Das ist eine gut nachvollziehbare Trennung der beiden - wenn man so will - Arten des Horrors. Ich denke aber dennoch, dass sie miteinander verwoben sind an der Stelle, wo der Mensch gar nicht aus der Gleichung herausgestrichen werden kann, weil es ja darum geht, wie kosmischer Horror erlebt wird - und ohne Subjekt ginge das ja nicht. Selbst Lovecraft kommt nicht ohne Protagonisten aus, die zumindest rudimentär vorhanden sein müssen, um sein Konzept durchexerzieren zu können.
Und da hatte ich es im Interview auch so verstanden, dass Illger dies meint, wenn er kosmischem Horror ein politisches Moment zuschreibt. Dass nämlich Phänomene, die einem eher sozialrealistischen Plot zugerechnet werden müssten (z. B. Wohnungsnot), vom Menschen erlebt werden können wie kosmischer Horror. Das finde ich einen guten Punkt, denn es stimmt natürlich, wie du schon sagst: soziale Umwelt ist menschengemacht und somit immer veränderbar, aber dies spielt in der Wahrnehmung des vergesellschafteten Menschen ja in den überwiegenden Fällen keine Rolle. Wenn man sich Umfragen ansieht, kann man ja erkennen, dass viele Menschen unsere soziale Umwelt als unveränderbar und ihnen gegenüber indifferent erleben. Das ginge dann in Richtung capitalist realism. Da die Connection zum kosmischen Horror zu suchen, finde ich überhaupt nicht abwegig. Deinen Punkt, dass beides auf der abstrakten Herleitungsebene nicht vereinbar ist, finde ich logisch und davon unberührt.
Wenn wir "Sozialstrukturen" sagen, klammert das Weniges ein (andere Menschen, ggfs. nicht mal alle; und ggfs. ausgewählte Lebewesen wie Haustiere) und extrem Vieles aus: im Grunde die gesamte weitere Natur.
Dem würde ich im Übrigen nicht zustimmen, aber das wäre dann eine sozialwissenschaftliche Fachdebatte, die man nicht führen muss. Es gibt jedenfalls genügend Ansätze, die auch materielle Umwelt in der Analyse sozialer Verhältnisse berücksichtigen.