Philip K. Dick - Sämtliche 118 SF-Geschichten Band 1: Und jenseits – das Wobb

  • Das ein Zeitreisender, oder halt ein neues Element die Berechnungen durcheinander bringen kann, liegt auf der Hand. Hier hat Cole aber schon im voraus gewirkt, da konnte man überhaupt noch keinen Einfluss erkennen. Sein Einfluss war also mystischer Natur.

    Cole tritt in der ganzen Geschichte als Erlöser (Reparierer) auf, eine Art technischer Jesus. Daher auch die Fähigkeiten, die nicht durch den Geist sondern durch die Hände wirkten und eine Revolution hervor brachten.

  • ja, das stimmt, wieder so ein halbgöttliches Wesen. Aber der Statistikglaube hatte auch religiöse Züge. Klassische IT-Ideen. Man füttert eine Wundermaschine mit Daten und sie spuckt unantastbare Wahrheiten aus.

    Im Laufe der Geschichte macht Dick dann deutlich, dass die Maschine sehr wohl manipulierbar ist.

  • ja, das stimmt, wieder so ein halbgöttliches Wesen. Aber der Statistikglaube hatte auch religiöse Züge. Klassische IT-Ideen. Man füttert eine Wundermaschine mit Daten und sie spuckt unantastbare Wahrheiten aus.

    Im Laufe der Geschichte macht Dick dann deutlich, dass die Maschine sehr wohl manipulierbar ist.

    Das mit dem Statistikglaube stimmt. In der Geschichte und im realen Leben:huh:

  • Ich lese auch erst morgen weiter, muss heute noch Shelob besiegen.

    Wer ober was ist ein Shelob?

    Der unermüdliche Frosch ist eine Groteske und handelt von einem Streit zwischen einem Physiker und einem Philosoph über einen Frosch, dessen Sprünge immer halbiert werden und er so nie den Rand des Teiches erreicht, In dessen Zentrum er startet.

    Das „Frosch/Brunnen“-Szenario, welches in Wahrheit weder ein Paradoxon, noch ein wirkliches Rätsel ist, ist natürlich ziemlicher Quatsch. Rolf Löchel bringt auf Literaturkrtik.de Dicks offensichtlichen Denkfehler mMn perfekt auf den Punkt:


    „In der Erzählung „Der unermüdliche Frosch“ literarisiert Dick eines der Paradoxa Zenons, von denen es bekanntlich mehrere gibt. Die Rede ist von dem des Achilles, der den Vorsprung einer Schildkröte nicht einholen kann. Hat er den Ort erreicht, an dem sie war, als beide starteten, ist sie schon ein kleines Stück weiter gekrochen. Erreicht er diesen Ort, ist auch sie wiederum ein Stückchen vorwärts gekommen und so weiter ad infinitum. Dick ändert das Paradoxon ab und macht aus dem griechischen Helden einen Frosch auf dem Boden eines Brunnens, dessen Sprünge immer nur halb so weit reichen wie der jeweils vorherige. Die unlösbare Frage sei nun, ob er den Brunnenrand erreichen kann oder nicht. So unlösbar, wie Dick meint, ist sie aber gar nicht, denn indem er das Paradoxon umgewandelt hat, hat er es zugleich zerstört. So gibt es gleich mehrere Lösungen, die vom Verhältnis der Tiefe des Brunnens zur Weite des ersten Sprunges abhängen. Beträgt diese beispielsweise mindestens zwei Drittel der Höhe des Brunnens, erreicht der Frosch dessen Rand schon mit dem zweiten Sprung. Kann er unendlich oft springen, erreicht er den Rand ebenfalls. Es sei denn, der Brunnen ist unendlich tief. Doch wie alle Philosophieprofessoren und Wissenschaftler bei Dick argumentieren auch die Universitätsgelehrten in dieser Geschichte nicht und kommen so dem vermeintlichen ‚Paradoxon‘ auch nicht auf den Grund. Vielmehr wiederholen sie stur ihre wenigen Glaubenssätze.“ (literaturkritik.de)


    Zenons Frage ist für die Geschichte allerdings auch nicht wichtig. Sie dient nur als Anlass für einen Streit zwischen zwei Professoren, von denen einer für seine Überzeugung bald schon billigend den Tod des anderen in Kauf nimmt. Wir haben es hier also mit dem klassischen Mad Scientist-Motiv zu tun. Auch wenn Hardys Transformation in einen solchen mMn irgendwie ein bisschen „out of nowhere“ kommt. Aber das mag der Kürze der Geschichte (13 Seiten) geschuldet sein.

