Hans Watzlik – Im Ring des Ossers



  • Hans Watzlik (1879 – 1948) ist mittlerweile gemeinfrei. Dementsprechend ist auch sein Erzählband "Im Ring des Ossers" (1913) wieder verfügbar, zum Beispiel digital auf dem Projekt Gutenberg. Aber, wie ich eben gesehen habe, gibt es seit Anfang Juli 2019 auch eine einfach aufgemachte Print-Version im Hofenberg-Verlag (BoD), herausgegeben von Karl-Maria Guth (schlimmes Cover …).

    Ein unbekannter Phantast?

    Der Autor ist nicht unumstritten. Wikipedia schreibt: "Zur Zeit des Nationalsozialismus galt Watzlik als politisch zuverlässig und künstlerisch wertvoll." Während Ewers, Strobl und Meyrink meist in einem Atemzug genannt werden, taucht der Name Watzlik selten auf. Literarisch betrachtet ist das unverständlich, denn er gehört der selben Epoche an und hat mehr als einen Gelegenheitsausflug in die Phantastik unternommen, kann sogar als einer ihrer (wenigen) "gebirgigen" Vertreter gelten. Von den Büchern mit Erzählungen sind lesenswert "Im Ring des Ossers" und "Dämmervolk" (beide mit Werwolf-Stories). An Romanen nenne ich "Der wilde Eisengrein" oder "Aus wilder Wurzel".

    Einfach, aber wirkungsvoll

    Inhaltlich repräsentiert Hans Watzlik eine, wenn man so will, völkische Phantastik – zwischen Aberglaube, Sage und Heimatdichtung (jetzt würde man vielleicht Blut-und- Boden-Literatur sagen). Durch seinen Verzicht auf komplizierte Handlungsstränge oder vielschichtige Figuren erreicht er jedenfalls eine primitive, unheimliche Wucht. Sprachlich schlägt er in eine derb-expressionistische Kerbe, die dem Werk wohl einen besonders urigen Ton verleihen sollte. So gesehen stellt es einen Gegenpol zur Dekadenz eines Hanns Heinz Ewers oder den bizarren Phantasien eines Karl Hans Strobl dar. Dass das nicht jeder goutieren möchte, ist klar. Wer sich mit der phantastischen Literatur in Deutschland, namentlich jener Zeit, beschäftigt, sollte aber mindestens einmal Kenntnis davon genommen haben.

  • (schlimmes Cover …)

    Aber das hier ist schön, hübsche Farben und Landschaft ohne Leute. Fraktur mag ich ohnehin sehr gerne, auch zum Lesen. (Die Schrift hat ja ursächlich mit den Nazis nix zu tun und ist wesentlich älter.)


    Das schaue ich mir mal an. Altmodischer Pathos selbst stört mich nicht, bis zu einer gewissen Grenze kann ich auch von politischen Tendenzen (so im Buch offensichtlich) abstrahieren.


    Schön, dass hier so viel Unbekanntes aus der deutschen Phantastik ausgegraben wird; für mich ist das auch ein Stück Literaturgeschichts-Nachhilfe. Danke! [Cof]

  • Aber das hier ist schön, hübsche Farben und Landschaft ohne Leute.

    Ja, 1913 haben das eben noch Fachleute gemacht. Und: Es gab noch kein Photoshop, – was bisweilen ein großer Vorteil war. Die Neuauflage (mit dem schwachen Cover) gibt es bei den namhaften Buchhandels-Diensten, so dass ich hier keinen extra Link gesetzt habe.


    Den Dank hinsichtlich Vorstellungen + Entdeckungen kann ich natürlich zurückgeben. [Cof]

  • Ich habe mal im Wikipedia Eitnrag geschnüffelt:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Watzlik


    Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erscheint Watzlik auf der von der Deutschen Verwaltung für Volksbildung in der sowjetischen Besatzungszone herausgegebenen Liste der auszusondernden Literatur mit zwei Werken,[4] auf der vom Österreichischen Bundesministerium für Unterricht herausgegebenen Liste der gesperrten Autoren und Bücher mit allen seinen Werken.[5]


    Wir hatten das ja an anderer Stelle diskutiert in wiefern man Werk und Schöfper trennt oder nicht:

    Trennung Werk und Schöpfer


    Ich habe jetzt mal in eine Geschichte reingelesen und die ist an sich nicht zu beanstanden. Würde man jetzt einen solchen Autor nachdrucken oder sollte man das eher lassen?


