Feuersignale – Hommage à Stefan Grabiński (Hrsg. Silke Brandt)

  • Steve Rasnic Tem (USA): Die Zwischenstation


    Eine seltsame Geschichte über einen Sonderling und seine eher imaginäre Reise zu seinem verstorbenen Vater, die einen irgendwie ratlos zurück lässt, aber auch nicht mehr loslässt.


    Tobias Reckermann: Daemonion gravitatis


    Auch hier geht die Fahrt weiter als zum Bestimmungsort, fängt es sehr stimmungsvolle an, um dann sehr abschweifend und philosophisch am Ende im Irgendnirgendwo zu Enden. Verloren, in der Fahrt aufgegangen, spielt die Geschichte mit allerlei Motiven, die sie meist nur streift. Interessante Geschichte, hat mir gefallen, einzig den Teufel fand ich ein wenig deplatziert, aber das ist ja immer Geschmackssache.

  • Pyrotechnik (...) Diese Story war anders, ohne Eisenbahn und auch irgendwie seltsam.

    Empfand ich von den vier Grabiński-Geschichten auch als die schwächste. Dennoch lesenswert.

    ...einzig den Teufel fand ich ein wenig deplatziert

    Ach, Dämonen tauchen bei Grabiński doch eigentlich öfters mal auf. Mich hats nicht gestört.

  • Also, das ist so toll, euer Lesen hier quasi-live mitzuerleben! Hab ganz, ganz viel Dank für eure grandiosen, spannenden Einblicke!


    Und lieben Dank Cheddar Goblin , was Tems Buch angeht - Night Doctor in print ist inzw. auch vergriffen. Schade finde ich (obwohl man das ja schnell überscrollt hat und auch nicht im Regal sieht), dass das eBook ein anderes Cover hat. Freue mich wirklich, dass du mit Tem eine Entdeckung mitnehmen konntest. Was kann man sich mehr wünschen? :*


    Silkes Der eiserne Zyklop ist kein Vorwort, sondern eine Art Prolog, der stimmungsvoll die Magie der Eisenbahn beschwört und direkt Lust auf den Band macht.

    Danke schön, Michael, ich freue mich riesig! So solls sein. :*

    Stand da erst "Epilog"? Das fand ich wenn nämlich eine sehr schlaue Bemerkung, weil ich ja aus allen Texten kleine Teile verwendet hab (für die angesengten Blätter, aber auch zwei für den Hauptplot + meinem eigenen Lok/Flashover-Thema) und man das ja erst sehen kann, wenn man das ganze Buch gelesen hat. Im Grunde ein ProEpilog. [Nerdine]

    Aber anders als in den meisten anderen Geschichten, hindert ihn eine gute Macht und so wird ein schreckliches Ereignis verhindert,

    So spannend! Bislang sah ich kleine Nihilistin eher, dass immer alles den Bach runtergeht. Kris, der Übersetzer, der mit Phantastik sonst keine Berührung hat, schrieb bei jedem Text: "Der Protagonist stirbt!" - "Der Protagonist ist schon wieder am Ende tot." ... "Wow, diesmal stirbt er nicht!"

    Aber natürlich - so geht es mit etwas anderem Fokus auch. Das gilt ja sogar für andere Geschichten, die ich eher unter 'sehr dunkel' abgebucht hatte (Lokführer Grot, Schmutzkerl ...)

    Diese Story war anders, ohne Eisenbahn und auch irgendwie seltsam.

    Ja, die Geschichten im Buch des Feuers unterscheiden sich stärker, in vielen Aspekten. "Die Feuerstätte" im Grauen Zimmer ist den Eisenbahngeschichten recht ähnlich, nur eben ohne Zug, aber mit diesem Wahn, der Zwanghaftigtkeit und der provozierten Katastrophe.

