Beiträge von Pinkgogo

    Übermorgen geht es passend zum Jubiläum los mit Lovecraft Lore, dem cthulhoiden Newsletter der Deutschen Lovecraft Gesellschaft. Tagesaktuell erhalten die Abonennt*innen Informationen über Ereignisse, die sich in verschiedenen Lovecraft-Erzählungen ereignen. Wann reiste der Student Olmstead nach Innsmouth? Wann entdeckte die Expedition der Miskatonic University die Berge des Wahnsinns? Wann wurde der Hexenmeister Joseph Curwen geboren?


    Das und vieles mehr erfährt man im kostenlosen Newsletter Lovecraft Lore. Zur Anmeldung geht es hier: https://www.deutschelovecraftg…aft.de/verein/newsletter/

    Hallo zusammen,


    die Deutsche Lovecraft Gesellschaft e. V. (dLG) feiert 2024 ihr zehnjähriges Bestehen. Passend dazu erarbeitet der Verein grade ein Rahmenprogramm, das sowohl Vereinsmitglieder als auch solche, die es noch werden wollen, zum gemeinsamen Feiern einlädt.


    Erste Infos, was das Jubiläumsjahr zu bieten hat, gibt es auf dieser Seite: https://www.deutschelovecraftg…de/verein/zehn-jahre-dlg/

    Die Seite wird fortlaufend aktualisiert. Wer sie nicht selbst im Blick haben möchte, sollte sich für den Newsletter anmelden: https://www.deutschelovecraftg…aft.de/verein/newsletter/

    Hallo zusammen,


    im Kunstpalast Düsseldorf startet demnächst eine Sonderausstellung zum Thema Tod & Teufel. Sponsor der Ausstellung ist die Männermodefirma Mey & Edlich, die die Ausstellung mit umfangreichem Rahmenprogramm versehen. Zu diesem Rahmenprogramm gehört auch der Podcast Memento Macabre: Der Mey & Edlich Podcast über Tod und Teufel, bei dem ich eine der beiden Sprechenden bin. Insgesamt soll der Podcast 12 Folgen haben, bei der sich jede Folge einem eigenem Thema widmet.


    Wer möchte, kann hier einmal reinhören: https://www.mey-edlich.de/tod_und_teufel/podcast

    Hi Katla,


    entschuldige die späte Antwort - am Wochenende war in Bonn die FeenCon und ich war voll eingebunden. Daher komme ich erst jetzt dazu, deinen Kommentar zu lesen und darauf einzugehen. Leider kann ich nur kurz und knapp antworten, da ich wieder auf dem Sprung bin :/

    Ich bin ein Kind der 80er und der Politik der 90er: Ich kann mich derart kritisch nur zu Dingen äußern, die mich betreffen, weil ich sonst mit Annahmen und Erfahrungen operieren muss, zu denen ich keine Berechtigung habe.

    Ich sehe, wo du hier herkommst, habe aber da schon eine andere Meinung. Vielleicht aber auch nicht. Sich kritisch zu äußern über Dinge, von denen man nicht betroffen ist, ist sicherlich so eine Sache. Betroffene sollten immer den Vortritt haben. Gleichzeitig finde ich, dass man sich nicht ganz aus der Diskussion entziehen kann, weil man nicht betroffen ist. Denn dann kochen alle ihr eigenes Süppchen und es wäre bspw. schwer, Synergien aufkommen zu lassen. Aber daher schreibst du auch "derart kritisch" (glaube ich zumindest). Mir ist nur wichtig zu betonen, dass ich dennoch diese Aspekte des SR gerne mitdenken wollen würde.


    Was ich generell ablehne, sind präskriptive Eingriffe

    Das ist für mich immer der größte Haken - denn ich sehe noch nicht ganz, dass das passiert. Meines Wissens ist SR immer ein Angebot. Niemand pfuscht im Text rum, sondern es werden Anmerkungen gemacht. Die kann ich annehmen oder es lassen.


