No One Gets Out Alive (2021)

  • No One Gets Out Alive

    UK 2021

    Länge: 87', OV: Englisch und Spanisch

    Story: Jon Croker nach dem Roman von Adam Nevill

    Drehbuch: Jon Croker & Fernanda Coppel

    Regie: Santiago Menghini, Kamera: Stephen Murphy

    Produzenten: Jonathan Cavendish & Will Tennant, Exc. Producer u.a.: Andy Serkis

    Mit: Cristina Rodlo, Marc Menchaca, David Figlioli und Luana Chebeleu (Itzpapalotl)

    Score: Mark Korven

    Vertrieb: Netflix - auch *nuschel* dort zu finden, wo der Trailer steht (OV ohne UT)


    Trailer (OV)

    Bericht zum Monster [Spoiler!] auf Bloody Disgusting

    Mexikanischer Artikel zum aztekischen Mythos / Itzpapalotl (Spanisch)



    Adam Nevills Roman fand ich wohlwollend gesehen beim Lesen schon ganz gut, aber mit zunehmender Seitenzahl auch zunehmend unglaubwürdig, und das Ende kam mir dann völlig bizarr vor. Im Laufe der Zeit hat sich mein negativer Eindruck nur verstärkt, vor allem ist mir in Erinnerung geblieben, dass Nevill hier ein paar Schleifen zu viel dreht, wenn es darum geht, warum die Protagonistin trotz der haarsträubenden und lebensbedrohlichen Erlebnisse dann das Haus doch nicht verlässt.


    Der Fernsehfilm löst einiges davon ganz anders. Jon Croker ist nicht zu Unrecht auch mit der 'story' in den Credits aufgeführt.

    Durch die Änderungen beim Script und auch die relativ kurze (imA aber perfekte) Laufzeit hat der TV-Film eben die Probleme der Romanvorlage nicht mehr. Es läuft also nicht in sich ständig wiederholenden Spiralen, sondern an einem deutlichen roten Faden entlang sehr folgerichtig auf das sehr schön konzipierte, mythisch passgenaue Ende zu.


    Hab den Film grad eben geschaut und bin - von Anfang bis Ende - ganz außerordentlich angetan. Es sind absolut tolle, differenzierte Schauspielleistungen, wunderschönes Set Design / Beleuchtung, guter Schnitt, es gibt tendenziell Jump Scares, aber nicht zu übertrieben. Auch der Score ist erwähnenswert, sehr subtil, atmosphärisch, kein Gedöns.


    Obwohl es eine britische Produktion ist, wurde der Schauplatz in die USA verlegt, die Protagonistin ist nicht aus Osteuropa, sondern Mexico. Obwohl ich das mit der Verlegung in die USA sonst recht zynisch sehe, passt es imA hier wunderbar. Ganz vor allem wird der mythische / paranormale Hintergrund gestreamlined, sodass die Phänomene und das Ende, wie auch der familiäre Hintergrund der Protagonistin Ambar ein harmonisches, folgerichtiges Ganzes ergeben. (Man könnte sich fragen, warum nun zwei kaukasische Männer cross-culture-mässig tun, was sie tun, aber nun ... und das wird ja dann auch geändert.)


    Red und sein Bruder sind wie in Nevills Roman auch deutlich Antagonisten, aber sie wirken auf mich nicht so arg bizarr, auch sind sie nicht so extrem tumb und freakig dargestellt, und wirken natürlicher. Außerdem gerät Red durch die Art des Schauspielers durchaus in eine ambivalente Art, die zusätzlich Spannung reinbringt und ihn auch zeitweise von seinem Bruder absetzt (abzusetzen scheint). Ambar ist dabei das klassische Final Girl, allerdings gibt es einen interessanten und von mir dann auch erhofften Twist.


    Creature Design, William Todd-Jones: Oh ja! Ich bin wirklich hingerissen, es sind zudem practical effects / SFX sowie eine Marquette, kein - oder wenn, nur dezentes, zusätzliches - CGI.


