Zwielicht 19

  • Karin Reddemann: Vergissmeinnicht


    Diese Autorin ist mir jetzt schon mehrfach positiv aufgefallen. Die Tonalität der Story ist großartig und sehr authentisch, während der Plot ja eigentlich eher klassisch ist - inklusive der erwartbaren Pointe.

    Trotzdem hatte ich beim Lesen Spaß, viel Freude. Einige Konflikte fand ich auch einfach toll, wie "Schwänze ich jetzt wirklich die beiden wichtigen Seminare, oder gehe ich hin und laufe Gefahr, einer nachweislich tödlichen Gefahr ausgesetzt zu werden?".

    Man fühlt sich ja aber offenbar immer so unbesiegbar, wenn man 22 ist.


    Den weiteren Verlauf fand ich zwar erwartbar, das hat meine Lesefreude aber nicht wirklich geschmälert.


    Beim Lesen dachte ich nur: Der wahre Horror liegt eigentlich darin, dass es Menschen (oft Frauen) eben passieren kann, dem Begehren eines anderen Menschen (oft Männer) ausgesetzt zu sein, was dann rasch an Leib und Leben geht. Das muss nicht zwingend übernatürlich sein. Was der Ich-Erzählerin ja auch auffällt (wenn auch zunächst subtil, sie fühlt sich nur von dem Verehrer gestört). Ich habe beim Lesen jedenfalls gedacht, dass ich es interessant fände, mal eine wirklich gruselige Stalker-Geschichte zu lesen, die ein wenig subtiler beginnt. Gibt ja eigentlich genug. Selbst möchte ich das nicht schreiben, ist nicht so mein Thema.

  • Utz Anhalt: Das Schwert


    Kaum begonnen, war es auch schon wieder vorbei. Wirklich kurze Story, mit nettem Plot und schön fand ich, wie sie am Ende gerätselt haben.

    Allerdings kam der Schluss sehr abrupt für mich. Zwar sage ich sonst immer, dass es nett ist, wenn nicht alles erklärt wird, aber hier wurde doch arg viel meiner Interpretation überlassen.

  • Philip Krömer: Alles hat seine Zeit


    Das ist auch wieder der SF sehr nahe. Da die "Methusalems" nicht sooo fürchterlich gruselig für mich waren, auch eher näher als dem Horror. Die Weltenbau-Idee ist schon böse, vor allem der Grund "die Arbeitskraft zu erhalten". Insofern fand ich den Schluss jetzt auch nicht so böse. Da ist der Erzähler ja fast eher bei den Guten gelandet.

    Die Beschreibungen, Dialoge und den "Beruf" des Erzählers fand ich schlüssig, gut zu lesen. Das war für mich jetzt keine der Spitzenstorys der Ausgabe, aber alleine schon als Beitrag zum Thema "eine Welt, in der es eigentlich keine alten Menschen geben sollte" absolut berechtigt.

  • Karin hat einen ganz eigenen Charme. Es gibt einen Sammelband mit ihren Geschichten sowie ein Interview mit ihr:

    Blutrot die Lippen, blutrot das Lied (Zwielicht Single 3)
    Zwielicht Single 3 Karin Reddemann - Blutrot die Lippen, blutrot das Lied Die dunkle Muse der unheimlichen Phantastik in zehn gli...
    defms.blogspot.com

  • Andreas Müller: Zwölf Uhr mittags


    Gut, dass der Erzähler mich vorher schon mit seinem Kater und seinem Kneipenjob gekapert hat - als es dann darum ging, rechtzeitig eine Horror-Story zur Zwielicht-Anthologie abzugeben, war es mir einen Hauch zu selbstreferentiell.

    Die echten Probleme hatte ich aber mit dem Showdown. Da muss ich vorher unaufmerksam gewesen sein, das kam für mich aus dem Nichts und wirkte daher irgendwie unecht.


    Gut gefallen hat mir das Einflechten des Klimawandels und die Tonalität war eben super-passend für den Charakter und das Szenario.

  • Arabella Kenealy: Das heimgesuchte Kind


    Interessante Übersetzung für "haunted". Super interessante Geschichte. Fand ich tatsächlich spannend und ungewöhnlich. Und das bei einem so alten Schinken! Manchmal ist es frustrierend, was alles schon da gewesen ist.

    Klar, dem Erzählstil merkt man das Alter an, aber ich fand es unterhaltsam und durchaus fesselnd!

    Und fies :)

  • Nele Sickel - Geburtstag ohne Simon


    Toller jugendlicher Ich-Erzähler, der hier meines Erachtens die Geschichte trägt. Fantastische Bradbury-Elemente (mystischer Jahrmarkt) im modernen Gewand. Hat mir gefallen, aber wir sind hier ja nicht bei "Wünsch dir was".

  • Lena Marlier - Matriphagie


    Hui, das ist krass. Geburtsthema und Spinnen in einer Erzählung so unterzukriegen, dass es nicht aufgesetzt oder overloaded wirkt ist schon hohe Kunst. Marlier gelingt es vortrefflich. Für mich erstaunlich, dass es ihre erste Veröffentlichung ist. Dazu schwingt deutlich noch ein weiteres Thema mit,


  • J.H. Schneider - Piotrek lebt


    Sehr lyrisch, magisch-realistisch und Sci-Fi in einem. Auf jeden Fall etwas Besonderes. In einer dystopischen Welt, wo die alte Umgebung durch eine andere ausgetauscht wurde, macht sich der Protagonist Sorgen um Piotrek.

  • Erik Hauser - Das Gesicht im Staub


    Auf dem BuCon gehört und jetzt zu Ende gelesen. Herrlich humorig und genau dort überzeichnend, wo es sein muss. Ich schätze jeder kennt jemanden, der sein Recht auf Verwahrlosung übertreibt. Und die Erkundung einer verwahrlosten Wohnung als Expedition zu beschreiben, ist köstlich.

  • Brian Evenson: Die Abfolge


    Hier schließe ich mich Yvonne an. Zwillinge, eine Spiegelmetapher mit einer Parallelwelt, alles nett aufgemacht. Aber eben nur nett. Auch mir fehlte da etwas. Kann gut sein, dass der Stoff für eine längere Erzählung besser geeignet gewesen wäre.

  • Glen Sedi: Unsere Anhängsel


    Tja, was soll ich dazu schreiben. Ich glaube, ich habe die Geschichte nicht verstanden. Beim Film wären es wahrscheinlich die schnellen Szenenwechsel und die Wackelkamera gewesen. Die Grundidee ist dafür großartig und das Setting ebenso. Lässt mich also alles in allem etwas ratlos zurück. Mehr Struktur hätte der Erzählung für mich gut getan.

  • Karin Reddemann: Vergissmeinnicht


    Puh, sehr hart. Und wieder einmal von Reddemann großartig geschrieben. ein romantisch veranlagter Stalker-Geist, der einer jungen Frau nachstellt. Das Thema ist ja durch Hilflosigkeit so schon bedrohlich, die überirdische Präsenz setzt dazu noch einen drauf. Sehr gelungen. Toll!

  • Utz Anhalt: Das Schwert


    Wenn Wünsche Wirklichkeit werden, werden Helden geboren. Könnte in dieser Geschichte so sein. Hat mir auch sehr gefallen. Dass das Ende offen sei, habe ich so gar nicht empfunden. Für mich war es dramatisch, traurig, aber eben auch klar.