    Hier gibt es einen Artikel zu ihm und seiner Deutung:

    http://www.oberpfaelzerkulturb…/39.NGT_Seite_158-163.pdf

  • Mammut Danke für den verlinkten Artikel von Walter Koschmar (den ich früher schon einmal gelesen hatte). Der Text hilft einem ja ein bisschen auf die Sprünge und ich finde ihn recht ausgewogen.


    Zum "Im Ring des Ossers" – das war ja mein Aufhänger – muss man sagen, dass es 1913 erschienen ist. Daher bin ich auch vorsichtig mit Ausdrücken wie "Blut und Boden", die zu der Zeit noch gar nicht im Schwange waren. Die Erzählungen beinhalten jedenfalls (so weit ich mich erinnere) keine weltanschaulichen Aussagen oder gar Propaganda … ein Hang zum Stereotypen und eine gewisse (geistige) Enge lassen sich aber bei dieser Art von "Heimatliteratur" nicht leugnen.


    Über die Qualität der Lektüre kann ich beim besten Willen kein allgemeingültiges Urteil fällen. Mir sagt das bedrückende, dumpfe Klima, in dem Watzliks Geschichten oft spielen, zu; auch mag ich seine verschrobene, veraltete und von regionalen Ausdrücken bestimmte Sprache. Allerdings kann ich es verstehen, wie oben bereits gesagt, wenn das nicht den allgemeinen Nerv trifft … Andererseits würde es mich aber auch nicht wundern, wenn Watzlik & Co. in der verbreiteten Rückbesinnung auf die Natur, Regionalbewusstsein etc. wieder eine Neuentdeckung erlebten.

  • Ich habe jetzt mal in Stitzel reingelesen und das hat mir eigentlich gut gefallen und scheint mir auch recht neutral. Die Geschichte ist mystisch/gruselig, natürlich naturverbunden, wie solche Geschichten oft halt sind, man kennt das ja von den Märchen.

    Schwer zu sagen so insgesamt finde ich. Aber generell was zu verdammen ist halt auch nicht das richtige wie ich finde.

  • Über H.Watzlik gibt es eine Buchbiografie "Hans Watzlik-ein Nazidichter?"

    Unter 30 Euro ist nicht einfach zu kriegen.

    In der einschlägigen Literaur wird immer wieder sein Buch "Dämmervolk" erwähnt. Mich würde es interessieren, inwieweit das Buch literarisch auf der Höhe ist. Ein klarer Fall für Privatdruck.

  • Was heißt "literarisch auf der Höhe"? Es sind teils recht grausige Stories (nicht blutrünstig!), die vielfach auf traditionellen Sagenmotiven beruhen, dargebracht in der Form, wie ich sie oben versucht habe zu umreißen: kräftig-derbe Sprache, ländliches Milieu, bevorzugte Schauplätze: Moor und Wald … ich habe ja die Theorie, dass der deutsche Sprachraum eine eigene Tradition dessen hat, was in England als "Pagan Horror" bekannt ist. Watzlik würde darunter fallen. Fragt sich aber nur, ob sich jemand für meine Theorien interessiert … :)

  • … ich habe ja die Theorie, dass der deutsche Sprachraum eine eigene Tradition dessen hat, was in England als "Pagan Horror" bekannt ist. Watzlik würde darunter fallen. Fragt sich aber nur, ob sich jemand für meine Theorien interessiert … :)

    Ich würde dies bejahen. :)

    "The amount of weird material I have not read is appalling"


    HPL to CAS, 1925

  • ich habe ja die Theorie, dass der deutsche Sprachraum eine eigene Tradition dessen hat, was in England als "Pagan Horror" bekannt ist. Watzlik würde darunter fallen. Fragt sich aber nur, ob sich jemand für meine Theorien interessiert …

    X/Ich bin auch interessiert, auf jeden Fall.


    An dem Thema denke ich auch schon ne Weile rum ... ein bissl mehr aus der osteuropäischen Pagan Metal-Richtung :D und kultur/literaturgeschichtlich eben auf UK/Nordische Länder bezogen, aber in den letzten Jahren hab ich mir einige Dokus und Sachbücher zu den deutschen okkulten/neoheidnischen Strömungen der 1920er-50er angeschaut, das ist ein äußerst skurriles und interessantes Thema. Und auch der christliche Faschismus hat ja diese wild zusammengeklauten okkulten und "heidnischen" Themen: Himmlers Hexen"forschung" und Otto Rahns Gralssuche, die Reisen nach Tibet, die falsch verstandenen nordeuropäischen Traditionen & Religionen etc.