Eugene Thacker: In the Dust of This Planet

  • Ich habe sofort mal weitergelesen. Das Zwischenkapitel finde ich gut, aber dann geht es mit dem "Black" im Black Metal weiter und das Kapitel stört mich gewaltig. Das ist nicht der Fall, weil er nur Dummes oder Falsches oder so schreiben würde, sondern aus methodischen Gründen.


    ET gibt vor, etwas über Black Metal sagen zu wollen, genauer um die Bedeutung des Wortes "Black" in "Black Metal". Dabei klärt er nicht, was Black Metal eigentlich für ihn ist: Ein Musikgenre, ein Subgenre, Dichtung, eine Kultur? Und warum Black Metal "Horror" ist, setzt er auch einfach nur, ohne echt begründung Darstellung. Hier könnte ich schon einhaken, weil er die Verwendung von Motiven des Horror mit dem Horror-Genre gleichsetzt. Oder habe ich da etwas überlesen?


    Kritischer sehe ich aber sein allenfalls deduktiv zu nennendes Vorgehen: Das heißt, er entwickelt mit Rückgriff auf die Geistesgeschichte (etwas sehr Lückenhaft) drei verschiedene Bedeutungen von "Black" und ordnet dann auffallend wenige Alben darin ein. Das ist ein guter Weg, wenn man in der Geistesgeschichte belesen ist, aber eigentlich keine Ahnung von dem kulturen Phänomen hat, über das man sich äußern und etwas klug Klingendes sagen will. (Dazu passt auch, dass er im Grunde keine Quellen richtig angibt und Zitate bis auf wenieg Ausnahmen tunlischst vermeidet. Man soll ihm halt glauben.)

    Durch das gewählte Vorgehen schließt er bereits methodisch und damit systematisch aus, dass dem Metal selbst ein kulturelles und bedeutungsstiftendes Innovationspotential innewohnt und sei es nur eine marignale Bedeutungsverschiebung. Denn: Mit Schopenhauer, Nietzsche und Lovecraft sei ja eigentlich schon alles gedacht und Popularkultur remixe nur noch das althergebrachte.

    Wenn man ehrlich ist, illustriert "Black Metal" in dem Text allenfalls als Beispiel ETs Gedanken, ist aber nicht Gegenstand seiner Betrachtung. Für mich ist das Kapitel daher ein Etikettenschwindel.


    Entsprechend stimme ich euch auch voll zu, wenn ihr schreibt:


    Mir ist auch unklar, woher er all diese Annahmen nimmt. Black Metal als Satanismus existiert erst, seit die norwegische Presse die Kirchenbrände so bezeichnet hat. Die waren allerdings nicht satanistisch, sondern aus politischen Gründen anthiteistisch, höchstens 'heidnisch'.


    2. Black Metal: meine Einschätzung liegt da etwas anders. Venom und das erste Album von Bathory, sowie Mayhem, von denen sich u.a. norwegische Black Metal-Bands gerne herleiten, sind schon klar satanistisch gestylt, i.e. maximale Häresie durch Inversion, spätere Bathory geben dann ein Beispiel und Vorbild für eine Emanzipation/Apostase vom Christentum hin zum Paganismus. Insofern kann man Thacker hier quasi generisch/evolutionär lesen, sollte aber bedenken, dass BM Bands da wohl nicht immer so streng logisch gedacht haben wie man das hier verstehen könnte. Ich denke, es geht da in erster Linie um Antagonismus, also könnte man Black z.B. auch einfach mit böse/evil assoziieren.

    Denn ihr geht von dem pokulturellen Phänomen "Black Metal" selbst aus und ... Überraschung! ... es ist doch deutlich komplexer als man denkt. Übrigens gibt es eine differenzierte Popkultur, Popmusik und auch Metal-Forschung, zum Beispiel auch aus theologischer Perspektive. Total spannend, wäre ergiebig für so ein Kapitel. Hätte ET aber vielleicht mal reinschauen sollen.


    Ich wünsche mir etwas mehr Substanz, eine stärkere Hinwendung zum Gegenstand und hoffe, es geht nicht so weitet .

