Auf die ‚Basement Tales 9: Last Exit‘ habe ich mich schon lange
gefreut und es ist wieder großartig geworden. Dieses Mal gab es
insgesamt 13 Texte, einige etwas länger, andere etwas kürzer, aber
alle schaffen es, die Leser in abgefahrene Situationen mitzuführen.
Mir hat die Abwechslung der Genres sehr gut gefallen. Ständig kam
wieder eine neue Überraschung dazu, was beim Lesen wirklich viel
Spaß gemacht hat.
Der Band fängt an mit einer Geschichte von
Faye Hell ‚Wenn möglich, bitte
wenden‘.
Die
Geschichte wird von einer Ich-Protagonistin erzählt. Als Leser
erfährt man ziemlich schnell, dass sie mit dem Auto unterwegs ist,
aber sonst wird man ein wenig im Dunkeln gelassen. Nach und nach
kommen Details und Gedanken dazu und entdeckt, wo wir uns befinden
und was eigentlich genau los ist. Durch diesen
langsamen,
aber spannenden
Aufbau bleibt die Geschichte von Anfang bis Ende spannend.
Danach folgt
‚Last Exit‘ von Axel
Hildebrand.
Darin handelt es sich um eine junge Frau, Leonie, die entscheiden
muss, ob sie ihren Vater, der schon lange in Koma liegt, maschinell
am Leben erhalten möchte oder nicht. Die Geschichte ist großartig
geschrieben, aber das Ende ist unglaublich fies. Ich habe wirklich
von Anfang an mit Leonie mitgefiebert, mich manchmal aber auch
gefragt ‚warum?‘. Man merkt halt, wie sie langsam verzweifelt und
hat keine Ahnung, wie das Ganze enden wird. Aber egal was man sich
vorgestellt hat, was dann tatsächlich passiert, haut einen einfach
um.
Mit
‚Flamme gut - alles gut‘ von
Carsten Steenbergen geht‘s
dann eher in die Fantasy-Richtung. Mosley Spencer arbeitet bei der
Fortuner Beleuchtungskompanie, aber während der Arbeit wird er von
irgendetwas angegriffen, was zur Folge hat, dass er durch eine Art
Tor hindurchgeht und in eine Bibliothek landet. Da wird er von einem
Magier begrüßt und zusammen müssen sie versuchen, die Kreatur zu
fangen, bevor es allzu viele Schaden anrichtet. Insgesamt eine
schöne, spannende Geschichte mit einigen humorvollen Elementen.
‚The Last Exit‘ von Lee Hollis
ist
dann wieder etwas total anderes und ich muss zugeben, dass ich nicht
ganz damit klargekommen bin. Ich werde es wahrscheinlich noch einige
Male lesen müssen, um irgendwie zu verstehen, was mir der Text sagen
will. Es handelt sich um eine Person, die in der Geschichte
verschiedene Räume durchläuft, ständig begleitet von 7th
Eye
und irgendwie werden die Räume immer abgefahrener. Es war schon
interessant zu lesen, aber ich war irgendwie den ganzen Text durch
leicht verwirrt.
Die
Geschichte von Christian
von Aster
aber ‚Der
Besuch bei der alten Dame‘
war dann wieder ganz gut zu folgen. Hendrick Belger geht auf Besuch
bei einer alten Dame, weil er und seine Frau gerne ihr Beet im
Gemeinschaftsgarten übernehmen wollen. Es liest sich wie ein ganz
gemütliches Gespräch, aber was sich dabei offenbart, ist ziemlich
erstaunlich. Dieser Text macht wirklich gute Laune. Die
alte Dame war mir sehr sympathisch, der Text super geschrieben und
genial aufgebaut.
‚Fluchtweg
Wurmloch‘ von Sedlmeir
ist ein kurzes, aber kräftiges Gedicht. Mir hat es gut gefallen.
Darauf
folgt ‚Penis
Parvus‘ von Lina Thiede.
Die Geschichte habe ich noch immer im Kopf und das wird auch eine
Weile so bleiben. Man befindet sich in einer Welt, wo die Frauen die
absolute Macht und die Männer gar nichts zu sagen haben. Die Frauen
bringen Kinder zu Welt und wie mehr Kinder sie bekommen, wie höher
ihr Status. Die Männer dagegen arbeiten und sind die Sklaven der
Frauen. In der Geschichte lernen wir Cord kennen und wie sein Leben
aussieht. Es ist haarsträubend und das Ende extrem dramatisch. Beim
Lesen hat mich die ganze Gesellschaft ziemlich angeekelt. Es ist eine
Welt, in der ich nicht leben möchte. Die Art und Weise, wie man
miteinander in dem Text umgeht, tut einfach nur weh. Ich habe von
Anfang bis Ende mitgefiebert und konnte mit dem Lesen nicht aufhören.
