Beiträge von Arkham Insider Axel

    Der Roman stand schon länger auf meiner Wunschliste. Als ich hörte, dass Nils an ihm dran ist, war mein Interesse wieder geweckt. Nun diese gelungene Vorstellung. Und auch deine Besprechung habe ich gerne gelesen Frank Duwald



    Die deutsche Übertragung stammt übrigens von Herbert Schlüter, selbst ein nicht ganz unbekannter Autor und Übersetzer. Allerdings bin ich gleich am Anfang auf einige unelegante Formulierungen gestoßen.


    Da ich gerade erst das 2. Kapitel begonnen habe, präsentiert sich das Buch bis jetzt noch als Sitten- oder Gesellschaftsroman (wie ja schon festgestellt wurde). Maurice Allingtons launische Reflexionen erinnern mich bisweilen komischerweise (oder auch nicht) an die Gedankengänge des namenlosen Dubliner Studenten aus Flann O’Briens Auf Schwimmen-zwei-Vögel (At Swim-two-Birds).


    Ich werde jedenfalls gut unterhalten und bin gespannt, wie gruselig es noch werden wird …


    Nebenbei habe ich mich mit der Person Kingsley Amis etwas beschäftigt. Es geht aus dem Roman schon hervor, wenn nämlich u. a. Harry Harrison und Brian W. Aldiss das Lokal Zum Grünen Mann empfehlen, dass Amis durchaus etwas mit Science Fiction zu tun hatte. Siehe da: Es gibt einige Romane von ihm, die dem SF-Genre zugerechnet werden; sogar auf Deutsch.

    Als Autor der Fantastik würde ich ihn nicht nennen.

    Sicher nicht. Aber als einer, der zumindest punktuell mit phantastischer Literatur zu tun hatte, erschien mir eine Vorstellung Paustowskis hier im Forum gerechtfertigt. Vor allem die unübersehbare Nähe zu Alexander Grin lässt eine Auseinandersetzung lohnenswert erscheinen.

    Er wurde in der Zarenzeit geboren,als die sogenannte ukrainische Gebiete ein Teil des russischen Reiches waren.

    Das macht die Lektüre Paustowskis deutlich. Er selbst ging ja in Kiew zur Schule und studierte dort. Nun – das ist mehr als 100 Jahre her. Reiche zerfallen … vom Römischen bis zum Deutschen. Die einzelnen Länder organisieren sich neu. Einer Kulturnation stand es noch nie gut zu Gesicht, wenn sie die völkerrechtlichen Tatsachen gewaltsam aufhalten oder umdrehen wollte.

    Chapeau! Eine sehr interessante Vorstellung eines mir bislang unbekannten Autors.

    Vielen Dank! Ich will nicht verschweigen, dass eine deiner letzten Büchergaben (nämlich Die schwarze Kammer) den Ausschlag für diesen Beitrag gab, der mir schon länger im Kopf herumschwirrte: Wenn Paustowski da auftaucht, dann darf man ihn hier wohl vorstellen.


    Der Vollständigkeit halber noch ein Bild des Buchs, das stilecht mit Illustrationen von Alfred Kubin aufwartet.


    Konstantin Paustowski (1892 – 1968)

    Es gab eine Zeit, ungefähr von den 1960ern bis in die 1980er, da war der Name Konstantin Paustowski kein unbekannter auf den Büchermärkten der DDR und der BRD. Er wurde genannt als Reiseschriftsteller, Romantiker oder „der reinste Vertreter eines gemäßigten realistischen Klassizismus“ (Johannes von Guenther). Im Zentrum der Aufmerksamkeit standen allerdings seine autobiografischen Erzählungen vom Leben (original 6 Bände, 1945 bis 1963). Von dieser Bekanntheit ist in der gesamtdeutschen Wahrnehmung wenig geblieben. Kurz flackerte das Interesse auf, als 2002 in der Anderen Bibliothek abermals ein Band aus den Lebenserinnerungen erschien (Der Beginn eines verschwundenen Zeitalters). Danach blieb Paustowski ein Fall für LiebhaberInnen mit Schwerpunkt russische/sowjetische Literatur.