  • "Ein zentraler Fokus dieses Buches liegt daher auf dem Problem, wie die Welt-ohne-uns gedacht werden kann."


    " ... sondern als eine Art Auseinandersetzung mit den Grenzen des Menschlichen angesichts einer Welt, die nicht nur eine Welt (für-uns) und nicht nur eine Erde (Welt-an-sich), sondern auch ein Planet (Welt-ohne-uns) ist. ... Das bedeutet, dass es ... nicht einfach um Angst geht, sondern vielmehr um die rätselhafte Idee des Unbekannten."

  • Also nochmal.


    "Ein zentraler Fokus dieses Buches liegt daher auf dem Problem, wie die Welt-ohne-uns gedacht werden kann."


    " ... sondern als eine Art Auseinandersetzung mit den Grenzen des Menschlichen angesichts einer Welt, die nicht nur eine Welt (für-uns) und nicht nur eine Erde (Welt-an-sich), sondern auch ein Planet (Welt-ohne-uns) ist. ... Das bedeutet, dass es ... nicht einfach um Angst geht, sondern vielmehr um die rätselhafte Idee des Unbekannten."


    "Die Kultur ist hier das Terrain, auf dem wir Versuche finden, einer unpersönlichen und indifferenten Welt-ohne-uns entgegenzutreten, einer unauflöslichen Kluft zwischen der Welt-für-uns und der Welt-an-sich, mit einer Planet genannten Leere, die zwischen der Welt und der Erde schwebt."

  • im Untergrund exsitierende heidnische Geheimkulte (die Idee stammt von Heinrich Himmler und wurde seltsamerweise von der zweiten Frauenbewegung der 70er aufgegriffen).

    Ich dachte immer, dass Margaret Murray ihren Anteil an diesem Mythos hätte. Vielleicht verwechsle ich da aber auch etwas.


    Vielen Dank für die spannende Diskussion bisher, die ich als Nicht-Mitleser dennoch mit Interesse verfolge. Die Ergebnisse bisher mindern meine Lust, zum Buch zu greifen, recht erheblich, wie ich gestehen muss.

  • Ich bin jetzt durch mit I (S. 48) und kann mich nicht erinnern, wann mich ein Buch so wahnsinnig genervt hat wie dieses. Mag sein, dass ich aussteige, vor allem, wenn mir nochmal seitenlang was von Jesus erzählt wird. Bislang sehe ich das Buch als einen Versuch, Theologie im 21. Jahrhundert eine Relevanz zu verleihen, die sie für viele (vermutlich die allermeisten) der Horror-Rezipienten nicht hat. Ist aber nur so ein Eindruck ...

    Ich finde die Einschränkung auf Dämonen und die Beschäftigung damit, wie man die historischen abendländischen Narrative fassen kann, etwas eindimensional.


    Man könnte den Begriff auf "anorganische Wesen" ausdehnen. Dann kann man mal sehen, was andere Völker hier zu erzählen haben. Magier, Schamanen usw. können mit Erfahrungen und Ideen aufwarten, die man in Überlegungen einbeziehen könnte.

    Es ist sicher ein bissl monokulturell, aber er will ja as zum BM sagen, und der ist einfach aus einer bestimmten Kultur / Region mit einer bestimmten Geschichte entstanden, und das sind die nordischen Länder, oder speziell Skandinavien. Corpsepaint geht auf norwegische Berserker zurück, und die Idee, sich als lebende Tote zu schminken, um den Gegner moralisch zu schwächen, gab es bereits bei den Kelten (Kalk). Das ist also - will man das so aufziehen wie Thacker - kulturell einfach im vorchristlichen Nordwesteuropa verankert.

    Warum er diesen Aspekt der Welt als Leere bezeichnet, kann ich nicht nachvollziehen.

