"Hereditary"
fand ich damals ja etwas überhypt. Der erste Teil (Das gnadenlose
Auseinanderbrechen einer Familie) ist durchaus beeindruckend, wenn
der Film aber ab der Hälfte in Richtung Horror kippt, spult er größtenteils leider nur noch die üblichen Klischees ab. Spätestens
beim Gläserrücken und dem Abhalten einer Seance hatte er mich
verloren. Auch wenn ich verstehe warum diese Szenen enthalten sind...
Seit
ein paar Tagen ist aber Ari Asters Zweitwerk, der zutiefst
halluzinatorische Folk-Horror namens "Midsommar" als
Stream, Dvd und Blu Ray erhältlich und den sollte man sich mMn
unbedingt ansehen, sofern man ihn denn im Kino verpasst hat.
"Midsommar" gehört nämlich (neben dem absolut brillanten
"Suspira"-Remake von Luca Guadagnino) ohne Zweifel zu den
besten Horrorfilmen der letzten Jahre!
Im
Kern geht es auch hier wieder um ein grausames Familiendrama,
dysfunktionale Beziehungen, unterdrückte Wut und recht spezielle
Formen der Trauerbewältigung (in Verbindung mit einer
Emanzipationsgeschichte der etwas anderen Art) - Aber alles woran Ari
Aster bei "Hereditary" noch gescheitert ist, bringt er hier
zur Vollendung.
Frei
von Fehlern ist "Midsommar" dabei sicher nicht: Der Film erinnert
bei der Darstellung des Kults stark an "Wicker Man" und erzählt in dieser Beziehung nichts Neues. Ein
paar Kills gingen mir zu sehr in Richtung Backwood Slasher
(Stichwort: Maske). Und gelegentlich muss man auch schon etwas
Suspension of disbelief aufbringen, da es nicht immer nachvollziehbar ist,
warum die Gruppe den ganzen Wahnsinn mit solch einer stoischen Gelassenheit hinnimmt und so lange im Dorf bleibt... Wobei man den letzten Punkt durchaus auch als Kommentar zur aktuellen PC-Kultur verstehen könnte.
Das
alles ist aber sowieso schon schnell völlig egal, da dieser hypnotische Film den Zuschauer (mit seinen endlosen Tänzen, Gesängen und Riten) völlig in Trance versetzt
und generell wie ein einziger alptraumhafter Pilz-Trip wirkt, bei dem
irgendwann selbst der Bildschirm zu wabern und zu pulsieren scheint.
Zumal das Ganze auch noch in einem wahrhaft kathartischen (und wortwörtlich
orgastischen) Finale mündet.
Dazu
kommen noch eine beeindruckende Hauptdarstellerin (Florence Pugh), eine
fantastische Kameraarbeit (Pawel Pogorzelski) und ein großartiger
Score von Bobby Krlic (aka the Haxan Cloak).
Man
muss auch Aster's Mut loben, nach dem doch eher mainstream-tauglichen
"Hereditary" so einen sperrigen und speziellen Film
nachzuschicken, der sicher einigen Zuschauern vor den Kopf stoßen
wird. Aber Köpfe werden in "Midsommar" sowieso so einige
zerstört. Auch damit sollte man klarkommen können...
Fazit: Clever,
verstörend, berauschend - Ein absolutes Meisterwerk!
Ich
bin immer noch high...