Vermischtes aus dem Radioprogramm

  • Autorin Nina George will Urheberrechte vor ChatGPT und Co. retten
    Profitable Hochleistungs-Text-KIs wie ChatGPT werden auch mit Büchern gefüttert. Für die Rechte von Autorinnen und Autoren kämpft Schriftstellerin Nina George.
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    Talkshows und öffentliche Streitkultur in Deutschland
    Talkshows, gerade die politischen, haben keinen guten Ruf: zu viel Krawall, zu wenig echte Debatte. Welchen Einfluss haben sie auf die öffentliche Streitkultur?
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  • Das Gespräch mit Nina George hat voll meinen Nerv getroffen bzw. einige der Fragen, die ich mir auch schon gestellt habe. Wie die KI mit einer technischen Vollkommenheit und Rasanz ungestraft die geistigen Werke von Menschen klaut, kopiert und memoriert: das macht einen sprachlos. Und dass das Biest auf unbequeme, entlarvende Fragen – etwa nach klar identifizierten Quellen und Urheberklau – auch schon zu lügen anfängt … oh boy.


    Die Moderatorin stellt einige gut gezielte, provokante Fragen: Gab es das nicht schon immer, dass Menschen die Werke anderer abgeschaut und neugestaltet haben (freundlich ausgedrückt)? Müssen wir im digitalen Zeitalter nicht mal langsam zu einem neuen Kunstbegriff kommen? Frau George nimmt ihr da den Wind aus den Segeln, wirklich sehr hörenswert.

  • Dem schließe ich mich an. Nina George formuliert gut durchdachte, präzise und anschlussfähige Standpunkte.


    Mich hat vor allem gefreut, dass auch mal auf die Seite der Rezipienten hingewiesen wird. Ich frage mich schon lange: Wen interessiert das eigentlich? Ich kann nicht verstehen, was an KI-Produkten reizvoll sein soll.

  • Nils und Arkham Insider Axel Ich gehe mit, Nina George macht das sehr souverän, sehr präzise, und ich stimme ihr da in allen Punkten zu.

    Gemessen allerdings daran, dass Deep Blue in den 80ern mit einem Schachzug gewann, der ihm nicht eingegeben worden war, ist eben die Frage, wie lange wir dieses Problem noch mit 'da kommt eh keine anständige Prosa bei raus' abtun können. In China ist grad das los. Man kann sagen "Naja, China" - Sprache wie Regime sind nicht direkt vergleichbar -, aber das sind imA nur graduelle Unterschiede.


    Siehe das Problem der Masseneinreichungen dank ChatGPT bei englischsprachigen Verlagen (ich hatte da vor einiger Zeit was extrem Erschreckendes von Clarke's World gepostet), und wenn ich mir die öffentlichen Ausschreibungen für Magazine / Anthologien im deutschsprachigen Raum anschaue, ist die Auswahl in den vergangenen Jahren massiv geschrumpft - allerdings nicht, weil keine Anthologien mehr gedruckt würden. Sondern, weil alles auf Anfrage hinter den Kulissen läuft. Plus: Vieles Verbliebene sind bei näherem Hinsehen Marketing-Vehikel oder dubiose Online-Publikationen. Das KI-Problem in der Literatur sollte auch, aber eben nicht nur auf den Buchmarkt (Romane) bezogen werden.

    Je mehr ich darüber lese, desto mehr rege ich mich auch über diese shoot first, ask questions later -Taktik der KI-Betreiber auf.


    Hier gibt es noch eine kleine Serie im Montségur-Autorenforum zum Thema, auch mit einem Beitrag von / mit Nina George.


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    Das ist ja ein sehr spannender Beitrag um das gruselige Stadtschloss Berlin. In einem absurden Twist gab es übrigens eine Installation, bei der ein Photo des Palastes der Republik auf die Fassade des Fake-Schlosses projiziert wurde. Sonst geht das ja historisch andersrum, aber: I like!


    Wie so oft ist das Regionale die Antwort aufs Nationale. Liis Roden (junge Grafikdesignerin / Fotografin aus Tallinn) hat zu dieser Publikation beigetragen, was imA eine sehr intelligente, innovative Sicht eben jenseits solcher geschichtsrevisionistischen Idiotien wie der des Stadtschlosses verspricht:

    Wenn Menschen die gebaute Umwelt lesen und verstehen, dann informiert das auch ihr Handeln, insbesondere, wenn sie partizipativ an Planungs- und Gestaltungsprozessen für die Errichtung des gebauten Raums beteiligt sind. Um diese Phänomene ihrem Kontext entsprechend zu fassen und zu deuten, schlägt das Buch den Begriff der Bavarität vor. Im Fall des Freistaats Bayern und seines ländlich-städtischen Kontinuums als Ergebnis historischer baulich-räumlicher Entwicklung, durch Tradition und Moderne konturiert, stellt Bavarität eine sozio-kulturelle Leistung dar, deren Ergebnis in der Partizipation aller Beteiligten gründet und nicht endet.