    Bild: Konstantin Paustowski (um 1915). Unbekannter Fotograf (Gemeinfrei)


    Paustowskis Berührungen mit der Phantastik sind sporadisch, aber vorhanden. Das wurde mir jedoch erst im Lauf der Zeit klar. Tatsächlich lernte ich zuerst seine autobiografischen Schriften kennen und schätzen. Ein weiterer Grund, ihn ins Spiel zu bringen: Sowohl in seinen eigenen Geschichten als auch in seiner Beschäftigung mit Zeitgenossen stößt man regelmäßig auf die Namen ukrainischer Städte und Regionen. Wie aus dem Nichts heraus sind sie ja (den meisten von uns) seit der russischen Invasion als Kriegsschauplätze geläufig: Kiew, der Donbass, Cherson, Odessa, die Krim … Der in Moskau geborene Paustowski bewegte sich hier ganz selbstverständlich. Er rühmte ihre Schönheiten und Besonderheiten. Orte der Seligkeit waren sie natürlich auch zu seiner Zeit nicht, ganz im Gegenteil.

    Ein Schrei in der Nacht

    Zitat

    Eine Welle von Gewalttätigkeiten rollte auf Kiew zu, und in jener Nacht, von der ich erzähle, sollte die Stadt das erste nächtliche Pogrom erleben. […] Einzelne und Gruppen von Menschen habe ich schon früher vor Furcht schreien hören, aber noch niemals eine ganze Stadt. Das war grauenhaft und nicht mehr zu ertragen, weil die selbstverständliche, wenn vielleicht auch naive Vorstellung einer für alle verbindlichen Humanität mit einem Schlage ausgelöscht schien. Dieser wehklagende Schrei appellierte an die letzten Funken menschlichen Gewissens.

    (aus: Beginn eines unbekannten Zeitalters, S. 195, S. 197)



    Bild: 3 Bände aus den Erzählungen vom Leben in verschiedenen Ausgaben

    Kleine Werkauswahl

    Als Hauptwerk gelten die Erzählungen vom Leben. In ihnen schildert Paustowski aus erster Hand die Entwicklungen, Umbrüche und Tragödien Russlands und der Sowjetunion im 20. Jahrhundert. Aufmerksame Beobachtungen, Erinnerungen an außergewöhnliche Begegnungen und ein gediegener Stil machen die Bücher zu einer fesselnden Lektüre. Hervorheben möchte ich zudem die Begegnungen mit Dichtern. In einer Mischung aus Biographie und Werkbetrachtung präsentiert uns Paustowski diverse russische/sowjetische Schriftsteller. Aus der Reihe tanzen freilich Edgar Allan Poe und Hans Christian Andersen: Mit ihnen stellt der Autor zwei seiner erklärten Idole vor. Für ein phantastisches Publikum sind vor allem die Kapitel über Michail Bulgakow und Alexander Grin interessant.

    Michail Afanassjewitsch Bulgakow

    Zitat

    Die Ukraine erglühte in einem grausigen inneren Feuer. Güter und Bauernhöfe loderten in Flammen auf, es kam zu Zusammenstößen mit deutschen Strafabteilungen. In Kiew saß der Hetman Skoropadski, den Bulgakow so treffend in seinem Stück „Die Tage des Turbins“ charakterisiert hat. Diese operettenhafte Figur war nichts als ein „furnierter Hampelmann“ im weißen Tscherkessenrock, an dessen Fäden die deutschen Generäle zogen.

    (aus: Begegnungen mit Dichtern, S. 52)



    Bild: Bulgakow-Museum in Kiew. Urheber: Prymasal (CC BY-SA 4.0)

    Alexander Stepanowitsch Grin

    Zitat

    Zwei Jahre nach Grins Tod fand ich die Gelegenheit, nach Stary Krim zu fahren und das Haus, in dem Grin gestorben war, und auch sein Grab zu besuchen. […] Es wehte Südwind. Sehr weit in der Ferne, hinter Feodossija, erkannte man das graublaue Meer. Und über dies alles – über Grins Haus, über sein Grab und über Stary Krim – wölbte sich ein schweigender wolkenloser Sommertag.

    Als Grin starb, hinterließ er uns die Frage, ob unser Jahrhundert so ungestüme Träumer wie ihn brauchen kann oder nicht.