    Ich denke nicht, dass es sinnvoll ist, von Kultur eine Repräsentation zu verlangen - imA geht das von falschen Annahmen aus und es nimmt Kultur (in diesem Falle Literatur) als Vehikel für Politik und das ist letztlich Propaganda. Auch, wenn es vielleicht Propaganda für etwas ist, das ich im sozialpolitischen Bereich (Gesetzgebung, Ausbau öffentlicher Orte zwecks Zugänglichkeiten etc. p.p.) sehr begrüße. Ich denke nicht, dass Kultur (Musik, Literatur, Film, Malerei, Skulptur ...) der geeignete Austragungsort für politische Umwälzungen ist.

    Naja, sich das zu wünschen, heißt aber noch nicht, dass es so ist. Um mal zwei absolut konträre Beispiele zu nennen: James Joyce' Ulysses ist ein literarisches Nationaldenkmal mit explizit politischem Inhalt. Ebenso ist es aber auch mit The Birth of a Nation. Und beide haben nun einmal bedeutende Fußstapfen in ihren jeweiligen Kulturen und vor allem auch den Lebensrealitäten vieler Menschen hinterlassen. Und du nennst später ja selbst Beispiele, die du als sozialpolitisch interessant empfindest.


    Nein, nicht unbedingt schlecht, aber problematisch.

    "Problematisch" gebe ich dir. Aber auch dein "nicht unbedingt schlecht" ist mir sehr wichtig. Denn da triffst du eigentlich genau das, worum es mir geht: SR ist kein Keksförmchen, wo eins für alles verwendet wird. Es ist nun einmal jedes Mal eine individuelle Abwägung (also individuell sowohl auf den jeweiligen Text als auch die Person, die das SR vornimmt) bezogen. Daher auch mein Punkt, dass es immer Schwarze Schafe gibt - aber deswegen nicht das ganze Prinzip in die Tonne gehört. Ich glaube, dass wir da nicht vergessen dürfen, dass auch einfach vieles noch im Wandel ist. Keine Ahnung, wie wir das in 20, 50, 100 Jahren bewerten.


    ich habe keine Bedenken, SR könnte mir "schöne Dinge kaputt machen", genau im Gegenteil. Was ich in Kultur suche, ist Transgression.

    Das war aber das, was ich mit "schöne Dinge kaputt machen" meinte. Das war quasi ein Container von was auch immer du gerne in der Kultur hättest und von SR bedroht siehst. In dem Fall wäre das dein metaphorisches Kaleidoskop. Das klarzustellen ist mir deswegen sicher, weil SR eben nicht die Aufgabe hat (und ich bisher auch nicht sehe, dass das passiert), die Konflikte, Grenzüberschreitungen, etc wegzuschreiben. Aus SR entsteht nicht wirklich eine schöne Literatur im Sinne von "brav", "ästhetisch", "lieb", "alle mögen sich".


    Relativ aktuell: Titane von Julia Ducournau. Minus der Schwangerschaftsproblematik (die am letzten Drittel thematisch das Spekulative nicht gebraucht hätte) hat mich lange kein Film so begeistert, weil er extrem frei exploriert und dabei handwerklich extrem strukturiert ist. Der Film - vor allem das Intro - zeigt mir, welche Bandbreite an Identitäten und Begehren möglich sind, und das sind Themen / Emotionen, die ich einerseits nachvollziehen kann, aber die mich andererseits infrage stellen und mich fordern: als Pansexuelle, als Frau ... sogar als Mensch.


    Genau sowas will ich.