    Es gibt nur noch eine Geschichte, die meines Wissens nicht übersetzt ist, auch aus dem Buch des Feuers: sehr lang, sehr christlich religiös, mystisch, entrückt. Ich glaube, da fährt sogar wer gen Himmel, so richtig old school. Die fiel aber eh raus, weil wir mit der Zeichenzahl den Rahmen bereits sprengten und damit hätte ich auch meine Probleme gehabt. Die wirkte z.B. auch eher mystisch als spekulativ / paranormal.

    Bei dieser Geschichte, die ich auch vom Tonfall als bissl anderes empfand, gefiel mir z.B., dass psychische Zustände so stark durch Farben & Formen und Bewegungen wiedergegeben wurden. (Womit ich dir keinesfalls wiedersprechen will, - grad unterschiedliche Meinungen und Ideen finde ich spannend hier.)


    Klasse, echt, eure Einschätzungen. Sowas hilft mir auch für die Zukunft ganz ungeheuer.

    Apropos Zukunft: Das Cover fürs Kriegspferd kam heute von Jens Maria Weber. Hammer. *just teasing*


    Cheddar Goblin Sami wird dir bestimmt gefallen. Sehr weird, sehr waschmaschine, sehr SF. Viel Phantasie, eigenständig.

  • Spooky Danke sehr - und es ist sogar trotz des Covers eine Spukgeschichte. (Steve hat glaube ich ein paar wenige Texte geschrieben, die nicht spekulativ sind.)


    Mich würde nicht wundern, wenn es da auf Deutsch mehr gäbe, immerhin hat er sowas wie ungeheure 450 Geschichten veröffentlicht. Da wird sicher das eine oder andere auch mal in einem übersetzten Band stehen. [Cof]

  • Jörg Kleudgen: Der Nachtzug


    Eine Geschichte über jemand, der es schwer im Leben hatte und für den sich dies auf einer letzten Zugfahrt nicht ändert. Manche haben kein schönes Leben und auch keinen schönen Tod.


    Jörg Fischer: Feuerblume


    Eine mittreißende Geschichte, die wie im Film das Geschehen im Krieg, in einem Sanitätszug schildert, dort, wo neben dem normalen Grauen noch abartigeres lauert. Hier und da für mich ein wenig zu ausführlich, am Ende ein wenig knapp und es bleiben doch viele offene Fäden.

    Hat mir sehr gut gefallen.

  • Maciej Szymczak & Kazimierz Kyrcz Jr. (Polen): Unsere Gebirge


    Eine Geschichte, über der die ganze Zeit eine sexuelle Spannung liegt, die von ihrer Erzählstimme lebt, inhaltlich allerdings Recht simpel auf die Drehung am Schluss ausgerichtet ist und nichts mit der Eisenbahn zu tun hat und so ein wenig deplatziert wird. Trotzdem, ich habe die Geschichte gerne gelesen.


    Leif Matthiessen: Die Gabe


    Eine Geschichte, erzählt im Stil des 19. Jahrhunderts über eine Reise in die Hölle, natürlich mit dem Zug. Ich gebe zu, damit konnte ich überhaupt nichts anfangen. Das war meines Erachtens die schwächste Story bisher.

  • Mammut Ganz, ganz lieben Dank für dieses Review mit Cliffhangern, das ist klasse, ungeheuer spannend und für mich eine riesige Unterstützung - nämlich bei der Frage, wie Außenstehende quasi meine Entscheidungen oder Überlegungen sehen.


    Klar, wir sehen nicht alles identisch - wär ja auch total langweilig - aber ich nicke auch sehr viel und freue mich auf jeden Fall über jeden einzelnen Satz. :*


    Über die "Gebirge" hatte ich mich auch etwas gewundert, aber ich kenne einiges von Maciej, das mir sehr gut gefällt, und wir stehen in engem Kontakt auch wegen anderer Themen / Texte. Letztlich erkläre ich als Deutsche (polnische Oma hin oder her) mit Sicherheit keinem Polen, wie er Grabinski zu interpretieren hat. Auf jeden Fall wurde der Text fürs Buch geschrieben und nicht aus der Schublade gezaubert ...