    (aus: Begegnungen mit Dichtern, S. 199)



    Bild: Iwan Aiwasowski: Feodossija (1845). Jerewan, armenische Nationalgalerie (Gemeinfrei)


    In seinen eigenen (mir bekannten) Erzählungen erweist sich Paustowski als feinsinniger Gestalter von Menschen und Landschaften namentlich seiner russischen Heimat. Es sind ruhig vorgetragene Geschichten von Spannungen und Wendepunkten, Einzelschicksale, immer wieder autobiografisch eingefärbt. Das häufig vorkommende Motiv der Reise erinnert an Alexander Grin.

    Schwarze Netze

    Zitat

    Lobatschow zählte eine ganze Liste gestorbener Häfen auf, die mit Karthago begann und mit Taganrog endete. Reiche Häfen verwandelten sich in Teiche, in denen kleine Jungen Fische fingen. Von dem irgendwann im Überfluß ausgestreuten Korn verwandeln sich ihre Ufer in Felder, in blühende Wiesen, und die Hafenbecken werden eine Zuflucht für abgetakelte Segelschiffe, die in Ehren alt und morsch geworden sind.

    (aus: Schwarze Netze, S. 7)



    Bild: Erzählbände aus den 1960er Jahren


    Dem Phantastischen nah kommt Paustowski mit „Die unheimliche Kammer“, erschienen in Die schwarze Kammer. Unheimliche Geschichten aus aller Welt. Stolz verkündet der Herausgeber Martin Gregor-Dellin, dass Paustowskis Beitrag „absolut sicher“ noch nie in einer Anthologie erschienen sei. Es handelt sich um eine ebenso schaurige wie rätselhafte Episode aus dem autobiografischen Buch der Wanderungen, die in Batumi (Georgien) spielt. Paustowski verbringt die Nacht in der Dachkammer eines Hotels, in der kurz vorher ein anderer Gast wahnsinnig wurde …

    Lesenswerte Artikel

    In den letzten Jahren sind einige Artikel über Paustowski erschienen. Besonders im Zusammenhang mit Russlands Feindseligkeit gegen die Ukraine fällt sein Name:

    Quellen

    Die verwendeten Zitate stammen aus folgenden Büchern:

    • Beginn eines unbekannten Zeitalters. Erzählungen vom Leben. Übersetzung: Josi von Koskull. Fischer. Frankfurt a. Main 1983
    • Begegnungen mit Dichtern. Übersetzung: Mary Diehl und Roland Beer. Gustav Kiepenheuer. Weimar 1970
    • Schwarze Netze. Erzählungen. Übersetzung: Ilse Mirus. Nymphenburger Verlagshandlung. München 1964

    Generell scheint mir Wheatley ein ziemlicher Vollpfosten gewesen zu sein.

    Sicher, ein legitimes Urteil nach heutigen Maßstäben. Doch wenn ich einen Blick auf unsere gemeinsame Forums-Historie zurückwerfen darf Cheddar Goblin , so hatten und haben wir immer wieder mit solchen "Vollpfosten" zu tun (wenn auch in leichteren Formen). Ich denke z. Bsp. an William Hope Hodgson oder Robert Bloch, in deren Geschichten wir (mal mehr, mal weniger) mit diversen Geschmacklosigkeiten konfrontiert werden – die jedoch zu Entstehungszeit, so meine These, anders wahrgenommen und bewertet wurden. Von H. P. Lovecraft will ich gar nicht reden.


    Meine Neigung führt mich regelmäßig zu solchen Leuten, deren Weltbilder und literarische Welten kritikabel sind. Ich will nicht sagen, dass ich warme Sympathie für Dennis Wheatley empfinde, aber ich versuche, ihn und sein Werk aus dem Zeitkontext heraus zu verstehen. Er ist ja in England ungleich bekannter als bei uns. Ja, ich habe den Eindruck, seine einst massenhaft verbreiteten Romane zählen insgeheim zum nationalen Kulturgut. Und was bis vor kurzem noch als "out of date" galt, erhält heutzutage das wohlklingende Attribut "vintage".


