Beiträge von Rezensionsnerdista

    Arabella Kenealy: Das heimgesuchte Kind


    Interessante Übersetzung für "haunted". Super interessante Geschichte. Fand ich tatsächlich spannend und ungewöhnlich. Und das bei einem so alten Schinken! Manchmal ist es frustrierend, was alles schon da gewesen ist.

    Klar, dem Erzählstil merkt man das Alter an, aber ich fand es unterhaltsam und durchaus fesselnd!

    Und fies :)

    Andreas Müller: Zwölf Uhr mittags


    Gut, dass der Erzähler mich vorher schon mit seinem Kater und seinem Kneipenjob gekapert hat - als es dann darum ging, rechtzeitig eine Horror-Story zur Zwielicht-Anthologie abzugeben, war es mir einen Hauch zu selbstreferentiell.

    Die echten Probleme hatte ich aber mit dem Showdown. Da muss ich vorher unaufmerksam gewesen sein, das kam für mich aus dem Nichts und wirkte daher irgendwie unecht.


    Gut gefallen hat mir das Einflechten des Klimawandels und die Tonalität war eben super-passend für den Charakter und das Szenario.

    Philip Krömer: Alles hat seine Zeit


    Das ist auch wieder der SF sehr nahe. Da die "Methusalems" nicht sooo fürchterlich gruselig für mich waren, auch eher näher als dem Horror. Die Weltenbau-Idee ist schon böse, vor allem der Grund "die Arbeitskraft zu erhalten". Insofern fand ich den Schluss jetzt auch nicht so böse. Da ist der Erzähler ja fast eher bei den Guten gelandet.

    Die Beschreibungen, Dialoge und den "Beruf" des Erzählers fand ich schlüssig, gut zu lesen. Das war für mich jetzt keine der Spitzenstorys der Ausgabe, aber alleine schon als Beitrag zum Thema "eine Welt, in der es eigentlich keine alten Menschen geben sollte" absolut berechtigt.

    Utz Anhalt: Das Schwert


    Kaum begonnen, war es auch schon wieder vorbei. Wirklich kurze Story, mit nettem Plot und schön fand ich, wie sie am Ende gerätselt haben.

    Allerdings kam der Schluss sehr abrupt für mich. Zwar sage ich sonst immer, dass es nett ist, wenn nicht alles erklärt wird, aber hier wurde doch arg viel meiner Interpretation überlassen.

    Karin Reddemann: Vergissmeinnicht


    Diese Autorin ist mir jetzt schon mehrfach positiv aufgefallen. Die Tonalität der Story ist großartig und sehr authentisch, während der Plot ja eigentlich eher klassisch ist - inklusive der erwartbaren Pointe.

    Trotzdem hatte ich beim Lesen Spaß, viel Freude. Einige Konflikte fand ich auch einfach toll, wie "Schwänze ich jetzt wirklich die beiden wichtigen Seminare, oder gehe ich hin und laufe Gefahr, einer nachweislich tödlichen Gefahr ausgesetzt zu werden?".

    Man fühlt sich ja aber offenbar immer so unbesiegbar, wenn man 22 ist.


    Den weiteren Verlauf fand ich zwar erwartbar, das hat meine Lesefreude aber nicht wirklich geschmälert.


    Beim Lesen dachte ich nur: Der wahre Horror liegt eigentlich darin, dass es Menschen (oft Frauen) eben passieren kann, dem Begehren eines anderen Menschen (oft Männer) ausgesetzt zu sein, was dann rasch an Leib und Leben geht. Das muss nicht zwingend übernatürlich sein. Was der Ich-Erzählerin ja auch auffällt (wenn auch zunächst subtil, sie fühlt sich nur von dem Verehrer gestört). Ich habe beim Lesen jedenfalls gedacht, dass ich es interessant fände, mal eine wirklich gruselige Stalker-Geschichte zu lesen, die ein wenig subtiler beginnt. Gibt ja eigentlich genug. Selbst möchte ich das nicht schreiben, ist nicht so mein Thema.

    Glen Sedi: Unsere Anhängsel


    Das ist fieser Body-Horror, den ich normalerweise nicht lese. Es war aber so gut geschrieben, dass ich es doch gelesen habe, manchmal allerdings etwas rascher (aus Selbstschutz), daher kann es sein, dass einiges über meinen Kopf gegangen ist.


    Eigentlich finde ich es ja immer gruselig genug, wenn jemandem Körperteile abhanden kommen, hier habe ich gelernt, dass auch das Gegenteil gruselig ist.


    Schön sind solche Sätze "Wie die 30 cm lange Charrière Knochensäge mit jedem Eingriff ihre Schärfe einbüßte, wurde sein Verstand immer stumpfer und unempfänglicher für diese kleinen Gesten". Das freut mich als Leserin!


    Ich glaube, dass ich das Ende nicht komplett durchdrungen habe, aber ja, die Story hatte was. Nur halte ich mich von dieser Art Horror sonst einfach gern fern. So eindringlich, dass es mich jetzt verfolgen wird, war es aber nicht, da habe ich gestern was anderes im Magazin Dark Matter gelesen, uff, das verfolgt mich schon die ganze Zeit und wird mir sicher noch wochenlang hinterher laufen (die Story war aber auch insgesamt einfach sehr viel besser).

    Brian Evenson: Die Abfolge


    Die Idee war okay und es gab auch Spannung - aber so richtig mitgenommen hat mich die Story nicht. Einige Aspekte fand ich interessant (grau, und die beiden Welten, auch, dass nur eine Abfolge dorthin führte) und die Dynamik zwischen den Zwillingen war überzeugend.