    Zumal Grotes Leidensweg in der „Frosch-Kammer“ für mich definitiv zu den stärksten Passagen in dieser Geschichte zählt und Dick dort zweifelsfrei eine recht beklemmende Atmosphäre schafft (Ein endloser Marsch durch die absolute Finsternis, während man immer kleiner und kleiner wird, aber bei lebendigem Leib verbrennt, sobald man für längere Zeit stehen bleibt).

    Außerdem hat „Der unermüdliche Frosch“ noch einen netten Abschlussgag zu bieten: Grote erträgt sein Schicksal und seinen drohenden Tod mit stoischer Gelassenheit und ist vielmehr an der Lösung des Rätsels interessiert. Daher ist er Hardy auch nicht böse, sondern ärgert sich eher darüber, dass ihre Erfindung nicht zur gewünschten Lösung geführt hat. Als er dem Todesapparat entkommt, fängt ihr Diskussion sofort wieder von vorne an. (2,5/5)

  • So einer bist du.

    Ganz genau, du geimpfter Systembückling :D.

    MAD Scientist trifft es meines Erachtens nicht. Es geht ja nur darum Recht zu haben.

    Okay, ich gebe zu, dass der Begriff "Mad Scientist" hier wirklich nicht hunderprozentig passt. Auch wenn es in "Der unermüdliche Frosch" um ein äußerst unethisches Experiment geht, bei dem Menschenleben eher zweitrangig sind.

    Bei Mad Scientist denkt man aber wohl eher an [frk].

  • Der unermüdliche Frosch

    Der Streitzweier Wissenschaftler ist zwar an den Haaren herbeigezogen, aber Grotes Wettlauf gegen Raum und Hitze finde auch ich ziemlich klasse geschrieben. Das ist so eine Szene, die man in den 50ern bestimmt ziemlich noir verfilmt hätte.


    Mathe-Rätsel in Geschichten zu verwandeln gefällt mir, auch wenn ich selten dahinter steige, worum es geht. Mein Hirn hats nicht so mit Logik.

  • ...aber Grotes Wettlauf gegen Raum und Hitze finde auch ich ziemlich klasse geschrieben.

    Das war definitiv mein Highlight in dieser eher mittelmäßigen Geschichte.


    +++


    Die Kristallgruft:

    Worum geht’s: Die Menschheit ist gerade dabei den Mars zu kolonisieren, was bei den dort ansässigen Marsianern allerdings nur so semi-gut ankommt. Da die Spannungen immer mehr zunehmen und ein Krieg somit unausweichlich scheint, verlassen die Erdlinge nach und nach den roten Planeten und kehren in ihre alte Heimat zurück. Das letzte Raumschiff wird allerdings kurz nach der Landung, von den marsianischen Behörden, gestoppt. Laut ihnen befinden sich nämlich drei Terroristen an Bord, die für die Zerstörung einer ganzen Mars-Stadt verantwortlich sind. Mit einem Lügendetektor befragen sie die gesamte Besatzung - Allerdings finden sich unter ihnen nicht die Schuldigen. Irren sich die Marsbewohner also oder haben die Menschen sie einfach nur ausgetrickst?


    1954 in "Planet Stories" erschienen. Der Name „Kristallgruft“ klingt dabei ja eher nach einer Weird-Fiction-Erzählung a la Lovecraft oder nach dem nächsten Indiana Jones-Film. Und beim Thema Marskolonisierung denkt man natürlich zwangsläufig an Bradburys großartiges Meisterwerk „Die Mars-Chroniken“ - Tatsächlich liefert Dick hier aber eine Art Weltraum-Krimi ab (inklusive Kolonialismus-Kritik), der gerade am Anfang dezentes Agatha Christie-Flair versprüht (quasi die Sci-Fi-Version von „Mord im Orientexpress“).

    Jedoch wird hier nicht das klassische Whodunit-Motiv bedient (denn die Täter sind relativ schnell klar), sondern eher nach dem „Wie?“ gefragt. Wie konnten drei Menschen eine ganze Stadt zerstören und danach den Lügendetektoren der Marsianer austricksen.

    Beide Fragen werden in der zweiten Hälfte von „Die Kristallgruft“ zufriedenstellend beantwortet, da Dick dort in der Zeit zurückspringt und uns ein „Was zuvor geschah?“ präsentiert. Wir erleben nun wie sich die Terroristen in die Mars-Stadt einschleichen, um ihren Plan in die Tat umzusetzen. Die Beschreibung besagter Stadt ist eine interessant Mischung aus Ägypten („mächtige Quader waren dort von Sklaven der frühen Dynastien unter den Peitschenriemen der ersten großen Marskönige herbeigeschafft und aufeinandergelegt worden.“) und Industriegebiet („Sie sah Feuerzungen, die aus den Türmen schossen, Feuer aus den unterirdischen Fabriken und Hochöfen der Stadt. Die Luft war zum Schneiden dick und voller Rußpartikel.“).