    Wheatleys Helden lassen sich durchaus als weiße Herrenmenschen bezeichnen. Sie sind ebenso draufgängerisch wie kultiviert, kampferprobt als auch mit psychologischen Waffen gerüstet. In dem Gespann des hier vorgestellten Romans – der Duke de Richleau, Richard Eaton, Simon Aron und Rex van Ryn – leben so unterschiedliche Figuren wie Allan Quatermain, Sherlock Holmes oder Thomas Carnacki (ein erwiesener Einfluss auf Wheatley) weiter. Das heißt natürlich auch, dass hier das British Empire mit seinen kolonialen Ansprüchen weiterlebt. Als Wheatley (geschäftstüchtig, wie er war) darüber nachdachte, über welches Thema sich zu schreiben lohne, stieß er auf den Satanismus. Auch hier offenbaren sich Traditionslinien, die very british sind. Die Namen Aleister Crowley und Montague Summers fielen bereits. Nach meinem Gefühl schwingt bei Wheatley, gerade was seine Vorliebe für "Perversionen" und sadistische Sexpraktiken betrifft, auch noch ein Hauch britischer Dekadenz mit – Aubrey Beardsley oder Oscar Wilde lassen grüßen. Schließlich musste Wheatley noch sein eigenes Zeitgeschehen berücksichtigen: zwei Weltkriege und die damit verbundenen politischen Implikationen und Kräfteverhältnisse. Dankbar konnte er ein Phänomen wie den Nationalsozialismus als "das Böse" schlechthin aufgreifen und es genüsslich in seinen okkulten Grundriss einfügen.


    Insgesamt eine Mischung, die auf das damalige Lesepublikum ebenso anrüchig wie betörend gewirkt haben muss. Die diesem Mix innewohnenden Laster wie Rassismus und Sexismus werden weder die Verlage noch das Publikum groß gestört haben. Freilich wirft das auch ein bezeichnendes Licht auf das deutschsprachige Horrorpublikum, dem man ja Ende der 1970er einige von Wheatleys Titeln präsentierte (4 Bücher erschienen 1978/1979 in der Horror-Bibliothek von Bastei Lübbe).


    Also – ich werde bestimmt noch mehr von Wheatley lesen. Und mich ebenso weiter mit ihm auseinandersetzen. Mal sehen, wie nahe ich ihm dabei komme …

    Einiges an dem Plot bei Wheatley klingt wie eine Hommage an de Sade, unter diesem Aspekt wäre der Plot auch nicht ganz so absurd-arbiträr: Entlegenes Haus, soziale Oberschicht, Entführungen zwecks sexueller Gewalt, Politik als Sub-Thema (hier eben Black Power, bei de Sade eher konservativ pro Monarchie), Naivität vs Ausbeuter, das Christentum als Heuchelei perverser Machtgieriger etc.

    Mein Wissen über Wheatleys Biografie und Werk ist zu oberflächlich, um den de Sade-Einfluss bestätigen zu können. Ich weiß, dass er einmal kurz auf Tuchfühlung mit Aleister Crowley gegangen ist und ebenso Kontakt zu Montague Summers hatte. Sicher, gerade von Crowley ist es zu de Sade wohl nicht allzu weit …


    Ich musste beim Lesen aber gerade an dich Katla denken, nämlich immer dann, wenn den "Herren des Lichts" gedankt, sobald ein Schlag gegen das Böse gelungen ist. Das ist hart am Rande des Erträglichen. So intensiv sich Wheatley ohne Zweifel mit Schwarzer Magie und Satanismus befasst hat – hat er sich doch "persönlich" davon distanziert. Gerade sein bekanntestes Werk in dieser Richtung (The Devil rides out) enthält sogar eine explizite Warnung zu Beginn, sich mit diesen Mächten einzulassen. Aber vielleicht hat er uns auch nur an der Nase herumgeführt.


    Zu den Inspirationen gibt es aber keine Infos im Buch, oder? (Vor-/Nachwort?).

