Neil Marshall: The Reckoning


  • The Reckoning

    UK 2020/2021 (Kino & Streaming Services), 110'

    Regie: Neil Marshall

    Drehbuch: Neil Marshall, Charlotte Kirk & Edward Ewers-Swindell

    Mit: Charlotte Kirk, Sean Pertwee (Dog Soldiers), Joe Anderson (Hannibal), Steven Waddington (Kursk)

    Tagline: "Fear Spreads Like the Plague"


    England 1665 zur Zeit der Pest: Eine junge Witwe wird fälschlich der Hexerei bezichtigt, nachdem sie sich den Annäherungsversuchen ihres Pächters (einem Kirchenmann) widersetzte. Sie wird eingekerkert und gefoltert, doch dann erscheint ihr der Teufel und fordert sie auf, sich ihren 'inneren Dämonen' zu stellen ...


    Trailer

    Teaser (Devil)


    Marshall gehörte lange Zeit zu meinen Lieblingsregisseuren, ich mag alle vier seiner ersten Filme: Dog Soldiers, Doomsday, The Descent und Centurion. Sie bewegen sich irgendwo zwischen Trash, Gore und klassisch gutem Handwerk bzw. Geschichtenerzählen, haben interessante Figuren und schöne Bilder. Ich finde auch die Idee der geschlechterverkehrten Konflikte in je zwei Filmen spannend und wie sich die Plots dadurch verändern, ohne zu pc zu werden. Wie bei Descent hat Marshall auch hier das Drehbuch zusammen mit seiner Hauptdarstellerin geschrieben.


    Nach den vier kam lange nix und dann seine Arbeit für GoT, was ich grundsätzlich nicht mag und irgendein Hellboy, der glücklicherweise eh an mir vorbeiging (aber eine Katastrophe gewesen sein soll). Ich hatte immer gehofft, Marshall kehrt ins Kino und zum Horror zurück.

    Wonach The Reckoning aussieht, ist ein allerdings ein erschreckend (und überraschend) phantasieloser Abklatsch der 1970er Witchfinder-Schinken, nur mit weniger Exploitation und mehr Frauenpower. Aus den drei Plakaten werde ich absolut nicht schlau: ein schreiend buntes erinnert an The Devil's Rejects, eines ist gothic subtil, eines erinnert an Massenproduktionen der 80er: irgendwas mit Religion und Blut.


    Die Kurzsynopsis könnte nicht einfallsloser sein, und den Clips nach zu urteilen wird da auch nix Individuelles, Kreatives rausgeholt. Zudem bin ich einfach ein bisschen empfindlich, was diese ständige Verknüpfung von Hexenprozessen mit (im Film) tatsächlicher Magie / Hexerei angeht, vor allem, wenn der Streifen ansonsten recherchierte Historie vorgibt. Und mit der Figur des Teufels - als Fakt, nicht als Symbol - kann ich ebenfalls nix anfangen. Wenn der nicht wie in Gods Army in dem Prometheus/Luzifer-Aspekt interpretiert wird, weiß ich einfach nicht, was den so relevant, mächtig oder gruselig machen sollte.


    Das sieht - bis auf das hübsche Szenenbild oben, das aussieht wie aus dem Intro der grandiosen TV-Serie The Crimson Petal and the White  kopiert - alles leider absolut nicht vielversprechend aus. Möglicherweise wäre es sinnvoller, den sehr fiesen und schön-schrägen Anazapta (UK 2002) zum dritten oder vierten Mal anzusehen: ähnliches Thema, aber echt subversiv.


    Ohne ein Voraburteil fällen zu wollen (den würde ich mir durchaus for good ol' times' sake im Kino ansehen), copypaste ich hier mal eine vernichtende, aber sehr unterhaltsame Kritik von imdb rein: (Very mild spoilers in the last paragraph)