Karl Dove – Die Kobra. Südafrikanische Erzählungen

  • Karl Dove: Die Kobra [nur auf Einband als „Cobra“ geschrieben). Südafrikanische Erzählungen

    Leinen, 115 Seiten

    Hapke & Schmidt Verlag. Berlin 1911




    Der Name Karl Dove (1863 – 1922) taucht auf Webseiten wie decolonize jena! oder freiburg-postkolonial.de auf. In beiden Orten hat der Kolonialgeograph und Afrikaforscher gelehrt. Neben seinen landeskundlichen und akademischen Schriften im Sinne des Kolonialismus’ veröffentlichte er auch ein schmales belletristisches Werk. Der Band Die Kobra. Südafrikanische Erzählungen (1911) fiel mir bei einem antiquarischen Streifzug in Hameln in die Hände. Er enthält vier Kurzgeschichten, die ich bezeichnen möchte als phantastisch anmutende Abenteuererzählungen.


    Inhalt

    In der Titelgeschichte „Die Kobra“ plant ein englische Hauptmann, die Tochter eines indischen Schlangenbeschwörers zu rauben und zu heiraten. Der erboste Vater schirmt das Mädchen ab, dem Engländer wird eine tödliche Prophezeiung gemacht. Bei einem merkwürdig zufälligen Aufeinandertreffen aller Beteiligten in Südafrika erfüllt sich die Vorhersage. „Auf unbekannten Pfaden“ spielt an der südwestafrikanischen Walfischbucht, in deren Hinterland ein deutscher Abenteurer eine sagenhafte Oase entdeckt. Hier führt ein vergessener Stamm von „Buschmännern“ ein ungestörtes Dasein. Der Entdecker wird freundlich aufgenommen, darf aber nicht zurück in die Zivilisation. Sein Fluchtversuch endet tödlich, doch erfährt die Nachwelt dank seiner Aufzeichnungen von dem Wunderland. In der „Hottentottbai“ liegt ein altes, gestrandetes Piratenschiff. Es enthält einen reichen Schatz aus Gold und Elfenbein. Nur als Luftspiegelung erblickt die Mannschaft eines Schoners dieses Schiffsgespenst. Ein in der Navigation erfahrener Matrose peilt den wahren Standort der Fata Morgana an. Er kann den Schatz heben und ist ein gemachter Mann. „Ein Abenteuer in den Hexbergen“ berichtet von blutrünstigen Eingeborenen in der Kapkolonie. Deren Zauberer tötet die hier siedelnden Buren und reißt ihnen die Herzen aus der Brust, um sie für kultische Handlungen zu verwenden. Auch Kinder fallen den als Teufeln bezeichneten „Buschmännern“ zum Opfer. Die Siedler rüsten sich zu einer Strafexpedition und räuchern ihre Feinde in einer Höhle aus. Als man sie anschließend untersucht, findet man auch den Zauberer: Um seinen Hals hat er die Herzen der Getöteten baumeln.


    Eindruck

    Mit seinen Stories bewegt sich Karl Dove in der Nachbarschaft zu Abenteuerschriftstellern wie Henry Rider Haggard, Arthur Conan Doyle oder John Buchan. Mit diesen teilt er den süd- bzw. südwestafrikanischen Schauplatz und die koloniale Sichtweise, die er am Ende jeder Geschichte mittels einer Erkenntnis oder Moral noch betont. Durch die Schilderung von Geheimnis, Mord und Missetat jagt Karl Dove seiner Leserschaft Schauer über den Rücken. Das geht soweit, dass – wie in „Ein Abenteuer in den Hexbergen“ – schlimmste Gewalt gegen die Ureinwohner (hier das in Namibia beheimatete Volk der San) als gerechtfertigte Sühne erscheint.


    Fazit

    Karl Doves Die Kobra ist ein ebenso abseitiges wie bedenkliches Werk deutscher Unterhaltungsliteratur der Kaiserzeit. Unter dem Deckmantel der phantasievollen Abenteuererzählung verbirgt sich eine tendenziöse und rassistische Art der Darstellung als rücksichtslose Kolonialpropaganda. Das Buch steht in der Hinsicht nicht besser da als Perceval Gibbons Was Vrouw Grobelaar erzählt und wird daher – wie dieses – nicht empfohlen, sondern lediglich vorgestellt.