    Über das sogenannte Buch … schweigen wir lieber darüber. Die Horror-Bibliothek war eine herausfordernd schäbig aufgemachte Reihe auf billigstem Papier. Und gerade dieser Titel (bzw. mein Exemplar) ist gespickt, ich sage gespickt!, mit Druckfehlern bis hin zu einem Absatz, der einfach am Ende einer Seite abreißt, um im Nirgendwo fortgeführt zu werden. X(

    Dennis Wheatley: Die Hölle ruft (Gateway to hell)

    Broschur, 191 Seiten. Horror-Bibliothek. Bastei Lübbe

    Bergisch Gladbach 1979. Übersetzung: Rosemarie Hundertmarck



    Inhalt

    Der Herzog de Richleau, Richard Eaton und Simon Aaron sind in Sorge um ihren Freund Rex van Ryn. Der Bankier hat eine Million Dollar unterschlagen und ist sang- und klanglos verschwunden. Die Nachforschung führt nach Südamerika, wo unsere Freunde eine dubiose Gruppe von Leuten kennenlernen, mit denen Rex zuletzt verkehrte. Diese vermeintlichen Freunde entpuppen sich als Angehörige eines Satanskultes, der von einem gewissen Don Salvador geleitet wird: ein mächtiger Mann, der intern nur als „der Fürst“ bezeichnet wird. Im Gewand einer Menschenrechtsorganisation, die sich für die Belange der Schwarzen einsetzt, haben die Satanisten eine Siedlung in der entlegenen Bergwelt der Anden begründet. Von hier aus planen sie, die Welt in Chaos und Anarchie zu stürzen, um anschließend eine Gesellschaftsordnung nach ihrem Gusto zu installieren. Ausgerechnet diesen skrupellosen Satansjüngern kommen der Herzog und seine Gefährten auf der Suche nach Rex in die Quere. Entschlossen nehmen sie den Kampf gegen das Böse auf, – ein Kampf, der nicht nur ihr leibliches, sondern auch ihr seelisches Wohl gefährdet.


    Eindruck

    Von der Machart her ein recht konventioneller Thriller, erhält der Roman durch das satanistische Grundthema seinen bizarren Reiz. Dabei drückt Wheatley ordentlich aufs Gas. Unter dem Credo „Tu, was du willst“ leben die Teufelsanbeter vor allem ihre sadistische Sexualität aus. Als einer der fiesesten stellt sich ein Baron von Thumm heraus, seines Zeichens ein ehemaliger SS-Gruppenführer. Wir werden Zeuge einer schwarzen Messe, bei der es zur Vergewaltigung einer jungen Lehrerin kommt. Eine satanische Trauung, bei der die Braut mehrfach missbraucht werden soll, wird zum Glück nur geplant, ohne dass es zur Ausführung kommt. Magie wechsel sich ab mit handfester Action – je nachdem, was gerade am wirksamsten ist. Von überall her rekrutieren die Satanisten arglose Weltverbesserer und verpflanzen sie in ihre Siedlung, die obendrein auch noch eine Privatarmee von Zombies beherbergt. Der Herzog de Richleau, ein sogenannter „Adept“, wechselt munter zwischen der Astralebene und dem Erdenleben hin und her. Er allein kann dem „Fürst“ die Stirn bieten, droht jedoch in dem Moment zu scheitern, als dieser in einer brasilianischen Tempelruine den Schlund der Hölle öffnet.


    Fazit

    Wheatleys Idee, die Black-Power-Bewegung in den Dienst der teuflischen Sache zu stellen, wirkt äußerst verquer. Das Thema „Rasse“ interessiert ihn überhaupt und jede seiner Figuren, ob gut oder böse, wird nach Nation und Ethnie eingeordnet. Den LeserInnen bleibt es überlassen, daraus die entsprechenden Schlüsse zu ziehen … Man weiß auch nicht, was man abgeschmackter finden soll: der sexuelle Voyeurismus, der sich durch das Buch zieht, oder das aufdringlich gepredigte Christentum des Herzogs de Richleau. Wer sich von diesen Fragwürdigkeiten weder abschrecken noch manipulieren lässt, bekommt immerhin einen flotten Okkult-Thriller präsentiert. Um ehrlich zu sein: Einen gewissen trashigen Unterhaltungswert kann ich der ganzen Chose nicht absprechen. Ich vergebe 3 von 5 Daumen und den Leseteufel extra.

    :thumbup::thumbup::thumbup:X/

    Ich habe nun eine weitere Verfilmung angeschaut:


    A Warning to the Curious (Lawrence Gordon Clark, 1972)




    Somit bin ich mit den ersten beiden DVDs durch (Extras noch nicht berücksichtigt) — und ich muss sagen, dieser Film ist für mich bis jetzt das Highlight. Unglaublich schöne Landschaftsaufnahmen gepaart mit einem eindrücklichen Sound Design.


