Beiträge von hardt

    Ich bin gerade noch auf eine vierte Übersetzung gestoßen, von einem Autor, der das Pseudonym B. S. Orthau verwendet. Sie ist in einer Literaturzeitschrift namens experimenta erschienen, und zwar in vier Teilen, von Ausgabe 11/2016 bis 2/2017.

    Man findet sie zum freien Download auf der Homepage im Archiv.


    Auch diese Fassung wird zweisprachig präsentiert und ist exzessiv mit Anmerkungen und Erläuterungen versehen.


    Zu dieser Fassung existiert auch eine Lesung auf Youtube. Allerdings kann ich dem Mann im Video dabei nicht zusehen, das lenkt mich zu sehr ab. Aber man muss ja nicht hinsehen ...


    Eine englische Lesung hatte ich mir schon zuvor angehört, vorgetragen von Jeremy Irons und Eileen Atkins.

    Vielleicht eine ungewöhnliche Wahl für die Kategorie „Ein Werk der phantastischen Literatur aus dem Zeitraum vor 1946“. Nun, Eliots Langgedicht stammt aus dem Jahre 1922, das passt schon mal, aber ist es auch „phantastisch“? Immerhin stellt es in seinen fragmentarischen Szenen ja nur das moderne Leben dar. Aber eben mit einer Methode, die Eliot auch an James Joyce, mit dem er befreundet war, bewunderte. Wie der Ulysses stellt auch The Waste Land die moderne Welt durch die mythologische Brille dar, und hier ist es vor allem die Gralssage, auf die sich das Werk am stärksten bezieht. Immer wieder bezieht Eliot sich auf den Fischerkönig und auf magische Rituale, mit denen das sterbende Land wieder zum Leben erweckt werden könnte, er verweist auf die Bearbeitung des Stoffes durch Richard Wagner und andere, lässt den blinden Seher Tiresias auftreten, der beide Geschlechter kennt und das moderne Sexualleben inhaltsleer und ohne den notwendigen Zauber empfindet, steigt mit Dante in die Hölle oder empfindet das Leben an den Flüssen Babylons (an Londons Themse) nach, um letzten Endes mit buddhistischer Mystik zu schließen.

    Ich habe zum Lesen die Ausgabe der „Norton Critical Editions“ verwendet, und diese ist mit Fußnoten gespickt, um möglichst viele Verweise und Anspielungen Eliots aufzuzeigen. Außerdem enthält sie den Kontext, also großzügige Auszüge aus den Texten, auf die sich Eliot am meisten bezieht. Das sind etwa Frazers Golden Bough oder From ritual to romance von Jessie L. Weston über die Gralssage, aber auch Texte von Huxley, Beaudelaire, Dante, Ovid oder Buddha.

    Wahrscheinlich sind diese Ausführungen eher geeignet, von dem Werk abzuschrecken. Es besteht aber durchaus die Möglichkeit, einfach die Verse und makabren Anspielungen zu genießen, ohne ihren mythologischen Hintergrund zu kennen:


    That corpse you planted last year in your garden,

    Has it begun to sprout? Will it bloom this year?

    Or has the sudden frost disturbed its bed?

    Oh keep the Dog far hence, that’s friend to men,

    Or with his nails he’ll dig it up again!


    Science Fiction-Leser werden eher diesen Vers wiedererkennen:


    O you who turn the wheel and look to windward,

    Consider Phlebas, who was once handsome and tall as you.


    Es gibt m.W. drei Übertragungen des Gedichts ins Deutsche, 1927 versuchte sich Ernst Robert Curtius daran, 1972 Eva Hesse und dann 2008 Norbert Hummelt. Ich habe mir die von Eva Hesse angesehen und fand sie schon sehr weit weg vom Original. Über die neueste Übersetzung von Hummelt habe ich gelesen, dass sie manch damalige zeitgenössische Anspielung in heutige zeitgenössische Anspielungen überträgt: „Wenn Pretty Woman sich getäuscht hat“, „Tippse“ oder „Body“ für eine bestimmte Art Unterwäsche. Das muss man mögen. Ich würde mein Glück dann doch eher mit der Curtius-Übersetzung versuchen. Die Phlebas-Stelle klingt etwa bei ihm so:


    IV. TOD DURCH WASSER

    Phlebas der Phönizier, zwei Wochen tot,
    Vergaß der Möwen Schrei, und das Rollen der See
    Und Gewinn und Verlust.

