Beiträge von Ender

    So, ich bin mittlerweile auch fertig und sehr zufrieden.

    Die Geschichte wird ja als "Nacherzählung von Edgar Allan Poes Klassiker" beworben, und das wird ihr mMn nicht gerecht, denn sie ist deutlich mehr als das. Umfangreicher, moderner und mit ganz vielen eigenen Elementen und Ideen. Und trotzdem: so weit sie sich auch zeitweise von ihrer Inspirationsquelle entfernt, letztlich wird doch immer wieder der Bogen geschlagen und der Ursprung erkennbar. Das ist schon wirklich gut gemacht.

    Aber das soll gar nicht davon ablenken, dass es sich um eine absolut eigenständige Geschichte handelt. Auch ohne jeden Poe-Vergleich haben wir hier eine originelle kleine Novelle, gut aufgebaut, sprachlich angenehm zu lesen, mit einigen gruseligen Momenten und schöner Grundidee. Und nebenbei bemerkt: einem sehr passenden Titel.

    Von mir gibt's 4 Sterne. Vielleicht sogar 4,5.

    Ja, an sich gefällt mir der Schreibstil auch. Ich fand es nur halt ungewöhnlich, dass in den Dialogen einige - heute - umgangssprachliche Ausdrücke fallen, die im 19. Jahrhundert sicher noch nicht verwendet wurden. Aber ja - ist mir auch lieber, als künstlich auf altmodisch getrimmte Sprache.

    Ich lese es insgesamt gerne.

    Mir fällt auch die modern klingende Sprache auf. Der Roman spielt im Jahr 1890, da kommen mir Formulierungen wie "Da sind wir schon zwei" oder "Heimelig ist anders" irgendwie etwas unpassend vor, denn das hört sich doch eher nach 2000er-Alltagssprache an. Das könnte natürlich an der Übersetzung liegen; kann ich nicht beurteilen.

    Es ist nicht wirklich schlimm, schmälert aber für meinen Geschmack ein bisschen die viktorianische Atmosphäre.


    Ansonsten ist mir noch eine kleine Beatrix-Potter-Anspielung aufgefallen, die ich ganz witzig fand - ob sie wohl noch eine Rolle spielt? Vermutlich nicht.


    Ich bin mittlerweile etwa in der Mitte angelangt und teile Mammuts bis dahin geäußerten Eindruck: es liest sich gut und unterhaltsam, aber der ganz große Knüller ist es bis jetzt noch nicht.

    T. Kingfishers "What Moves the Dead" gewann 2023 den Locus Award in der Kategorie "Best Horror Novel" und war außerdem für den Hugo Award als "Best Novella" nominiert.


    Da es sich um eine Neuerzählung von Edgar Allan Poes "Der Untergang des Hauses Usher" handeln soll, wollte ich zur Auffrischung die Original-Story erst nochmal lesen - habe aber festgestellt, dass sie mir gar nicht (mehr?) vorliegt. Stattdessen habe ich dann schnell das dazugehörige Hörspiel aus der "Gruselkabinett"-Reihe gehört. Immerhin.

    So halbwegs vorbereitet habe ich nun also schon mal einen ersten Blick ins Buch gewagt.


    Kapitel 1

    Es ist insofern offenbar nah am Original, dass die Figuren Roderick und Madeline Usher schon mal genauso heißen. Der Ich-Erzähler allerdings blieb bei Poe namenlos, wenn ich mich richtig erinnere - hier aber nicht.

    Wie dem auch sei, im ersten Kapitel wird die Ankunft des Protagonisten am Usher-Wohnsitz geschildert, wohin er durch Madelines Brief gerufen wurde. Kurz vor seinem Eintreffen begegnet er einer älteren Dame und es entspinnt sich ein kurzes Gespräch.

    Insgesamt wird auf diesen ersten Seiten durch die Beschreibung der düsteren Landschaft, der seltsamen Vegetation und des verfallenen Usher-Anwesens schon mal kräftig Atmosphäre aufgebaut. Gefällt mir.

    Die ersten 4 "Killerbot"-Novellen sind auf Deutsch ja gemeinsam in einem Sammelband erschienen. Zunächst hatte ich großen Spaß daran, gerade die erste Story fand ich ziemlich klasse. Aber irgendwie hat sich die Idee (für mich) recht schnell abgenutzt, so dass ich Nr. 3 und 4 schon nur noch 'okay' fand. Danach kam mit "Netzwerkeffekt" eine Geschichte in Romanlänge raus, und die fand ich leider dermaßen langweilig, dass ich danach ausgestiegen bin. Eher unwahrscheinlich, dass ich mit "Übertragungsfehler" (auf Deutsch Anfang dieses Jahres erschienen) oder eben "Systemkollaps" nochmal wieder einsteige.


