The Legend of Tomiris

  • Томирис / The Legend of Tomiris

    Kasachstan 2019

    195 Min., Kazakh mit UT

    Regie: Akan Satay

    Darsteller: Almira Tursyn, Adil Akhmetov, Erkebulan Dairov

    (Mit deutschen UT bzw. Synchronisation auf DVD/BluRay und A.Prime im Stream)


    Trailer mit Engl. UT und Deutsch synchronisiert (urgh [LiZ])

    Teaser mit Engl. UT

    Kleines Making Of (3 1/2 Min.)

    Film mit Engl. UT


    Die überwältigende Skythen-Ausstellung 2007 im Berliner Martin Gropius Bau noch sehr gut in Erinnerung, recherchiere ich grad zur historischen Skythenkönigin Tomyris und stolperte über diesen neuen Spielfilm, der - soweit ich das als Nichtexpertin beurteilen kann - sich recht nah an archäologische Funde und zuverlässige Quellen hält.

    Kasachstan gilt als aufstrebendes, sehr innovatives Filmland und wenn alles so ist wie dieser Film, lohnt sich da ein aufmerksamer Blick gen Osten. Da kein mir bekannter Streamingservice meine finnische Karte akzeptiert, hatte ich einige Mühe, den Film zu finden und sah ihn schließlich auf Kazakh ohne Untertitel (inzw. fand ich ihn mit Engl. UT, Link oben). Durch die klare Erzählstruktur, die auch für westliche Heldenfilme typisch ist, und die absolut überzeugende, differenzierte Schaupielkunst aller Beteiligter war es aber letztlich kein Problem, zu folgen.


    Der Film erzählt die Geschichte der Massagten-Königin Tomyris von ihrer Kindheit über ihre Einigung verschiedener Stämme (Massageten, Saka und die berühmteren Skyten) bis zum Sieg über die einfallenden Perser unter Kyros II. im Jahr 530 v. u. Z. Er folgt dabei durchaus einem Heldenfilmkanon und man kann da an Hollywood wie auch die polnische Witcher- oder die russischen Volkodak-Verfilmungen denken: Ein liebenswerter Vater bringt ihr das Kämpfen bei, die Familie bzw, der ganze Stamm überfallen und ermordet, Tomyris entkommt und wird von Amazonen gesund gepflegt. Durch ihre Kampfkünste gewinnt sie schnell den Respekt der Frauen bzw. der Reiterstämme, die dort in einer Art Koalition zusammenleben. Sie verliebt sich in einen der Männer und lebt (im Film größtenteils im Off) einige glückliche, friedliche Jahre. Dann lockt eine persische Delegation ihren Ehemann und Sohn in einen Hinterhalt und Tomyris zieht mit ihrer Armee und einem innovativen Plan in die Schlacht ...

    Möglicherweise historisch korrekter, aber von der Erwartungshaltung her für einen Actionfilm etwas enttäuschend

    Das Genre wäre also historisches Actiondrama, wobei ich hier historisch nicht mal in Anführungsstriche setzen würde. Anders als beim Großteil ähnlicher Produktionen werden hier weitgehend korrekte Kostüme / Schmuck / Utensilien verwendet und eisenzeitliche bzw. vormittelalterliche Kulturen einmal nicht dargestellt wie neanderthalerhafte Untermenschen, wie nur ganz z.B. bei den HBO-Vikings oder im absolut unterirdischen Rise of the Scythian (RUS 2018), den man nicht mal unter Trash-Aspekten ertragen kann.


    Was mir außer den wunderschönen Bildern, den tollen Schauspielern - allen voran auch die Titelrolle - und der sowohl spannenden wie auch unaufgeregten Erzählweise sehr gut gefiel, war die der Zeit / Kultur angemessene Selbstverständlichkeit, in der kriegerische Frauen gezeigt werden. Nicht krampfhaft #MeToo-feministisch, nicht exploitation-sexy (wogegen ich in passendem Kontext nix hab) und nicht so, dass es wie ein Kommentar zum Zeitgeist des 20./21.Jahrhunderts wirkt. Klassische Chroniken und Gräberfunde beweisen eindeutig, dass es bei den Steppenvölkern selbst zu Attilas Zeit 900 Jahre später keine sozialen Geschlechterunterschiede gab. Dies galt nicht nur für die Rollen, die Frauen und Männer ausfüllten, sondern auch für Status, Kleidung, Schmuck und Bewaffnung. Genau danach richtet sich auch dieser Film, was ich wirklich äußerst erfrischend fand. (In Finnland verhält es sich übrigens traditionell so ähnlich.)



    Artikel zum Film:

    Azernews.com

    Asian Movie Impuls bringt einen ausführlichen, differenzierten und gut begründeten Verriss, wobei ich trotz meiner Begeisterung absolut zustimme, dass die erste Hälfte - vor allem wegen der Amazonenkultur und der Frauenkämpfe - wesentlich besser sind als der Teil nach der Hochzeit, wo der Film spannungsmässig einen kräftigen 20-Minuten-Hänger hat. Bei der Farbgebung und der Klischeehaftigkeit bin ich anderer Meinung, frage mich aber, ob letzteres daran lag, dass ich den Film ohne Untertitel anschaute.


    Der Film war einer der finanziell erfolgreichsten in der Geschichte des Landes, und die Produktionsfirma ließ verlauten: “We are grateful to live in a world where there is a strong appetite for real-life stories of powerful women, stories that deserve to be told,” said Arclight Films chairman Gary Hamilton. “’Tomiris’ tells one such story, and coupled with its exquisite landscapes and exceptional production values, it is an epic film that will enthrall audiences."


    Von mir eine fette Empfehlung, mit einer Ausnahme: Ich bin sicher, dass - wie in Hollywoodwestern - viele Stürze der Pferde nicht antrainierte Stunts, sondern echt waren; und ein Pferd wird erschlagen, wobei ich sicher bin, dass dies kein CGI war (davon gibt es einige wenige Szenen und die sind zu schlecht). Eigentlich meide ich solche Filme wie die Pest. Im Internet hab ich - z.B. bei The Hollywood Reporter - Animals Were Harmed - keine Informationen dazu gefunden, aber Tierschutz in Kasachstan ... ich weiß ja nicht.


    That said ist vieles ebenso offensichtlich einstudiert, und dass die Schlachtszenen eben mal kein CGI sind, macht alles extrem spannend und haptisch, vor allem, weil es auch gut die Mischung aus geordneten Formationen und heillosem Chaos wunderbar wiedergibt.