    Die Story selbst bringt es natürlich auch, in welcher sich der just arbeitslos gewordene Büroangestellte Paxton auf die Suche nach einer legendären altenglischen Krone macht. So tauscht er das betriebsame Londoner Leben gegen einen Aufenthalt an der rauen Küste Norfolks. Hier muss er erfahren, dass seine Neugierde nicht unbedingt willkommen ist … In einem anderen Feriengast, Dr. Black, findet er einen verständnisvollen Genossen. Doch dieser sich anbahnenden Freundschaft ist kein gutes Ende beschieden …


    Eine Episode höchst unheimlicher Machart mit tollen SchauspielerInnen und einigen, von der literarischen Vorlage abweichenden, charmanten Eigenheiten.

    Hardcover, Pappband, 320 Seiten, 12,5 x 18,7 cm

    durchgehend Abbildungen

    Anaconda Verlag (2022)

    Titel auf der Verlagsseite



    Zitat

    Dämonen, Vampire, Hexen, Teufel oder Werwölfe: Die Welt des Aberglaubens steckt voller Unholde und Ausgeburten der Fantasie, die uns erschaudern lassen. Sie kommen in Geisterschiffen oder unheimlichen Kutschen, kehren als Wiedergänger zurück und bringen Tod und Verderben. Hier versammelt ist ein gespenstisches Panoptikum von Spukgestalten aller Art aus aller Welt. Neben Geschichten und Märchen des Volksglaubens umfasst es Erzählungen aus der Hand der großen Klassiker Puschkin, Maupassant, Knut Hamsun und Mark Twain.


    Eine brandneue Anthologie zu Halloween 2022. Enthalten ist, wenn ich es richtig sehe, vor allem klassisches Material: Sagen, Legenden der Völker sowie die üblichen Verdächtigen des 19. Jahrhunderts.

    super interessante Debatte! Ich teile letztlich beide Positionen ein stückweit: Vielleicht auch nur durch John Hurts wunderbare Darstellung hab ich mich recht schnell auf den Film eingelassen und ihn dabei durchaus als eine Interpretation der Kurzgeschichte anerkannt.

    Wir sind uns ja einig, dass der Film gelungen ist. Ich selbst will auch gar nicht weiter Erbsen zählen. Nicht zuletzt deswegen, weil ich einen weiteren Beitrag gesehen habe: The Stalls of Barchester von Lawrence Gordon Clark aus dem Jahr 1971. Diese recht konventionelle Adaption hat mich offen gestanden nicht so richtig packen können. Ich bin allerdings auch nicht der größte Fan der Vorlage (The Stalls of Barchester Cathedral. Dann doch lieber eine Neuinterpretation/Abänderung, was auch immer, — aber filmisch überzeugend.


    Ähnlich wie bei Schulz' Das Sanatorium zur Sanduhr, der auf ganz andere Art surrealistisch ist als die Vorlage und imA einen völlig anderen Drive reinbringt: eher karnevalesk als nihilistisch, mit wesentlich mehr Figurenpersonal bereits vor den Stadtszenen, und mit einer sinnlichen Körperlichkeit, die bei Schulz - zumindest in dieser Geschichte - gar nicht vorkommt.

    True. Ich liebe diesen Film (Das Sanatorium zur Todesanzeige) und kann ihn immer und immer wieder schauen. Ich bekenne auch, dass ich nicht zuletzt diesen Vintage-Touch schätze, der einfach ein Geschenk der Zeit ist und sich bei einer heutigen Verfilmung nicht reproduzieren ließe.


    Die Jugendstil-Elemente, gerade in dem Sanatoriumsbau, sind typisch für eine Neuentdeckung dieses Stils in den 1960er/70er Jahren. Daneben ist, soweit ich es beurteilen kann, die überbordende, barocke Ausstattung ein Merkmal des Kinos jener Zeit. Ich denke da an die größenwahnsinnigen Projekte eines Werner Herzog (Aguirre, Fitzcarraldo) oder an die Kubin-Verfilmung Traumstadt (1973) von Johannes Schaaf.

