Kristina Buožytė: Vesper (Litauen 2022)

  • Vesper

    Litauen, Belgien, Frankreich 2022

    Regie: Kristina Buožytė & Bruno Samper

    Drehbuch: Kristina Buožytė, Brian Clark, Bruno Samper

    Kamera: Feliksas Abrukauskas

    Sprache: Englisch, Länge 114’

    Musik: Dan Levy

    Mit: Raffiella Chapman, Eddie Marsan, Rosie McEwen, Richard Brake, Melanie Gaydos


    Deutscher Kinostart: 6. Oktober 2022, als Vesper's Chronicles


    Teaser original

    Trailer original

    Trailer Deutsch



    Angekündigt als Science Fantasy: In einer dystopisch-postapokalyptischen Welt behauptet sich die 13-jährige Vesper gegen die Ungleichverteilung der letzten Ressourcen und versucht, der Zerstörung des Ökosystems mithilfe von sehr seltsamen Samenkapseln entgegenzuwirken.


    Seit dem litauischen Folk Horror Film Upurga (bei Night Visions Helsinki im Frühjahr gesehen, Besprechung hier im Faden) sowie einer ganzen Reihe von sehr schönen Dokumentarfilmen bin ich wirklich ein Fan des litauischen - oder überhaupt baltischen - Kinos. Vesper sieht ganz so aus, als könnte er einlösen, was Simon Stålenhag mit Tales From the Loop versprach und nicht so richtig ausgearbeitet bekam (wenn ich mir Rezensionen allgemein und Rückmeldungen hier bedenke). Zumindest gibt es einen Plot, der auch etwas komplexer aussieht als die kleine Odyssee, die Stålenhag entwarf. Ich bin sehr gespannt, zumal mir das auch visuell extrem gut gefällt: Kein CGI-Overkill, die Effekte wirken ganz organisch und das Ganze ist auch nicht im Adrenalin-Overdrive gefilmt bzw. erzählt, wie man das en masse aus den USA kennt.

  • Lieber Elmar,


    ich freue mich riesig über dein Interesse!

    Bezieht sich der Kinostart auf Deutschland?

    Hab ich doch jesacht. ;) Weil ihr - berechtigterweise! - immer nachfragt, schaue ich inzwischen extra, wie man in DE an die Sachen rankommt. Titel & Kinostart gegoogelt bringt jedenfalls überall den 6.10.22, und das wird hier z.B. speziell gelobt. Wie flächendeckend der vertrieben wird, ist aber leider nicht herauszufinden. Ich wünsche dir viel Glück!


    EDIT: Grad dachte ich beim Re-Check, Die Saat der Hoffnung wäre ein alternativer deutscher Titel und hatte schon oben das Thema angeglichen, das ist aber wohl doch der Untertitel des Artikels. Bissl verwirrend gestaltet.


    Blöderweise kann ich partout keinen finnischen Kinostart finden. Ich hoffe mal sehr auf die Herbstedition von Night Visions Anfang November, die haben sich vllt. die Premiere gesichert.

  • Katla

    Hat den Titel des Themas von „Kristina Buožytė: Vesper (Litauen 2022)“ zu „Kristina Buožytė: Vesper (Litauen 2022)“ geändert.
  • Titel & Kinostart gegoogelt bringt jedenfalls überall den 6.10.22, und das wird hier z.B. speziell gelobt. Wie flächendeckend der vertrieben wird, ist aber leider nicht herauszufinden.

    Es wird insofern ein leicht "eingeschränkter" Kinostart, als dass er zwar in relativ vielen (vermutlich v.a. Multiplex-)Kinos gezeigt wird, aber i.d.R. nur mit einigen Einzelvorstellungen. Sprich: nicht mit täglichen 1-2 Shows, sondern nur so 1-3 über die ganze Woche verteilt.

    Ob in der 2.Woche weitere dazukommen, hängt dann von der Nachfrage ab.

    Bei Interesse lohnt es sich also, erstens schnell zu sein und zweitens das Programm genau im Auge zu behalten.

