Kurz und knackig, nicht übertrieben, aber gut.
Dann sind wir uns ja alle einig.
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Weiter geht es mit...
Der variable Mann:
Worum geht’s: Terra befindet sich in einem 100-jährigen Krieg - Zumindest in der Theorie. Immer wenn sie Waffen entwickeln die Centaurus überlegen sind, kontern diese sofort mit neuen Verteidigungsmaßnahmen, gegen die die Menschen wieder keine Chance haben. Im Zuge dieses fortwährenden Wettrüstens kommen beide Fraktionen allerdings meist gar nicht mehr dazu, die Waffen auch tatsächlich herzustellen (auch weil sie schon während der Herstellung völlig veraltet wären). Daher werfen sie sich gegenseitig quasi nur ihre Entwürfe um die Ohren, die dank fleißiger Spione immer ihren Weg ins jeweilige Lager finden. Der Krieg wird also nur hypothetisch ausgetragen. Während Maschinen berechnen, wer gerade vorne liegt.
Für Terra sieht es dabei meist ziemlich schlecht aus.
Hauptproblem der Menschen ist, dass ihre Gegenspieler die Erde mit einem eisernen Ring umschlossen haben und sie somit gar nicht zu ihnen durchdringen können. Ihre neue Erfindung: Eine Bombe namens „Ikarus“, die sich in Überlichtgeschwindigkeit bewegt, soll dieses Problem lösen, indem sie nach dem Abschuss quasi aufhört zu existieren und sich erst wieder im Zentrum der feindlichen Galaxie materialisiert. Doch die Menschen haben Probleme damit die Bombe fertigzustellen.
Zur gleichen Zeit wird eine Zeitkugel aus dem Jahr 1913 nach Terra zurückgeholt. Ursprünglich wurde sie entsandt, um die Kriege der Vergangenheit zu studieren. An Bord befindet sich (aufgrund eines Fehlers) jedoch nun ein Mensch, dessen Anwesenheit die Statistiken der Maschinen gehörig durcheinanderbringen. Und auch die Menschen sind sich nicht sicher, ob der „variable Mann“ Segen oder Fluch ist. Die Fronten beginnen schnell sich zu verhärten…
1952 geschrieben, 1953 im britischen Magazin „Space Science Fiction“ veröffentlicht und mit seinen fast 100 Seiten eigentlich mehr Novelle als Kurzgeschichte. Es ist verwunderlich, dass Dick „Der variable Man“ nicht noch zum Roman ausgebaut hat (wie er es z.B. später beim fast namensgleichen „unteleportierten Mann“ gemacht hat), da der Aufwand relativ gering gewesen wäre und er dafür sicherlich auch mehr Geld bekommen hätte. Da die Geschichte jedoch auch so schon diverse Längen aufweist, kann man darüber allerdings nur glücklich sein. Aber fangen wir mal von vorne an.
Kapitel 1: Mal wieder Krieg. In „Mister Raumschiff“ haben die Aliens ihren Planeten noch mit einem Verteidigungsring umschlossen, hier sperren sie die Menschen in einem ein… Das Ergebnis bleibt jedoch das Gleiche. Und genau wie in „Die Verteidiger“ haben wir es hier mit einer Gesellschaft zu tun, die fast völlig auf Krieg ausgelegt ist und folgen einem ziemlich unsympathischen Protagonisten (Reinert), der alles andere als eine Identifikationsfigur darstellt. Dick fängt an sich zu wiederholen. Daneben hat mich das viele Techno-Babel etwas gelangweilt. Die Idee, dass beide Fraktionen jedoch so beschäftigt damit sind sich neue Strategien auszudenken, dass sie sich in Wirklichkeit nie gegenseitig angreifen, fand ich allerdings ganz witzig. Leider ist das aber auch schon fast der beste Einfall den „Der variable Mann“ zu bieten hat.
Kapitel 2: Hier gibt es einen Perspektivwechsel. Wir erfahren nun wie Thomas Cole (der variable Mann) in die Zukunft gelangt ist. Interessant: Er nimmt die Zeitkugel als Tornado wahr, der ihn in eine völlig fremde Welt teleportiert, was stark an „Der Zauberer von Oz“ erinnert.
Mit seiner Ankunft in der Zukunft (es handelt sich übrigens um das Jahr 2128) können wir uns auch erstmals ein etwas genaueres Bild von Terra machen: Aufgrund unzähliger Kriege, ist der Planet größtenteils ein atomares Ödland geworden. Eine Expansion ist also dringend notwendig, wenn die Menschheit überleben will. Interessant ist auch, dass Arbeit hier als Therapie bezeichnet wird (Was es damit genau auf sich hat, erklärt uns Dick allerdings nicht, was durchaus schade ist).
Und auch über die Mode der Zukunft erfahren wir hier mehr (als wir wissen wollten): Cole trifft auf der Straße nämlich eine Frau, die bis auf ein knappes, durchsichtiges Höschen nichts anhat. „Die Frau war schön. Braune Haare und Augen, tiefrote Lippen. Eine recht gute Figur. Schlanke Taille, flaumbedeckte Beine, kräftige, volle Brüste…“ Alles klar, Dick.
