Beiträge von Cheddar Goblin

    Aber du musst zugeben, als Persönlichkeit ist es Congar nicht, der zum Erlöser wird. Er ist es nur als Zeitreisender und weil sich alles so fügt wie es sich fügt. Das hätten auch wir sein können oder irgendjemand anders.

    Ja, da stimme ich dir absolut zu.

    Ich muss sagen, bisher gefällt mir der Zirkel gut.

    Mir ebenfalls. Auch wenn ich es schade finde dass die Beteiligung so gering ausfällt und sich ein Großteil der Interessenten inzwischen stillschweigend verabschiedet hat.

    Egal ob die Geschichten einem jetzt besonders gefallen oder nicht, es gibt immer Diskussionsbedarf und man kann sehr schön über die Geschichten fabulieren.

    Habe mir gerade mal ein paar Notizen zur nächsten Geschichte gemacht. Ich denke, da gibt es einiges, worüber man diskutieren könnte.

    Katla: Nichts zu danken.


    Longstride: Eure gemeinsame Geschichte "Das unverlangte Manuskript" wäre sicher auch noch eine Bereicherung für das Buch gewesen, aber ich kann verstehen, dass hier Perkampus im Fokus stehen soll. Handelt es sich (abgesehen von "Straße" und "Vögel") eigentlich um Erstveröffentlichungen oder sind die Geschichten bereits irgendwo erschienen?

    Für mich war das eher eine Parodie des Erlösermotivs. Congar wird ja gegen seinen Willen zu dieser Gestalt und zeigt, das jeder zum Erlöser gemacht werden kann.

    Zumindest jeder, der über die Fähigkeit der Zeitreise verfügt.

    Besagte Zeitreise, die von den Menschen dann fälschlicherweise als eine Wiederauferstehung interpretiert wird, steht hier mMn auch stark im Fokus der Geschichte... und weniger das Aufzeigen der Beliebigkeit von Erlöser-Figuren.

    Als Parodie kann man das Ganze natürlich trotzdem sehen. Oder einfach nur als nettes Gedankenspiel.


    (Parallel zu unserem Lesemarathon habe ich übrigens kürzlich mal wieder mit Dicks Romanen begonnen. Nachdem ich mich in den letzten Tagen durch fünf seiner Mainstream-Bücher gequält habe, stellen seine Sci-Fi-Kurzgeschichten wirklich eine regelrechte Wohltat dar - Selbst die Mittelmäßigen.)

    Eine Titelliste gibt es nicht?

    Auf Amazon findest du eine Leseprobe inklusive Titelliste.


    Enthalten sind 14 Geschichten:


    - Mummenschanz in großen Hallen

    - Vampyradonna

    - Dorothea

    - Der Gehenkte

    - Anti Soccer

    - Der Böhmwind

    - Der Tod des Sardanapal

    - Die Straße 'Malheur'

    - Das blaue Kleid

    - Die Schwärme unmöglicher Vögel

    - Die Henker auf dem Galgenhügel

    - Der Abgrund

    - Spintisera

    - Die Gasse der sprechenden Häuser

    Für mich stand im Zentrum der Geschichte der Optimismus der Crew. Sie denken nicht sofort an die Zerstörung der Maschine, ihnen ist der Erhalt des Wissens wichtig und sie rechnen nicht mit der Perfidie von Kriegstreibern. Dick beschreibt hier ganz anders denkende Menschen.

    Vielleicht sind sie mir deswegen auch so "außerirdisch" vorgekommen :D. Dicks Blick auf die Menschheit fällt ja selten positiv aus.

    Etwas vorhersehbar und auch zu lang, aber die Auflösung ist dann sehr gut gemacht.

    Sehe ich mal wieder ähnlich:

    Dick lässt lange Zeit offen wer da eigentlich getötet werden soll und erzeugt damit durchaus Spannung. Congars Aufenthalt in der Vergangenheit verläuft dann aber etwas schleppend und die Schlusspointe (Er selbst ist der Gründer) ist mMn relativ vorhersehbar. 1952 war dieser Twist aber sicher noch etwas origineller.

    Die Prämisse, dass jemand in die Vergangenheit geschickt wird, um einen „Propheten“ zu ermorden, erinnert etwas an „Terminator“ (der erst 32 Jahre später gedreht wurde). Die Gestalt des Gründers ist hingegen deutlich an Jesus Christus angelehnt. Erstmals tauchen hier also religiöse Motive auf, die bei Dick später noch sehr wichtig werden sollten.