    Genau so etwas sollst du auch weiterhin haben. Ich sehe nicht, wie SR das gefährden würde. Ich sehe ein, dass es da durchaus Diskussionen gibt, ob der Film problematisch ist. Und es ist auch spannend zu hören, mit welchen Diskussionen sich ein Filmfestival herumschlagen muss. Aber das ist ja der Punkt: Es sind Diskussionen, die geführt werden und die geführt werden müssen. Die diesen und andere Filme einer kritischen Untersuchung unterziehen und damit auch unser Denken ein Stück weit anregen und befördern - denn genau solche Kritik regt so manche Leute erst einmal zum Nachdenken an, was sie selbst eigentlich vom Film halten. Ganz wichtig ist aber: Titane gibt es. Der Film wurde nicht zensiert. Und du schreibst, man "hätte euch gern verboten [...]" - woraus ich schließe, dass ihr euch nicht habt verbieten lassen. Das sind ja die besten Beispiele, dass diese Stimmen (zumindest in diesen Fällen) nicht stark genug waren - aber ich fände es ebenso schade, die Diskussion, die sie mitgebracht haben, zu unterbinden. Denn wie gesagt: Auch das regt das eigene Denken an.


    Eigentlich sind wir beide, unsere Diskrepanzen hier im Faden, das beste Beispiel gegen SR. Stell dir vor, wir wären fiktionale Figuren eines Heteromannes. Wie hättest du "dich" (die Figur) und dann "mich" (die Figur) als S-Readerin behandelt? Die Erfahrungen "deiner" Figur würdest du sicher durchwinken - weil alles, was du erlebt hast, diese Figur unterstützte. Und bei mir? Wenn du mich als reale Person schon mit offensichtlichen Zweifeln fragst, ob ich mal genauer nachgedacht habe?

    Nee, das sehe ich absolut nicht so. Dieses Gedankenbeispiel hat für mich, ehrlich gesagt, nichts mit SR zu tun. Denn ich finde bisher nix problematisches. Ich sehe hier nicht, dass irgendwelche marginalisierten Gruppen im Negativen stereotypisiert werden und Slurs habe ich auch keine mitbekommen. Von daher ist die Diskussion vor dem Hintergrund eines SRs für mich absolut uninteressant - egal, was meine persönlichen Erfahrungen sind.


    Aber ja, ein persönliches Gespräch würde uns hier erhebliche Umwege ersparen :D Und den Austausch voranbringen.


    Liebe Grüße,

    Rahel

    Gespräche aus 35 Jahren Interaktion mit der feministischen Szene

    Fair enough, sorry - da habe ich mich verlesen. Danke für die Einordnung!



    Ich höre dich schon sagen: Ja, was ist das denn alles für ein Scheiß? Wer sagt denn sowas?

    Da hörst du ganz richtig :D Ich möchte da direkt kurz einhaken:

    1. Das ist nicht meine Realitätserfahrung. Nichts davon. Aber wie gesagt - ich treibe mich auch nicht aktiv in "der" Szene herum (die aber von dem, was ich daraus höre, auch überhaupt nicht so heterogen ist, wie du es für mein Verständnis hier grade beschreibst).

    2. Wie die Szene Leute maßregelt oder nicht, sei erst einmal dahingestellt - das hat aber mit Sensitivity Reading erst einmal noch nichts zu tun. Da springst du mir zu schnell vom einen zum anderen mit der Begründung, Sensitivity Reading käme aus der Szenepolitik. Erweitern wir den Blick doch einmal weg von der queer-feministischen Szene. Wie passen diese Dinge deiner Meinung bspw. zu Aspekten wie Race und Able-Bodiedness? Erlebst du die Gleichmacherei da auch? Denn lass uns bitte nicht vergessen: Sensitivity Reading ist mehr als nur Gender und Sexualität.


    Da lese ich aus INterviews und Selbstdarstellungen von sensitivity readern.

    Wie gesagt: Ich hätte gerne konkrete Beispiele. Sprich: Welches Interview? Welche Selbstdarstellung? Das mache ich nicht, um dich irgendwo festzunageln - ich will nur nachvollziehen können, wo du herkommst. Ebenso will ich das Buch, Kurzgeschichte, was-auch-immer genannt bekommen, wo die Sache für deinen Geschmack über das Ziel hinausschießt.


    Ja, genau - prüfen. Und dafür benötigst du einen Rahmen, eine Art Blueprint.

    Das liest sich für mich so, als jeder Rahmen deiner Ansicht nach schlecht und problematisch ist. Warum ist das so, bzw. wie meinst du das?