    Die exakten Spielzeiten ab dem 6.10. sollten (wegen des Feiertags) spätestens ab Morgen Abend auf den Kino-Homepages zu finden sein.

  • Ender Cool, danke sehr! Ich hab inzw. auch eine Seite gefunden, wo man deutschlandweit nach Vorstellungen suchen kann. Wir haben etwas Vergleichbares hier in Finnland, das ist sehr zuverlässig. Allerdings haben wir wesentlich weniger Kinos als ihr, mag also sein, dass die verlinkte Seite nicht 100% akkurat ist.


    In Berlin spielt er z.B. in einem Programmkino, dem schönen fsk. <3

  • Unfassbar, zwei Jahre ist das schon her, dass ich den Film schauen wollte - und nun hab ich ihn endlich auf meinem VoD Sender SFAnytime gefunden.


    Mir hats extrem gut gefallen, zumal das Märchenhafte - wonach der Trailer und die Infos ausgerichtet waren - doch eigentlich viel stärker Bodyhorror ist. Und zwar sowohl von der Konzeption, was menschlich-tierisch-pflanzlich bzw. auch anorganisch-maschinenhaft ist (Stichwort Spezieszismus) und was einen Menschen eigentlich ausmacht; wie auch vom Visuellen her.


    Ich fühle mich sehr stark an Cronenbergs eXistenZ erinnert, der einer meiner Lieblingsfilme ist, und es hat fast mehr Fantasy- als Märchenanklänge, nämlich steht am Ende eine Szene, die ich für eine liebevolle Hommage an Tolkiens vier Schwarze Reiter halte. Der Film ist spannend, hat eine große Fallhöhe (im Sinne von 'high stakes') gleich auf verschiedene Subplots bezogen. Es fließt Blut und es gibt Gewalt, auch einige Tote. Das Thema 'Zugehörigkeit' zieht sich zentral durch, einmal durch Familie, dann aber auch durch Allianzen und neue Verbindungen.


    Trotz der postapokalyptischen, ruralen Umgebung geht es stark um Bio-Engineering, und zwar extrem cool low-tech gelöst. Dabei sind die special effects wirklich grandios, nicht übertrieben, nicht show-mässig, extrem glaubhaft und sehr faszinierend. Die kleinen Kreaturen, die überall auftauchen, sind alle irgendwie ein Mix zwischen Pflanze und Tier (auch mal Insekten), die meisten erinnern aber an Tiefseelebewesen, auch von den Bewegungen her, das ist irre phantasievoll und sehr eigenständig gelöst. Auch hier gibt es einigen (Body)Horror in Bezug auf parasitäre, gruselige Lebensformen.


    Wunderschöne Settings, kein (? oder kaum) Studio, sondern baltischer Urwald, verlassene Ruinen, Sumpf, da braucht es gar nicht so arg viel Zusätzliches.


    Auch gut gefallen hat mir, dass es für einige 'Erscheinungen' keine oder erstmal keine Erklärung bzw. Zuordnung gibt, sodass man es einfach so mit dem Weltenbau zusammen hinnehmen muss, sehr schön, da nicht sofort zu allem ungebetene Tonnen an Backstories zu bekommen.


    Obwohl es durchgehend schon um die Titelfigur geht, stehen noch zwei weitere Protagonisten absolut im Zentrum: Vespers Vater (der mit menschlichem Körper anwesend ist wie auch im Kopf des fliegenden Robots steckt) und eine junge Frau, die Vesper im Wald findet, und die in die priviligierte Welt der "Zitadelle" gehört - oder zumindest denkt man das. Dadurch ist der Plot nicht langweilig-gradlinig, es gibt eine Menge Twists für eine Menge Subplots / Figuren - einige sanfter, einige härter.


    Etwas gestört hat mich die viel zu gefühlige Streichermusik, die über zu viele Szenen und damit den Großteil des Films gekleistert wird, die auch ziemlich repetetiv ist; und die Lösung des starken Dramas, bei dem eine Figur einfach so aus der Gleichung entfernt wird, was ich sehr abrupt und vom Aufbau her etwas gewollt / unnötig empfand. (Eine so wichtige Figur hätte imA nur durch Tod oder eine heldenhafte Aktion enden dürfen, bei letzterer dann als Happy End für sie).

