Habe den Roman vergangene Woche gelesen und bekomme ihn nicht mehr aus dem Kopf. Das habe ich schon lange nicht mehr erlebt, dass mich ein Buch derart bewegt. Die Trauer der Protagonisten ist auf eine so einfühlsame und emotional-aufwühlende Weise geschildert, wie ich es nur in recht wenigen Romanen bislang gelesen habe.
Der Roman ist düster und emotional geladen und daher vielleicht nicht für jedermann, aber das muss ja auch nicht zwangsläufig auf jede Geschichte zutreffen. Je weiter ich mich von meiner Jugend und der damaligen Edward Lee-Phase entferne, desto wichtiger werden tiefgreifende Emotionen in Geschichten für mich - hierbei ist mir das Genre einerlei, in den letzten Jahren habe ich neben Stephen King und Haruki Murakami auch Romane und Kurzgeschichten von Yoko Ogawa, Cho Nam-Joo, Nicholas Sparks und Cecelia Ahern gelesen (sollte für einen jungen Mann keinen Anlass bieten, sich darob zu schämen; Literatur ist universal und unisex).
Manchmal durchlebt ein Mensch Phasen einfacher Traurigkeit oder genauso einfacher Glückseligkeit, zumeist ist es ein komplexes Gemisch, das uns jeden Tag aufs Neue bewältigen lässt. Nach dem, was Abe in seinem Leben zuvor widerfahren ist, kann ich die Phase "einfacher" Traurigkeit und düsterer Vernebelung nicht nur verzeihen, sondern glaube sogar, sie nachvollziehen zu können.
Mir geht es im Horror nicht nur um irgendwelche namenlosen Schrecken, diese können gerne als Katalysator im Hintergrund agieren, sofern sie "funktionieren", also gut beschrieben und sinnig ins Gesamtbild der Geschichte integriert sind. Für mich sollte eine Geschichte von starken, aufwühlenden Emotionen getragen werden. Und genau das hat mir "Der Angler" geboten.
Es ist nicht der beste Roman, den ich je gelesen habe, aber einer, der besonders gut mit meinen mir eigenen Charakteristika funktioniert, weshalb er jetzt schon bleibenden Eindruck hinterlassen hat.