    Eine Tiefsee-Strömung
    Pickte seine Knochen murmelnd. Wie er stieg und sank
    Durchlief er die Stufen von Alter und Jugend
    Und trieb in den Wirbel.

    Heide oder Jude
    O du, der das Rad dreht und windwärts lugt,
    Bedenke Phlebas, der einst schön und stark wie du.

    Auch bei mir ist der Preis inzwischen angekommen. Ich hatte mich ja für ein Jahresabo der Zeitschrift Phantastisch! entschieden, und heute fand ich im Briefkasten die Ausgabe 81.

    Noch einmal herzlichen Dank.

    Mitten im Wald, auf einer Tour durch die düstere Wildnis des Sauerlandes (auf dem Rahrbacher Poesieweg), stoße ich doch tatsächlich auf ein weiteres Gedicht von Rainer Maria Rilke, das sogar zum Thema passt. Wenn ich kein unverbesserlicher Atheist wäre, müsste ich das für ein Zeichen halten.


    Ich lebe mein Leben

    in wachsenden Ringen,

    die sich über die Dinge ziehn.

    Ich werde den letzten

    vielleicht nicht vollbringen,

    aber versuchen will ich ihn.


    Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,

    und ich kreise jahrtausendelang;

    und ich weiß noch nicht:

    bin ich ein Falke, ein Sturm

    oder ein großer Gesang.

    Ich habe angefangen, mir die Doku über das Projekt anzusehen und bin bis dahin gekommen, dass Jodorowsky auch den "Heiligen Berg" gemacht hat. Diesen Film hat mir vor langer Zeit ein Kumpel mal in der Originalfassung mit englischen Untertiteln zugemutet. Ich weiß nicht mehr viel von der "Handlung", nur dass ich den Rest des Abends scheußliche Kopfschmerzen hatte.

    hardt - Ich bin sicher, bu bist belesener als ich, da brauche ich dir Grabinski, Jean Ray oder Bruno Schulz gar nicht vorschlagen, oder? (Bevor ich mich aus dem Fenster lehne: alle drei kenne ich nur durch dieses Forum!)

    Ich glaube nicht, dass ich belesener bin als du.


    Für diese Kategorie hatte ich übrigens selbst "Frankenstein in Bagdad" gelesen.

    'Der Club Dumas' hat mich damals richtig enttäuscht. Der Polansky-Film ist eine richtige Tour-de-Force, während sich der Roman gerade am Anfang sehr geschwätzig und locker vom Ton her präsentiert. Der Film hat mir wesentlich besser gefallen.


    Ganz nebenbei finde ich auch Dumas als Autor nicht wirklich spannend ;)

    Ich finde das Buch besser als den Film. Außerdem das einzige Buch, das ich kenne, in dem die Auflösung in den Illustrationen verborgen ist.

    Ich hätte in dieser Kategorie etwa Arturo Perez-Reverte gelesen, der Club Dumas bzw. Die neun Pforten, wenn ich das Buch nicht schon gekannt hätte.

    So, ich bin ebenfalls durch.


    Kategorie 1 - Romanneuerscheinung aus 2019 / 2020


    Brad Harmer-Barnes: Vietnam Black


    Kategorie 2 - Kurzgeschichtensammlung / Anthologie


    Thomas Ligotti: Grimscribe - Sein Leben und Werk


    Kategorie 3 - Die einflussreichsten Werke des Genre Horror und unheimliche Phantastik


    Jonathan Carroll: Das Land des Lachens


    Kategorie 4 - Preisträger des Vincent Preis, Bram Stoker Award, August Derleth Award, bzw. für das Jahr 2020 nominiert


    Stephen King: Doctor Sleep


    Kategorie 5 - Ein im Original weder deutsch- noch englischsprachiges Buch


    Ahmed Saadawi: Frankenstein in Bagdad


    Kategorie 6 - Ein im Original deutschsprachiges Buch


    Christian Heinrich Spieß - Das Petermännchen


    Kategorie 7 - Heftroman Grusel / Horror


    Geisterjäger John Sinclair - Computer-Monster



    Mir hat die Lesechallenge sehr viel Spaß gemacht. In manchen Kategorien habe ich auch tatsächlich manche Versuche abgebrochen, sodass ich mit den Büchern, die jetzt oben in der Liste stehen, ganz zufrieden bin (bis auf die Kategorie Heftroman, aber die ist nun mal nicht meins).

