• Offizieller Beitrag

    Was habe ich mich gefreut. Amazon buttert ordentlich Kohle für die Umsetzung eines der bekanntesten Fantasy-Zyklen raus und will sich sein eigenes GoT schaffen, auch wenn sich beide Romanserien deutlich unterscheiden. Gebannt habe ich mich vor die Glotze gesetzt. Und ja, ich bin da wirklich sehr offen herangegangen, ist es doch während meiner Lebzeit vermutlich die einzige Möglichkeit einer teuren Verfilmung der Bücher. Und dann das... Ich möchte hier keinen Endlosbeitrag verfassen, deshalb benenne ich einfach nur ein paar Beispiele. Vorab: Finger weg von der Glotze. Schaut es euch nicht an! Greift zu den Büchern, denn Amazon und die Produzentin Rosamunde Pike machen verkehrt, was nur verkehrt zu machen geht! <XUnd solltet ihr die Serie noch anschauen wollen: hier folgen jede Menge Spoiler. Ohne gehts irgendwie nicht.


    1. Der Fokus auf die Charaktere. Das ist wahrscheinlich der Kardinalsfehler. Die Hauptcharakter der Romane sind Rand al'Thor und seine Freunde. Punkt. Im TV verblasst diese Gruppe gänzlich zu Nebencharakteren, zu denen der Zuschauer absolut keinen Bezug bekommt. Stattdessen hat man ja die Produzentin Rosamunde Pike auch direkt als Darstellerin verpflichtet. Entsprechend wird ihr eigentlicher Nebencharakter von Anfang an als Hauptprotagonistin dargestellt. Absolut unsympathisch und wenn man die Vorlage kennt, auch komplett fehlbesetzt und falsch interpretiert. Die gesamte Serie ist eine Pike-Show und verliert somit die eigentliche Story komplett aus den Augen. Die Frau kann alles, weiß alles und bekommt noch eine fulminante (im Buch nicht existierende) gleichgeschlechtliche Liebesbeziehung nebst Sexszene spendiert.


    2. Robert Jordan hat bei der Erschaffung seiner Welt sehr viel Augenmerk auf das Aussehen der vielen Völker gelegt. Aufgrund der diversen Besetzung ist das alles natürlich komplett über Bord geworfen. Amazon hat hier versucht, wirklich alle Menschen unserer Welt zu berücksichtigen. Höhepunkt ist eine Aes Sedai mit Hijab. The Dark One taucht dann auch noch wie ein arabischer Geschäftsmann im Anzug auf. Wenn man die Mühen Jordans bedenkt, tut das alles nur noch weh.


    3. Viele Charaktere bzw. deren Background wurden komplett verändert. Perrin verheiratet? Der hat in den ersten Büchern überhaupt keine Ahnung, ob man mit Frauen überhaupt reden kann. Min? Alle wissen über ihre Kräfte bescheid und sie ist sowas wie die Dorfhellseherin? No Way!


    4. Der wiedergeborene Drache. Hier versucht die Serie künstlich Spannung zu erzeugen indem sie erst in der vorletzten Folge offenbart, welcher der fünf Dörfler es ist. Das ergibt überhaupt keinen Sinn, denn hier wird auch davon gefaselt, dass es auch Frauen sein könnten. Sagen wir so: die Bücher bauen darauf auf, dass Männer, welche the one power nutzen, irgendwann verrückt werden, weil the Dark One die männliche Seite beschmutzt hat. Genau deshalb erwartet die ganze Welt voller Angst die Wiederkehr des Drachen. Denn in den Büchern ist es eindeutig: der Drache kann nur ein Mann sein, der zuerst die Welt retten und dann vernichten wird.


    5. Die Kräfte von Egwene und Nynaeve sind viel zu stark. Die Mädels werden erst noch in die Ausbildung gehen. Die können weder heilen noch ganze Armeen zerstören.


    6. Tote mit der Kraft wieder zum Leben erwecken. Das war der Knaller! Im TV werden verstorbene einfach wieder erweckt. In den Büchern wird immer davor gewarnt. Dennoch versucht es einer der Charaktere irgendwann und es läuft auf ein Fiasko raus.


