Beiträge von Katla

    Das graue Zimmer hat mir insgesamt auch besser gefallen als Das Abstellgleis. Das kann natürlich auch an den Übersetzungen liegen.

    [Cof] Das sehe ich ganz genauso, und ich gehe auch davon aus, dass es das heavy editing ist, was diesen Unterschied ausmacht. Hast du mal das Nachwort bei Suhrkamp gelesen? Mega empörend, da bleibt einem echt die Spucke weg - das war der Auslöser für Feuersignale, letztlich.
    Hätte ich Geld, würde ich mit Kris zusammen eine deutsche 14-Text-Gesamtausgabe erstellen, aber das lässt sich so nicht mit einem Kleinverlagsbudget realisieren.

    Vorsicht bei Dunst und Das Abstellgleis: Keine der Geschichten ist eine Übertragung der originalen Grabinski-Geschichten, sie sind alle editiert und zudem gekürzt. Entweder bereits posthum durch einen polnischen Herausgeber oder aktueller analog dazu als Eingriffe für die deutschen Veröffentlichungen.

    Dann ist die verlassene Strecke wohl mit der verlassene Ort identisch.

    Fast, wir haben ja neu übersetzt - und wie ich hoffe, näher am Original. ;)

    kannst du zu den Übersetzungen noch die Originaltitel nennen?

    Hallo Mammut,


    klar, sehr gerne (ich kopiere mal aus dem Feuersignale-Manuskript, die Verweise sind hinten im Impressum):

    Der verlassene Ort *) : „Głucha przestrzeń“ in Demon ruchu, erweiterte 2. Ausgabe. Warszawa-Kraków 1922

    Szateras Engramme: „Engramy Szatery“ in Naokoło świata Nr. 28. Warszawa 1926

    Die Parabel vom Tunnelmaulwurf: „Przypowieść o krecie tunelowym“ in Polonia Nr. 141. Katowice 1926

    [Und das hattest du selbst schon weiter oben, glaube ich: Pyrotechnik -„Pirotechnik“ in Księga ognia [Das Buch des Feuers]. Łódź 1922]


    Das sind Eisenbahngeschichten, die Grabinski nach der ersten Auflage des Demon ruchu (1919) schrieb, er hatte sich nach der erweiterten zweiten noch eine dritte - weiter erweiterte - Auflage gewünscht, die aber nicht mehr zustande kam. Daher gibt es zwei Demon-ruchu-Stories, die außerhalb der beiden DR-Auflagen in Magazinen veröffentlicht wurden.

    ("Die sonderbare Station" erschien in der 2. erweiterten Auflage). Vgl. CLN 2 - Horror in Eisenbahnen, da hab ich das alles auseinandergefusselt.

    Der Grabinski-Übersetzer Miroslaw Lipinski arbeitet einem Interview zufolge an einer englischen Gesamtausgabe seines Motion Demon (1919) mit allen 14 Geschichten - so wie Grabinski sie erträumte. Da er aber auch seit 10 Jahren eine englische Ausgabe des Book of Fire in Arbeit hat, mag das noch dauern.



    *) „Głucha przestrzeń“ bedeutet wortwörtlich übersetzt "der taube Raum", das allerdings lässt sich interessanterweise nicht verwenden als 'Der stille Ort'. Dies ist der Originaltitel von deinem gesuchten "Die verlassene Strecke", dazu siehe weiter oben hier im Faden mein Beitrag #41:

    Wie unserer engl-poln Übersetzer in den Fußnoten anmerkt, verwendet Grabinski nicht nur in dieser Geschichte einen alten Begriff, der gleichermaßen "Ort" wie auch "Gleis" bedeutet. Der Titel wird von Grabinski im allerletzten Absatz noch einmal aufgegriffen, als er sagt: Es wurden Geistererscheinungen beobachtet, nachdem in dem Tal keine Züge mehr fuhren. Dieser Spuk hörte erst auf, als alle Gleise und Anlagen schließlich abgebaut waren - dann erst sei der 'Ort wirklich verlassen'.

    Die Geschichte mit der alternativen Bedeutung 'verlassenes Gleis' zu betiteln, ist daher bissl Quark, denn am Ende geht es ja genau um den Ort, an dem nichts mehr an Gleise erinnert - es ist ein verlassener Ort, keine verlassene Strecke. (Das war sie nur zwischendurch, sozusagen).


    "Die sonderbare Station" fand ich plotmässig ziemlich mau (Stichwort: Snowpiercer mit SF/Fantasy-Feeling), die Anthologie an sich ist allerdings ein schönes Buch, von einer Anschaffung würde ich also nicht abraten. Und bin gespannt, was du sagst. (Die story hatte ich im CLN 2 mitbesprochen, ehrlich gesagt hätte ich sie - wenn anonym gelesen - nicht als eine Grabinski-Geschichte erkannt).

    Carsten : Was Hospes sagt! [Nerdine]

    Feine Sache, dass du Bescheid sagst, aber macht euch bitte keinen Kopp, habt Spaß beim Erstellen / Zusammenstellen und wenn es etwas dauert, ist das doch nicht schlimm! Ich freue mich ebenfalls immer riesig, wenn eine neue Ausgabe kommt ... wann auch immer das sein wird.