    Ich würde eher sagen: Einige Elemente des Originals werden abgeändert (das Hotel, der Anreisegrund, Ring statt Flöte etc.), die Handlung wird um Elemente erweitert, aber die maßgeblichen Stukturen der Geschichte bleiben meiner Ansicht nach erhalten, sodass von einer eigenen Geschichte eigentlich kaum die Rede sein kann.

    Gerade, dass die Flöte von einem Ring abgelöst wird, sehe ich als Beleg dafür, dass De Emmony eine Ehegeschichte erzählt. Die Assoziation Ring = Ehering ist naheliegend. Sehr souverän zudem die Entscheidung, aus dem Hotelzimmer mit 2 Betten eins mit Doppelbett zu machen. Dabei geht ja ein eminentes Handlungselement flöten: das zerwühlte Bettzeug in dem unbenutzten Bett. Der Gipfel ist schließlich,dass ein Gespenst mit den Zügen seiner Frau auf seinem Bett hockt und ihn zu Tode schockt … na ja – nicht zuletzt diesen Climax sehe ich kritisch.


    Eine Ehegeschichte kann ich bei James wirklich nicht herauslesen. Im James'schen Original wird – aus Neugierde, aus Unachtsamkeit, aus Spieltrieb … – etwas gerufen, was vorher nicht da war. Die Neuverfilmung geht von einem ganz anderen Hintergrund aus, nimmt sich im Handlungsverlauf ziemliche Freiheiten heraus und präsentiert auch noch einen ganz anderen Schluss. Ich neige weiterhin dazu, das als eigene Erzählung aufzufassen.

    Abseits dieser neuen Folgen enthält die Box eine Stand-Alone-Produktion der BBC von 2010: Whistle and I'll Come to You, ein James-Kurzfilm mit John Hurt, der die Story genial modernisiert und unbedingt sehenswert ist.

    Um medial nicht noch weiter zu verlottern, habe ich mir die YT-Videos gespart und stattdessen lieber gleich die Box zugelegt. Ich versuche ja, meine DVD-Sammlung sehr klein zu halten und reagiere nur auf ausgesprochene Empfehlungen. Neben den 6 Scheibletten hat mich hier vor allem das Booklet mit den Essays gereizt.


    Gesehen habe ich nun die 2 Versionen/Adaptionen von Whistle and I'll Come to You. Die 68er-Verfilmung von Jonathan Miller ist große Klasse! Allein dass sie in schwarz-weiß ist, trägt recht viel zur Stimmung bei. Auch mit der Darstellung des skurillen Professors Parkins bin ich voll einverstanden.


    Gewiss, der Film von 2010 ist unbedingt sehenswert und genial modernisiert. Ich will an dem Urteil nicht groß rühren, möchte aber doch sagen, dass das typische James-Feeling flöten gegangen ist. Regisseur Andy De Emmony erzählt im Prinzip seine eigene Gespenstergeschichte und hat sich zur Ausstattung einiger Elemente der Story bedient. Es wurmt mich freilich doch, dass er dabei einen erklärenden Zusammenhang aufzeigt, wie ihn uns James nie gegeben hätte. Das Hinzufügen einer dementen Ehefrau und das explizite Thematisieren von Körper und Geist sind eine große Eigenmächtigkeit, – jedenfalls mutig. Krankheit und Einsamkeit bringen jedoch eine Schwere in den Film, die ich bei der James-Lektüre eigentlich nicht empfinde.


    Abstriche gibt es zudem für den Tod von Professor Parkins sowie seinen Alptraum mit Rabe und zerschellendem Porzellanpuppenkopf: Das wäre nicht nötig gewesen. Die eher kurze Abhandlung von Reggie Oliver in seinem Essay zu diesen Verfilmungen scheint mir ein bisschen Recht zu geben …


    Dennoch: Ein reizvoller, legitimer Ansatz (mit einem beeindruckenden John Hurt) und ich bin froh, dass ich diese Fassung auch gesehen habe.

    Danke für die tolle Vorstellung. Ich werde mal schauen, dass ich die Story auch noch besorgt kriege. Lohnt sich der Band denn bzw. welche Geschichten sind denn sonst noch enthalten?