    Ich ebenfalls nicht. Aber es ist durchaus konsequent, wenn er die Welten trennt nach einer, in der der Mensch Relevanz hat (eine Relevanz, die nur wir uns selbst verleihen) und eine, in der wir keine Relevanz haben (alles, das wir nicht beeinflussen können, salopp gesagt). Dann ist die Welt, in der der Mensch nichtig ist, eben ein Nichts. (Kann man das schon als Rachephilosophie bezeichnen? :D)

    1. Diese Welt ohne uns wird von ET als eine Welt Nach uns umrissen. Stichwort Postapokalypse, also ja, Albtraummaterial.

    Ja, das ist wohl die Basis des Buches. Ob man dem folgt oder nicht kommt aber auf die Position an, die man der Menschheit gegenüber vertritt. Ich sehe mich als Optimistin, allerding nur unter der Prämisse meiner Erwartung, dass die Menschheit (und ihre Evolutionen) irgendwann von diesem Planten verschwinden wird, und hoffentlich zu einem Zeitpunkt, zu dem noch irgendein anderes halbwegs komplexes Leben möglich ist - und nicht nur laborgezüchtete plastikfressende Bakterien. Für mich ist also die human extinction kein Alptraum, sondern das, was die Realität erträglich macht.

    2. Black Metal: meine Einschätzung liegt da etwas anders. Venom und das erste Album von Bathory, sowie Mayhem, von denen sich u.a. norwegische Black Metal-Bands gerne herleiten, sind schon klar satanistisch gestylt, i.e. maximale Häresie durch Inversion, spätere Bathory geben dann ein Beispiel und Vorbild für eine Emanzipation/Apostase vom Christentum hin zum Paganismus. Insofern kann man Thacker hier quasi generisch/evolutionär lesen, sollte aber bedenken, dass BM Bands da wohl nicht immer so streng logisch gedacht haben wie man das hier verstehen könnte

    Du hast Recht, ich habe Euronymous und Mayhem missachtet, aus dem einfachen Grunde, weil ich die unerträglich finde. Ich weiß von denen zu wenig, aber es wäre sicher interessant zu schauen, ob die Inversion satanistisch (Satanismus ist ja die andere Seite der Medallie und nicht außerhalb des Christentums) oder antichristlich zu sehen ist. Wenn man in einer christlichen Gesellschaft zeigen will, dass man nicht nur Atheist, sondern Antitheist sein will, wird es schwierig. Es gab damals die Möglichkeit, christliche Symbole zu verkehren oder (damals noch in den Anfängen) regionale vorchristliche Konzepte durch Symbole auszudrücken (Thorshammer und so). Allerdings sind nicht alle neo-pagans dezidiert antitheistisch und/oder antichristlich, und dann sind wir wieder beim umgedrehten Kreuz und Pentagramm. Ob das alles "satanistisch" ist?

    Ich sehe es aber auch so, dass das damals in der Szene nicht von allen so analysiert wurde. Punks (Siouxsie von den Banshees z.B.) hat auch eine Hakenkreuzarmbinde getragen, und war selbstverständlich das Gegenteil von Nazi.

    3. Ja, er leitet das nicht sauber her, gemeint ist aber mMn ein "über den Kopf Wachsen" mitunter selbstgemachter Probleme, eine Verselbständigung der Ereignisse

    Genau das sehe ich auch so. Momentan sehe ich null roten Faden, und mit dieser klassischen Rede-Gegenrede Rhetorik tut er sich keinen Gefallen - außer, es ist Kalkulation, um seine Wischiwaschi-Argumente zu verschleiern (was ich durchaus für möglich halte). Gemessen daran, dass er ein "Professor" ist, stellt dieser Band eine erschreckend schwache Leitung dar. Lowlight bisher: S. 22 - "Other claims have also been made for demon or demon-like equivalents in various African, Polynesian, and Native American traditions (...)" etc.

    Have been - by fucking whom?! Passiv zur Verschleierung des "Täters" (im Sinne der Grammatik) ist wohl das Letzte, womit man eine Quellenangabe vermeiden sollte. Und dann "demon-like" - für den Fall, dass jemand doch noch belegen kann, dass das eben doch keine Dämonen dort sind. Ein echt peinliches Totschlagargument á la "Wie hat Noah all die aberhunderttausdenden verschiedenen Spezies auf der Arche untergebracht?" -> Das waren keine zoologischen / biologischen Spezies, sondern "Arten", und davon gibt es weniger: Katzenartige, Huftierartige, Reptilienartige. Zack, checkmate ... Das mag sich noch ändern, aber momentan bewegt sich Thacker recht nah an diesem Niveau.

