Der Pitch
Die Geschichte ist humorvoll, aber auch blutig. Sie spiegelt in überspitzter Form die heutige Zeit wider. Schön, dass in ihr eine beruflich erfolgreiche Frau die Hauptrolle spielt, die zumindest theoretisch die Möglichkeit hat, Beruf und Kind miteinander zu vereinbaren, sogar als Alleinerziehende.
In einer beruflich wichtigen Webcam-Konferenz bzw. Pitch offenbart sich, dass das in der Realität alles andere als leicht ist. Nicht nur, dass niemand anderes da ist, der sich während der Webcam-Präsentation um das Kleinkind kümmern kann, so dass die Frau es allein bzw. parallel zu erledigen hat, das Kleinkind möchte nicht schlafen und kommt zur Mutter an den Computer (allerdings bleibt es ruhig), schlimmer ist in dem Moment vielmehr, dass die Technik, hier: die schlechte Internetverbindung auf dem Land, auf schicksalhafte, dämonische Weise streikt.
Die Internetverbindung bricht immer wieder nach kurzer Zeit ab, was zu einer beruflichen Katastrophe zu führen scheint, weil die Webcam-Präsentation extrem wichtig für die Firma ist und damit auch für die berufliche Zukunft der Frau. Erst als die Frau durch Zufall (sic!) herausfindet, wie sie die Internetverbindung am Laufen halten kann, bringt sie ihren Part erfolgreich über die Bühne. Der Preis, den sie dafür zahlt, ist hoch (... zu hoch?).
Mir hat die Geschichte gut gefallen. Die Modifizierung eines bekannten Motivs ist gut gelungen.
Den unterschiedlichen Anführungszeichen bei den Dialogen nach scheint die Geschichte auf zwei Computern geschrieben bzw. überarbeitet worden zu sein. Der Wechsel bei den Anführungszeichen-Arten fällt zwar auf, aber kommt nur manchmal vor und stört nicht weiter. (Es verwundert nur, da Zwielicht 15 zwei Herausgeber und ein vierköpfiges Lektoren-Team hatte.)
Die Autoreninfo am Ende von Zwielicht 15 ist unterhaltsam geschrieben. Laut Info handelt es sich bei der Veröffentlichung in Zwielicht 15 um die erste Publikation des Autors, obwohl er davor schon Kurzgeschichten und Novellen geschrieben hat. Die in der Info genannte Internetadresse funktioniert nicht (mehr), aber verrät offenbar den echten Nachnamen des Autors. Via Internetsuche scheint er über diesen echten Namen zu finden zu sein. Zumindest zwei der Treffer passen inhaltlich und vom Schreibstil/ Humor zur Autoreninfo.
Über seinen Autoren-/ Zwielicht 15-Namen gibt es unter anderem einen Autoren des dtv zu finden, dessen Infos aber nicht mit der Zwielicht 15-Autoreninfo übereinzustimmen scheinen (der dtv-Autor ist aus irgendeinem Grund nur über die Suche zu finden und nicht in der dtv-Autorenliste).
Seinem (damaligen?) Wohnort (und seinem Fahrradweg) nach könnten der Autor und ich uns theoretisch schon mal im real life über den Weg gelaufen sein, aber sein Foto im Internet und seine Namen kommen mir spotan nicht bekannt vor.