siefener-Bücher liegen, die darauf warten, von mir entdeckt zu werden. Besser als hier kann es aber eigentlich nicht mehr werden.
Hat das Buch sonst noch jemand gelesen oder war es euch zu teuer?