    [Gho]

    Die Aussage ist korrekt. "Antoine Volodine" ist tatsächlich ein Heteronym (Pseudonym mit fiktionaler oder semifiktionaler Biografie), er schreibt ja auch unter anderen bekannten Identitäten. In Interviews spricht er oft von "wir" (die post-exotischen Autoren, von denen einige aus dem GULAG heraus schreiben, oder auch bereits tot sind - und weiterschreiben) oder interviewt sich selbst. Ja, es gibt Photos und auch Live-Auftritte, aber das klärt ja den Namen nicht. :D Er hat vor 1985 auch reine SF geschrieben, aber niemand weiß, wie der Name da war (vermutlich sein korrekter), daher nicht, welche Werke vom heutigen 'Volodine' sind. Jetzt könnte ich dir ganz brutal Das Science Fiction Jahr 2022 empfehlen, da stelle ich Autor und Werk ausführlich vor ... *flöt* LkL


    Was im Beitrag nicht ganz korrekt ist: Dort wird gesprochen von Post-Exotismus, Volodine hat das Genre aber Post-Exotizismus genannt.

    Ich hatte gelesen, dass er auch russische Bücher ins Französische übersetzt. Er lebt aber in Russland?

    [Cof] Ja, Klassiker und SF (die Strugatzkis wurden im Beitrag genannt, wenn ich mich recht erinnere, mein Hirn ist ein Sieb ey) sowie experimentelle Texte, z. B. Maria Soudaïeva, deren Werke er auch in seine integriert, Aber er lebt in Frankreich und schreibt auch auf Französisch. Da er an verschiedenen Musik- und Theaterprojekten mitarbeitet, gehe ich auch davon aus, dass dem so ist. Eigentlich las ich bislang immer, dass er auch Franzose sei, nur eben Slawist. Von wegen 'Heteronym' mag aber nicht alles davon stimmen. *gn*


    Das mit den Übersetzungen unbekannterer Autoren ist so eine Sache, denn im Post-Exotizismus sind alle Autorennamen Heteronyme, die Autoren dazu noch Protagonisten im Werk, und es wird in Frankreich diskutiert, welche vorgegebenen "Übersetzungen" möglicherweise eigentlich Originale sind - Volodine sagt selbst: "Die perfekte Prosa ist eine Übersetzung". Weil die Stimme des 'Autors' noch mal durch die des Übersetzers gebrochen bzw. fragmentiert wird. Soudaïeva wäre für mich so ein Fall von 'verdecktem Original', aber dazu lese ich von Kennern immer wieder, dass dies eine tatsächliche Person gewesen sei (sie hat allerdings inzwischen Suizid begangen und kann verdächtigerweise nicht mehr dazu befragt werden).


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    EDIT zu deinem Posting #490: Oksanens Baby Jane ist 2019 verfilmt worden. Mal gucken, ob der noch in unserer Mediathek (YLE areena) steht, das war mir durchgerutscht neulich.

    Nils Tausend Dank für den Volodine-Hinweis! WSKY Wirklich einer der besten Beiträge dort, die ich bislang gehört hab, sehr locker-entspannt und dennoch inhaltsreich. Gute Idee, sich jemanden einzuladen, der etwas dazu zu sagen hat. Das Buch ist bestellt, ich bin nach anfänglichem Zögern nun doch wieder extrem aufgehypt.


    Dass die Prota/Chronistin nun grad "Vogel" heißt, ist ja bei Volodines häufiger Verwendung von meist weiblichen Vogel/Mensch-Mutanten echt ein Schmankerl. Und interessant, dass Volodine russisch-französisch sein soll, höre ich hier zum ersten Mal.

    Flatterte gerade über meine FB-Timeline: Zwei wunderschöne "Publikationen aus des Hause des Redaktions-Aliens Thomas in Halle": FAN 139: Titelbild von Armin Möhle (der Brunnen ist ja grandios, so einen möchte ich auch im Hinterhof haben). Und der erste NEUE STERN 2023! <3


    Kennt jemand von euch das Buch schon?

    Nein, ich habs am Wochenende erst gesehen, es kam aber auch grad erst raus. Die anderen drei deutschen Übersetzungen kenne ich und finde die ausgesprochen gut. (Auf dem Level von Jordan Stump und besser als Mahany oder Zuckerman bei den englischsprachigen Publikationen).

    Da Volodine - trotz seiner antistalinistischen Grundhaltung - gelegentlich zu einer etwas unangenehmen Sowjet-/Kommunismus-Nostalgie neigt, wollte ich eigentlich einen Bogen um das Buch machen. Ausnahmsweise. Aber die Vorstellung des Verlages klingt ganz anders als die Ankündigung der Radiosendung, und ich habs grad bestellt. Ich leide eh schon unter Volodine-Entzug, und kann neuen Input gebrauchen, weil ich mich gerade an einer post-exotischen Kurzgeschichte versuche (nicht so einfach, will man nicht kopieren - und selbst Kopieren wäre immer noch eine Herausforderung!).