    Und auch über die Machtverhältnisse auf den Mars erfahren wir etwas mehr: Der Rat der Höheren Leiter hat hier das sagen. Finstere Gestalten in dunklen Kutten, die den Planeten mit eisiger Hand regieren und (da wären wir wieder bei Lovecraft) eher an Alchemisten oder Nekromanten, als an typische Regierungsoberhäupter erinnern (…Aber wenn wir uns mal in der Realität umsehen, stellen wir schnell fest, dass die Grenzen diesbezüglich auch bei uns manchmal rech fließend sind).

    Natürlich leidet die Spannung im zweiten Teil etwas darunter, dass man schon weiß dass sie mit ihrer Mission erfolgreich sein werden - Der finale Twist ist mMn aber absolut gelungen und schließt sogar den Bogen zu der ersten Geschichte in diesem Band: Die Terroristen haben die Stadt nämlich gar nicht zerstört, sondern nur geschrumpft, in eine Glaskugel gesteckt (sic!) und als Briefbeschwerer getarnt an Bord des Raumschiffs geschmuggelt. Wenn man möchte, kann man „Die Kristallgruft“ also fast als Prequel zu „Stabilität“ ansehen.

    Zwei Dinge stören dann aber doch: Die Menschen überlisten den Lügendetektor, da sie nichts über eine zerstörte Stadt wissen, weil die Stadt ja gar nicht zerstört, sondern nur geschrumpft wurde - Hätten die Marsmenschen ihre Frage jedoch nur ein kleines bisschen anders formuliert, wären sie sofort aufgeflogen. Man kann aber annehmen, dass sie sich dieser Gefahr von Anfang an bewusst gewesen sind und einfach nur Glück hatten. Dass sie ihren genialen Masterplan aber anschließend stolz und breit einem völlig unbeteiligten Fluggast erzählen, erscheint dann doch recht naiv. Zumal sich dieser, wenig überraschend, als getarnter Marsianer entpuppt. Dennoch hat mir diese kleine Agenten-/Krimi-Geschichte richtig gut gefallen.

    Ergänzung 1: Hier tauchen am Rande wieder Roboter auf, diese nehmen jedoch nur die Rolle von Stewards/Stewardessen ein, scheinen wesentlich simpler als die „Bleimänner“ konstruiert zu sein und spielen für die Handlung absolut keine Rolle.

    Ergänzung 2: Dick scheint ein Faible für durchsichtige Hosen zu haben, zumindest stattet er die weibliche Agentin mal wieder mit einer aus (vgl. „Der variable Mann“). (3,5/5)

  • Die Kristallgruft:

    Gefiel mir eher wegen der Marsbeschreibungen. Der Rest war doch recht dürftig. Eine recht simple technische Lösung aus drei Spulen schrumpft eine komplette Stadt. Das Wie ist reine Magie. Auch, was mit den Lebewesen darin passiert ist völlig offen. Wie lange etwa reicht die Luft in der Glaskugel?

    Die geplante Erpressung mit dieser Stadt ist auch ziemlicher Quark. Defacto ist die Stadt ja bereits weg und der Mars muss damit klarkommen. Und scheint es ja auch zu können, zumindest die Suchaktion geht sehr koordiniert vonstatten.


    Die Sexualisierung der einzigen weiblichen Figur ist sehr deutlich und völlig handlungsirelevant. Da spielt entweder der Zeitgeist rein oder aber eine spezielle Neigung Dicks.


    War jetzt für mich nicht so der Burner.

  • Für mich die bisher schlechteste Geschichte des Bandes. Krieg und Spione, das ganze dermaßen an den Haaren herbei gezogen und dazu völlig unspannend erzählt. Das war nix.


    Jetzt mal im Ernst. Wenn die Erde ein solch mächtiges Instrument in der Hand hätte, warum müssen sie nur im entferntesten den Mars erpressen? Der hat doch überhaupt keine Chance...


    Typische Action SF ohne jeglichen Sinn.

  • Eine recht simple technische Lösung aus drei Spulen schrumpft eine komplette Stadt. Das Wie ist reine Magie. Auch, was mit den Lebewesen darin passiert ist völlig offen. Wie lange etwa reicht die Luft in der Glaskugel?

