The Clown and the Candy Man (Mini-Series, 2021)


  • The Clown and the Candy Man

    8-teilige Miniserie, Laufzeit insg. 170'

    Cineflix / Investigation Discovery, USA 2021

    Sprecherin: Jacqueline Bynon


    Trailer im Original

    Deutsch übersprochen (recht frei) auf RTL Crime bzw. Amazon.de Crime Channel

    Trailer dt., der zu schnell geschnitten ist und die Serie nicht adäquat vorstellt.


    Wie der Titel zeigt, geht es um die beiden Serienmörder Dean Corll und (sein Copy Cat) John Wayne Gacy, die in den 1970ern insgsamt über 70 Jungen vergewaltigten, folterten und ermordeten. Zudem werden Verbindungen zu dem Kopf eines Pädophilenringes belegt, der tausende Jungs zwischen 14 und 20 Jahren an Kunden verkaufte, darunter an hochrangige Politiker, Richter und Geschäftsmänner. Von denen keiner je zur Verantwortung gezogen wurde.


    True Crime Dokumentationen gibt es ja wie Sand am Meer und sehr viele kranken an immer den gleichen Problemen: Die Täter werden als quasi-paranormale Monster dargestellt oder als Kult gehypt. Es wird gefragt, ob Menschen "böse" geboren würden oder "das Böse" verkörperten. Es werden Fragen / Themen aufgeworfen, die nie beantwortet werden. Aussagen, Bilder oder ganze Sequenzen wiederholen sich im Zehnminuten-Takt, weil man Angst hat, die Zuschauer könnten vergessen haben, worum es vor der Werbepause ging (oder das Material reichte eigentlich nicht).


    Diese Miniserie (die bei uns sehr schön als Vierteiler mit jeweiligen Doppelfolgen gesendet wurde) umschifft nicht nur alle Unsäglichkeiten, sondern ist brillant gemacht: schöner Aufbau, der von einem Serienmörder ausgehend ein ganzes Netz Pädophiler entwirrt, Interviews mit Kernfiguren der jeweiligen Fälle: Hauptermittler, Rechtsmediziner / Forensiker, Familienangehörige, Opfer, Journalisten, Autoren - hier gibt es keine harten, sensationsheischenden Schnitte, den Interviewten wird Zeit & Raum gegeben, alles in Ruhe darzulegen, in klaren Worten, immer auch emotional und doch sachbezogen. Trotz dieser Ruhe sind die Aussagen nie langweilig oder redundant. Auf nachgestellte Szenen wird vollständig verzichtet.


    Das zusammengestellte Material ist absolut beeindruckend, es gibt alte Photo- und Filmaufnahmen, Tatortskizzen, Tonaufnahmen, Familienalben, Verhöre und forensische Beweise. Es wurden die jeweiligen Locations besucht, sodass man einen wunderbaren Eindruck der Gesellschaft und der 'Jagdgründe' bekommt; sehr schöne, kunstvolle Kameraeinstellungen und exzellenter Schnitt - immer angemessen, nie zu hektisch (wie der deutsche Trailer vermuten liesse) und nie schleppend.


    Ich habe selten eine Serienmörder-Dokumentation gesehen, die so stark logisch und sinnvoll aufgebaut vorgeht, die immer Opfer, Angehörige und Ermittler im Fokus behält, Täter nie glorifiziert und ebensowenig im Negativen als mythische Monster überhöht. Man bekommt zudem einen umfassenden Eindruck vom Zeitgeist (Hippie-Ära) und dem Umgang mit Tabuthemen: Dabei wird betont, dass Vorurteile gegen Schwule einerseits und das willenliche Übersehen von sexueller Gewalt an Kindern anderseits ideale Bedingungen für die Taten schufen.


    Die Sendung wird auch als Podcast angekündigt (das jedenfalls zeigte mir Google, aber alle Sites hatten bei mir einen Länderblocker).


    Eine ganz ausdrückliche Empfehlung - besonders für das englische Original, denn auch die Sprecherin hat eine sehr angenehme, sachliche Stimme und die Interviews sind es wert, ohne die entstellende Über-Synchronisation gehört zu werden. Unten ein paar Screenshots (leider nicht der staatliche Sender, bei dem man die UT ausstellen kann).