Dass die Anmerkungen gefallen, freut mich sehr! Mache ich bei fast allen Geschichten, weil es Fakten gibt, die nicht in der Erzählung selbst untergebracht werden können oder dort nur Infodump wären. inferninho Haha, ja der Orden heute ... aus der realistischeren Selbstdarstellung wird sicher nix werden: Ich hab mit der Autorin des einen zitierten Buches, Beate Szillis-Kappelhoff, geschrieben und sie sagte, sie und Historikerkollegen hätten schon mehrmals versucht, den Wiki-Eintrag (mit Belegen!) zu korrigieren und jedes Mal wären ihre Anpassungen wieder gelöscht worden. Im Sinne von: 'Der Sieger schreibt die Geschichte', damals wie heute.
inferninho „Hätte länger sein können“ nehme ich sehr gern als Kompliment, aber dass ich langsam beginne und das Ende recht kurz (ggfs. zu kurz) abhandle, hab ich schon bei der Textarbeit zu anderen Geschichten gehört, und es fiel mir selbst bei einem ganz aktuellen, unveröffentlichten auf. Ich mag keine langgezogenen Enden, die über das hinausgehen, was ich als Leser bereits erkannt hab, und mein Impuls ist: Hab alles gesagt was ich sagen wollte, also raus aus dem Text. Dass ich da die Rechnung ohne den Wirt Leser mache, muss ich mal besser auf den Schirm kriegen. Gut, das erneut zu hören!
Bei dem Text hatte ich mir handwerklich zur Aufgabe gestellt, dass der Prota unbewusst eine Entwicklung beginnt und sie daher als Icherzähler nicht dem Leser erläutern kann. Ich sehe an Elmar s Rückmeldung, dass es nicht für alle funzt – einfach als Dialog (und explizit nicht als dominante Stimme) sag ich mal, wie ich mir das dachte:
Die Geschichte verwendet zwei klassische Motive (Vampir / verfluchter, entwendeter Gegenstand), aber dreht sie zum Positiven = Tereškinas und sein Butler leben ihrer georgianischen Kleidung nach zu urteilen länger als natürlich möglich, und es muss ein neuer Hüter der Wahrheit (Inhalt der Kiste) her. Islington weiß noch nicht, wie stark er an seinem Glauben zweifelt / zweifeln wird, aber er tritt am Ende der Geschichte die Nachfolge an.
Alle vier Reiter bzw. Pferde sind im Text und den hatte ich über die Farben / Ikonografie geplottet:
Weißes Pferd | 1. Reiter: Visionen am Anfang & Albtraum = „tyrannische Obrigkeit“ = Deutscher Orden (Historical Roleplay in Polen hier und dann die Outfits mittig und rechts - dann mit der 'Eisernes Kreuz'-Variante wie auf dieser Figurine, und noch eine Fangruppe, die die Optik nachahmt, 1950er wie aktuell.)
Rotes Pferd | 2. Reiter: Die Klammer durch die Bibelzitate, die ja halb auf Autoren-, halb auf Ebene der Geschichte sind = „globaler Krieg“ (den das Christentum bringt, siehe auch die rote Flammenfarbe der Bibelseiten durch den Sonnenuntergang am Ende, als das Thema ‚Schwert / Krieg‘ parallel zum ersten Zitat im Intro aufgegriffen wird). Sollte Islingtons Umschwung ein- und damit aus der Geschichte hinausleiten.
Schwarzes Pferd | 3. Reiter: Tereškinas Kutschgespann, die schwarzen Hackneys = „Gerechtigkeit / Willkür der Herrschenden bzw. Unterdrückung/Verfolgung“ (wovon er und sein Land implizit Opfer sind). Das ist sicher am schwersten zu sehen, weil so ein Gespann in jedem Gothic-Text schwarz gewesen wär, zumal Tereškinas und sein Butler auch Trauer tragen.
Fahles Pferd | 4. Reiter: Geisterreiter neben der Kutsche = „Verfall eines mächtigen Weltreiches“, hier des Christentums (Foreshadowing, dass Islington genau das an der Stelle noch fürchtet, aber – quasi nach der letzten geschriebenen Szene – selbst erkennen wird). Diese Figur stellt das Thema der Geschichte.
Auf den Überresten der Festung zu K. = Klaipėda war ich während der Tall Ships Races 2017, sie liegt direkt neben dem Innenhafen. Die einzige Stadt, in der ich außer Helsinki gern wohnen wurde, hab dort auch Freunde. Die vorchristliche Kultur wird extrem stark betont, Litauen ist mWn auch das einzige europäische Land, in dem eine heidnische Religion 2. Staatsreligion ist. Auch deren Christentum ist einzigartig, es läuft über einen „depressiven Jesus“, eine extreme Variante des ‚pensive Christ‘.