    Fun fact: Maciej wohnt zufälligerweise nur eine Stunde von dem Heimatbahnhof meiner Story-Lok, Pt 47-65, entfernt.

  • Ja, da hast du natürlich Recht. Gebirge mag zu Grabinski passen, Feuersignale, sowohl von der äußeren Gestaltung als auch vom sonstigen Inhalt, kreist ja doch ziemlich eng am Thema Eisenbahn. Da verengt sich der Blick des Lesers zwangsläufig.

    Rückmeldungen zu Texten sind immer wichtig, generell aber doch eher selten.

  • Feuersignale, sowohl von der äußeren Gestaltung als auch vom sonstigen Inhalt, kreist ja doch ziemlich eng am Thema Eisenbahn.

    Ja, hrhr, Eisenbahn und / oder Feuer war im Aufruf auch Vorgabe ...

    Interessant fand ich (das ist jetzt nicht das semi-negative 'interessant', meine ich so), dass keiner das Feuerthema isoliert behandelt hat. Damit hab ich gar nicht gerechnet - und sowas finde ich als Newbie beim Herausgeben echt wahnsinnig spannend: Man kennt anderes von Autoren und erwartet XY, und dann sind Texte doch immer totale Überraschungen. Und zu 99% eben ganz, ganz wunderbare (das 1% hier ist jedenfalls nicht auf Maciej bezogen).

  • Definitiv, das kann ich schon vor den letzten beiden Beiträgen sagen, gefällt mir Feuersignale extrem gut und auch besser als die Alraune Ausgabe und das, obwohl ich beide Themen stark finde. Ein tolles Buch.

    Moa, danke schön, Michael, das bedeutet mir wirklich ungeheuer viel! [Al4]

    Ich freue mich wahnsinnig, das ist definitiv ein massiver Ansporn. Ich bleibe so gespannt ...

  • Felix Woitkowski: Violett


    Man merkt, Felix liest gerne Vergangenheit und so atmet die Geschichte eine vergangene Zeit. Reisende im Zug und einer liebt es, Gesprächen zu lauschen. Da niemand anstalten macht, eine Unterhaltung zu beginnen, fängt der Erzähler an und die Ankedote bezieht sich auf eine Geschichte von Grabinski, dem Lokführer Grot und das ist eine sehr schöne Idee. Ein anderer Fahrgast nimmt den Faden auf und berichtet erstaunliches, zwei Anekdoten, die zu einer verschmelzen und ihr Finale genau in diesem Abteil finden. Eine sehr lesenswerte Geschichte, die einen gefangen nimmt zwischen Eisenbahn, Golem und Unsterblichkeit, deren Ende, das ist mein einziger Wermutstropfen, aber ein wenig uninspiriert daher kommt. Trotzdem, das ist eine überaus großartige Geschichte.


    Teemu Korpijärvi (Finnland): Die stählerne Grimasse


    Das Thema, die Spannung zwischen Natur und Fortschritt zu thematisieren, ist sehr interessant, die Ausführung hier dagegen sehr misslungen. Ein eher mittelmäßiger Mann erfährt beim Angeln, das dort, wo er die Ruhe genießt, eine Eisenbahnstrecke gebaut wird. Warum der Mann dann dermaßen ausrastet, sich in wüste Visionen reinsteigert und am Ende samt dem Bau der Eisenbahnbrücke in die Tiefe fällt, erschließt sich mir beim Lesen nicht. Natürlich ist er zufällig Sprengstoffexperte, das Dynamit liegt so am Boden rum, das er es nur aufgreifen muss...nein, das war wirklich nichts.


    Nils Gampert: Stefan Grabiński und H. P. Lovecraft – Zwei Phantasten schreiben das Andere


    Ein sehr schön aufgebauter Vergleich der beiden Autoren, der aber eher für die HPL Fanboys interessant ist und für das Werk Grabinskis und seiner Einordnung doch eher uninteressant.