Beiträge von Arkham Insider Axel

    Zuerst gehört: beim einzigen und einzigartigen deutschen Sherlock-Holmes-Podcast Dr. Doyle und Mr. Holmes:


    Die offiziellen Conan-Doyle-Nachlasser haben gemeinsam mit dem Verlag SP Books eine faksimilierte Ausgabe des Manuskripts von The Lost World veröffentlicht. Dem Band beigegeben sind 21 zeitgenössische Illustrationen des Künstlers Géo Dupuis (1875 – 1932), das Vorwort stammt von dem Baker Street Irregular und Autor Jon Lellenberg.


    The Lost World ist eine 1912 erschienene Mischung aus Abenteuerroman und Fantasy à la – nun ja: Lost World, der Name ist hier wirklich Programm. Die deutsche Erstveröffentlichung erblickte 1926 das Licht der Welt im einschlägigen Berliner Scherl Verlag, Titel: Die verlorene Welt, spätere Übersetzungen lauteten Die vergessene Welt.


    Das gute Stück ist limitiert auf 1000 Exemplar und kostet 180 Euro. Infos und Bilder beim Verlag (Link).

    Bücher dieser Zeit tragen im Titelzusatz manchmal die Adjektive „sonderbar“, „grotesk“, „abseitig“, „seltsam“ oder etwa „okkult“. Bezeichnungen, bei denen an Phantastik interessierte Leser aufhorchen sollten.


    Angesichts dieser Reihe – aber auch angesichts der erwähnten Zeitschriften Orchideengarten und Kokain – wird wieder einmal klar, wie engstirnig oder auch engherzig unser heutiger Phantastik-Begriff ist. Es ist klar, dass die Literaturwissenschaft mit Definitionen operieren muss und bekanntlich gibt es ziemlich eindeutig abgesteckte Grenzen der Phantastik. Es ist aber immer wieder wichtig sich klarzumachen, dass diese Grenzen nachträglich gezogen wurden und jedenfalls nicht aus der literarischen Praxis heraus geboren wurden.


    Ich selber bin eigentlich mittlerweile an einem Punkt, an dem ich mich gar nicht mehr als generischen Phantastik-Leser bezeichnen würde. Viel wichtiger als die einschlägige Definition sind mir Dinge wie etwa: Zeitgeist, zeit- und kulturgeschichtliche Zusammenhänge, die Gebundenheit an eine gewisse Epoche, – überhaupt eine gewisse Antiquität an sich. Und auch wenn die hier vorgestellte Reihe Galerie der Phantasten heißt, so ist einer ihrer Bekanntesten – nämlich Hanns Heinz Ewers – ein sehr gutes Beispiel für einen sogenannten Phantasten, der recht viele Geschichten schrieb, die nach der herkömmlichen Definition gar nicht phantastisch sind und strenggenommen durch die lexikalischen und bibliografischen Raster fallen müssten.


    Daher behagen mir zunehmend Begriffe wie „unheimlich“, „abseitig“ oder „sonderbar“. Diese Begriffe können durchaus auf Texte zutreffen, die nicht phantastisch sind, die aber von so herausragender Qualität sind, dass es schade wäre, würden sie ein aufnahmebereites Publikum durch das engmaschige Netz der orthodoxen Phantastik-Definition nicht erreichen.

    Das hat für mich perfekt funktioniert.

    Funktionieren tut das, durchaus. Für mich als unbedarften Hörer ist aber der Anfang taktisch unbefriedigend gelöst.


    Eingangs fallen Schüsse (ohne Warnung, Seufzer, Schmerzäußerung), schließlich belanglose Plauderei des Oberscharführers Landau … SS-Mann Günther tritt hinzu, brüstet sich damit, Schulz erschossen zu haben. Im Hintergrund Musik …


    Dann – ohne jeden Übergang, erlebbaren Cut, der auf ein Nahtoderlebnis oder sonstiges Phänomen hindeutet – werden Schulz' Lebensdaten präsentiert. Vor allem: Der Sprecher sagt im Folgenden, dass er am 19. November 1942 erschossen wurde und erklärt die Hintergründe – es ist also schon Vergangenheit. Ich hatte daher zu dem Zeitpunkt mit der Eingangsszene bereits abgeschlossen.


