Beiträge von Cheddar Goblin

    Immer dann, wenn Ligotti urbanen Horror beschwört, weiß er mich zu überzeugen. Bei anderen Themen schwebt bei mir dagegen ein großes Fragezeichen vor meinem Kopf.

    Bei mir ist es genau andersherum, Gordon.

    Ligotti gehört sicher zu den wichtigsten und besten noch lebenden Weird Fiction-Autoren, "Das Alptraum-Netzwerk" stellt für mich aber ganz klar seine schwächste Storysammlung dar und ich konnte mit seinem "Wirtschafts-Horror" generell nur wenig anfangen. Ligottis enormer "Menschenekel" wird in diesen Geschichten mMn nicht nur überdeutlich, sondern gerät (für meinen Geschmack) auch stellenweise überraschend flach (Ähnlich wie schon bei seinem Sachbuch "Conspiracy Against The Human Race", welches diesbezüglich sogar noch extremer ausfällt und eine einzige Abrechnung mit der Menschheit darstellt).

    Es ist zugegebenermaßen aber auch schon lange her, dass ich mich mit dem Buch beschäftigt habe. "In einer fremden Stadt", "Teatro Grottesco", "Die Sekte des Idioten" und "Grimscribe" haben mir jedenfalls deutlich besser gefallen. Trotzdem natürlich ein interessantes Buch, eines wirklich großartigen und einzigartigen Autors.

    Hab inzwischen "Die weissen Männer" gelesen. Dort wird im Vorwort, neben "Madenjäger" ja auch noch ein weiterer UMC-Roman namens "Grenzen aus Nebel und Tau" erwähnt. Gibt es bezüglich einer Veröffentlichung dieses Romans schon etwas Neues zu berichten bzw. wird dieser evtl. auch in der "Schriften des Grauens"-Reihe erscheinen?

    Endlich gelesen und schwer begeistert.


    Hinter dem etwas unglücklichen Namen "Frankissstein" (der mMn eher nach FanFiction eines Emo-/Goth-Kids klingt, das verzweifelt versucht das neue "Twilight" zu schreiben) verbirgt sich nämlich eine wirklich großartiger, tiefsinniger und auch äußerst aktueller Roman, der von Jeanette Winterson in zwei gelungenen Handlungs- bzw. Zeitsträngen erzählt wird.


    Auf der einen Ebene befasst sie sich mit dem Leben von Mary Shelley, konzentriert sich hierbei jedoch nur auf die wichtigsten Ereignisse (besonders auf die Entstehung ihres weltberühmten Romans) - Und auch wenn ich schon zwei Shelley-Biographien gelesen und die mittelmäßige Verfilmung gesehen habe, habe ich mich hier zu keiner Sekunde gelangweilt. Das liegt zum einen daran, dass Mary Shelley einfach eine extrem beeindruckende und interessante Frau war, zum anderen aber auch an der bemerkenswert schönen und poetischen Sprache von Jeanette Winterson.

    Marys Zeit am Genfer See, die sie zusammen mit Percy Shelley, Claire Clairmont, Lord Byron & John Polidori verbrachte, wurde sicher schon unzählige Male geschildert - So schön wie hier jedoch selten.


    Wie weit Mary ihrer Zeit voraus war, wird auch im zweiten Handlungsstrang des Romans deutlich, der in einer nicht näher datierten Zukunft (kurz nach dem Brexit) spielt und in der vieles was Mary nur hoffen oder befürchten konnte, schon längst zur Realität geworden ist.

    Winterson lässt hier erneut die wichtigsten Figuren aus dem Leben der Frankenstein-Autorin auftreten, verpasst ihnen jedoch ein interessantes Update: Aus Mary Shelley wird der Trans-Mann Ry Shelley, aus Lord Byron ein einfältiger und misogyner Erfinder von Sexbots namens Ron Lord, aus Polidori Polly D - Eine feministische Reporterin der Vanity Fair usw.


    Man sollte jedoch wissen, dass es sich bei "Frankissstein" eher um einen Thesenroman handelt, in dem überwiegend über Feminismus, Transhumanismus, Transsexualität, überhohlte Geschlechterrollen, Künstliche Intelligenz, Kryonik, (und am Rande auch über Faschismus und den Brexit) philosophiert wird. Eine außerordentlich wendungsreiche Handlung oder gar ein großes, grünes Monster sollte man beim lesen also nicht erwarten. Wer sich jedoch für angesprochene Themen interessiert, kriegt mit "Frankissstein" ein äußerst lesenswertes Buch geliefert, das definitiv zum nachdenken anregt.


    PS: Im Thread-Titel fehlt übrigens ein "s".

