Beiträge von Arkham Insider Axel

    Freilich. Ich habe sie in meiner Bibliothek in 4 Anthologien (nur oberflächlich geschaut, sie dürfte noch viel häufiger anthologisiert worden sein …):

    1. Hrsg.: Margo, Eileen: Im Reich des Grauens. Die besten unheimlichen Geschichten. Bertelsmann. Gütersloh o. J.
    2. Hrsg.: N. N.: Die unheimlichsten Gespenstergeschichten. Tosa Verlag. Wien 1978
    3. Hrsg.: Görden, Michael: Die besten englischen Schauergeschichten. Bastei Lübbe. Bergisch-Gladbach 1981
    4. Hrsg.: Recheis, Käthe: Schlag zwölf beginnt die Geisterstunde. Grusel- u. Gespenstergeschichten. Hoch-Verlag. Düsseldorf 1979

    Die Geschichte wurde in der deutschen Übersetzung bisweilen als "Die Warnung" betitelt, das trifft auf Punkt 1 und 2 der obigen Liste zu. Sonst heißt sie häufig "Der Bahnwärter".


    Als "Der Streckenwärter" gibt es eine Gruselkabinett-Adaption (Titania Medien). Auch gibt es mehrere Hörbücher.

    Es fehlt hier eindeutig ein Inhaltsverzeichnis.

    Ich habe mir mal eins behelfsmäßig erstellt und dem Buch in Zettelform beigelegt:


    • Vorwort … S. 5
    • Carlos Ruiz Zafón Nachruf … S. 6
    • Zur Poe-Rezeption in der deutschen Phantastischen Literatur … S. 10
    • Nachtwandler (Erzählung) … S. 124
    • Der vielfache Untergang des Hauses Usher … S. 134
    • 100 Wörter Horror … S. 165
    • Alle Farben: Schwarz (Erzählung) … S. 166
    • H. P. Lovecraft: Homes and Shrines of Poe … S. 194
    • Von Vampiren, Ghulen und Todesengeln (Interview Ina Elbracht) … S. 233
    • Edgar Mittelholzer: Gebein und Flöte (Das vergessene Bücherregal) … S. 244
    • "… morgen tot" (Erzählung) … S. 253
    • Rezensionen … S. 267
    • Das (Anti)Kolonialdenkmal in Bremen (Genius Loci) … S. 278


    Cornell Woolrich: Die wilde Braut (Savage Bride)

    Taschenbuch, 280 Seiten. Aus dem Amerikanischen von Jürgen Bürger

    Diogenes. Zürich 1991 (detebe 21873)


    Das Land der Toten

    Ich mag Geschichten, bei denen am Ende alle Akteure tot sind. Wenn ein Autor in dieser Hinsicht ganze Arbeit geleistet hat, verschafft mir das eine morbide Art von Befriedigung (natürlich muss die Sache originell abgewickelt werden). Cornell Woolrich (1903 – 1968) ist so ein Autor und sein origineller Roman, um den es geht, heißt: Die wilde Braut.

    Es ist die Geschichte des Lawrence Kingsley Jones, der zufällig entdeckt, dass eine junge Frau – Mitty – von zwei Männern in einem Haus gefangengehalten wird. Mitty und Jones verlieben sich ineinander, er befreit sie, sie heiraten im Schnellverfahren und fliehen gemeinsam vor den beiden Männern. Letztere verfehlen die Flüchtenden um Haaresbreite, als die sich irgendwo an der Ostküste der USA einschiffen, um nach Acapulco zu fahren.

    Während eines Zwischenstopps in einem mittelamerikanischen Kaff bleiben die Eheleute über Gebühr an Land. Das Schiff fährt ohne sie weiter, die Reise endet vorzeitig. Hier, in Puerto Santo, fühlt sich Mitty mächtig zu einem Berg im Urwald hingezogen. In ihrer Wahrnehmung existiert nichts anderes mehr und von Tag zu Tag drängt sie weiter hinauf in die unbekannte Bergregion. Was verbirgt sich dort – und was hat es mit dem jenseitig gelegenen, sagenhaften Tierra de los Muertos, dem Land der Toten auf sich?