  • Nils Ooooh, danke! [Cof] Krass, Recycling-Beton kannte ich schon, aber da gibt es ja echt wilde Ideen. Mein Fazit:

    Algen :thumbup:

    Pisse :thumbdown:


    Okay, das ist konservativ, aber nu. Echt spannend, was für Wege da beschritten werden, in der finnischen Baupresse (Rakennuslehti = 'Baublatt' und Betoni) werden vor allem Kunststoff-Granulate besprochen. Ich lese mich ja selbst erst ins Thema ein, aber mir scheint, dass auch hier häufig ganz schön Greenwashing betrieben wird. Der Witz ist ja, dass heute kaum einem Gebäude eine Lebenszeit von 20, geschweige denn 50 oder - haha - 200 Jahren zugestanden wird. In einer neueren Ausgabe des Rakennuslehti sagte ein Helsinkier Architekt: "Es gibt keinen Grund, ein Gebäude länger als 10 Jahre stehen zu lassen." [shnt]

    Mir scheint, das Prinzip von Fast Fashion wird aufs Bauen übertragen ...


    Sehr spannend, vielen vielen Dank für dein aufmerksames Auge! :*

  • Felix Ich fürchte, das war ganz ernst genau so gemeint. Die Zeitschrift ist das wöchentliche Fachmagazin für den Baumarkt (weniger für Architekten / Designs, als wirklich auf neue Projekte und ihre Bauphasen, Materialien etc. fokussiert), und der generelle, editorische Ton ist eigentlich genau das Gegenteil. Aber das Zitat kommt aus einem opinion piece, und das war der Chef irgendeines Architektur-/Entwicklungsbüros, der wohl meinte, besonders cutting edge zu sein, wenn er diese 'weg mit dem ollen Schiet'-Haltung an den Tag legt. Der Rest seiner Glosse war nicht besser. Ihm ging es in erster Linie darum, ständig und weiträumig neue Ideen und Formsprachen, auch Materialien zu verwirklichen, quasi um jeden Preis. Ab & zu lese ich diese Haltung auch in anderen Medien, eben so betont unsentimental, aber auch - was den Klimaschutz angeht - arg tone deaf.

    Wirklich wie Fast Fashion.


    Momentan macht in Helsinki der bittere Scherz die Runde: "Ach, das Gebäude wird auch abgerissen - da waren wohl mal wieder die Decken 10 cm zu niedrig!" Ich rede hier nicht von irgendwelchen schnell hochgezogenen Bausünden der Nachkriegszeit, sondern von z. B. Gebäuden der Internationalen Moderne wie das unten: verkleidet mit schwarzem Granit, langgezogene Fensterfronten ... Kein Asbest. Mitten auf der Flaniermeile in der City, wo die ganze lange Straßenseite so aussieht. Was wird gebaut? Ein dunkles, verkleidetes Haus gleicher Größe, bei dem nur die Decken höher sind und die Fenster vertikal statt horizontal. Ich mache leider keine Witze.

    Wer braucht so hohe Decken? Und den ganzen Freiraum über'm Kopf muss man ja auch noch heizen, in einem Land, das eine 8-monatige Heizperiode hat!


    Dasselbe leistete sich die Åbo Akademi, einer der Unis in Turku. Abriss eines weißen, sehr großzügigen Gebäudes ("Gadolinia" genannt) eines berühmten finnischen Architekten. Neubau ist auch weiß und 'klotzig', ebenfalls mit etwas höheren Decken und vertikalen statt horizontalen Fenstern. To add insult to injury wurde das Erdgeschoss stehengelassen. (Weil das Gebäude durchaus berühmt war, und bis zur letzten Minute gab es Bemühungen, es denkmalzuschützen.)


    Hier die beiden Problemfälle: Alle Bilder meine - der Neuentwurf des Helsinkier Baus ist das gerenderte Projektbild da auf dem Bauzaun - bis auf Gadolinia die beiden rechts. Bei dem Rendering des Gadolinia-Neubaus haben die auch noch die Umgebung perspektivisch total verzogen, da drumrum ist gar kein Platz, und selbst wenn das modernistische Wohnhaus auf der anderen Straßenseite auch noch abreißen, stehen aber sonst denkmalgeschützte Häuser von 1850 dort. Das ist da alles auf kleinem Raum, so viel Freiraum um ihren Klotz werden die nie haben - das Bild der alten Gadolinia ja nämlich vom selben Punkt aus fotografiert, da macht man drei Schritte über die Straße und steht vor der Uni.