    Vielen Dank für die Präsentation! :*

    Ich mache mal zart drauf aufmerksam, dass es hier einen Sammelfaden zu verschiedenen Büchern von Volodine et al. gibt, ungeachtet in welcher Sprache die Publikation herauskam. Vielleicht findest du weitere volodinsche Werke, die dich interessieren, es wäre so schön, wenn der Autor mehr Leser bekäme!

    Reza Negarestani: Cyclonopedia - Complicity with Anonymous Materials
    re.press, Melbourne 2008

    Paperback, S. 268

    AUS $ 40,- (aktuell knapp € 26,-)

    Vorstellung des Verlages mit wirklich sehr ausführlichen Informationen zu Inhalt & Hintergrund sowie Pressestimmen.



    Cyclonopedia is theoretical-fiction novel by Iranian philosopher and writer Reza Negarestani. Hailed by novelists, philosophers and cinematographers, Negarestani’s work is the first horror and science fiction book coming from and written on the Middle East.


    'The Middle East is a sentient entity—it is alive!’ concludes renegade Iranian archaeologist Dr. Hamid Parsani, before disappearing under mysterious circumstances. The disordered notes he leaves behind testify to an increasingly deranged preoccupation with oil as the ‘lubricant’ of historical and political narratives.

    At once a horror fiction, a work of speculative theology, an atlas of demonology, a political samizdat and a philosophic grimoire, CYCLONOPEDIA is work of theory-fiction on the Middle East, where horror is restlessly heaped upon horror. Reza Negarestani bridges the appalling vistas of contemporary world politics and the War on Terror with the archaeologies of the Middle East and the natural history of the Earth itself. CYCLONOPEDIA is a middle-eastern Odyssey, populated by archeologists, jihadis, oil smugglers, Delta Force officers, heresiarchs, corpses of ancient gods and other puppets. The journey to the Underworld begins with petroleum basins and the rotting Sun, continuing along the tentacled pipelines of oil, and at last unfolding in the desert, where monotheism meets the Earth’s tarry dreams of insurrection against the Sun.


    Abgesehen von der Beschäftigung mit Modern Slavery (sowas z.B.) liegt mein Fokus nicht auf dem Mittleren Osten, daher will ich mich hier nicht zu Einschätzungen versteigen, aber das klingt auf jeden Fall ganz extrem spannend.

    Der australische Verlag ist spezialisiert auf innovative Philosophie, bes. zu Themen wie Herkunft / Wurzeln, Verortung, die Verbindung von Vorzeit / Archäologie und Zukunft. Neben open-access-Texten bietet er auch sehr schön aufgemachte Taschenbücher an. Selbstdarstellung: In a global environment marked by timidity and laxness in thought, re.press publishes outstanding work in contemporary philosophy. A dedicated philosophy press—one of the very few active in the Anglophone world today—re.press is committed to publishing rigorous philosophy that doesn't give way on its desire. At once exclusive and egalitarian, re.press seeks to support and disseminate such thought worldwide.


    Ich vermute mal, dass besonders Felix und Erik R. Andara und col.race daran Gefallen finden könnten. [Cof]

    ich habe es übrigens doppelt und würde ein Exemplar, falls jemand daran interessiert ist, auch gerne weiterschenken - steht für mich in einer Reihe mit einigen neueren Publikationen, die sich im weitesten Sinn um das Verhältnis von (nihilistischer) Philosophie und (Kosmischem) Horror drehen.

    Oh, ich bin sehr interessiert, horche mal per PM, ob es noch da ist. [Gh2] Das ist eigentlich genau meine Tasse Tee (minus Ligotti & Thacker msr1).

    EDIT: [Mein Sermon nützt jetzt sicher auch keinem.]


    Es geht mir gar nicht um meinen Text, es geht mir um Fairness und Gleichbehandlung. Und ich weiß, dass solche Listen Arbeit machen und da finde ich es auch bewundernswert, dass du das übernommen hast!

    Ja, ich werde das über die Nominierung lösen, kapiere aber nicht, warum das jetzt gerechter oder einfacher ist.

    Soweit ich weiß, hatten und haben wir keinen Konflikt miteinander.

    Hier die Regeln, die sich zwar keiner durchliest, auf die ich aber trotzdem verweise

    Lieben Dank, ich hab die tatsächlich gelesen. Meinte nur: Wenn ein Text nicht gelistet ist, kann ich zwar dafür stimmen, aber es weiß im Grunde ja nur der davon, der ihn zur Listung vorgeschlagen hat. Nach dem Prinzip könnte man sich - extrem auf die Spitze getrieben - jede Liste sparen, weil jeder einfach für das stimmt, was er kennt.

    (Womit ich nicht sagen will, dass der vorgeschlagene Text nicht so oder so nur eine Stimme bekäme! Das wird sehr wahrscheinlich so sein. Dann aber hätte er eine gleichwertige Chance gehabt, verstehst du?)