  • Da bin ich mal gespannt, Katla

    Aktuell habe ich noch ca. 60 Seiten im Buch.

    Ich muss schon sagen, Nevill macht hier zumindest in Teilen etwas Neues im Geisterhaus-Grusel aber puhh, das Buch dürfte gerne 200 Seiten kürzer sein und damit meine ich nicht die letzten 200 Seiten sondern es könnte durchweg flotter sein, ohne die ständigen Loops oder Nevills merkwürdige Metaphern. Der Roman ist für mich ein ständiger Wechsel von "jetzt catcht es mich" und "gerade will ich den Text nur überfliegen". Die Episode, in der Steph über Nacht in die "verlassene" Wohnung gesperrt wird, war z.B. für mich ganz großer Käse. Da konnte ich überhaupt nicht andocken.


    Bei nächster Gelegenheit schaue ich mir dann den Film an.

  • Das bin ich auch, Elmar - berichte sehr gerne, wenn du ihn angeschaut hast.


    Ja, genauso ging es mir mit dem Buch auch. Bin neugierig, wie du das Ende empfindest. Wäre sehr spannend, was du zum Film sagst, weil bei dir Roman und Film sehr viel näher beieinander liegen als bei mir, ich hab Einzelheiten beim Buch inzwischen auch vergessen.


    Der Roman leitete übrigens meine immer noch andauernde Nevill-Lesepause ein, die dann mit dem neueren Under A Watchful Eye (den ich richtig schlimm fand, auf allen Ebenen) konkret wurde. Ja, die Bücher sind fast alle zu lang, teils viel zu lang. Immer noch mag ich Apartment 16 (der in der Kritik oft weniger gut wegkommt) und bis auf die letzten paar Seiten absolut toll eben Last Days. Das macht mir schon Hoffnung und Nevill ist mir auch extrem sympathisch, aber das reißt eben auch nicht alles raus.

    [Cof]

  • Das Finale des Romans hat mir gegen meine sonstigen Präferenzen gefallen. Sonst kann ich es nicht leiden, wenn alles riot geht aber hier fand ich es gut. Der vorgezogene Sonnenaufgang, sie Kakofonie der Tiere, die gar nicht da sind, wie sich Stephs Leibwächter gebärdet. Hat für mich gepasst.

    Allerdings war die ganze Chose wieder ein Musterbeispiel für eine unnötige Schleife. Warum konnten die den Kasten nicht unter der Garage finden?


    Egal, ich kann anerkennen, was Nevill macht auch wenn es nicht ganz meine Tasse Tee ist.

    Btw. Hat mich die Konzeption sehr an Erik R. Andara s DAS ALTE HAUS AM NORDRAND erinnert und ich hoffe, ich trete damit niemandem auf die Füße.

    Vor allem, dass Dinge auftauchen, genannt werden, die mehr Potenzial haben, die aber absichtlich (davon gehe ich aus) nicht erschöpfend auserzählt werden. Z.b. bei Erik der Crossdresser-Nachbar und seine Frau. Die beiden fand ich ganz groß.

  • Elmar Tatsächlich hatte ich NO ONE GETS OUT ALIVE teilweise vor Augen (es gehörte ja auch zum Kanon von Spukhausromanen, die ich dafür durchgearbeitet habe), während ich geschrieben habe. Ich halte die beiden Antagonisten -- entgegen hier geäußerter Meinungen -- für zwei der großartigsten Villains, die jemals geschrieben wurden. Der Crossdresser Herr Rudinek ist wahrscheinlich überhaupt nur deswegen so entstanden. Ich habe überhaupt das ganze Buch verschlungen. ebenso wie UNDER A WATCHFUL EYE. Aber beide Bücher verblassen natürlich neben seinem LOST GIRL.