    Hast du mal darüber nachgedacht, dass diese Bemerkung haarscharf am Patronizing langschrammt? Ich hab in meinem Erwachsenenleben ne Menge nachgedacht, auch, wenn ich viel mit heißem Blut und viel Sarkasmus (flapsig) schreibe.

    Das war nicht meine Absicht - aber den Kommentar könnte ich dir, ehrlich gesagt, genauso zurückschießen. Wenn dir das zu weit geht, dann muss ich ein Stück weit auch sagen: Selbst schuld nach dem flapsigen Einstieg. Wenn du provokativ einsteigst (und da scheinst du dir ja im Klaren drüber zu sein), dann musst du auch mit einer provokativen Antwort rechnen. Und wie in meiner ursprünglichen Aussage möchte ich noch einmal betonen (auch, wenn du es in deinem Zitat geschickt ausgeklammert hast):


    Verstehe mich nicht falsch, dass sind dann furchtbare Erfahrungen und die würde ich dir nicht wegreden wollen.

    Für mich wichtiger ist aber noch folgender Punkt:

    was ich nach 35 Jahren Erfahrungen zu einer Entwicklung in der Literatur denke, die beginnt, mein Schreiben einzuschränken ("Wir nehmen nur own voices" - Hm. Hat auch Vor- und Nachteile.)

    Hier würde mich wieder sehr konkret interessieren, wo du das erlebt hast - denn unter Umständen ist es viel wichtiger, über eben diese (potenziell problematischen) Instanzen namentlich zu sprechen. Das ist nämlich im Interesse vieler Kulturschaffender: Wer bietet Safe Spaces und wer betreibt ausgrenzendes Gatekeeping?



    Aber ja, back to work auch auf meiner Seite.



    EDIT: Um es mal kurz und knapp auf den Punkt zu bringen, was mich an deiner Argumentation bisher stört: Was ich von dir bisher mitkriege ist (überspitzt gesagt) "Sensitivity Reading ist schlecht und macht schöne Dinge kaputt". Da fehlt mir jede Differenzierung und auch nur der Versuch, ein positives Potenzial zu erkennen. Für mein Gefühl ist das der Sache gegenüber ungerecht und realitätsfremd. Es ist nun einmal komplexer.

    Ja, 35 Jahre Gespräche / Interaktionen mit Angehöriginnen der feministischen und später queeren Szene

    Na, dann fügen wir doch mal das 36. Gespräch hinzu, von einer queeren Frau, die sich selbst als queer-feministisch bezeichnet, selbst aber in keiner Szene aktiv ist - abgesehen davon, dass ich meine Zeit mit viel Gleichgesinnten verbringe. Denn die sind meine Familie - nicht irgendeine Szene.

    Hinweis: 36 Gespräche sind kein repräsentatives Set. Aber das sei dahin gestellt.


    Es gibt Sanktioniertes und Unsanktioniertes, Yay und Nay, und das geht von Banalitäten wie Äußerem, kulturellen Interessen, Ausdrucksweise bis zu Sex oder Körperempfindungen.

    Mich würden, wie zuvor geschrieben, konkrete Beispiele interessieren.


    Kommen wir zu deinen konkreten Problemen:

    1. Die Idee, Fiktion repräsentiere automatisch die Realität oder / und Fiktion sollte die Realität repräsentieren.

    Hier musst du für mein Verständnis einmal konkreter werden. Stört dich die Annahme, Fiktion spiegele die Realität, oder widerspricht das Sensitivity Reading deinen Wünschen nach mehr Realität in der Fiktion? Platt gesagt: Kommen dir in der Fiktion zu wenige oder zu viele Slurs drin vor, was bspw. Ethnien, Gender, Sexualität und Able-bodiedness angeht? Denn zumindest in meiner Lebensrealität nehme ich deutlich mehr davon wahr, als ich sie in Fiktion lese.