    Übrigens eine der wenigen Kurzgeschichten, zu der es eine deutsche Wiki-Seite gibt. Dort heißt es: „Philip K. Dick, der sich sehr für religiöse Themen interessierte, versucht in dieser Erzählung eine technisch-futuristische Erklärung für die Wiederauferstehung zu geben. Zudem argumentiert er, dass die Worte und Überzeugungen der Propheten weniger wichtig sind als die Interpretation durch die Gläubigen; Conger selbst hält sich keineswegs für einen religiösen Menschen und lebt auch kein gottgefälliges Leben. Zudem stellt Dick, wie auch in manchen anderen Werken, die Regierung als grundsätzlich amoralisches, weil auf rein utilitaristischen oder sozialdarwinistischen Prinzipien agierendes Konstrukt dar.“ (Wikipedia)

    Gerade der Aspekt mit der Wiederauferstehung hat mir in dieser Geschichte auch am besten gefallen: Da Conger rückwärts durch die Zeit reist, wird er von diversen Menschen gesehen, obwohl er in der Vergangenheit (also seiner Zukunft) bereits ermordet wurde. Für seine „Anhänger“ macht es also den Eindruck als wäre er von den Toten auferstanden, dabei ist jedoch noch gar nicht gestorben. Eine Tatsache die sich Congar erst in den letzten Sekunden seines Lebens bewusst wird.

    War Jesus vielleicht ein Zeitreisender? (3/5)

    Eine etwas simple Geschichte über Maschinen, die um ihren Zweck willen funktionieren. Wie seht ihr das?

    Sehe ich ähnlich.

    Man sollte aber bedenken: Zur Zeit der Entstehung von "Die Kanone" war die Angst vor der atomaren Vernichtung allgegenwärtig. Dick zeigt hier mMn recht eindrücklich den Irrsinn einer Menschheit auf, die Waffen erschaffen hat, die in der Lage sind, ganze Planeten zu vernichten/unbewohnbar zu machen… und es im Fall von „Die Kanone“ sogar noch tun, wenn es eigentlich gar nichts mehr zu vernichten bzw. zu beschützen gibt.

    Die Kanone überwacht die Aufzeichnungen der Erbauer und damit über die kulturelle Vergangenheit dieser.

    Die Menschen überlisten die Maschine und kehren zurück zur Erde, in der sicheren Erkenntnis, die Hinterlassenschaften sind sicher und warten auf die Abholung.

    Sind es wirklich Menschen, die die Maschine überlisten - Oder Aliens? Und kehren diese wirklich zur Erde zurück? Der Planet auf dem sie gelandet sind (und auf dem sich die Kanone befindet), könnte doch genau so gut die eigentliche Erde sein (Somit hätte Dick ja im Prinzip schon den berühmten „Planet der Affen“-Abschlussgag vorweggenommen). Ich finde Dick lässt jedenfalls viel Raum für Interpretationen...

    Erwähnenswert ist vielleicht auch noch, dass nach dem Tod des Captains das Kommando an eine Frau weitergegeben wird. 1952 sicher progressiver Scheiß bzw. blanker Wahnsinn. Auch wenn man zugeben muss, dass gerade die Frauenrollen bei Dick häufig recht schwierig sind.

    Die eigentliche Handlung, finale Flucht und Schlusspointe (die Waffe repariert sich nach der Abreise der Crew wieder von selbst) ist allerdings tatsächlich nicht besonders spektakulär.


    Ergänzung: „Könnten sie nicht im Untergrund leben?“ fragt an einer Stelle ein Crewmitglied den Captain. Eine Idee, die Dick später in seinem Roman „10 Jahre nach dem Blitz“ und der Kurzgeschichte „Die Verteidiger“ wieder aufgreifen wird. (2,5/5)

    Habe leider schon wieder ausgecheckt. Der Aufenthalt war wirklich viel zu schnell vorbei.

    Hier noch mein Eintrag fürs Gästebuch:


    Jener, der da kommt:

    Den nebulösen Zustand zwischen Wach und Schlaf, in dem sich flackernde Bildfetzen aus unseren Träumen in die vermeintliche Realität hinübergerettet haben, fängt Andara am Anfang dieser Geschichte wirklich perfekt ein. Oder ist die Manifestation eines Astronauten in Katjas Wohnzimmer vielleicht doch echt? Oder die Folge zu vieler Schlaftabletten? Oder Anzeichen eines psychischen Zusammenbruchs/Burnouts? Schließlich muss sie sich täglich in einer gnadenlosen Männerwelt durchsetzen, in der man ihr beruflich zwar jede Menge Steine in den Weg legt, sie nach Dienstschluss dafür aber auch mal vom Chef in die Saune eingeladen wird, um das Ganze nochmal in Ruhe zu „besprechen“.

    Und was hat das alles eigentlich mit dem mysteriösen Tor zu tun, das man gerade auf dem Mond entdeckt hat?

    Der Horror des Patriarchats trifft in dieser ungewöhnlichen Geschichte auf kosmisches Grauen/Weird-Fiction à la Lovecraft. Eigentlich stimmig. Beim einen gibt es die Großen Alten, beim anderen gibt es große, alte, weiße Männer (Übrigens sind alle Hauptfiguren in diesem Band weiblich).