    Der anschließende Todesmonolog "Die Hand, das Pflaster … " setzt allerdings dort wieder an und geht auf einmal über in das erste Treffen zwischen Landauer und Schulz.


    Ich hätte es wohl besser aus der Situation selbst heraus verstanden, wenn der (jetzt von mir rot eingefärbte) Block weggefallen wäre bzw. ganz am Anfang gestanden hätte. Sicher, das ist Kritik auf hohem (oder auch nicht) Niveau und ändert nichts an der Güte des Hörspiels. Aber ich finde, wer so etwas inszeniert, muss wirklich sorgsam alle Hemmschuhe oder Unklarheiten aus dem Weg räumen und insbesonders geistig-räumlich-zeitliche Wechsel mit Fingerspitzengefühl behandeln.


    Ansonsten Katla – volle Zustimmung!

    Besten Dank für die Vorstellung und die Zusammenfassung — das hört sich nach einer prima Geschichte an!

    es liegt auf der Hand, dass Ähnlichkeiten dem Zeitgeist zugeschrieben werden sollten.


    Im Horrorkontext sind die Ähnlichkeiten zwischen Dreßler, Campbell und Lovecraft vielleicht verblüffend, in dem der Segelexpeditionen in die Eismeere allerdings nicht.


    Deine Bewertung wiederum erscheint plausibel. Ich kenne andere Beispiele (auch von mir selbst), wo das Auffinden unbekannter Texte verlockt, einen Zusammenhang zwischen diesen und anderen herzustellen, die im Gegensatz sehr populär sind (gerade im Fall Lovecraft). Ob aber wirklich eine Beeinflussung, eine Inspiration oder ähnliches vorliegt – das sollte dann schon hieb und stichfest belegbar sein.


    Aber das mag sein, wie es will: Letztendlich bleibt es spannend zu sehen, wie bestimmte Stoffe, Themen und Motive sich ausgebreitet und der schreibenden Zunft aus verschiedenen Ländern und Kulturen die Feder in die Hand gedrückt haben.

    Ein paar Einzelbewertungen würden mich indes interessieren - oder eine Gesamtkritik nebst einer Empfehlung.

    Beinharte Schrecken sind mir bisher (ich habe erst 8 Geschichten gelesen) noch nicht untergekommen – wobei Stevensons

    „Markheim“ ja nicht ohne ist. Als etwas lahm empfand ich von Mark Lemon „Das Gespenst als Detektiv“, wo ein zu Unrecht Verurteilter (aber noch Lebendiger!) als Geist erscheint und der Gerechtigkeit den Weg weist. Die vier folgenden Beiträge bieten aber bodenständige Kost. Mein Favorit bisher ist Le Fanu.

    1.

    Wie es sich für die (klassische) Gespenstergeschichte gehört, hat sie oftmals einen moralischen Anstrich. Dafür bieten diese beiden Garne ein gutes Beispiel:

    Joseph Sheridan Le Fanu – Der Totengräber (The Dead Sexton)

    Jemand, der früher ein Lump war, kehrt nach langer Abwesenheit in sein Heimatstädtchen Golden Friars zurück. Dort läutet er die Kirchenglocken und bringt die Toten unter die Erde, fällt ansonsten durch einen untadeligen, wenn auch schweigsam-mürrischen Lebenswandel nicht weiter auf. Doch so harmlos ist dieser Zeitgenossen keineswegs … eines Tages wird er auf grausige Art Opfer seiner verborgenen Machenschaften. Kurz nachdem man seine Leiche in der Remise des Gasthofs aufgebahrt hat, erscheint ein unheimlicher Fremder und quartiert sich für die Nacht ein …

    5 von 5 Daumen: :thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup:

    2.