    7. Es werden 12 Aes Sedai benötigt, um einen Mann zu stillen (ihn von der Kraft zu trennen). Das ist wichtig! Im Verlauf der Romane versucht der Drache immer wieder einer solchen Menge Sedai zu entgehen. Im TV machen das mal eben 4 nebenher.


    8. Aiel kämpfen ausschließlich verschleiert. Sie sind sowas wie die absoluten Kampfschweine, die den Tod als ehrenvoll ansehen und keine Miene verziehen. Im TV nimmt eine Aiel erstmal ihren Schleier vor dem Kampf herunter und zeigt Angst. No f****** way!


    9. Aes Sedai sind zeitlos. Die Damen im TV sind alle Milfs mit abgelaufenem Datum.


    Ich könnte ewig weitermachen. Den Vogel schießt dann die Serie in der letzten Folge ab. Die Änderungen zur Vorlage sind so gravierend, dass eine Verfilmung der weiteren Bände nicht mehr umsetzbar ist. Hat man ja bei GoT gesehen, wie qualitativ wertvoll Drehbuchautoren Storys fortsetzen können...


    Zuerst habe ich mich geärgert. Mittlerweile finde ich es einfach nur schade. Dennoch habe ich alle Folgen angeschaut, weil ich ständig auf Besserung hoffte. Die Zeit hätte ich besser nutzen können. Querdenker und Impfgegner von ihrer geistigen Umnachtung zu befreien wäre garantiert unterhaltsamer gewesen.

  • Royston Vasey: Mir geht es da ähnlich wie dir, hab mich wie bolle drauf gefreut, im Unterschied zu dir, obwohl ich die Bücher nicht gelesen habe und bin einfach entäuscht worden, nicht ganz so maßlos, ich konnte mir das schon anschauen aber irgendwie hat es an allen Ecken und Enden gezwickt. Ich hatte die ganze Zeit schon den Verdacht, dass von den Romanen abgewichen wird, was mir dein Post jetzt auch bestätigt.


    Ich glaub das Grundübel ist der krampfhafte Versuch, maximal divers zu sein, dem alles andere untergeordnet wird. Ein solcher wtf Moment zum Beispiel war Fal Dara, ich weiß nicht wie die Stadt im Roman beschrieben wird, im TV ist sie eher aisiatisch anmutend, hat auch gut gepasst, bis dann auf einmal so eine blondzöpfige Mischung aus Hipster und Wikinger durchs Bild läuft. Was soll denn das? Spricht ja nichts gegen diverse Fantasy aber dann doch bitte was eigenes ausdenken und nicht ein bestehendes Werk "kaputtdiversifizieren".


    Ich hab mir extra wegen "Wheel of Time" Amazon Prime zugelegt, hat sich echt nicht rentiert.

  • … Ich hatte die ganze Zeit schon den Verdacht, dass von den Romanen abgewichen wird, was mir dein Post jetzt auch bestätigt. …

    In den Kurzzusammenfassungen und den "Making off"s wird dies ja auch klar gesagt und auch begründet.

    Ich habe auf Anregung aus den Filmen die Serie als Hörbuch begonnen. Die Abweichungen sind schon ab dem ersten Buch evident. Das allein stört mich nicht, denn ein solches Werk zu verfilmen ist ein schweres Unterfangen und man wird dabei immer Kompromisse eingehen müssen.

    Nach meiner Meinung nach ist aber die Stimmung, zumindest entsprechend dem ersten Buch ganz gut getroffen. Ich bin ein Buchmensch und bei mir kommt immer das Buch selbst besser weg. Die Verfilmung kann aber durchaus auch punkten. Im Buch ist die Nähe zum HdR sehr evident, das fehlt im Film eher. Die Schauspieler gefallen mir ganz gut in ihren Rollen. Der Kulissenbau ist für mich manchmal etwas hinter den heutigen Möglichkeiten und etwas zu sehr "Serie" - da hätte ich mir mehr Investition gewünscht. Ich halte die Serie für gut konsumierbar und sie unterhält …