    Der Band lohnt sich bedingt. Die interessantesten Beiträge sind vielleicht:

    • Dino Buzzati: Das Ding
    • Fritz Leiber: Die automatische Pistole
    • Robert Bloch: Sabbatwein

    Andere Sachen hat man schon doppelt und dreifach in der Bibliothek:

    • E. A. Poe: Berenice
    • M. R. James: Der Traktat Middoth
    • Guy de Maupassant: Die Tote
    • H. P. Lovecraft: Die Ratten in der Wand

    Wieder etwas seltener sind:

    • K. H. Strobl: Der Hexenrichter
    • Robert Sheckley: Warm

    Mal ein Tipp: Falls es bei dir in der Nähe einen Comic-Shop alter Schule gibt, der auch noch Heftromane, Paperbacks etc. führt, würde ich hier nach Büchern dieser Art Ausschau halten. Ich selbst habe so einen Laden direkt vor der Haustür; hier werden solche Titel für 2 bis 3 Euronen angeboten. Just gestern habe ich mir einige Vampir-TB sowie 2 von den Heyne-Bänden (18 Geister Stories, 15 Katastrophen Stories) besorgt, letztere liegen bei 5 bis 6 Euro. Natürlich bin ich auch über weitere Bloch-Bände und Stories von ihm in Anthologien gestolpert …

    "Das Notizbuch":

    Willie Osborn wächst bei seiner Großmutter auf, die ihm schreckliche Geschichten von Hexen, Teufel, Arkham, Salem und "den Anderen" erzählt und ihn damit zutiefst verängstigt. Nach ihrem Tod zieht er zu seiner Tante und seinem Onkel in die Berge. Jener Ort vor dem ihn seine Großmutter immer gewarnt hatte...

    Bloch lässt dabei lange im Dunkeln, wer oder was die Anderen eigentlich sind. (Kleiner Spoiler: Sie haben nichts mit "Lost" oder Jean-Paul Sartre zu tun. Auch wenn sie ziemlich höllisch sind.)

    Durch das Farm-Setting (inklusive einem Brunnen voller grünem, stinkendem Wasser) muss man natürlich sofort an Lovecrafts "Die Farbe aus dem All" denken, aber Bloch geht hier schnell in eine etwas andere Richtung und liefert keine reine 1zu1 Kopie ab. Zudem baut er noch ein paar Parallelen zu seiner Geschichte "Die Rache der Druiden" ein: Der Altar, die Opferungen etc.

    Eine wirklich spannende Story, bei der Bloch mit jeder Seite immer weiter aufdreht und das Ganze schließlich in einem wahren Alptraum-Finale münden lässt.

    Zwischenzeitlich habe ich die Geschichte auch gelesen. Mir erscheint sie vor allem bemerkenswert deswegen:


    Ich bin auf deine Meinung gespannt. Mir hat sie wirklich gut gefallen. Auch wegen der ungewöhnlichen Perspektive. Mythos-Geschichten aus der Sicht von Kindern gibt es ja eher selten.

    Zu den Lovecraft-Geschichten, die hier vielleicht inspirierend wirkten, zähle ich noch hinzu: The Dunwich Horror (wegen des Berg-Settings und der gigantischen Spuren/Abdrücke) und The Whisperer in Darkness. In der Beziehung fand ich die Figur des falschen Vetters faszinierend: dieser entspricht ja ganz dem Typus des heimtückischen Agenten, der die Schnittstelle zwischen den Menschen und den Außerirdischen oder Monstern bildet. Und in der vorliegenden Story kommt dann noch der Konflikt Erwachsener-Kind hinzu. Also – auf jeden Fall eine der besseren Mythos-Geschichten.

    Arkham Insider Axel Den Tee trinke ich mit! [Cof]

    Allright!



    Sein Leben nahm noch einige filmreife dramatische Wendungen, bis er 1866 in Bremen starb.

    Danke für diesen biografischen Rundumschlag, sehr spannend. Und Bremen: Die Stadt scheint mir in der Phantastikforschung noch nicht ausrechend gewürdigt worden zu sein! Ich habe dort übrigens rund 1 1/2 Jahre gewohnt – allerdings zu einer Zeit, in welcher Phantastische Literatur keine große Rolle bei mir spielte.