    Charles Dickens – Die Geschichte von den Kobolden, die einen Totengräber stahlen (The Story of the Goblins Who Stole a Sexton)

    Der boshafte Totengräber Gabriel Grub (er erinnert ein wenig an Ebenezer Scrooge) bekommt, was er verdient: nämlich eine Nacht in der Gesellschaft abgefeimter Kobolde, die ihn ordentlich piesacken. Zwar überlebt er dieses Rendezvous, bleibt aber für den Rest seines Lebens ein gezeichneter Mann. – Ursprünglich das 29. Kapitel aus Dickens’s Roman Die Pickwickier.

    3 von 5 Daumen: :thumbup::thumbup::thumbup:

    3.

    Einen Fall von „dumm gelaufen“ präsentiert uns Mrs. Baldwin. Sie bedient sich einer ebenfalls populären Parole, nämlich, dass man mit Geistern bessern keine Späße treibt, – es könnte tödlich enden:

    Louisa Baldwin – Original und Fälschung (The Real and the Counterfeit)

    Ein junger Bursche hat sich – die Eltern sind vor dem Winter in Northumberland gen Süden geflüchtet – zwei Freunde auf den elterlichen Stammsitz eingeladen. Gemeinsam verbringt man die Feiertage bei Schlittenfahrten, gutem Essen und traulichen Gesprächen. Letztere kreisen natürlich bald um Gespenster. Tatsächlich wurde das Haus auf den Resten eines alten Zisterzienserklosters errichtet. Und in gewissen Vollmondnächten lässt sich das Gespenst eines Mönchs sehen … Und falls nicht, kann man dem ja nachhelfen. Denkt sich jedenfalls einer der jungen Männer, der felsenfest vorgibt, nicht an Geister zu glauben!

    3 von 5 Daumen: :thumbup::thumbup::thumbup:

    4.

    Inspiriert von M. R. James „The Stalls of Barchester Cathedral“ scheint diese Geschichte zu sein, die sich vor dem Hintergrund von Modernisierungen in einer anglikanischen Kirchengemeinde in Essex abspielt.

    David G. Rowlands – Gebal, Ammon und Amalek (Gebal and Ammon and Amalek)

    Abermals ein Mann, der Küster, Totengräber, Glöckner und Chorsänger in Personalunion ist. Er, der Hochbetagte, kennt noch die alten Zeiten – und ging einst, als Kind, einen fürchterlichen Bund mit drei biblischen Figuren – Gebal, Ammon und Amalek – ein, welche die Grabplatte eines lokalen Prominenten zieren. Dieser aber, der dem Ort mit seiner Marmeladenproduktion zu Wohlstand verhalf, hatte alles andere als eine reine Weste … Und der besagte Bund erfährt nun, angesichts der ungeliebten Neuerungen in der Gemeinde, neues Blut … Altes Testament, die Church of England, ein Marmeladenfabrikant und ein kindliches Drama vereinen sich zu einer wilden Mischung. Nicht uninteressant.

    4 von 5 Daumen: :thumbup::thumbup::thumbup::thumbup:


    Dalby, Richard (Hrsg.): Geister zum Fest. Weihnachtliche Gruselgeschichten.

    Knaur. München 1992. Aus dem Englischen von Stefan Troßbach


    Eine jahreszeitlich passende Empfehlung stellt die Sammlung weihnachtlicher Gruselgeschichten Geister zum Fest dar, im englischen Original: Ghosts for Christmas (1988). Ihr Herausgeber, Richard Dalby (1949 – 2017), war in seiner englischen Heimat eine Kapazität auf dem Gebiet der Ghost Story und dürfte dort bekannter sein als bei uns. Allerdings sind auch in hiesigen Verlagen mehrere seiner Anthologien erschienen; die Titel sprechen für sich: Eiskalte Weihnachten, Kein Friede auf Erden oder O du grausame Weihnachtszeit