    Apropos: Hätte ich nicht anders erwartet, aber Vesper gelingt etwas plot-abschließend Schönes - Kitsch oder nicht mag hier der geneigte Zuschauer entscheiden, ich fands okay, weil es sehr gut zum märchenhaften Fantasystil passte. Nehme auch an, das Ende spiegelt die von Centurion und Doomsday wieder, als Vergleich, allerdings weitaus nicht so deutlich.


    Der Alternativ- bzw. englische Titel "Vesper's Chronicles" ist sehr passend, denn die Struktur hat etwas Episodenhaftes, teils Mäanderndes, ohne aber verloren oder konfus zu wirken.


    Schöner Film, wirklich. Leider kann ich bei SFAnytime keine Screenshots machen, das 'geschossene' Bild ist immer schwarz. Hier wäre so ein Bild aus einer tollen, ruhigen Szene (ist ist farbiger und heller als derselbe Shot, den ich oben in die Collage eingefügt hatte):

  • Hallo Katla


    Danke für den Tipp und die ausführliche Darstellung.

    Grade habe ich mir den Trailer angeschaut und bin schwer beeindruckt. Sehr bildgewaltig.

    Ich werde ihn mir auf jeden Fall ansehen.


    Übrigens: Cronenbergs eXistenZ gehört auch zu meinen Lieblingsfilmen.

  • Übrigens: Cronenbergs eXistenZ gehört auch zu meinen Lieblingsfilmen.

    [Cof] Oh ja, wie cool!

    Ich hab den Eindruck, dass dieser Film aus den besten Zeiten Cronenbergs (alles vor Eastern Promises) irgendwie immer unterging, dabei ist er nicht nur ein wunderbar kluger, verrückter und toll gespielter/aufgenommener Film, sondern zumindest für mich bislang der einzige, der durchgehend eine konsequente Traumlogik hat - also im Sinne, wie ich selbst träume.


    Ebenso seltsam ignoriert übrigens wie sein Debüt, Stereo, den ich hier gefangirlt hab. Der hat zwar etwas anstregende Sprachsequenzen (davon aber dankenswerterweise generell sehr wenig und keine Dialoge), aber das Thema, die Bildsprache!

  • Es war vielleicht ein schlechter Zeitpunkt, als eXistenZ rauskam. Kurz nach MATRIX, oder?

    Jetzt, wo du es sagst! Kam mir null so vor, irgendwie hab ich die Filme nie in Verbindung gebracht - weder zeitlich, noch inhaltlich, obwohl ich beide bei Kinostart im Kino sah. Aber damals war ja eh ein Game-Thema und Neuromancer/Cyber-Revival, nach Marketingregeln hätte es eXistenZ eigentlich eher nützen müssen.

    Irgendwie habe ich sowieso das Gefühl, dass Cronenberg beim großen Publikum stets untergeht.

    Aber auch beim Genrepublikum, scheint mir manchmal. Und die ganzen neueren Filme von ihm machen diesen Zugang nicht leichter. Die sind ja nicht nur unphantastisch, sondern - pinch of salt: soweit ich sie gesehen habe - auch ansonsten meh bis stark ärgerlich klischeehaft.


    Ja, Brood ist auch klasse, muss ich unbedingt auch mal wieder sehen. Und nicht zu vergessen Dead Ringers (ist der Alternativtitel nicht Twins of Evil?) / Die Unzertrennlichen, was glaube ich sogar mein erster Cronenberg war. Das ist so abgründig, ich war völlig geflasht, dass jemand sowas dreht / schreibt. Grandios!


    Stimmt, ich vergesse immer, dass das Fliege-Remake von ihm ist. Ich mag das Original sehr, hab Cronenbergs Film im Kino gesehen, fast gekotzt (der Fingernagel!), und mich ansonsten gefragt, warum es da eine neue Fassung geben muss.