Jawohl, die Story hat ihre Stärken und ist noch der klassischen Pulp-Tradition verhaftet, womit sie auch Lovecraft-Fans ansprechen dürfte. Als Quelle wird Weird Tales (1944) genannt, kommt also hin. Freilich ist Bloch bemüht, das gotische Spukschloss einzureißen, das ja hier nur noch eine operettenhafte Kulisse darstellt.
Dieser Hang zum Karikieren stört mich allerdings ein bisschen – und steht den meisten Schreiberlingen schlecht zu Gesicht. Warum? Weil ihre Themen und Inhalte nämlich selbst altern; und im Falle Robert Bloch: nicht besonders gut.
Da gebe ich dir definitiv Recht. Viele Erzählungen von Bloch sind nicht besonders gut gealtert. Und ja, das Spukschloss in "Die Bestie von Barsac" ist reine Kulisse. Es taucht jedoch schon in der vorherigen Geschichte "Tod eines Vampires" auf und dort spielt es bzw. seine Vorgeschichte dann auch eine größere Rolle.
Ich weiß nicht ob Bloch noch weitere Geschichten über die Mitglieder der Familie Barsac verfasst hat, aber so eine lose miteinander verknüpfte Familienchronik, rund um besagtes Schloss, fände ich eigentlich ganz reizvoll. Als Karikatur hatte ich das Ganze ehrlich gesagt auch gar nicht wahrgenommen. Wenn es mal albern wird, dann mMn eher unfreiwillig.
Ich habe inzwischen übrigens ein weiteres Buch von Bloch beendet. Definitiv die beste Storysammlung die ich bisher von ihm gelesen habe (auch wenn er sie sich mit Bradbury teilen muss). Eine klare Empfehlung!
Der Besucher aus dem Dunkel
Klappentext:
"Eine großartige Sammlung der besten Science Fiction- und Horror-Stories von Robert Bloch, dem Autor von 'Psycho' und von Ray Bradbury, dem Autor des Science Fiction-Romans 'Fahrenheit 451'."
Meinung:
Die Sammlung habe ich schon Ewigkeiten im Regal stehen. Gekauft hatte ich sie mir damals eigentlich wegen Bradbury. Gelesen habe ich nun aber nur die Bloch-Stories. Warum man ausgerechnet diese beiden Autoren in einem Band vereint hat, kann ich jedoch nicht sagen. Es ist mMn jedenfalls nicht unbedingt die offensichtlichste Kombination. Mir würden aus dem Stegreif diverse "literarische Paarungen" einfallen, die mehr Sinn ergeben würden. Leider fehlt auch ein Vor- oder Nachwort, das diesbezüglich etwas Erhellendes beitragen könnte. Naja.
Der Band enthält jedenfalls 10 Geschichten, von denen 6 von Robert Bloch stammen. Dieser beginnt auch gleich mit der Titelgeschichte:
"Der Besucher aus dem Dunkel": Edmund Fiske reist nach Providence, um dort den Tod seines Freundes Robert Harrison Blake zu untersuchen. Genau wie Fiske war er mit H.P. Lovecraft befreundet und gehörte zu dessen Zirkel. Um für eine Novelle über Schwarze Magie zu recherchieren, besuchte Blake damals eine verlassene Kirche, die einst im Besitz eines esoterischen Kults war. Kurz danach starb er dann unter äußerst mysteriösen Umständen. Fiske will das nicht auf sich beruhen lassen...
Mit der Hauptfigur Edmund Fiske setzt Bloch seinem Freund Fritz Leiber ein Denkmal. Es war damals nicht unüblich, dass sich die Lovecraft-Gang gegenseitig in ihre Geschichten einbaute und dort dann recht grausam zur Strecke brachte. Besonders Lovecraft amüsierte sich in einem Brief an Frank Belknap Long darüber, als Bloch ihn in "The Shambler from the Stars" ("Der Schlächter von den Sternen") brutal ermordete. Er verfasste daraufhin "The Hunter of the Dark" ("Der leuchtende Trapezoeder") und "rächte" sich dort an Bloch (den er als Robert Blake auftreten ließ). Dessen Tod wird in der Fortsetzung von Bloch nun wiederum von Edmund Fiske aka. Fritz Leiber untersucht. Wie die Sache für ihn ausgehen wird, kann man sich vielleicht denken.
Die Fertigstellung hat Lovecraft zwar nicht mehr erlebt, aber "Der Besucher" hätt ihm sicher gefallen. Bloch gibt in dieser Geschichte, die übrigens starke Parallelen zu seinem späteren Episodenroman "Cthulhus Rückkehr" aufweist, jedenfalls definitiv alles: Ein bizarrer Kult, ägyptische Grabkammern, Privatdetektive, jede Menge Meta-Spielchen und selbst das Manhattan Projekt spielt eine Rolle. Hat mir richtig, richtig gut gefallen.