    Dass Gespenstergeschichten in England quasi ein nationales Kulturgut sind, ist bekannt, vor allem erfreuen sie sich zur Weihnachtszeit traditionell großer Beliebtheit. Die Auswahl setzt sich daher zu einem nicht geringen Teil aus Beiträgen zusammen, die ursprünglich in den Weihnachtsausgaben britischer Magazine erschienen, etwa J. Sheridan Le Fanus „Der Totengräber“ („The Dead Sexton“), 1871 veröffentlicht in Once a Week, oder Algernon Blackwoods „Der Seesack“ („The Kit-Bag“), welche das Pall Mall Magazine Weihnachten 1908 brachte. Insgesamt erstreckt sich der von Dalby berücksichtigte Zeitraum ungefähr zwischen dem mittleren/späten 19. und dem mittleren 20. Jahrhundert; mit Ramsey Campbell ist jemand an Bord, der sogar heute noch tätig ist. Sein „Weihnachtsgeschenk“ („The Christmas Present“) schrieb er im Dezember 1969 für BBC Radio Merseyside. Diese kurzen Infos eingangs jeder Geschichte sind recht hilfreich, wenngleich eine durchgängige und genaue Quellenangabe wünschenswert gewesen wäre.


    Über die Qualität und die Natur einer solchen Auswahl lässt sich wie immer trefflich streiten. Zumindest bin ich nur über wenig Bekanntes gestolpert und der Anteil der Neuentdeckungen (weniger an AutorInnen denn an Geschichten) ist für mich recht hoch. Ein spontaner Abgleich mit einigen einschlägigen deutschen Veröffentlichungen lässt vermuten, dass dies nicht nur eine persönliche Einschätzung ist.

    Es folgt das Inhaltsverzeichnis, – frohe Weihnachten! [Gho]


    Jerome K. Jerome – Unsere fröhliche Geisterschar (Our Ghost party)

    Charles Dickens – Die Geschichte von den Kobolden, die einen Totengräber stahlen (The Story of the Goblins Who Stole a Sexton)

    Mark Lemon – Das Gespenst als Detektiv (The Ghost Detective)

    Joseph Sheridan Le Fanu – Der Totengräber (The Dead Sexton)

    Robert Louis Stevenson – Markheim (Markheim)

    Sir James M. Barrie – Das Heiligabend-Gespenst (The Ghost of Christmas Eve)

    Louisa Baldwin – Original und Fälschung (The Real and the Counterfeit)

    Mrs. B. M. Croker – Nummer Neunzig (‘Number Ninety’)

    John Kendrick Bangs – Thurlows Weihnachtsgeschichte (Thurlow’s Christmas Story)

    Elia W. Peattie – Liebes kleines Gespenst (Their Dear Little Ghost)

    Grant Allen – Der Turm von Wolverden (Wolverden Tower)

    Bernard Capes – Ein Geisterkind (A Ghost-Child)

    Algernon Blackwood – Der Seesack (The Kit-Bag)

    E. Nesbit – Der Schatten (The Shadow)

    Elinor Glyn – Das Gespenst von Irtonwood (The Irtonwood Ghost)

    E. G. Swain – „Grabet und ihr werdet finden“ (Bone to his Bone)

    Algernon Blackwood – Übergang (Transition)

    R. James – Die Geschichte eines Verschwindens und eines Erscheinens (The Story of a Disappearance and an Appearance)

    Marie Corelli – Der Mönch und der Engel (The Sculptor’s Angel)

    Hugh Walpole – Der Schnee (The Snow)

    A. M. Burrage – Smee (Smee)

    Marjorie Bowen – Das Rezept (The Prescription)

    J. B. Priestley – Der Dämonenkönig (The Demon King)

    H. Russell Wakefield – Der Weihnachtsbaum (Lucky’s Grove)

    George H. Bushnell – Ich werde die geeigneten Vorkehrungen treffen (‘I Shall Take Proper Precautions’)