    2. Die Idee, dass Nichtmehrheits-Merkmale oder -lebensweisen, aufgrund derer Einzelpersonen ggfs. von einer Mehrheit diskriminiert werden, bedeuteten auch eine generelle Ähnlichkeit der eventuell, potenziell oder faktisch Diskriminierten - entweder in Teilbereichen oder noch eher im Ganzen.

    Auch hier bräuchte ich konkrete Beispiele, wo dermaßen über einen Kamm geschert wird. Wenn das die Sensitivity Readings sind, die du oder Kolleg*innen bisher durchgemacht haben - dann tut es mir leid zu sagen, dass ihr euch über den Tisch habt ziehen lassen von eben den schwarzen Schafen, die ich bereits erwähnte.



    muss das in keiner Weise mit meinem entsprechenden Erleben zu tun haben - warum sollte es?

    Wo wird das gefordert? Ganz konkret, wer hat dir gesagt, dass muss mit deinen Erlebnissen zu tun haben?


    Bei genauem Hinsehen gibt es ggfs. auch bei dem Teilaspekt (sagen wir: sexuelle Vorlieben, Erleben, Verortungen) keine tatsächlichen Ähnlichkeiten.

    Das magische Wort ist Intersektionalität. Sicherlich, der Begriff bezieht sich auf Schnittmengen verschiedener Diskriminierungsformen - aber der Intersektionalitätsgedanke hat in den letzten Jahrzehnten viel dafür getan, dass eben nicht alles über einen Kamm geschert wird und dass individuelle Lebens- und Erlebnisformen wahrgenommen und respektiert werden müssen. Dabei ist das Ziel aber nicht unbedingt, Ähnlichkeiten zu finden - und da sehe ich auch noch immer nicht ganz, wo das passiert. Könnte in meinem Fall aber ganz ehrlich und tatsächlich daran liegen, wo ich bisher gelebt und mich herumgetrieben habe (Rheinland, nie weiter als 80 km von Köln entfernt; Los Angeles; Gießen als eine Stadt, die aufgrund der Größe ihrer Universität einen extrem jungen Altersdurchschnitt hat).


    Sensitivity Reading macht nun Folgendes:

    Es wird davon ausgegangen, dass Fiktion etwas aus der Realität repräsentiert oder/und zu repräsentieren hat.

    Es wird davon ausgegangen, dass eine oder mehrere Diskriminierungsaspekte eine generelle / umfassendere Gemeinsamkeit und Ähnlichkeit unter Individuen bedeuten. Diese Aspekte werden über andere Persönlichkeitsaspekte gestellt - ob die betreffende Person das selbst so sieht oder nicht (ich mag ja pansexuell sein, identifiziere mich aber z.B. eher über einen Beruf oder Hobby, die damit nix zu tun haben).

    Mein Erlebnis von Sensitivity Reading ist, wie du dir aus dem bisherigen Text erschließen kannst, ein gänzlich anderes. Da passen unsere Bilder nicht zusammen und ich fürchte, an der Stelle mache ich dir dein Gesprächsset kaputt. Meiner Erfahrung sind das nicht die Grundannahmen, mit denen Personen an ein Sensitivity Reading herantreten - denn deren erstes Ziel ist erst einmal zu prüfen, ob diskriminierende Stereotypen oder Klischees ungewollt eingearbeitet wurden.



    Sensitivity Reading muss eine Gemeinsamkeit herstellen, um zu Aussagen zu kommen, wie entsprechendes Personal in Fiktionen politisch sensibel dargestellt wird, meint: realistisch, repräsentativ, unverletzend.

    Nein, muss es nicht. Das ist ein komplettes Non-Sequitur-Argument. Sensitivity Reading muss keine Gemeinsamkeit herstellen. Die Aufgabe von einem Sensitivity Reading ist nicht, eine schöne Welt zu erdenken. Die Aufgabe von Sensitivity Reading ist, gedankenlos oder unwissend reproduziertes diskriminierendes Geschreibsel aufzuzeigen und Gegenvorschläge zu machen. Sensitivity Reader*innen sind nicht die Autor*innen. Es sind Lektor*innen mit bestimmten Spezialisierungen.