    Ich habe einige der BM-Bands angehört und konnte nichts damit anfangen.

    Die Musik ist extrem vielschichtig. Als Illustration der - zumindest damaligen - Stimmung/Geisteshaltung finde ich Darkthrones "Snowfall" ganz passend. Ich höre auch BM, aber ganz andere Varianten, das 'trv norwegian Black Metal' finde ich halt auch sehr anstrengend, v.a. durch das monotone high-pitch, auch bei den Vocals. (Ab davon muss man BM auch nicht mögen, klar.)

    Was mir auffällt, ist der enorm assoziative Stil, bei dem Begriffe weder exakt definiert, als durch Suchbewegungen charakterisiert werden? Ist das eine Folge der Übersetzung oder auch im Englsichen Original nicht anders?

    Nicht anders, sehr nervig.

    Thacker ist Prof und dazu noch berühmt, wenn ich kleines Licht alle Jahre mal ein Essay schreibe, traue ich mich sowas nicht.

    Stilistish ist das natürlich geschickt, denn Begriffe werden dadurch "gefühlt" greifbar und vielfach einsetzbar, aber es hilft eben nicht bei der Suche nach Klarheit und Eindeutigkeit. Dadurch verortet sich das Vorwort eher im Feuilleton, als in einer wissenschaftlichen Abhandlung. Aber es ist eben auch erstmal nur das Vorwort.

    Ich sehe das schon im Bereich Glosse. Nur weniger unterhaltsam. Stimme dir absolut zu.

    ET gibt vor, etwas über Black Metal sagen zu wollen, genauer um die Bedeutung des Wortes "Black" in "Black Metal". Dabei klärt er nicht, was Black Metal eigentlich für ihn ist: Ein Musikgenre, ein Subgenre, Dichtung, eine Kultur? Und warum Black Metal "Horror" ist, setzt er au

    Meinte er nicht, es sei eine Subkultur? Ich sage nur leise: " For the moment, let us think about 'black' as meaning 'Satanic'." Dieser moment wird dann aber als gefestigte, belegte Prämisse behandelt. Naja ... er macht es schon recht einfach.

    Das ist ein guter Weg, wenn man in der Geistesgeschichte belesen ist, aber eigentlich keine Ahnung von dem kulturen Phänomen hat, über das man sich äußern und etwas klug Klingendes sagen will. (Dazu passt auch, dass er im Grunde keine Quellen richtig angibt und Zitate bis auf wenieg Ausnahmen tunlischst vermeidet. Man soll ihm halt glau

    Ganz genau den Eindruck habe ich auch.

    Wenn man ehrlich ist, illustriert "Black Metal" in dem Text allenfalls als Beispiel ETs Gedanken, ist aber nicht Gegenstand seiner Betrachtung. Für mich ist das Kapitel daher ein Etikettenschwindel.

    Jup.

    Denn ihr geht von dem pokulturellen Phänomen "Black Metal" selbst aus und ... Überraschung! ... es ist doch deutlich komplexer als man denkt.

    Es ist ganz extrem komplex. Ich versuche das irgendwie (laienhaft) kulturhistorisch/anthrologisch zu betrachten, also im Umfeld der Entstehung, und das ist alles andere als eindimensional, zudem noch durch bewusste interne Mythenbildung verschleiert / verfälscht.

    Ich dachte immer, dass Margaret Murray ihren Anteil an diesem Mythos hätte. Vielleicht verwechsle ich da aber auch etwas.

    Das ist richtig, und ich wollte vor Anclicken des Artikels auch das Golden Bough anführen, das steht dort auf Wiki ja aber auch im ersten Satz. Es gibt da zwei dezent unterschiedliche Richtungen:

    - Die 'Hexe' als heidnische Priesterin einer fast verschütteten vorchristlichen Religion

    - Die 'Hexe' als Zauberin, Aufteilung in Weiße und Schwarze Magie, die ähnlich exstierte wie im Malleus maleficarum dargestellt, aber eben nicht 'böse'/teuflisch, sondern nur diskreditiert.