    Von Kingfisher habe ich den Hugo-Gewinnertitel "Wie man einen Prinzen tötet" im Regal stehen (aber noch nicht gelesen). Auch das frisch erschienene "Was die Toten bewegt" interessiert mich. Aber wann ich jemals damit loslege, weiß ich noch nicht. Aktuell liegen da noch "dringendere" Bücher auf dem Stapel.

    NOCH ist "Systemkollaps" nicht auf Deutsch verfügbar, aber zumindest schon für März 2025 angekündigt.

    Und wenn ich meinen Senf zum Locus auch noch kurz verlinken darf, dann bin ich einfach mal so frei:

    Letzte Meldung 2405
    Locus Awards 2024. Bester SF-Roman: "Systemkollaps" von Martha Wells.
    www.sf-lit.de

    Artikel von Gerrit Wustmann auf "54 Books".

    Horror – Das (in Deutschland) unterschätzte Genre - 54books
    von Gerrit Wustmann Es gibt ein Genre, über das man in Deutschland eher selten stolpert: Horror. Zugleich wird man in Buchhandlungen und Mediatheken…
    54books.de


    Von einigen allgemeinen Betrachtungen kommt der Autor schnell zu Lobpreisungen bestimmter Autor*innen. Hier hätte ich mir etwas zielgerichteter gewünscht: entweder die grundsätzliche Lage des Genres ausführlicher zu betrachten, oder: wenn schon konkrete Empfehlungen, dann nicht nur 2,3, sondern gerne noch ein paar mehr.

    Aber nichtsdestotrotz ein Artikel mit einigen interessanten Aspekten, wie ich finde.

    Caitlin Starling

    Der Tod der Jane Lawrence

    Herausgeber ‏ : ‎ Penhaligon Verlag; Deutsche Erstausgabe Edition (28. Februar 2024)

    Sprache ‏ : ‎ Deutsch

    Broschiert ‏ : ‎ 480 Seiten

    ISBN-10 ‏ : ‎ 3764533072

    ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3764533076

    Originaltitel ‏ : ‎ The Death of Jane Lawrence


    Klappentext:

    Er hütet Geheimnisse – sie seziert sie: Ein moderner Schauerroman mit Medizinsetting und übernatürlichem Twist.
    London, Nachkriegszeit: Jane hat ein besonderes Faible für Mathematik. Deshalb rechnet sie sich aus, dass ihre Chancen auf persönliche Unabhängigkeit steigen, wenn sie selbst einen Heiratskandidaten bestimmt. Ihre Wahl fällt auf den in sich gekehrten und an Jane wenig interessierten Doktor Augustin Lawrence. Als dieser in die Ehe einwilligt, ihr aber verbietet, auch nur einen Fuß in sein Anwesen außerhalb der Stadt zu setzen – in dem er jede Nacht verbringt –, wird Jane klar, dass das Erlernen des blutigen Arzthandwerks nichts ist im Vergleich zu dem, was des Nachts auf Lindridge Hall vor sich geht …


    Verlagswebsite: Caitlin Starling: Der Tod der Jane Lawrence - Paperback - Penhaligon Verlag (penguin.de)




    Meine Meinung:

    Der Roman spielt in einer Art alternativer Zeitlinie (und übrigens NICHT explizit in London, wie der Klappentext behauptet), in der z.B. die Länder Großbreltain oder Ruzka heißen. Auch die genaue Zeit wird nicht näher benannt, wirkt aber mit ihren Kutschen und Gaslampen wie das 19. Jahrhundert. Zugleich ist allerdings auch von einem kürzlich stattgefundenen Weltkrieg mit Bomben- und Gasangriffen die Rede. Also irgendwie nicht ganz unsere Welt.


    Die ersten 100 Seiten fand ich ziemlich zäh: die Protagonisten lernen sich auf, sagen wir mal, etwas ungewöhnliche Weise kennen und ruckzuck knistert es auch gleich ... was einige schwülstige "Herzklopf"-Szenen zur Folge hat. Da dachte ich zwischenzeitlich, ich sei im Romantasy-Genre gelandet. Zum Glück legt sich das dann und es kommt tatsächlich phasenweise etwas Spannung und Grusel auf. Es entwickelt sich eine Art Spukhaus-Okkultismus - Geschichte mit geheimnisvollen Phänomenen und dunkler Magie. Letztere wird allerdings nicht besonders ausgefeilt erklärt, sondern beschränkt sich auf etwas klischeebeladenen Hokuspokus. Das überzeugte mich nicht.

    Eine Erklärung für die mysteriösen Ereignisse wird außerdem für meinen Geschmack zu früh geliefert, was ich dramaturgisch ungeschickt fand.

    Dennoch (so negativ das bisher auch klingt) entwickelt sich nach und nach eine Geschichte mit mehreren originellen Ideen und einigen durchaus spannenden, blutigen und unheimlichen Momenten.


    Alles in allem würde ich sagen: den Roman kann man aufgrund seiner schaurig-schönen Atmosphäre sowie einiger gelungener Szenen ganz gut lesen. Eine echte Empfehlung ist es aber nicht.