    Katla, hast du bereits über die Option nachgedacht, dass du überhaupt nicht jedes erfolgte Sensitivity Reading in einem Text erkannt hast und dass deine Haltung weniger von einer objektiven Beobachtung als von ausschließlich schlechten Erfahrungen kommt? Verstehe mich nicht falsch, dass sind dann furchtbare Erfahrungen und die würde ich dir nicht wegreden wollen. Aber sie können nicht die Grundlage sein, um das komplette Konzept des Sensitivity Readings auf so platte, rücksichtslose Weise runterzuputzen. Ich meine das nicht zynisch, aber auch Sensitivity Reader*innen sind nicht alle gleich und sollten daher nicht gleichgemacht werden...

    Oh wow, das scheint Dich seh zu triggern - dafür, dass Du an keiner Stelle jemals gezwungen wirst, Dein Werk einem Sensitivity Reading zu unterziehen. Oder sehe ich da etwas falsch?


    Wenn es Dir nicht passt, lass die Finger davon und gut ist.


    Was mich triggert, sind Leute, die Anderen, die eventuell um einen Millimeter Aufmerksamkeit anderen Menschen gegenüber bemüht sind, sofort Geldmacherei vorwerfen. Übrigens auch schön und sehr ironisch, dass eine derartige Kritik mit dem Wunsch nach kostenloser Arbeit (denn sonst ist es ja Geldmacherei!) ausgerechnet von einer Person im Kulturbetrieb kommt, der ohnehin schon gebeutelt ist, da alle Leute stets deren Dienste für unsonst haben wollen.


    Auch den Vorwand der Gleichmacherei finde ich beachtlich. Hast Du da mal konkrete Beispiele, wo so etwas Deiner Meinung passiert ist? Denn ich erfreue mich in den letzten Jahren eher darüber, ein für mein Empfinden deutlich heterogeneres literarisches Angebot genießen zu können - und zwar explizit in Hinblick auf die Punkte, die für ein Sensitivity Reading relevant sind.


    Gibt es schwarze Schafe in dem Feld? Sicherlich. Aber da dermaßen ungehobelt und unverschämt drüber herzuziehen (anstatt sich ehrlich kritisch mit dem Thema auseinanderzusetzen), ist keine konstruktive Herangehensweise und wirkt, ehrlich gesagt, verbohrt konservativ.

    Mist, so ein spannender Kommentar, und ich habe nur Zeit für T ein Zwischen-Tür-und-Angel!! Daher das, was mir am wichtigsten ist:

    Nämlich, dass unruhige und im Umbruch begriffene Zeiten seit jeher die (dunkle) Phantastik begünstigt hätten. Das hieße wohl im Umkehrschluss, das Genre sei in Phasen der Beruhigung in eine Art Dornröschenschlaf verfallen? Doch wann wäre das gewesen?

    Weißt du, ich glaube Brittnacher könnte sogar recht haben. Nur nicht so, wie er selbst denkt. Hier meine zwei Gedanken zu der Aussage:


    1) "Begünstigen" bedeutet nicht, dass unruhige Zeuten eine notwendige Voraussetzung sind. Denn Grusel und Horror macht auch einfach Spaß. Es gibt Horror, der uns überrascht, und Horror, der einfach ganz wohlig in bekannten Bahnen fährt. Auch letzterer hat eine Daseinsberechtigung. Das ist wie die Geisterbahn auf dem Jahrmarkt - die braucht auch keine unruhigen Zeiten.

    Aber viel wichtigerer Punkt:


    2) Wann, bitteschön, hatten wir keine unruhigen Zeiten?! Da wünsche ich mir einen differenzierten Blick auf die Gesellschaft im Ganzen und erst recht auf die globalen Zusammenhänge zwischen Gesellschaften. Wenn man bedenkt, dass Horror auch immer ein Genre der Marginalisierten und der Misfits war (PoC, queere Community, religiöse Minderheiten, Frauen, ...), dann gibt es keine Zeit, in der nicht für ein Umbruch gekämpft wurde.