    Falls Du Angst hattest, MIR damit auf die Füße zu steigen, dann keinesfalls :)

    Adam Neville ist ja deswegen etwas Besonderes für mich, weil ich den ja nach den zwei Büchern, die ich zuerst von ihm gelesen hatte (Apartment 16 und Tief im Wald), eigentlich schon als nicht meins abgeschrieben hatte, ehe ich ihm mit Last Days noch eine Chance gegeben habe. Und was soll ich sagen: Ich habe es geliebt, obwohl ich eigentlich das Gegenteil erwartet hatte, war aber immer noch skeptisch. Aber mit No One Gets Out Alive hat er mich dann endgültig überzeugt.

    Ich finde es immer wieder spannend, wie sehr sich Geschmäcker unterscheiden können. Meine Erfahrung ist, dass Dir zwei verschiedene Leser*innen, deren Leseerfahrungen Du sehr schätzt, Dir genau diametral entgegengesetzt erzählen können, was ihnen an einem Buch gefallen hat und was nicht.

    Ich habe den Film hingegen nach zwanzig Minuten abgedreht. Der war nix für mich.

  • Das Buch fand ich sehr, sehr stark, war mir überhaupt nicht zu lang. Der Film hat m.E. etwas anderes versucht und war in Ordnung. Doll in Erinnerung ist er mir jedoch nicht geblieben ...

  • So, liebe Katla

    Diese Woche habe ich den Film gesehen. Leider kann ich nie die Erfahrung machen, den ohne Kenntnis des Buches zu sehen.

    Während ich mit dem Buch mit immer mehr Abstand immer versöhnlicher werde - nicht falsch verstehen, ich fand das schon gut, nur zu lang. Inzwischen sehe ich aber immer mehr, was Adam Nevill beabsichtigt hat - frage ich mich, wie jemand, der nur den Film kennt, überhaupt irgendwas verstehen soll. Was es mit der Kiste auf sich hat, wird nur so lala erklärt, wobei ich die ersten Szenen des Films, was im Buch überhaupt nicht vorkommt, schon super fand.

    Knacker/Red und sein Cousin haben bei weitem nicht die Wirkung wie im Buch. Dort hat mir der schrittweise Shift von lediglich skurril zu amtlich bedrohlich sehr gut gefallen.

    Grandios war wieder das Monster-Design. Ich sage wieder, habe aber erst hinterher gemerkt, dass das gar nicht der selbe Regisseur war wie von THE RITUAL. Aber wohl der selbe Creature Designer.

    Aber auch hier ... Das kommt im Buch so gar nicht vor und ist wohl dem geschuldet, dass man was fürs Auge bieten muss.

    Insgesamt fand ich den Streifen aber unbefriedigend zusammengestückelt bzw. schon 100 mal gesehen (die Geister, die plötzlich im Hintergrund rumstehen).

  • Lieber Elmar ,


    vielen Dank, das ist ja wirklich am entgegengesetzten Ende meiner Eindrücke, hehe. Sowohl auf das Buch bzw. die Figuren darin wie auch den Film bezogen. (Ah ja, die rumstehenden Geister, das fand ich auch bissl mau. Aber mit den weißen Augen und so für den Plot und die Atmosphäre hatte mich das nicht so stark gestört.)


    Was ich noch vergessen hatte: Ich fand im Film den kulturellen Hintergrund der Entität sehr viel besser eingebunden und vorbereitet als im Buch. Diese römische Herkunft / Geschichte bei Nevill plötzlich hatte mich dann endgültig rausgekickt. Fand ich auch im Zusammenhang zu sämtlichen Figuren zu verbindungslos. (That said: Ich will dir den Film nicht schönreden, selbstverständlich, war aber auch ein Grund, warum der für mich ganz wesentlich besser als das Buch funktionierte.)


    Echt immer wieder so spannend, wie unterschiedlich die Vorlieben und Leseweisen sind!

    [Gho]