    Ich glaube, mir hat einfach am Ende was gefehlt, es ist nur so ausgedudelt, wie ein Lied aus den Neunziger Jahren. Ich hätte hier lieber ein Beethoven-Ende gehabt, nochmal richtig auftafeln und dann Paukenschlag, Schluss (was nicht heißt, dass ich ein eher ruhiges Ende nicht auch mal zu schätzen wüsste ...)

    J. H. Schneider: Piotrek lebt


    Das ist der SF oder der normalen Phantastik für mich näher als dem Horror, was mich aber nicht stört. Es bleibt ein wenig im Dunkeln, der "du" ist (meiner Interpretation nach ein Ex-Partner), aber ich liebe die Idee, dass "plötzlich" (seit sechs Jahren mindestens) wir nicht mehr außen auf der Erde, sondern innen wohnen und es wird auch so schön nicht erklärt, wieso eigentlich. (Das wäre auch sicher schief gegangen.) Ich kann mit dieser veränderten Weltsicht voll mitgehen und liebe die Gedanken dazu! Klasse! Hey, diese Story wäre mir auch in einer meiner geliebten angloamerikanischen Horror-Zines nicht negativ aufgefallen. Das wäre was, was ich vielleicht zum Vincent-Preis nominieren sollte, nur bin ich unsicher, ob der Horror-Gehalt ausreicht. Klar, die neue Weltsicht hat genügend Horror, vor allem, da so viel verschwindet, nur ist das erzählende Ich dabei so klar und sachlich, dass die Atmosphäre viel näher an der SF als am Horror ist.


    Die gesamte Sideline mit Piotrek (die nicht so sehr an der Seite ist, siehe Titel), ist ja sowieso voll mein Ding. Geliebte sterbende Verwandte, da habe ich einen ganz weichen Keks in mir. Das ist auch toll geschildert, so respektvoll, immer mit subtilen Hinweise, wie Piotrek war, bevor er alt und krank wurde. Und wie er das jetzt sieht oder nicht mehr sehen will. Richtig gut! Eine Story, die eine deutlich längere Rezension verdient, nur jetzt habe ich ein Kind auf dem Schoß und kann so schwer meine vielen Notizen sehen. Vielleicht mache ich später noch was auf dem Blog oder bei amazon, wenn ich das gesamte Magazin durch habe.


    Aber ja, hey, genau wegen sowas lese ich seit drei Jahren treu das Zwielicht!

    Wie findet ihr nur immer wieder solche Perlen?


    Ich stecke noch in der Übersetzung mit den Zwillingsschwestern, der Anfang war auch klasse, nur sind dann all meine Kinder aufgewacht ...

    Lena Marlier: Matriphagie


    Da hätte ich nach der Geburtsszene fast das Handtuch geworfen und bin froh, es nicht getan zu haben. Der Schluss war richtig gut und echt gut vorbereitet. Ansonsten sehr beklemmend (wobei ich in letzter Zeit ein bisschen zu viel von der Sorte "Böser Mensch, meist männlich, unterdrückt und sperrt anderen Mensch, meist weiblich ein" gelesen habe).

    Das mit der Spinne und den Spinnenbabys und der Schluss haben das aber alles wieder gutgemacht für mich. Starke Story!

    Nele Sickel: Geburtstag ohne Simon


    Allein der Titel ist schon cool.


    Ich-Person, Präsenz (das mag ich ja beides) und ich bin sofort drin in der Story. Das erzählende Ich ist am Geburtstag auf dem Jahrmarkt - ohne Simon, denn der ist mit seinen Eltern nach Norwegen gezogen.


    Der "Gameboy" verortet die Story aus meiner Sicht auch irgendwie Mitte der neunziger Jahre. Nun gut, Pokémon fing aber später an, also vielleicht doch ein paar Jahre danach.


    Mir driftet die Story am Ende zu rasch ins Allzu Phantastische ab, das hat mich irgendwie kalt erwischt. Aber gut geschrieben und vor allem klingt der Ich-Erzähler super-authentisch. Auch wenn ich damit gerechnet hätte, dass er sich als drittes etwas anderes wünscht.

    Algernon Blackwood: Kains Sühne


    Ich lese den ja oft gern. :)


    Ich mag ja seine Sprache gern, immer dieses "indes" und "überdies", das fließt so schön vor sich hin. Witzig auch, dass das Wort "Zwielicht" hier vorkommt (beim BuCon witzelten Vincent und Erik, dass das quasi ein Muss sei).


    Die Story in a nutshell: "Er war kein Mörder, doch er verharrte"


    Mir fällt auf, dass ähnliches auch oft Thema bei Blackwood ist. Als würde er sich gern mit diesen Abgründen beschäftigen, Menschen, die normalerweise vielleicht nicht morden würden, aber dann die Gelegenheit trotzdem nutzen, sobald sich diese ergibt.

    Ich habe noch von einer weiteren Anthologie erfahren von drei Autorinnen.

    Das Dunkle zwischen uns (Selbstverlag)

    von Jasmin Mrugowski, Nadine Opitz und Sarah Jahed

    Taschenbuch-ISBN: 978-3-7460-9417-5

    Hardcover-ISBN: 978-3-7460-9784-8

    Webseite hier https://risingwriters.club/

    Bevor Marianne jammert (weil Selbstverlag), die ersten Seiten und das Cover machen einen sehr guten Eindruck und sie hatten auch ein Lektorat und ein Korrektorat. :)


    Wo kann ich hier einen Lesezirkel starten?