"Der grinsende Ghul": Ein Psychiater bekommt Besuch von einem Mann namens Alexander Chaupin. Dieser leidet unter schrecklichen Alpträumen, in denen er unter einem Friedhof durch labyrinthische Tunnel wandert und dort auf grauenhafte Kreaturen trifft. Um ihn von seiner Angst zu befreien, suchen die Beiden in der Nacht besagten Friedhof auf und betreten die Gruft...
Das hier ist zwar ein ziemlich dreistes Ripp-off von Lovecrafts "Die Aussage des Randolph Carter", aber trotzdem äußerst stimmungsvoll und nicht ohne Charme. Definitiv eine gelungene Pastiche, die ich gerne gelesen habe. Andere mögen da mit ihrem Urteil aber vielleicht ungnädiger sein.
"Männchen des Schreckens": Colin war mal Chirurg, doch seit dem Krieg leidet er an einer Schizophrenie und sitzt in einer Nervenheilanstalt fest. Dort formt er in der Beschäftigungstherapie wie besessen kleine Tonfiguren. Irgendwann fangen die Figuren an sich zu bewegen...
Um Wahnsinn und Psychiatrie geht es bei Bloch ja häufiger – Oft sind das seine besten Geschichten (siehe z.B. "King Kong kehrt zurück" oder "Träume zu verkaufen"). Und auch "Männchen des Schreckens" stellt diesbezüglich keine Ausnahme dar. Besonders Colins Ängste, das sein eigener Körper langsam zerfällt und sich auflöst oder auch das große Finale, beschreibt Bloch recht eindrücklich. Diese kleine "Frankenstein"-Geschichte hat mich stark an Philip K. Dick erinnert und ist definitiv lesenswert.
"Die Rache des Druiden": Sir Charles Havoco bezieht das Landhaus Nedwick. Bei einem Spaziergang entdeckt er auf dem Gelände einen alten Altar, vor dem die Dorfbewohner schreckliche Angst haben. Angeblich wurden dort früher rituelle Opferungen praktiziert. Als Havoco beschließt den Altar zu entfernen, nimmt das Chaos seinen Lauf...
Die Erzählung wurde ja schon von Filli positiv erwähnt und ich kann ihm da nur zustimmen. Sicher mal wieder nicht besonders originell, aber Bloch erzeugt hier durchaus eine beklemmende und packende Atmosphäre. Auch weil er nicht zu viel erklärt und vieles im Dunkeln lässt. Hätte definitiv auch von M.R. James oder Algernon Blackwood stammen können. Also wenn das mal kein Kompliment ist.
"Eine Frage der Etikette": Der Erzähler arbeitet für die Regierung und besucht diverse Haushalte um eine Volkszählung durchzuführen. So landet er auch bei Lisa Lorini, die von sich behauptet vierhundertsieben Jahre alt und eine Hexe zu sein. Genervt will er ihre Wohnung verlassen, doch die Tür, durch die er eben reingekommen ist, ist plötzlich spurlos verschwunden...
Die Hexenstories des Autors waren bisher ja immer richtig mies (siehe "Katzenjammer" und "Ritt auf dem Besen"), das hier ist aber eine wirklich amüsante Geschichte, die sich selbst nicht so ernst nimmt und mich tatsächlich zum Grinsen gebracht hat. Hier funktioniert Blochs karikaturistischer Ansatz perfekt.
"Der Werwolf": Violet fühlt sich in letzter Zeit von einem Wolf verfolgt. Jede Nacht hört sie sein Heulen und findet am nächsten Tag Kratzspuren vor der Tür. Ihr Mann Charles behauptet jedoch davon nichts mitzukriegen und will sie zum Psychiater schicken...
Über die Geschichte kann man schwer etwas schreiben, ohne nicht auch ein bisschen zu spoilern: Charles betreibt hier jedenfalls reines Gaslightning und will seine Frau systematisch in den Wahnsinn treiben, um mit seiner Affäre durchbrennen zu können.
Die Prämisse mit dem untreuen Ehepartner, der für sein Verhalten am Ende die Quittung bekommt, erinnert zwar etwas an "Harrys Zeitkapsel", fällt dabei aber definitiv nicht ganz so platt, eindimensional und moralisierend aus. Außerdem ahnt man hier nicht schon von Anfang an, wie es ausgehen wird und das Ganze besitzt durchaus eine gewissen Tragik. Trotzdem ist das hier mit Abstand der schwächste Bloch-Beitrag der Sammlung und kein würdiger Abschluss für diesen ansonsten wirklich gelungenen Band. Dennoch blicke ich nach "Der Besucher aus dem Dunkel" wieder deutlich optimistischer auf meinen Bloch-Stapel.
Arkham Insider Axel Kennst du das Buch schon?