    Rosemary Timperley – Weihnachtsbekanntschaft (Christmas Meeting)

    L. P. Hartley – Der Mann im Lift (Someone in the Lift)

    Ramsey Campbell – Das Weihnachtsgeschenk (The Christmas Present)

    Daphne Froome – Weihnachtszauber (Christmas Entertainment)

    David G. Rowlands – Gebal, Ammon und Amalek (Gebal and Ammon and Amalek)

    Das Ende der Träume - Hörspiel über Bruno Schulz

    Düstere Angelegenheit …


    Dass die Fragmente aus Schulz' Erzählungen ihm während seines Todeskampfes noch einmal zu Bewusstsein kommen, habe ich nicht kapiert bzw. nur aus der Beschreibung herauslesen können. Diese (leicht) experimentelle Herangehensweise im Höspiel – das ist und bleibt für mich eine Gratwanderung.

    Ich habe diesen Thread bisher mit Interesse verfolgt. Von einem Erwerb des Buchs sehe ich freilich aufgrund der Herausgeberschaft ab. Lars Dangel hat es geschafft, die ohnehin überschaubare Szene der Begeisterten für die (ältere) deutschsprachige Phantastik völlig unnötig durcheinanderzuwirbeln.


    Dangel hat – einst – sowohl mit Robert N. Bloch als auch mit Mirko Schädel kooperiert (oder sie mit ihm, wie auch immer): Belege finden sich in im Arcana-Magazin und in den VÖ der Achilla-Presse. Wie es dann zur Kehrtwende kam, weiß ich natürlich nicht. Nur so viel:


    Ich bin damals auf Eric, nach Erscheinen der CL-Neo-Ausgabe "Haunted Houses", zugegangen und habe ihm meine Fassungslosigkeit geschildert angesichts des Artikels "Chancen und Scheitern", in dem Dangel Blochs Verdienste um die dt. Phantastik und speziell seine Bibliografie fulminant abwatscht. Mit bewundernswerter Akribie werden hier Blochs Fehler nachgerechnet (die bei so einem Werk natürlich sind und die durch das Nachtragsheft tw. korrigiert wurden) – was freilich immer eine dankbarere Aufgabe ist, als die Fehler selbst zu begehen. Lars Dangel ist jedoch selbst nicht davor gefeit, beinhaltet sein Text wiederum Fehler und wird also dem vermessenen Anspruch nicht gerecht.


    Das gilt denn auch für die Anthologie "Wahngebilde", die behauptet "13 verlorene, phantastische Schätze aus dem 19. Jahrhundert" zu präsentieren, die angeblich "nun erstmals wieder in Leserhände gelangen": eine bewusste oder unbewusste Falschbehauptung, da einige der Texte zum Zeitpunkt der VÖ längst im Netz digitalisiert vorlagen oder in anderen Publikationen der letzten Jahrzehnte greifbar waren (und es auf dem antiquarischen Buchmarkt noch sind – was von "Wahngebilde" nicht behauptet werden kann). Bei Interesse können wir dazu gerne einen eigenen Thread aufmachen.


    Was muss man nun lesen – in dem Dressler-Buch geht es mit dieser Verstiegenheit anscheinend munter in dem Geleise weiter … sehr bedauerlich.

    derTraeumer

    Prima, vielen Dank für diese Darstellung. Auch diese einzelnen Punkte kommen der Lektüre des Romans zugute, wie ich finde. Sehr interessant die Erwähnung des Kapitels „Something from Above“, das zu lesen sich gewiss lohnt (selbst wenn es letztendlich doch aus dem Rahmen gefallen ist).