Daneben besteht das Kapitel eigentlich nur aus einer langen Verfolgungsjagd zwischen Reinert und Cole, die ziemlich langweilig ausfällt. Zumal Dick nach einer Weile ständig zwischen beiden Perspektiven hin und her wechselt und wir somit nur Dinge erfahren, die wir eigentlich schon längst wissen. Unnötige Wiederholungen, die die Geschichte leider noch mehr strecken. Generell hätte man „Der variable Mann“ mMn locker um die Hälfte kürzen können.
Erstmals bekommen wir hier auch Coles besonderes Talent zu sehen: Er kann praktisch alles reparieren und hat scheinbar auch mit komplexen Maschinen aus dem Jahr 2128 kein Problem. Das ist natürlich ziemlich Quatsch.
Kapitel 3: Reinert erkennt langsam das er seinen Feind unterschätzt hat, denn auch wenn er aus der Vergangenheit stammt, ist er ihnen aus technologischer Sicht weit überlegen - Zumindest will Dick uns das weismachen. Er erklärt das so: Da die Dinge immer komplexer werden, fokussieren sich die Forscher nur noch auf ihr jeweiliges Teilgebiet, verlieren dadurch aber das große Ganze aus den Augen und sind quasi vollkommen unfähig in irgendeiner Form zusammenzuarbeiten. Cole ist hingegen ein Allroundtalent der alten Schule. Wieso er jedoch Dinge reparieren kann, die 200 Jahre nach seiner Geburt entworfen wurden, wird dadurch allerdings nicht plausibel erklärt - Und das ist für mich einer der großen Knackpunkte in dieser Geschichte.
(Zunächst dachte ich ja noch das es sich bei Cole in Wahrheit um Hedge handelt.
Zur Erklärung: Hedge war ein genialer Wissenschaftler und quasi der Urvater des „Ikarus“-Projekts - Auch wenn er eigentlich gar keine Super-Bombe entwerfen wollte, sondern „nur“ eine Möglichkeit wie Menschen mit Überlichtgeschwindigkeit durchs All reisen können. Dummerweise explodierte sein Testobjekt und Hedge kam bei diesem Unfall ums Leben. Was wäre aber wenn er nie gestorben und durch die Explosion nur irgendwie in der Zeit zurückgeworfen worden wäre, seine Erinnerung, aber nicht seine Genialität verloren und die Identität von Thomas Cole angenommen hätte. Das hätte zumindest dessen Fähigkeiten erklärt.)
Jedenfalls erkennt Sherikov (der Konstrukteur der Bombe) Coles Fähigkeiten und will sie zur Fertigstellung von „Ikarus“ nutzen. Eine Erkenntnis die man als Leser leider schon 80 Seiten vorher hatte und die daher nicht besonders überraschend erscheint. Dass Reinert ebenfalls nicht schon vorher auf die Idee gekommen ist, lässt ihn mMn ziemlich einfältig wirken - Aber laut Dick sind ja sämtliche Menschen absolute Fachidioten und nicht in der Lage auch nur einen Millimeter über ihren Tellerrand zu blicken. In einer satirischen Erzählung hätten solche Überspitzungen gepasst, hier wirkt sie eher albern und realitätsfern. Generell ein sehr zähes Kapitel, in dem fast nichts Relevantes passiert und nur das langatmige Katz- und Mausspiel zwischen Reinert und Cole fortgesetzt wird.
Kapitel 4 oder „La grande Finale“: Mit Coles Hilfe wird die Bombe fertiggestellt und der Krieg beginnt - Aber Reinert ist immer noch davon besessen den „variablen Mann“ aus der Gleichung zu holen. Um es kurz zu machen: Das Finale ist eine endlose Aneinanderreihung von Action-Szenen, inklusive jeder Menge Explosionen, Schießereien und Weltraumschlachten. Geradezu unerträglich langweilig.
Die abschließende Pointe ist jedoch wieder ganz gelungen und kam für mich dann doch unerwartet: Da die explosive Wirkung von Ikarus ja nie beabsichtigt war, sondern nur auf einer Fehlkonstruktion von Hedge basiert (die dieser nicht lösen konnte) und Cole jemand ist der einfach alles reparieren kann (wir erinnern uns), löst er nun den Fehler und macht aus der irrtümlichen Bombe nun wieder ein Überlichtgeschwindigkeits-Raumschiff. Der Krieg ist also gar nicht mehr nötig, da die Menschen die feindliche Galaxie einfach hinter sich lassen und endlich den Weltraum erforschen kann.
Fazit: Eine sehr, sehr klassische Sci-Fi-Story, inklusive gigantischer Weltraumschlachten, extrem viel Technobabble, vorhersehbaren Entwicklungen und unzähligen Längen. „Der variable Man“ vereint so ziemlich alles, was ich an dem Genre nicht mag. Generell bin ich ja eher Fan von Dicks psychologischen, surrealen Geschichten.
Und auch die Prämisse (Mann landet in der Zukunft und krempelt mal so eben eine komplette Gesellschaft um) ist nicht gerade neu und wurde z.B. schon zwei Jahre vorher in Asimovs Roman „Ein Sandkorn am Himmel“ behandelt. Der Roman ist auch deutlich besser als „Der variable Mann“. Um ehrlich zu sein: Hätte ich die Geschichte nicht im Rahmen dieses Lesezirkels gelesen, hätte ich sie spätestens nach der Hälfte abgebrochen. Bisher das absolutes Lowlight dieser Sammlung. (1,5/5)