Cheddar Goblin Sorry, ich hatte mir den Beginn des Fadens gar nicht mehr angeschaut. Der Film bringt mich ehrlich gesagt ziemlich hoch, und das hat nix mit Kulturrelativismus zu tun, sondern mit den immergleichen (ahistorischen) Motiven, die - leider auch in spekulativen Werken - auf vorchristliche europäische Kulturen / Traditionen gelegt werden. Das ist zufällig seit 40+ Jahren (laienhaft) eines meiner Steckenpferde. Ich bin auch da nicht für pc:ness, aber reagiere auf diese immergleichen Klischees eben bissl so, als wenn jemand Mike Tyson unironisch als "Neger" bezeichnete.
Den Beitrag (danke! ) hab ich bei "Nationalsozialisten" abgeschaltet. Diese Flugbahn kommt einfach nicht hin.
Er macht ja wohl folgende Rechnung auf (ich weiß, das "Auseinandernehmen" war ein Scherz, aber ... *gn*):
Schwedische Kommune unterdrückt ihre Mitglieder (vllt. schon so wie eine arische Terrorherrschaft?) = Basis der Kommune ist heidnischer Glaube / vorchristliche Traditionen (die ja grundsätzlich total brutal sind, im Gegensatz ...) = die im Film dargestellten Traditionen sind als echt zu betrachten, der Film zeigt heidnisches, rurales Schweden bzw. seine aktuellen underground-Kulte und dies clasht mit der postmodernen, 'universell-menschlichen' Kultur der USA = wer jetzt kritisiert, dass ein Ami das kritisch darstellt (im Sinne der Menschenrechte, die sich zumindest in meiner Zeit beim Finnisch Refugee Advice Center doch bissl anders lasen), ist letztlich ein Nazi, der auf Blut & Boden sowie die Reinheit der Rassen pocht.
Das Regional-Traditionelle ist nazistisch, weil das eigene 'Volk' vor die universale Menschlichkeit (was soll das überhaupt sein?) gestellt wird.
Das eigene Volk vor die universale Menschheit zu stellen, ist rassistisch und der Film sollte als antirassistische Kritik gelesen werden.
Dabei ist es so:
- Schmitt sitzt nur der Werbung des Films auf, und weiß nix von schwedischer Kultur, daher ist seine Prämisse schief.
- Der Film hat eine fiktive Kommune, die für mich ganz nebenbei stark nach den lutherischen Laestardianern klingt (dazu gibt es einen absolut genialen spekulativen Film, der im Grunde auch Folkhorror ist, allerdings auf Tatsachen basierend: Populärmusik aus Vittula, nach dem gleichnamigen Roman).
- Der im Film gezeigte Kult hat keine Verbindung zu vorchristlicher schwedischer Kultur noch zu evt. Überbleibseln dessen im Heute
- Der Film eignet sich daher auch nicht, die schwedische Kultur mit der US-amerikanischen (oder einer global menschlichen, so es das geben soll) zu vergleichen.
Die Sendung ist - fair enough, soweit ich sie geschaut hab - genau der Beweis für die imA unerträgliche Haltung, die vorchristlichen europäischen (und anderen) Kulturen engegengebracht wird und führt eigentlich nur weiter, was die Missionare mal vor 1600 Jahren begannen.
Ohne das ausufern zu lassen: Ich hab Hereditary absichtlich nicht geschaut, weil ich das gleiche Problem bei Asters "Hexen"Thema hatte.
Schmitt macht das, was mich bei dem wesentlich klügeren Todorov immer nervt: Er hat eine Theorie, die interessant ist. Dann legt er die Prämissen dafür fest, diese allerdings sind entweder entstellend unvollständig oder extrem tendenziös. Dann folgt er seiner Argumentation so, als sei seine Prämisse die allgemein gültige Wahrheit (okay, Kant hat wohl damit angefangen, nicht Todorov). Damit sorgt man sicher dafür, dass die Theorie schlecht angegriffen werden kann - zumindest, wenn man innherhalb des Systems bleiben will.
That said: wie gesagt, es muss kein Film historisch, kulturell, gendermässig oder sonstwie korrekt sein. Bloß nicht. Ohne die ahistorische Ausbeutung realer Legenden und Historie wäre keine Fiktion möglich und schon gar nicht spekulative. (Da säße ich sonst selbst mitten im Glashaus.)
Es geht darum, was ein Film behauptet und wie er dann für politische Debatten hergenommen wird - unkritisch, unter dem Mantel auch noch gerade von Kulturkritik. Und das regt mich auf. Und da kann Schmitt sagen, was er will: Mich regt es auch auf, wenn Leute Traditionen von ihnen fremden Kulturen verwursten, ohne den ehrlichen Versuch zu machen, die zu verstehen (und dann vllt. absichtlich mit ihnen zu brechen). Es wäre doch möglich gewesen, einen obskuren Kult darzustellen, ohne all diesen kulturellen Ballast. Und das gilt vor allem, wenn eine domainante Kultur eine nicht-dominante verwendet. Ich will die gleichen weißen Amis sehen, wenn man das mit "ihrer" First Nation machen würde,
Okay, ich überengagiere mich, das war der Grund, warum ich eigentlich gar nix hier schreiben wollte ... Sorry dear Goblin, dass es grad bei einem Film passiert, den du magst.