Beiträge von Frank Duwald

    Vincent, du scheinst das Buch ja wirklich zu mögen. Das findet man selten. Das sind so Bücher, die viele besitzen, aber niemals lesen. Ich liebe Mrs Dalloway, aber mit Zum Leuchtturm wurde ich irgendwie nicht warm. Hab's bisher auch nur durch das erste Kapitel geschafft. Kann aber auch daran liegen, dass ich einfach zu viel Ablenkung hatte, denn genau wie du ja auch sagst, kann man so etwas nicht nebenbei durchziehen. Definitiv ein Buch, das ich noch in meinem Leben bezwingen will.

    Leute, lest unbedingt den neuen Roman Hinter den Gesichtern von Richard Lorenz. Läuft zwar unter "Kriminalroman", spricht aber die geballte Sprache der Horror-Literatur. Ein absoluter Kracher. Hab's gestern morgen in der Post gehabt, den ganzen Tag gestern gelesen, heute beendet und rezensiert - das passiert mir nicht oft!

    Im Zuge meiner Rezension zu Dracula habe ich mich mit den Übersetzungen auseinandergesetzt. Ich erlaube mir mal, aus meiner damaligen Einschätzung zu zitieren:


    Zitat

    Anmerkung: Es existieren alte Übersetzungen von Dracula, die man lieber meiden sollte, will man nicht auf all die zum Teil subtil verborgenen sexuellen Anspielungen verzichten. Die hier gewählte moderne Neuübersetzung von Andreas Nohl ist nicht unproblematisch, da Nohl (und dafür ist er inzwischen in der Branche bekannt) dazu neigt, den Originaltext zu glätten, sperrige Sätze zu begradigen und damit die Leseerfahrung zu vereinfachen.


    Beinahe zeitgleich mit der Nohl-Übersetzung erschien die Neuübersetzung von Ulrich Bossier (Stuttgart: Reclam, 2012), von der ich dringend abraten möchte. Bossier erlaubt sich darin schlichtweg inakzeptable, das Original völlig verfälschende Freiheiten. So ist beispielsweise das letzte – sehr wichtige – Zitat meiner Besprechung in der Bossier-Übersetzung deratig schlampig und falsch übersetzt, dass es in dieser Version restlos unbrauchbar ist und von mir überhaupt nicht als bedeutsam erkannt worden wäre.


    So hat man als Leser leider lediglich die Wahl, aus zwei Übeln das Geringere zu wählen.



    Mir ist nichts bekannt über neuere Übersetzungen als die Nohls und Bossiers.

    Die Übersetzung von Andreas Nohl ist in meinen Augen äußerst zweifelhaft. Ich hatte auf Facebook mal eine längere Diskussion angezettelt, weil Nohl sich in einem Zeitungsartikel damit brüstete, dass er mit seiner Dracula-Übersetzung aus einem schwachen Roman einen richtig guten gemacht habe. An Bescheidenheit leidet der gute Mann nicht.
    Wie man immer wieder hört, glättet Nohl die Originaltexte sehr und nimmt ihnen ihre Kanten. Ich habe selbst einmal am Beispiel "Ligeia" seine Poe-Neuübersetzung gecheckt und musste exakt das feststellen: absolut weichgespült, wahrscheinlich für ein modernes Publikum mit Gleitmittel eingeschmiert.
    Dass Fischer Tor bei so einer Prachtausgabe auf diese Übersetzung zurückgegriffen hat, kann ich wirklich nicht verstehen. Gerade die Tor-Leute haben ja für durchaus tolle Neuübersetzungen gesorgt, wenn ich daran denke, was Karen Nölle mit ihren Erdsee-Übersetzungen gezaubert hat.

    Vielen Dank, lapismont, für die tolle Rezension. Julia und lapismont, eure Diskussion zu "Die Wörter an der Wand" ist echt spannend für mich.
    lapismont: dass du meine Geschichten so düster und verzweifelt findest, überrascht mich ehrlich gesagt. Ich finde sie gar nicht so aussichtslos. :saint:

    Ich kann hier etwas Licht reinbringen. Die folgenden Infos habe ich aus erster Hand von Verleger Ingo Držečnik mit Ergänzungen von mir.


    Dem Verlag geht es in erster Linie darum, die von Joachim Kalka übersetzte Piper-Ausgabe wieder verfügbar zu machen. Das Konzept sieht vor, jedem Band eine bisher noch nicht ins Deutsche übersetzte Zugabe beizugeben. Der Bonus-Inhalt steht bisher aber nur für die ersten beiden Bände fest. Die drei Häscher (früherer Titel: Botschafter des Bösen) enthält zusätzlich die Kurzgeschichte "Der verlorene Club", welche allerdings schon auf Deutsch erschienen ist (in Als ich tot war, hrsg. von Frank R. Scheck & Erik Hauser).
    Der zweite Band, der Roman Der geheime Glanz (früherer Titel: Der geheime Sieg) enthält zusätzlich die beiden Skizzen "Die heiligen Dinge" und "Psychologie". Es handelt sich hier um 2 von 10 Prosagedichten, aus denen der Band Ornamente in Jade besteht, den ich gerade übersetze (kein Zusammenhang zur Elfenbein-Ausgabe). Wieder nicht enthalten sind leider die Kapitel 5 und 6 des Romans, die Machen auf eigenen Wunsch nicht mit in die Erstausgabe nahm und die erst nach seinem Tod veröffentlicht wurden. Ich habe die beiden Kapitel im Original gelesen und kann nur sagen, dass sie den Roman erst vollständig machen.
    Die Übersetzungen werden von Joachim Kalka noch einmal durchgesehen aber nicht grundlegend revidiert.

    Ab März 2020 folgen die nächsten Bände, deren Bonusmaterial noch offen ist.

    Der Lovecraft-Forscher Dr. Marco Frenschkowski, der The Ceremonies im Original gelesen hat, merkte mal in einem Artikel über Arthur Machen an, dass in der deutschen Fassung insbesondere die folkloristischen Szenen, also die Zeremonien des Titels herausgekürzt wurden. Wenn man bedenkt, dass The Ceremonies als eine Hommage an Arthur Machens "Die weißen Gestalten" geschrieben wurde, gehe ich davon aus, dass da wirklich elementare Szenen herausgekürzt wurden. Und wie man schon grob an der Seitenanzahl und am Schriftgrößenunterschied im direkten Vergleich der Originalausgabe mit der amputierten deutschen Fassung erkennen kann, ist das Ding wohl wirklich drastisch gekürzt worden. Ich persönlich halte wie Joshi Klein für einen der besten Autoren der phantastischen Literatur, weil er sich um alles kümmert, was gute Literatur für mich ausmacht: Charaktere, Stimmung, Plot, Humor. S. T. Joshi halte ich allerdings trotzdem für einen ziemlichen Spacken.