    Murray ist da der ersten, Himmler der zweiten Form näher.


    Fazit: Ich bin echt schwer enttäuscht und ausgesprochen genervt. Das ist eine Theologie, nicht Philosophie, des Horrors. Actually, momentan sehe ich gar nichts, das mit Horror (als Genre oder als Phänomen) zu tun hat.


    Was mir auch nicht ganz in den Kopf will: Kann (oder: wie kann) jemand Nihilist sein, der noch - wenn auch in leisen Ansätzen wie Thacker hier - dem Christentum anhängt? Schließt sich das nicht aus? Haben abrahamische Religionen nicht alle diesen Erlösungsanspruch? (Ich bin nicht getauft und komme aus atheistischem Haushalt, was ich vom Christentum weiß, kommt aus der Kunstgeschichte und der Beschäftigung mit der Verfolgung Andersdenkender seit 450, mag sein, dass mir da eine Logik entgangen ist.)

  • Kann (oder: wie kann) jemand Nihilist sein, der noch - wenn auch in leisen Ansätzen wie Thacker hier - dem Christentum anhängt?

    EklektizistInnen kriegen ja irgendwie alles hin, aber folgt man der intrinsischen Logik konsequent, würde ich auch sagen, dass es unmöglich vereinbar ist.

  • EklektizistInnen kriegen ja irgendwie alles hin, aber folgt man der intrinsischen Logik konsequent, würde ich auch sagen, dass es unmöglich vereinbar ist.

    [Skl] Okay, dann sehe ich das wohl halbwegs richtig.


    Nachtrag zu meinem Genöle oben:

    Absolutes Lowlight: S. 46: Thacker klaut Derridas geniale Idee der Hauntology (Haunting + Ontology) ohne friggin' Referenz und strickt daraus eine "demontology", die er dann aber nicht richtig füllen kann. Dass er sich auf Derrida bezieht, wird deutlich in seiner - ich meine auch nicht ganz sauber übertragenen - Verwendung des "I" vs "The Other" im gleichen Kapitel. Nicht cool, echt nicht cool ...[shnt]

  • schätze, die luft ist wohl raus.

    Oh, ich hoffe sehr, ich hab euch nicht die Leselaune verdorben, das war absolut nicht meine Absicht. Manchmal werde ich etwas über-leidenschaftlich, eben auch in Ablehnung eines Buches.


    Liest keiner weiter? Euer Fazit würde ich sehr spannend finden.

    Ansonsten empfehle ich david peak: the spectacle od the void, und graham harmann

    Harmann kenne ich gar nicht, was würdest du denn als erstes von ihm anraten?

  • Ich lese weiter und habe das das Kapitel II inzwischen beendet. Hier ist es etwas interessanter geworden.


    Doch geht mir diese total verengte intellektuell-philosophisch-abendländische Weltsicht auf die Nerven, damit kann ich wenig anfangen.


    Auf Seite 110 schrieb er von der "rätselhaften Manifestation der Welt-ohne-uns in der Welt-für-uns. Später war es dann über doch wieder die Welt-an-sich. Was ja eigentlich auch egal ist.


    Immer wenn ich das Gefühl habe, jetzt kommt was spannendes, endet es in irgendeinen formal-intellektuellen Zwangsjacke.


    Erschwerdend kommt hinzu, dass ich weder Schopenhauer, noch Kant gelesen habe. Aristoteles auch nicht.


    Am Anfang des Kapitel III beschäftigt er sich mit Konstrukten zum Leben nach dem Tod. "Zum Nachleben gibt es keinen besseren Führer als Dante" schreibt er. Es läuft ständig auf diesen christlichen Murks hinaus. Als wenn es nicht interessantere Ansätze hierzu gäbe. Angefangen von den Berichten von Nahtod-Erfahrungen bis hin zu den Berichten von Astralreisen oder den Vorstellungen Eingeborener Völker. Aber um so etwas in Erwägung zu ziehen müsste man den engen Rahmen, der intellektuellen westlichen Wissenschaftlichkeit zumindest mal gedanklich verlassen wollen.


