Caprimulgus von Patty Plain

  • Dank Elmar halte ich nun auch eine Ausgabe in den Händen. :* [Cof] :* Ich freue mich riesig und werde das auch nicht mehr aus den Händen geben.


    Es ist haptisch ein wirklich tolles Buch, auch das Cover (Axel Weiß unter Verwendung einer historischen Zeichnung) ist wunderschön und stimmt passgenau auf den untertriebenen Tonfall / Stimmung des Inhalts ein.


    Ich gehe mit den Stimmen oben in diesem Faden: Ein Roman ist das nicht, weder vom Umfang noch von der Textform her. Ich hätte ebenfalls gar nix dagegen gehabt, noch weitere 150-200 Seiten davon zu lesen. Zudem fällt es mir außerordentlich schwer zu glauben, dass dies die erste VÖ der Autorin ist und bin massiv enttäuscht, dass außer einer Kurzbio keine Links genannt werden (SoMe, zumindest Homepage, die wird sie doch sicher vor einer solchen VÖ eingerichtet haben?). Zudem wird es ein Pseudonym sein, der Name ist im Englischen ein Boulettenrezept.

    Ich bin - trotz der Kritikpunkte unten - total angefixt und stehe nun im Regen damit ... ;(


    Wie vielleicht an meinem Genöle zu erkennen, hat mir die Geschichte vom Stil her ganz enorm gut gefallen. Das ist alles extrem stilsicher erzählt, keine verwischten Sprachebenen, kein Adjektiv-/Adverb- oder Hilfsverben-Overkill, keine Redundanzen - jeder Satz treibt die Geschichte voran, ohne zu hetzen. Innerhalb der drei Abschnitte auch sehr gutes Pacing, grandioser Spannungsaufbau und schöne Figurenzeichnungen sowie sensorische / haptische Details. Vom Stil her ist es mit Abstand das beste, das ich seit langem aus dem deutschsprachigen Raum gelesen hab. Könnte genauso gut in einem Buch von Ullstein oder Klett-Cotta stehen, wirklich sehr professionell und selbstsicher erzählt.


    Außer dem isolierten Motiv der seltsamen Anweisung auf dem Vogelstimmentonband sehe ich übrigens keinen Bezug zu Lovecraft, sondern eher zu den X-Files (in ihren besten Momenten!).


    Es gibt auch ein Aber, leider ein größeres: Die Konzeption und der Plot.

    Die Novelle beginnt ganz in Ruhe, ausführlich, mit vielen liebenswerten Details (die Faszination von Glasbausteinen auf den kindlichen Prota und sein Einzug in ein Studio, dessen eine Wand eben aus Glasbausteinen ist). Viel Aufmerksamkeit wird auch auf die Beschreibung des abwesenden Chefs verwendet, bzw. die Probleme, die der Prota mit ihm hat. Als aber der Vogel Teil der Geschichte wird, verliert all das seine Relevanz und es wirkt auf mich, als wäre diese gesamte Exposition nicht weiter ausgeführt worden, hinge damit quasi so im freien Raum. Als es gerade spannend wird, wechselt es zum zweiten Kapitel, das aus Sicht eines (desselben?) Vogels erzählt wird und aber Zeit wie auch Ort (ggfs. quasi Ebene) der bisherigen Erzählung verlässt.

    Nach diesem kurzen Intermezzo wechselt erneut die Perspektive auf die Angestellte des Museums. Wieder gibt es ausführlichen, lebensnahen Hintergrund (dass sie gerne kündigen möchte bzw. eigentlich überqualifiziert ist), der aber wie anfangs bei der Hauptfigur dann eigentlich keine Konsequenzen hat.


    Durchaus schon verärgert hat mich dann das lieblos drangeklatschte Ende in Form eines Zeitungsberichts. Also zudem ein 4. Perspektivwechsel und das ist auf der kurzen Strecke ohne Not (oder bewusst wie in SF / Slipstream bei multidimensionalen Welten) einfach nicht cool. Zudem ist dies eine Krücke, die ich von jugendlichen Schreibanfängern aus Onlineforen kenne, wenn die nicht wissen, wohin mit ihrer Geschichte und wie die anständig abschließen. Zeitungsnotizen sind kontraproduktiv, weil kalt und total rausgezoomt, und das verhindert, dass mich irgendwas vom bislang Erzählten berührt. Auch hat es mich massiv erstaunt, denn der Sprachstil und die Figurenzeichnung beweist mMn, dass die Autorin eigentlich das über das Handwerkszeug verfügen müsste, hier einen sauberen, passenden Abschluss zu finden. Der angedeutete Konflikt des Hauptprotas mit dem Chef verläuft so auch im Sande bzw. passt imA die Rolle des Chefs am Ende nicht zum Anfang (außer, ich hab massiv was übersehen, aber inferninho ging es ja wohl ähnlich ).


    Die vielen Motive / Erklärungsansätze sind entweder schlecht durchdacht oder, wie ich eher annehme, zu 'überdacht', im Sinne von 'overthinking'. Das mag ebenfalls an mir liegen, aber mir fehlte hier motivisch der rote Faden, das wird mir irgendwie zu abgedreht. So richtig kann ich dann auch diese geheimnisvolle Tonbandstimme, mit der die Handlung die spekulative Richtung bekommt, am Ende nicht mehr in den Rest einordnen / unterbringen.


    Das wäre ein wirklich grandioser Roman geworden, hätte sich die Autorin Zeit genommen, alles im Stil des ersten (und dritten) Kapitels auszuerzählen und sie sich einen einzigen spekulativen Hintergrund / Konsequenz herausgegriffen hätte, nach dem alles andere subtil ausgerichtet wird. Ebenfalls hätte ich mir gewünscht, das Ganze wäre ohne Perspektivwechsel erzählt worden, bzw. mit einem, wobei der so detailgenau und lebensnah eingeführte Prota mit all seinen Macken und Vorlieben wieder aktiv ins Spiel gekommen wäre - wozu wurde mir das sonst alles gesagt? Auch, wenn der Plot dann einen dezent anderen Dreh bekommen hätte.


    Der Anhang hat mir sehr gut gefallen (meine eigenen werden ja auch immer länger *gn*), ich lese ihn aber erst näxte Woche, weil mir das am Ende nach vier Perspektivwechseln zu viel Geschwenke auf noch was ganz anderes war.


    Fazit: Ein ungeheuer sicherer, sprachlich nahezu perfekter Stil mit vielen tollen Details und spannenden Ideen, ganz eigenständig, und trotz des hohen Niveaus wunderbar gut wegzulesen. Trotz der Schwächen beim Aufbau bin ich richtig gierig nach weiteren Stücken der Autorin und freue mich, falls jemand von euch etwas dazu weiß.

  • inferninho Hehe, oder Pretty Pain. Ich schätze hausgemachte Burger mit Fleisch anständig gehaltener / gefütterter Rinder wirklich sehr, mache das aber nicht selbst - das poppte bei Google auf. Selbst mit 'Autorin' oder 'Phantastik' dazu bekam ich null Komma null ... bzw. eben Bouletten. Vielleicht möchte da jemand nicht gefunden werden?

    BGR" [Nerdine]