    Mein fremder Name:

    Familientreffen sind der Horror - Das ist nichts Neues. Auf Aaina und ihre Verwandtschaft trifft dies jedoch besonders zu, denn ihre mysteriöse Tante scheint nicht von dieser Welt zu sein.

    1001 Nacht meets Rumpelstilzchen. An Neil Gaimans „American Gods“ musste ich auch denken. Und ich bin mir sicher, dass das Ganze zusätzlich noch einen mythologischen Hintergrund hat, den ich nicht kenne.

    Am Rande wird hier auch das Thema Migration und der Konflikt „Traditionen vs. Modernisierung“ behandelt. Generell finde ich es schön, dass Andara immer mal wieder gesellschaftspolitische/aktuelle Themen (Feminismus, White Privilege, Homosexualität usw.) in seinen Geschichten anklingen lässt, ohne dass dies jedoch aufgesetzt wirkt oder mit dem halluzinatorischem Wahnsinn kollidiert, der sich ansonsten so bei ihm abspielt.

    In „Mein fremder Name“ dauert es übrigens sehr lange bis das Grauen über Aaina hereinbricht - Dafür geschieht es dann aber umso nachdrücklicher.


    In ihrer Finsternis ruhen:

    Andara paraphrasiert hier Poes „Ligeia“. Aber ähnlich wie schon bei „Hinaus durch die zweite Tür“ und „Nachtzug nach Carcosa“ drückt er dem Ganzen seinen eigenen Stempel auf und erschafft dadurch etwas völlig Neues/Einzigartiges. Die Protagonistin dröhnt sich dabei permanent mit Fentanyl-Tabletten zu - Passenderweise wirkt dann auch die (sehr, sehr kurze) Geschichte wie ein einziger Opiumrausch - Inklusive einer geradezu hypnotischen Melancholie, die den Leser unweigerlich gefangen nimmt/benebelt. Der Sieger Wurm befindet sich aber anscheinend (glücklicherweise?) immer noch „im Garten Numen“.


    Ökonomische Ordnung:

    Dämonen als Kreditkarten, Shops als Tempel, Hochverschuldete als Sklaven dunkler Mächte - Der Kapitalismus zeigt hier seine hässliche Fratze (Mit finanziellen Nöten dürfte sich Andara als freiberuflicher Autor sicher auskennen). Die durch ihn hervorgerufene Existenzangst bei den Betroffenen ist hier jedoch tatsächlich wortwörtlich zu verstehen - Nämlich als Angst um das eigene Sein/Ich bzw. dessen gnadenlose Auslöschung (Die „Hochverschuldeten“ werden zu leeren Hüllen, die dann bereitwillig von Anderen in Besitz genommen werden).

    Spätestens wenn es in „Ökonomische Ordnung“ zu besagten „Verschmelzungen/ Übernahmen/ Löschungen“ kommt, entwickelt sich die Geschichte auch von einer reinen Kapitalismuskritik in einen wirklich, wirklich irren Fiebertraum.

    Sicher die weirdeste Erzählung in diesem Band. Leider kannte ich sie allerdings schon aus „Miskatonic Avenue“.


    Hotel Kummer:

    Das Hotel Kummer ist ein seltsamer und äußerst unwirklicher Ort. Gesichtslose Schatten, bizarre Telefonate, fremdartige Geräusche…

    Natürlich erinnert die Geschichte sofort an Sartres „Geschlossene Gesellschaft“ (Die Sache mit dem Pakt und die surreale Atmosphäre ließen mich zusätzlich noch an Alain Resnais großartigen Avantgardefilm „Letztes Jahr im Marienbad“ denken).

    Aber ist das Hotel wirklich die Hölle? Oder der Himmel? Ein Ort zwischen Leben und Tod? Imaginationen einer sterbenden und/oder demenzkranken Frau? Etwas völlig anderes?

    Was für ein Trip …


    Die Idee mit dem Ausgang hat mir ebenfalls gefallen.

    Auch wenn ich ihn eigentlich gar nicht durchschreiten wollte…

    Ein großartiges Buch!

    Mal wieder Danke für die Vorstellung, Katla.

    ...vom Tonfall und den Figuren irgendwo zwischen Kubin und Mark Samuels.

    Im Prinzip kann ich hier nur das gleich wie schon im Corpsepaint-Thread schreiben: Auch wenn dein Urteil letztendlich gar nicht so gut ausfällt, klingt das Buch mMn immer noch extrem interessant. Ist jedenfalls gleich mal auf meiner Liste gelandet.

    Ich muss dir mit Samuels Recht geben: die private, politische Haltung liest man nicht heraus, und ich habe Written in Darkness wirklich mit Interesse und in einer tollen Stimmung gelesen. Er schreibt so original 1920-50er, dass ich jedes Mal zusammengezuckt bin, wenn LED und google erwähnt wird. Das war ein guter Tipp, Danke!

    Das freut mich außerordentlich.