Braunschweiger BücherWelten

  • Ich möchte noch einige Erlebnisse/Erfahrungen dieser Tour mitteilen, die wohl auch generell gelten.


    In die Ecken kriechen

    Man versteife sich bloß nicht auf das, was als Phantastik angeboten wird! So fand ich den Meyrink eben nicht im ensprechenden Regal, sondern als unterstes Exemplar eines Stapels von (sonst für mich uninteressanten) Reclams-Universalbibliothek-Heften in einer staubigen und unzugänglichen Ecke (wie diese Reihe überhaupt in puncto phantastischer Literatur von Belang ist, aber: anderes Thema).


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    Wer fragt, dem kann geholfen werden. Aber nicht immer

    Ebenso können persönliche Ratschläge nicht die eigene Spürnase ersetzen. So fragten wir in einem anderen Antiquariat explizit nach phantastischer Literatur, bekamen aber nur eine wenig Erfolg versprechende Aussage. Daselbst tauchte dann aber "Die Masken des Todes" von Thea von Harbou auf, ein Titel, den LiebhaberInnen deutscher Phantastik der 1920er-Jahre durchaus auf dem Schirm haben.


    Fazit

    Zeit mitbringen und den ganzen Laden ruhig einmal auf den Kopf stellen … X/

  • Zwei Jahre voller Einschluss und Abstand gingen ins Land, doch die "urbane Literatenquest" (T. H.) geht weiter, die Flaneure können und wollen nicht ablassen von ihren Grenzgängen zwischen Welt und Wort. Abermals durchwanderte man also die alt-ehrwürdige Löwenstadt, in der ersten Tiefe des Herbstes, nach einem kleinen Schlenker über Prag.


    Zitat von Hugo Steiner-Prag

    ... es ist schon ... Jahre her, da wir in einer dunklen Sommernacht auf der bröckelnden Mauer des Friedhofs ... hockten ... Auf einem der vielen Streifzüge durch die nächtliche Stadt, die uns in solchen Stunden immer und immer wieder neue und seltsame Wunder schenkte ... Huschendes Mondlicht über zerfallenden Leichensteinen, unheimlich singender Wind in gespenstisch verrenktem Baumgeäst und Eulenschreie in der schwarzblauen Tiefe ...


    Die diesmaligen Wanderungen standen im Zeichen des vergessenen Abenteurers, dem man zunächst unterm Eckfenster nachzuspüren gedachte.


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    Später, als die Flaneure durch die krummen Gassen des Viewegsgartenviertels irrten, vorbei an öden Häusern und zugigen Höfen, da war es der Zufall, welcher unsere Schritte auf des Schreibers Spuren führte.


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    Derart geleitet, verschlug es die Suchenden in die laubbedeckte Stille von St. Magni, wo man sich zunächst einer Heimsuchung durch Wilhelm Raabe höchstpersönlich stellen musste. Der Geist des im Schatten von Storm und Fontane weilenden Realisten gebeute uns, ihn bei künftigen Besuchen seiner Stadt nicht mehr derart sträflich zu vernachlässigen.


    Zitat von Magdalene Zimmermann

    Aus der Wüste trockenen Dozierens tauchen jedoch mitunter grüne Oasen auf: Anekdoten, die den Vorzug haben, nicht zu denen zu gehören, die in den Zeitungen ewig wieder aufgewärmt ... werden. ... Durch persönlichen, oft humoristischen Ton und hellen Weitblick erfreuen ... farbenkräftige Erlebnisberichte Friedrich Gerstäckers aus seinem unruhigen Wanderleben ...


    Auf dem alten Friedhof endete sodann die Spur des Abenteurers, worauf die Flaneure stießen, nachdem sie ein ums andere Mal um verwitterte Gräber und knarzige Bäume herumgestolpert waren.


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    Gewiss, bei diesen Streiflichtern vergangener Tage sollte es nicht bleiben. Alte Wirkstätten wurden genauso wieder angesteuert...


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    ... wie die Braunschweiger BücherWelten. Aus Gründen, deren Herkunft und Wirkungsweise den Flaneuren unklar blieben (die SPR hat bereits Untersuchungen angekündigt, wie unser Mann in London mitteilte), sind konkrete Momente den Suchenden nicht mehr erinnerlich und auch jedwedes Bildmaterial - es muss solches ganz ohne Zweifel angefertigt worden sein - ist im Orkus der vergangenen Tage entschwunden. Seltsam ist Prophetenlied, doppelt seltsam, was geschieht.


    Einzig die Dokumentation der flußpiratisch ergaunerten Ausbeute konnte erhalten werden:


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    Zitat von Schopenhauer via Arno Schmidt

    ... sind wir nun der Frechheit aller eilfertigen Schmierer ausgeliefert, dem lächerlichen Aberwitz der literarischen Handlanger und Buchstabenkneter...


    Und wieder einmal verhallten die gemäßigten Schritte der Flaneure zwischen gedrungenen Altstadtmauern und unrechtmäßig geschlossenen Ecklokalen. Ein leichter Zigarrendunst und zwei leere Flaschen Winterbock... mehr ist nicht geblieben von den Wanderungen. Bis auf, natürlich, die Bücher, die alles stiften, was bleibet. Das Flaneursvolk wird sich nun zur Kunst hinbequemen und alsbald wieder berichten, wenn es die vom Lohne abgesparte Zeit erlaubt.


    Zitat von E. A. Poe via Arno Schmidt

    ... noch ein Wort, und du musst uns zur Strafe das ganze Machwerk rezitieren ...

  • Besten Dank für die Reproduktion unseres kleinen Streifzugs! Für alle Interessenten, die die Möglichkeit haben, nach Braunschweig zu reisen: Damit ist das literarische Potential der Stadt noch lange nicht erschöpft. Nils und ich jedenfalls planen eine Rückkehr mit mehr Zeit und Muße.

  • Neues Leben für ein altes Thema … Vor 3 Wochen kamen Nils und ich mal wieder in Braunschweig zusammen. Der äußere Anlass ist ja immer das BIFF, das Braunschweig International Film Festival; aber davon abgesehen gibt es natürlich viele weitere gute Gründe. Wer sich für die filmischen Impressionen interessiert, kann hier unseren speziellen Festival-Besuch nachverfolgen oder nachlesen:


    Lovecrafter Online – Die dLG auf dem Braunschweig International Film Festival 2023


    Aber auch die Braunschweiger BücherWelten dürfen an dieser Stelle natürlich nicht zu kurz kommen, daher hier 3 exklusive Shots. Wie heißt es so schön: Aus dem Forum – in das Forum.


    Bild 1: Eulensammlung im Fenster unseres main Antiquariats


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    Bild 2: Nils und meine Wenigkeit vor der ausrangierten Schnellzuglokomotive 01 1063 am Hauptbahnhof


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    Bild 3: Bücherkäufe


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