Ich
war zur selben Zeit fasziniert und wollte das Heft eigentlich nur
noch gegen die Wand schleudern. Lina Thiede schafft es, ihre Leser
voll und ganz abzuholen, sie in einer vollständig anderen Welt
hineinzuversetzen und sie erst wieder loszulassen, lange nachdem sie
die letzten Buchstaben gelesen haben. Für
mich persönlich eine der stärksten Geschichten des Heftes.
Hans
Gerhards ‚Protokoll des Himmels‘
war dann wieder ein total anderer Text. Ich bin leider nicht so
wirklich damit klargekommen, obwohl es ganz gut geschrieben war. So
wie ich es verstanden habe, handelt es sich um eine Expedition. Die
Teilnehmer hängen in einem Luftschiff über eine Insel und schauen
sich an, was da unten passiert. Langsam aber verfallen sie selber den
Wahnsinn. Es ist ein interessanter Text, aber hat mich nicht wirklich
begeistern können.
‚Warum
hat Onkel Ralf Spülhände?‘ von Jens Schumacher
fand ich dann
wieder
genial. Ein
kleines Mädchen soll eigentlich schlafen gehen, aber will noch
nicht. Sie will unbedingt, dass ihr Vater noch eine
Gutenachtgeschichte erzählt und wenn sie dann die Frage ‚Warum hat
Onkel Ralf Spülhände?‘ stellt, gibt er nach. Man kann sich schon
vorstellen, dass die Geschichte nicht so harmlos wird. Der Text ist
ziemlich kurz, aber macht unheimlich viel Spaß.
Und
auch die Geschichte von Luci
van Org ‚Bukkake‘
habe ich gerne gelesen. Es gibt eigentlich zwei Handlungsstränge.
Auf der einen Seite lernen wir Peter und Mary Rose kennen, die eine
Wette abschließen und auf der anderen Seite gibt‘s Leo und Jenny,
die gemeinsam das
‚Xtasis‘, einen
Sexclub,
besuchen. Dazu
kommt noch eine Prise Impfskepsis und am Ende läuft alles aus dem
Ruder. Es
ist eine unterhaltsame, humorvolle, aber auch ein wenig böse
Geschichte. Mir hat es sehr gut gefallen.
‚Der
Reißverschluss‘ von Germaine Paulus
ist die letzte Geschichte, bevor das Bonuslevel anfängt. Es handelt
sich um einen Mann, Gregor Sumsa, der eines Morgens aufwacht und
merkt, dass ein Reißverschluss über sein Körper läuft. Er
versucht mit der Situation klarzukommen, was aber nicht so super
gelingt. Ich fand‘s eine tolle Geschichte, richtig gut geschrieben,
ein wenig absurd, aber es stimmt auf jeden Fall nachdenklich. Man
kann es als reine Unterhaltung lesen, aber man kann sich auch tiefer
mit den Geschehnissen auseinandersetzen, was die Geschichte noch
besser macht.
Eigentlich
sollte das Heft hier zu Ende sein, was man daran merkt, dass die
Autoren, Illustratoren und die Lektorin vorgestellt werden. Wenn man
aber weiterblättert, trifft man plötzlich auf einer Seite mit der
Aufschrift ‚Bonuslevel‘.
Dahinter verstecken sich noch zwei
Texte,
nämlich ‚Schrödingers
Bigfoot‘ von Michael Endres
und ‚Das
letzte Wort‘ von Germaine Paulus.
Diese beiden Geschichten haben mir sehr gut gefallen.
In
‚Schrödingers
Bigfoot‘
wacht der Protagonist morgens in einem Wald auf, steckt in einem
Bigfoot-Kostüm und versucht sich zu erinnern, wie er in dieser
Situation gelandet ist. Es war lustig und traurig zur selben Zeit.
Das Ende fand ich ganz spannend und ich hatte gerne noch
weitergelesen.
‚Das
letzte Wort‘
ist dann wirklich die allerletzte Geschichte des Heftes und handelt
sich um vier Personen, die versuchen, Bazaza, einen Dämon, zu
beschwören. Natürlich läuft alles anders als erhofft. Ich hatte
beim Lesen ganz viel Spaß. Die Dynamik zwischen den Protagonisten
und das großartige Ende haben mir super gefallen.
Insgesamt
habe ich mich sehr über die Texte im 9. Band der Basement Tales
gefreut. Einige haben mir besser gefallen als andere, aber alle waren
gut ausgearbeitet und toll geschrieben. Ich
bin wirklich sehr froh, dass es diese Heft-Reihe gibt, weil man
ständig wieder neue Autoren und Stile entdeckt. Ich warte schon voll
Spannung auf die ‚Basement
Tales 10‘.