    Und ich möchte Andreas Fliedners Nachwort der deutschen Ausgabe ins Spiel bringen, das weniger den Entstehungsprozess nachzeichnet (das macht Joshi), sondern die Charakteristik des Werks erläutert – jedenfalls unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sein Autor gerade einmal Anfang 20 war. Vor allem Fliedners Betonung der stark bildhaftig aufgeladenen Passagen – comicartig, wie er schreibt – erscheint mir bedenkenswert. Über die enge Verzahnung von Pulp Fiction und Comics ist gewiss schon anderswo jede Menge geschrieben worden. Aber wo?

    Sehr attraktiv ist nämlich ein Doppelband mit einer Erzählung genannt Invisible Sun

    Soviel zur Antwort auf deine Frage Cheddar Goblin , warum die Fedogan & Bremer Ausgabe deutlich mehr Seiten hat.


    Katla Das Hopplahopp, wie du es so schön nennst, ist eines der notorischen Merkmale der Mythos-Schreiberei oder auch des Pastiches. Wandrei ist durch seinen Titanen-Roman wie durch eine lovecraftsche Salatbar marschiert und hat sich mal hier, mal da bedient. Das kann unterhaltsam sein, es schmeckt nur eben nicht nach Lovecraft, der selbst ein so unkonventioneller Autor und Stilist war, dass man – wollte man ihn wirklich kopieren – auch vor unpopulären Längen oder stilistischen Extravaganzen nicht zurückschrecken dürfte. Wandreis hemdsärmelige Bezugnahme auf The Call of Cthulhu ist in seiner Unbeschwertheit erfrischend naiv, wenn wir bedenken, wie sorgfältig aufeinander abgestimmt Lovecraft diese Erzählung ausgeführt hat.


    Ich betone jedoch, dass ich immer bereit bin, Sachen aus dem originalen Lovecraft-Kreis bevorzugt zu lesen, weil hier der Zusammenhang stimmt. Das trifft auf Wandrei besonders zu, der nicht nur mit Lovecraft korrespondiert, sondern auch tatkräftig an dessen posthumen Ruhm mitgearbeitet hat.


    Wäre „Dead Titans, Waken!“ das Werk eines heutigen Autors – ich hätte ähnlich schnell abgebrochen wie Katla oder mich ähnlich zurückhaltend wie Cheddar Goblin dazu geäußert. Die Festa-Ausgabe habe ich mir dann noch einmal zugelegt, weil ich finde, dass die Geschichte in der Form (Vorsatzpapier, Lesebändchen, angenehmer Satz) noch einmal angehoben wird. — Ja, auch solche (eigentlich unliterarischen) Dinge beeinflussen meine Aufnahme; ich bestreite es nicht …

    Hast du eventuelle genauere Informationen zu den Unterschieden

    Ich selbst habe „The Web of Easter Island“ nicht gelesen und kann mich daher nur auf Joshis Ausführungen berufen. Allein textmengenmäßig unterscheiden sich die Versionen. Insofern, dass nämlich „The Web of Easter Island“ um 35.000 Wörter verlängert wurde – ob das eine Verbesserung bedeutet, stellt zumindest Joshi in Frage. Ansonsten hat Wandrei einzelne Kapitel umgestellt und auch stilistisch Hand angelegt – freilich zu einem Zeitpunkt (1946/47), als er schon kein besonders rühriger Schriftsteller mehr war. – Auch das merkt Joshi an.


    Ich kann deine Kritik nachvollziehen und lese daraus, dass das Buch nicht besonders gut gealtert ist: sicher, mit vielem, was Wandrei damals ersonnen hat, ist man heutzutage mehr als vertraut. Ich habe es mir jedoch angewöhnt, solche Antiquitäten dezidiert mit einem historischen Bewusstsein zu lesen … und bin daher vielleicht ein wenig milder gestimmt.


    Besonders eindrucksvoll erscheint ein unterirdisches Massengrab, das sich als Zeitfalle der gesamten Menschheitsgeschichte entpuppt.

    Aber das ist doch cool, oder?


    Wie auch immer: weitere Einschätzungen würde wir gerne zur Kenntnis nehmen, nicht wahr Cheddar Goblin ?