Fred M[ustard] Stewart: Mephisto-Walzer. Roman (engl. Originaltitel: The Mephisto Waltz)
Gebunden mit Schutzumschlag, 220 Seiten. Aus d. Amerikanische von Edda Janus
Scherz Verlag. Bern, München, Wien 1969
Inhalt
Myles Clarkson ist ein verhinderter Pianist, der seine Brötchen mittlerweile als Journalist und Romanautor verdient. Mit Frau Paula und der gemeinsamen Tochter bewohnt er eine Wohnung im Hippie- und Künstlerviertel Greenwich Village. Ein lukrativer Job bahnt sich an, als ihm der gefeierte Pianist Duncan Ely ein Exklusiv-Interview gewährt. Besser noch: Der anfangs reservierte Ely ist begeistert, als er Clarksons Hände – die Hände eines geborenen Pianisten – erblickt und ihn ermuntert, wieder Klavier zu spielen. In der Folgezeit entwickelt Duncan Ely ein außergewöhnliches Interesse an den Clarksons und studiert das Leben der Familie in allen Einzelheiten. Als der betagte Ely unheilbar an Leukämie erkrankt, erklärt sich Myles Clarkson sofort zu einer Blutspende bereit. Freilich vergebens, denn der Kranke verstirbt noch in der selben Nacht. Clarksons Stern dagegen steigt von nun an – er bringt seine Pianistenkarriere wieder in Gang, erntet begeisterte Kritiken und dank der Beziehungen des verstorbenen Duncan Ely eröffnen sich ihm vielerlei Möglichkeiten. Nur Paula erkennt ihren Ehemann kaum wieder. Mit zunehmendem Erfolg entfremdet er sich von ihr … bis ihr schließlich ein ungeheuerlicher Verdacht kommt.
ZitatMyles schenkte ihr wieder ein. Als sie die Perlen im Glas aufsteigen sah, erinnerte sie sich plötzlich an die Bücher in Duncans Bibliothek. Sadducismus Trimphatus von Joseph Glanvill war das eine gewesen; De la Démonomanie des Sorciers von Jean Bodin das andere. Sie trank langsam einen Schluck Champagner und sagte dann: „Myles, hältst du es für möglich, dass Duncans „unkonventionelle Religion“ etwas mit Satanismus zu tun hatte?
Hintergrund
Stewarts Versuch, an den Erfolg von „Rosemary’s Baby“ (dem 1968 veröffentlichten Buch von Ira Levin folgte noch im selben Jahr die gefeierte Verfilmung) anzuknüpfen, ist unverkennbar. Vor allem Paula Clarksons Darstellung als harmlose Hausfrau, die Opfer einer satanischen Intrige wird, gleicht der Figurenzeichnung von Rosemary Woodhouse. Dennoch kann das Buch mit genügend eigenen Zutaten aufwarten, um dem Vorwurf eines Abklatsches zu entgehen. Stewarts eigentliches Thema ist das der „angefochtenen Identität“, wie Marco Frenschkowski es einmal so schön auf Lovecrafts „Das Ding auf der Schwelle“ bezogen festgestellt hat. Daneben ist das musikalische Leitmotiv – der Mephisto-Walzer von Franz Liszt – recht interessant; namentlich, wenn man die Biografie des Autors betrachtet: Stewart hatte einst, wie sein Charakter Myles Clarkson, ebenfalls eine Karriere als Pianist angestrebt, um sich dann der Schriftstellerei zuzuwenden. Unter dem Titel The Mephisto Waltz wurde der Roman 1971 verfilmt (u. a. mit Jacqueline Bisset und Curd Jürgens, s. Trailer). Auf Deutsch ist der Streifen als Mephisto Walzer – Der lebende Tote auf DVD erhältlich.
Fazit
Mephisto-Walzer ist ein routiniert geschriebener Unterhaltungsroman mit sorgfältigem Spannungsaufbau. Wer Atmosphäre oder Stimmungsmalerei sucht, ist hier allerdings fehl am Platz. Stewart arbeitet bevorzugt mit Dialogen und beschränkt Beschreibungen aufs Nötigste. Das kommt natürlich der flott voranschreitenden Handlung zugute. Sein mäßiges Interesse am Satanismus ist dem Autor anzumerken, der hier eher einen Thriller mit oberflächlichem Grusel-Touch als einen versierten Horrorroman vorlegt. Mit hat vor allem das zeittypische Flair – New York in den späten 1960ern – gefallen. Als eine Art Abwandlung und Variation von „Rosemary’s Baby“ kann Mephisto-Walzer in meinen Augen ganz gut bestehen.
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