    Das hat mich persönlich nicht im Geringsten gestört. Ich bin aber auch generell kein allzu großer Fan von Hard-Science-Fiction, bzw. seitenlanger technischer Erklärungen/Technobabble. Mir reicht da oft die Info "Das ist Maschine X und die kann folgendes...". Ich hab' diesbezüglich auch einen recht großen "sense of disbelief".

    Die geplante Erpressung mit dieser Stadt ist auch ziemlicher Quark. Defacto ist die Stadt ja bereits weg und der Mars muss damit klarkommen.

    Der Schrumpfungsprozess kann doch aber wieder umgekehrt werden, wenn die Marsianer auf die Forderungen eingehen. Das ist doch der Sinn der ganzen Sache.

    Die Sexualisierung der einzigen weiblichen Figur ist sehr deutlich und völlig handlungsirelevant.

    Ist mich hier auch wieder negativ aufgefallen. Dürfte aber wohl eher dem Zeitgeist geschuldet sein. Bei Asimov und den Strugatzki-Brüdern finden man das bspw. hin und wieder auch.

    Krieg und Spione, das ganze dermaßen an den Haaren herbei gezogen...

    Möchte ich gar nicht abstreiten, auf seine recht pulpige Art fand ich "Der Kristallgruft" trotzdem ganz unterhaltsam. Auch wenn sie weit davon entfernt ist, ein Meisterwerk zu sein.

    Typische Action SF ohne jeglichen Sinn.

    Viele Actionszenen wären mir eigentlich nicht aufgefallen (Ich finde so etwas selbst immer extrem langweilig). Im Zentrum steht hier doch eher die Befragung an Bord des Schiffes und das vorherige Eindringen in die Mars-Stadt (+ deren Beschreibung,; auch im politischen Sinne). Zu einer (sehr kurzen) Konfrontation kommt es ja eigentlich nur am Ende ihrer Mission.

    Im Kern ist es halt eine Kolonisierungs-Geschichte, die uns aus Sicht zweier machthungriger Regierungen geschildert wird - Skrupellose Terroristen auf der einen Seite (die Erde), grausame Diktatoren auf der anderen (der Mars). Das "einfache Volk" leidet unter beiden Fraktionen und zählt somit zwangsläufig immer zu den Verlierern. Nicht nur aufgrund der "Stadt in der Kugel"-Thematik habe ich daher starke Parallelen zur ersten Geschichte "Stabilität" gesehen. Da gab es ja auch nur die Wahl zwischen Pest und Cholera.

  • Wenn ich eine Drohung als politische Lösung etablieren will, mach ich das vorher. Die Erde hat hier quasi die Atombombe geworfen. Der Mars kann eigentlich nur aufgeben. Selbst wenn die Stadt wieder entpackt wird, bleibt die Technologie.

    Das Einpacken der Stadt ist schon ein Angriff, ist schon eine kriegerische Handlung. Deshalb funktioniert für mich dieser Teil der Geschichte überhaupt nicht.


    Klar muss die Technologie nicht erklärt werden, aber das hier ist doch sehrsehr dürftig. Drei Spulen.

    Ansonsten ist die Technik ja nun nicht sonderlich weit.

  • Viele Actionszenen wären mir eigentlich nicht aufgefallen (Ich finde so etwas selbst immer extrem langweilig). Im Zentrum steht hier doch eher die Befragung an Bord des Schiffes und das vorherige Eindringen in die Mars-Stadt (+ deren Beschreibung,; auch im politischen Sinne). Zu einer (sehr kurzen) Konfrontation kommt es ja eigentlich nur am Ende ihrer Mission.

    Im Kern ist es halt eine Kolonisierungs-Geschichte, die uns aus Sicht zweier machthungriger Regierungen geschildert wird - Skrupellose Terroristen auf der einen Seite (die Erde), grausame Diktatoren auf der anderen (der Mars). Das "einfache Volk" leidet unter beiden Fraktionen und zählt somit zwangsläufig immer zu den Verlierern. Nicht nur aufgrund der "Stadt in der Kugel"-Thematik habe ich daher starke Parallelen zur ersten Geschichte "Stabilität" gesehen. Da gab es ja auch nur die Wahl zwischen Pest und Cholera.

    Na, die dringen als Spione in die Stadt, verbuddeln ihre Gerätschaften und fliehen vor ihren Verfolger. Das ist schon simpel und recht gewöhnlich.