    Fassungslos muss Jones mitansehen, wie ihm seine Braut darüber langsam aber sicher zu entgleiten droht. Irgendwann dämmert ihm, dass Mittys Entführung ein Fehler war und Woolrich legt ihm das ebenso großartige wie bittere Resümee in den Mund: „Ich habe in dieser Nacht meinen eigenen Tod aus seinem Haus gestohlen.“ (S. 181)


    Lost Race meets Noir

    Jones ist ein Anti-Held. Einer, der als wagemutiger Liebhaber ins Geschehen startet, aber auf halber Strecke ausgebremst und zum hilflosen Zuschauer verdammt wird. Ausgebremst von etwas, was an einer Stelle als „die primitive Moral der finsteren, toten Vergangenheit“ (S. 213) angeklagt wird. Und auch wenn Die wilde Braut die Spannung des exotischen Abenteuers atmet, erweist sich das Buch angesichts der tragischen Hauptfigur nicht als echter Abenteueroman. Es fällt der Name Henry Rider Haggard, und wenn man so will, ist Die wilde Braut Woolrichs Beitrag zum Lost-Race-Genre, allerdings ein Beitrag, der stutzig macht. Ein Krimi, als den uns der Verlag das Werk weismachen möchte, ist es – nach allem, was ich über Krimis weiß – ganz sicher nicht. Phantastisch scheint die Geschichte nur insofern, als dass Woolrich höchst Unwahrscheinliches schildert, ohne gänzlich den Boden der Realität zu verlassen. Ungeachtet aller Gattungsfragen hat das Zitat aus der Weltwoche (Zürich) Gültigkeit: „Woolrich schreibt Etüden der Angst und Einsamkeit, voll cooler Bildentwürfe und grandioser Stimmungsmalerei.


    Woolrich bei Diogenes

    Das erste Woolrich-Buch, das ich las, war Die Nacht hat tausend Augen, im Lexikon der Phantastischen Literatur als sein Hauptwerk bezeichnet. Dem Autor wird ein recht langer und wie mir scheint: verdienter Eintrag gewidmet. Der Diogenes Verlag pflegt Woolrichs literarisches Erbe seit den 1980er-Jahren und hat von ihm insgesamt 10 Titel im Programm.

    Ich habe jetzt 3 Romane von der Adlersfeld-Ballestrem gelesen: Das Rosazimmer, Die Fliege im Bernstein und Die Dame in Gelb (in der Fassung, wie sie in der Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens erschien). Bereits diese drei Bücher sind sich in Grundzügen recht ähnlich, so dass mir ausgerechnet Die Dame in Gelb nicht im Sinne eines Hauptwerks herauszustechen scheint. Die Zutaten sind obligat: Adelsmilieu, Antiquitäten, prophetische Erscheinungen, visionäre Träume, ein Verbrechen … Wäre nicht jeweils das ausgeprägt kriminalistische Element vorhanden, so würden sich diese Werke in keiner Weise von der damaligen Unterhaltungsliteratur abheben. Was die Geistererscheinungen betrifft, so sind sie hier eher wohlwollend und hilfreich und erzeugen durchaus kein Gefühl des Grauens.


    Ich bekenne, dass ich diese Art Literatur gerne lese (und von daher eine Neuausgabe begrüße!). Muss aber auch ehrlich sagen, – und da wiederhole ich mich, s. o. – dass mir die Schreibe der Autorin betulich und selbst für ihre Zeit antiquiert vorkommt.

    Ich fände es nach wie vor gut, wenn sich hier im Forum etwas Eigenständiges zu den Themen Kunst und Illustration etablieren ließe … bis es soweit ist: an dieser Stelle der Hinweis auf die Ausstellung Dekadenz und dunkle Träume. Der belgische Symbolismus, die vom 18.09.2020 bis zum 17.01.2021 in Berlin zu sehen ist (Alte Nationalgalerie).


    Zitat

    Der lustvolle Blick in den Abgrund, der übersteigerte Ästhetizismus einer übersättigten Gesellschaft, die sich zugleich in der Krise wähnte, der morbide Reiz zwischen Thanatos und Eros dies sind Themenfelder in der Kunst, die Ende des 19. Jahrhunderts insbesondere im belgischen Symbolismus ihren Ausdruck fanden.


    Hier gehts zum Ausstellungs-Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=HTyp12732mg&feature=emb_logo

    Ich wunderte mich allerdings, dass der Aspekt des Phantastischen in seinem Werk so kurz kam.

    Dies war auch mein Eindruck. Ist aber angesichts von Ewers' Vielseitigkeit zu vertreten/zu verschmerzen. Gerade die Geschichtensammlung, um die sich dieser Thread dreht, ist ein Beispiel dafür, dass die lupenreine Phantastik bei ihm nicht dominiert.


    Einmal fiel doch der Name Wilfried Kugel. Aber frag' mich nicht, an welcher Stelle … Der Autor des Beitrags, Sven Brömsel, ist freilich selbst auch ein ausgewiesener Ewers-Experte und z. Bsp. Verfasser des Buchs "Alraune des Jugendstils" über Ilna Ewers-Wunderwald.