    Dieser Roman hat 2013 sowohl den Vincent Preis als auch den Bram Stoker Award gewonnen. Das war eine gute Gelegenheit, sich nach längerer Zeit mal wieder einem Stephen-King-Roman widmen. Außerdem greift er die Figuren von Shining auf, was ja einer meiner Lieblingsromane von King ist. Allerdings hatte mich die Fortsetzung zu meinem anderen Favoriten (Der Talisman) maßlos enttäuscht, sodass ich auch hier eine gewisse Gefahr sah.


    Mir hat der Roman gut gefallen, allerdings ist er überhaupt kein Vergleich zu Shining. King sagt selbst: "Der Mensch, der Doctor Sleep geschrieben hat, ist ein ganz anderer als der wohlmeinende Alkoholiker, der Shining schrieb ...", und das merkt man. King ist für meinen Geschmack zu milde geworden, und auch die Handlung ist eigentlich für den Umfang des Buches viel zu dünn.


    Die Hauptfigur ist Dan Torrance, der kleine Junge aus Shining. Zunächst einmal legt er eine grandiose Talfahrt als Alkoholiker hin, bis er schließlich in einer Kleinstadt strandet und sich mit letzter Kraft zu den Anonymen Alkoholikern schleppt. Kaum hat er wieder etwas Halt im Leben gefunden, wird er in den Kampf zwischen einem ebenfalls mit dem Shining geschlagenen Mädchen und und einer dazu passenden Art reisender Vampire hineingezogen.


    Wie immer spielt King seine große Stärke aus, lebensechte Figuren zu erschaffen. Hat er dem Leser früher schlaflose Nächte bereitet, dadurch, dass er diese dann durchs Fegefeuer zu schicken pflegte, so geht hier doch alles vergleichsweise glimpflich über die Bühne. Die Fehlschläge der Streiter für das Gute sind kaum der Rede wert und Pläne klappen häufig genau so, wie sie ausgetüftelt wurden. Und wie nett und sofort einsichtig alle sind ... Wirkt dadurch ein wenig wie eine Achterbahnfahrt mit angezogener Handbremse. Trotzdem hat es mir viel Spaß gemacht, mal wieder was vom Meister zu lesen.

    Es ist Ewigkeiten her, dass ich das Buch gelesen habe, aber ich weiß noch, dass es mir sehr gut gefiel. Und die Figuren haben mir damals unglaublich gefallen. Die bedrohliche Situation wird wirklich sehr langsam aufgebaut, während dieser Zeit sind mir die Figuren ans Herz gewachsen. Ich dachte echt: Von mir aus müsste gar nichts wirklich passieren, ich würde auch so gern noch etwas Zeit mit euch verbringen. Sollte das Buch unbedingt nochmal lesen um zu sehen, ob es mir heute immer noch so geht.

    Interessant.


    Achmed Abdullah hat es seinerzeit geschafft, um sich als Autor herum den Nimbus des exotischen Dandys aufzubauen, aber was ich von ihm gelesen habe (Freibeuter im Frack, sowie auf Englisch "Night drums"), hat mich nicht wirklich überzeugt.

    Heftromane sind nicht meins. Man muss diesem Snobismus zugute halten, dass mich die Mauer als Kind und Jugendlichen davon ferngehalten hat und ich dann gleich mit Stephen King und Clive Barker in den Horror eingestiegen bin.


    Wie ich also seinerzeit überhaupt davon erfuhr, dass in der John-Sinclair-Zweitauflage eine "Horror-Story der Woche", also eine Kurzgeschichte von einem Leser, veröffentlicht wurde, weiß ich gar nicht mehr. Fakt ist jedoch, dass nun schon seit sehr langer Zeit drei von diesen Heften in Folie eingepackt in meinem Bücherschrank stehen, weil in darin meine ersten Veröffentlichungen enthalten sind. Um diese Kategorie zu absolvieren, habe ich mir also einen dieser Heftromane ausgesucht. Es handelt sich um Band 642 der Zweitauflage, in der ersten Auflage soll es Band 592 gewesen sein.


    "Computer-Monster". Nun ja. Es ist unglaublich spannend, wie Sinclair und Suko mit geweihten Kugeln Zombies und Dämonen einfach so umschießen. Wird es kniffliger, dann muss das Kreuz um den Hals die Aufgabe erledigen. Ja, richtig, Computer sind Teufelswerk. Die Monster sind "eklig". Die Dialoge grausig. Die Handlung ...


    Es bleibt dabei: Heftromane sind nicht meins.


    PS: Leider hatte ich auch die Kurzgeschichte von mir in dem Heft deutlich besser in Erinnerung.