    Das kurze glückliche Leben des braunen Halbschuhs erschien 1954

    http://www.isfdb.org/cgi-bin/pl.cgi?61118


    In dem Band Kolonie wohl das erste Mal auf deutsch:

    http://www.isfdb.org/cgi-bin/pl.cgi?473245


    Die zweite Geschichte mit Doc Rupert Labyrinth nach "Der Bewahrungsmaschine". Eine herrlich schräge Groteske über das Prinzip der hinreichenden Belästigung, die dafür sorgt, unbelebte Materie in Bewegung zu versetzen. Das klappt nur bedingt, so ist der braune Halbschuh lebendig, sein Pedant aber nicht.

    Irgendwie macht die Geschichte keinen großen Sinn, aber ich habe mich echt köstlich amüsiert.

  • Zu "Die Kristallgruft":

    Wenn ich eine Drohung als politische Lösung etablieren will, mach ich das vorher. Die Erde hat hier quasi die Atombombe geworfen. Der Mars kann eigentlich nur aufgeben.

    Ja. Es ist eine reine Machtdemonstration, um die Verhältnisse zu klären und klar zu machen 'Gebt uns was wir wollen und ihr kriegt die Stadt zurück, ansonsten geht das hier so weiter'. Die Schrumpfung soll gleich deutlich machen, dass sie es a) ernst meinen und b) auch dazu in der Lage sind. Es ist ja nicht so, als wäre ähnliches in der Geschichte der Menschheit noch nie vorgekommen.

    Na, die dringen als Spione in die Stadt, verbuddeln ihre Gerätschaften und fliehen vor ihren Verfolger.

    Ja. Sie dringen aber vollkommen heimlich und unbemerkt ein (es sind ja auch Spione, die nicht entdeckt werden wollen). Es ist keine kriegerische Eroberung mit ganz viel "Krach-Boom-Peng". Enttarnt werden sie erst, als die Stadt schon geschrumpft ist. Klar, ist die Geschichte stark konstruiert, um sie aber als "hirnloses Action-Spektakel" zu bezeichnen, fehlt mir hier irgendwie die Action. Zumal Dick hier auch ganz deutliche Kolonialismus-Kritik betreibt, was die Geschichte für mich dann auch nicht besonders hirnlos wirken lässt.


    +++


    Zu "Das kurze glückliche Leben des braunen Halbschuhs":

    In „Das kurze Leben“ kommt Dicks skurriler Humor mal wieder besonders gut zu Tage - Und die Erkenntnis, dass in seinen Geschichten, nichts so ist, wie es zunächst scheint: Da kann sich Gott schon mal in Form einer Spraydose offenbaren oder man gerät in eine hitzige Diskussion mit einer sprechenden Tür (siehe z.B. „Ubik“).

    Die zweite Geschichte mit Doc Rupert Labyrinth nach "Der Bewahrungsmaschine".

    Dick schrieb beide Geschichten übrigens ungefähr zur gleichen Zeit und verkaufte sie an das „F & SF“-Magazin. Da „Das kurze Leben“ allerdings wesentlich später veröffentlicht wurde, taucht es im Haffmans-Band erst jetzt auf.

    Es ist mMn wirklich schade, dass Dick die Figur des Doc Labyrinth danach wieder fallen ließ. In einem Brief, den er an den Herausgeber des „F & SF“-Magazins schrieb, dachte er noch darüber nach, daraus eventuell eine Serie zu entwickeln.

    Eine herrlich schräge Groteske über das Prinzip der hinreichenden Belästigung, die dafür sorgt, unbelebte Materie in Bewegung zu versetzen.

    Das Prinzip der hinreichenden Belästigung ist wirklich eine herrlich bekloppte Idee, auf die man erst einmal kommen muss.

    Beim Thema „Unbelebte Materie zum Leben erwecken“ muss man natürlich sofort an „Frankenstein“ denken. Ein bisschen von Goethes „Zauberlehrling“ kommt aber auch noch ins Spiel.

    In der zweiten Hälfte wurde mir das Ganze dann aber doch ein bisschen zu albern: Der Schuh wird durchs Haus gejagt, flüchtet in den Garten, kehrt nachts heimlich ins Haus zurück und schafft sich mit Hilfe des Animators eine Frau (einen Damenschuh). Was Frankenstein also stets verwehrt wurde, wird hier erfüllt. Und am Ende wird dann auch noch gefickt… Naja.

    Erwähnenswert ist vielleicht noch, dass „Das kurze Leben“ in der Ich-Form geschrieben wurde, was bei Dick eine äußerst seltene Erzählperspektive ist (Spontan fällt mir jedenfalls kein weiteres Beispiel ein). Überraschenderweise mochte er diese Geschichte lieber als „Die Bewahrungsmaschine“. Bei mir verhält es sich da ganz klar andersherum, dennoch (da gebe ich Mammut Recht) ganz amüsant. (2,5/5)