    Das sind einige Fragmente, die in mir beim Lesen entstanden sind. Ich möchte das auch nicht weiter detaillieren. Für mich lohnt sich eine eingehendere Betrachtung dieses Buches nicht. Die Zeit verbringe ich lieber damit, etwas interessanteres zu lesen oder mich draußen aufzuhalten.


    Aber ich habe einige Lektüre-Anregungen mitgenommen. Ich will "Die purpuren Wolke" lesen und "Der schwarze Gondoliere".

  • falls jemand gezielt Abschnitte aus Band 2 und 3 lesen möchte, würde ich noch noch mitgehen.


    Graham Harman (war doch nur ein n): Weird Realism - Lovecraft ans Philosophy, und vielleicht sein Speculative Realism - An Introduction

    Kenne ich bisher aber alles nur auszugsweise.

  • Die Quaestio II ist überschrieben mit "Über die Frage, ob es Dämonen gibt und wie man sie erkennt". Beantwortet wird diese Frage nicht im Ansatz, es geht also mit dem Etikettenschwindel weiter. Warum macht er das?


    Das Kapitel selbst ist in tilen gar nicht so uninteressant. Man kann ET durchaus einen Eurozentrismus vorwerfen und auch eine Blindheit für kulturelle Erzeugnisse seit dem Mittelalter, aber er will halt in die Anfänge gehen. Seine 4 Etappen des Dämonenverständnisses in der Menschheitsgeschichte sind deshalb auch nicht mehr als eine Skizze, bei der er vergisst, dass die Welt bei Weitem nicht so "entzaubert" (siehe Max Weber, den er leider nicht zitiert) ist, wie er behauptet. Danach will er die Dämonen bei ihren Ursprüngen fassen, also der Bibel und Dantes "Inferno". Diesen Weg kann ich gut verstehen und deute ihn nicht als Perspektive eines Christen, sondern als Versuch, an die "westliche" Geistesgeschichte anzuknüpfen. Und endlich, endlich wendet er sich konkret den Gegenständen zu, die er analysiert.

    Insbesondere bei Dante kann ich seinen Schlussfolgerungen nicht folgen und hätte mir ein wenig mehr Erläuterung gewünscht, die zitierten Stellen sprechen nämlich meines Erachtens nicht für sich (Er zitiert etwas, danach heißt es: "Wie wir kurz darauf erfahren, ...", diese relevante Stelle wird aber nicht zitiert) und zeigen mir nicht, anders als er verspricht, den dritten Dämonen-Typus.


    Insgesamt gehe ich bei ET mit, wenn er schreibt: "Ein Weg bleibt noch offen, – die Perspektive des Nichtmenschlichen selbst. Als denkende, verkörpernde Wesen, die wir nicht im stande sind, uns vollständig von den Subjekt-Objekt-Beziehungen zu lösen, die uns ausmachen, ist dies fraglos ein paradoxer Schritt." (44f) Aber was heißt hier eigentlich das von ET viel benutzte "paradox"? Ist es ein Synonym für "unmöglich", ohne dass man sich festlegen muss? Weiter heißtes dann auch: " Eigentlich ist er von Anfang an zum Scheitern verurteilt."(45) Warum nur "eigentlich"? Was soll dieses Abtönungspartikel? Rhetorisch hält es ihm zusammen mit dem "paradox" die Tür offen, etwas eigentlich Unmögliches auch zu versuchen. Die Berechtigung hierfür holt er sich aus dem dritten Dämonentypus. Aber warum das so ist und damit Paradoxie (i.S.v. Unmöglichkeit) aufzulösen scheint, stellt er nicht da und ich verstehe es auch nicht. Wie kann man an einer so relevanten anthopologischen und erkenntnistheoretischen Frage so lückenhaft vorbeimäandern? Es könnte sein, dass hier am deutlichsten wird, dass ET als Philosophie-Professor wirken möchte, aber nunmal keiner ist und deshalb die Relevanz der genauen Klärung dieses Punkts übersieht.


    Obwohl ich eine kritische Position haben, werde ich noch weiterlesen. Mal abwarten, was da noch kommt.