    Danke für die Antwort, Erik.

    Dass die Texte von Perkampus mittlerweile auch teilweise auf seiner "Veranda" zu finden sind, habe ich mitbekommen - Dachte bzw. hoffte jedoch, das Phantastikon wäre nur temporär down. Auch wegen der Info "Die Seite ist gegenwärtig nicht zu erreichen". Fände die Löschung der Seite wirklich sehr schade.

    "Dead Astronauts" besitze ich zwar, habe es allerdings noch nicht gelesen - Das Buch ist aber eine Art Fortsetzung von "Borne". Weiß daher nicht, ob vielleicht Vorwissen nötig ist.

    Sein bisheriges Meisterwerk ist für mich aber ganz klar die "Southern Reach"-Trilogie. Besonders ausschweifend und wortreich fand ich die darin enthaltenen Beschreibungen eigentlich nicht - "Annihilation" ist mit seinen 190 Seiten ja auch nicht wirklich umfangreich, aber dennoch recht ereignisreich geraten. Aber Geschmäcker sind natürlich verschieden.

    Auf die Gefahr hin, hier absolut nix Neues vorzustellen, muss ich einfach mal dieses Monster von einem Buch fangirlen. Die VanderMeers deren eigener Schreibstil mich ziemlich kalt lässt haben hier 110 Kurzerzählungen zusammengestellt (...) Aus jedem Wort der Herausgeber klingt die Begeisterung für das jeweilige Stück durch, und das steckt beim Lesen tatsächlich an.

    "The Weird" ist wirklich eine großartige Sammlung - Auch wenn ich (aufgrund des Umfangs) immer noch nicht alle Geschichten gelesen habe und der Klotz doch etwas unhandlich ist.

    Was hast du denn bisher von Jeff Vandermeer gelesen, Katla? Ich bin ja großer Fan - Besonders seine "Southern Reach"-Trilogie (Annihilation, Authority & Acceptance) halte ich für absolut genial.

    Meyrinks Romane sind heute praktisch unlesbar. (...) Mit Ausnahme vom "Golem" (Um euch nicht gleich den Mut zunehmen ;) ) Das ist sicher der zugänglichste seiner Romane. Zwar ebenfalls rätselhaft und schwer zu durchschauen, aber wohl kein anderes Buch fängt die mystische Atmospähre des Prager Ghettos derart kunstvoll ein.

    Dem würde ich zustimmen. Ich liebe "Der Golem" und mag auch seine Kurzgeschichten - "Das grüne Gesicht" hatte ich damals allerdings nach der Hälfte abgebrochen und mich seitdem an keinen seiner Romane mehr herangetraut. Sein Essay zum Thema Okkultismus fand ich auch eher zäh.

    Puhh, wenn dir "Die Weissen Männer" nicht gefallen haben, dürfte es mit "Mr. Munchkin" und "Red Meadows" schwer werden..

    Danke für die Antwort.

    Ich habe "Die weissen Männer" ja gerade erst bestellt und noch gar nicht erhalten. Hatte mich bei deinem Post nur verlesen und dachte, du meintest, man sollte zuerst "Madenjäger" und dann "Die weissen Männer" lesen. War also nur ein Missverständnis. Sorry.

    Die Zweiteilung hat mich auch überrascht, doch dies wurde von Verlagsseite halt so entschieden. Sorry.

    Und was "Die Weissen Männer" betrifft, so würde ich dir raten, die Novelle vor "Madenjäger" zu lesen. :)

    Kein Ding, Gordon. Ich konnte mir schon denken, dass die Entscheidung vom Verlag getroffen wurde.

    Ich halte das Vorgehen zwar weiterhin für diskutabel (aufgrund der Tatsache, dass beide Bände anscheinende auch noch gleichzeitig veröffentlicht werden, ist der Sachverhalt sogar noch abstruser) - Andererseits hat man es als klein Verlag eben auch nicht gerade leicht und muss ständig sehen, wo man bleibt. Und gerade dem Blitz-Verlag verdanke ich so viele tolle Bücher (Baconsky, Ligotti, Samuels, Crisp, Kleudgen, Zuch usw.), dass ich da eigentlich auch gerne mal ein Auge zudrücke und etwas mehr zahle.

    Jetzt muss mir dein Buch nur noch gefallen :D. Eigentlich wollte ich mich mit "Die weissen Männer" ja schon mal etwas mit deiner Arbeit vertraut machen, hab da aber anscheinend zum falschen Roman gegriffen. Hast du denn eine andere Empfehlung (Print, kein eBook), die einen guten Einstieg in dein Schaffen darstellt?