Beiträge von Cheddar Goblin

    Bei Meredith als Name hatte ich sofort Probleme. So heißt die Nervensägende Hauptfigur aus Grey’s Anatomy

    Die Serie habe ich nie gesehen. Ich habe Meredith aber trotzdem immer für einen reinen Frauennamen gehalten. Anscheinend ist er aber für beide Geschlechter gebräuchlich.

    Nun gut. Erstaunlicher fand ich, dass sich die Geschichte in ähnlicher Form immer wieder in SF-Anthos finden lässt. Bunkergemeinde schickt wen aus in die postatomare Wüste, um Dinge zu tun.

    Stimmt. Hier haben wir es mMn aber mit einer sehr gelungenen Variante dieser bekannten Geschichte zu tun (die 1953 vielleicht auch noch gar nicht so bekannt war.

    Den bösen Computer fand ich cool, dass die Bunkerelite von der Fütterung wusste, blöd. Ohne das Erklärbär-Ende hätte die Story viel mehr Wucht. So Haarteppichknüpfermäßig.

    Das "Erklärbär-Ende" habe ich gar nicht als ein solches wahrgenommen bzw. war ich nicht der Ansicht, dass es der Geschichte irgendwie geschadet hätte. Aber das ist natürlich mal wieder Geschmackssache.


    +++


    Draußen im Garten:

    Worum geht’s: Die schwangere Peggy Nye verbringt, sehr zum Missfallen ihres Mannes, den ganzen Tag mit ihrer Lieblingsente Sir Francis im Garten. Als ein Freund des Paares meint, der Anblick von Peggy und der Ente würde ihn an ein Yeats-Gedicht erinnern (in dem sich Zeus, in der Gestalt eines Schwans, mit einer Frau paart), löst er bei Peggys Mann eine fixe Idee aus - Ist er wirklich der Vater des kommenden Kindes, oder ist es vielleicht die Ente Sir Francis? Selbst als das Kind schon längst geboren ist, geht ihm dieser verrückte Gedanke nicht mehr aus dem Kopf.


    „Eine fixe Idee, auch überwertige Idee genannt, ist ein Symptom aus dem Bereich der klinischen Psychologie und der Psychiatrie. (…) Das Deutsche Wörterbuch definiert fixe Idee als „eine vorstellung die die seele unaufhörlich und alle andere vorstellungen beherschend, einnimmt“ (…) Bei einer fixen Idee konzentrieren sich alle Gedanken auf ein Kernthema. Abgesehen davon denken die Betroffenen ansonsten logisch, so dass sie für vernünftig gehalten werden, wenn das kritische Gebiet nicht berührt wird.“ (Wikipedia)

    Das Phänomen der postnatalen Depression bei Müttern war mir ja bekannt - Eine postnatale Psychose beim Vater war mir allerdings neu… aber von toxic masculinity hat vor ein paar Jahren schließlich auch noch niemand geredet.

    Robert wird jedenfalls im Verlauf der Geschichte zunehmend verrückter („Hatte Peg dem Kind von ihm erzählt? Hatte sie ein Bild von ihm gemalt, ein idealisiertes Bild? Einen Entengott. Die große Ente im Himmel, die in Feuer gehüllt zur Erde herabsteigt.“).

    Dick erzählt hier eine wirklich sehr, sehr schräge Geschichte, die nichts mit Sci-Fi oder Fantasy zu tun hat, sondern eher in der Tradition von „Der Erbauer“ steht. Beide Geschichten haben auch das offene Ende gemeinsam.

    Hat mir jedenfalls richtig gut gefallen und mich auch ein bisschen an die seltsamen Geschichten von Robert Aickman erinnert - Aber mit meiner positiven Meinung bin ich hier wohl wieder allein :D. Ich kann das nachvollziehen. "Draußen im Garten" ist schon sehr speziell - Aber auch mal wieder herrlich bekloppt. (3,5/5)


    Ergänzung 1: Mit Peggy Nye begegnet uns übrigens eines der ersten „dark haired girls“ bei PKD.


    Ergänzung 2: Hier noch das erwähnte Yeats-Gedicht:


    Leda und der Schwan


    Ein jäher Stoß: Verzuckend Riesen-Schwinge

    auf ihr, die taumelt, ihren Schenkeln schmiegt

    sich dunkler Flaum, ihr Hals in Schnabels Zwinge,

    er preßt die Brust auf ihre Brust, die fliegt.


    Wie wehrten ihre Finger, blind, verschreckt,

    die Federpracht von Schenkeln, die ihr beben?

    Wie kann ein Leib, dem weißen Schwall gereckt,

    sich einem fremdem Herzschlag mehr ergeben?


    Dort zeugt ein Zittern in den Lenden Nacht,

    den Fall der Mauer, Brand von Dach und Turm,

    des Agamemnon Tod. In diesen Krallen,

    von rohem Blut der Lüfte übermacht,

    floß ihr sein Wissen auch aus seinem Sturm,

    bevor der taube Schnabel ließ sie fallen?

    Falls du es noch nicht hast solltest du dir dann auf jeden Fall Arcana 15 zulegen:

    Das Verschwinden des Michael Siefener. Ein Bericht von Ulrich Spiegel

    Irgendwann ist der bestimmt auch ausverkauft.

    Hört sich sehr interessant an. Hab mir die Ausgabe gleich mal bestellt. Danke für den Tipp, Mammut.

    In Zwielicht sind übrigens auch ein paar Geschichten von Michael Siefener erschienen.

    Werde ich mir mal ansehen.

    Zumindest eine der Geschichten befindet sich aber auch in einer Storysammlung, die ich gerade lese.

    Danke für die Tipps, Ribesehl.

    "Die Entdeckung der Nachtseite" habe ich vorliegen. Das Buch wandert in meinem Siefener-SUB jetzt gleich mal etwas weiter nach oben. Der "Albert Duncel"-Band würde mich auch wahnsinnig interessieren, leider habe ich ihn bisher nirgendwo (Amazon, Booklooker, Ebay...) auftreiben können. Vielleicht werde ich ja noch fündig.

    („Das schwärzeste Buch“ beginnt übrigens u.a. mit einem Zitat dieses fiktiven Autors)


    Nachdem ich kürzlich in diversen Anthologien immer wieder auf den Namen Michael Siefener gestoßen bin und mich seine Geschichten jedes Mal begeistern konnten, habe ich mir vorgenommen mich endlich intensiver mit dem Schaffen des deutschen Phantastik-Autors auseinanderzusetzten. Inzwischen warten daher 12 Siefener-Bücher darauf von mir gelesen zu werden. Begonnen habe ich meinen kleinen Lese-Marathon heute mit „Das schwärzeste Buch - Ein Kapitel in Nekromantie“:

    Die Novelle ist 2009 als Privatdruck von Robert N. Bloch, in einer Auflage von 55 Exemplaren, erschienen. Mittlerweile ist das schmale Buch jedoch kaum noch aufzutreiben und wahrscheinlich ein kleines Vermögen wert. Glücklicherweise ist 2013 jedoch eine eBook-Version erschienen, die gerade mal 1,99,- kostet. Sammlern blutet deswegen wahrscheinlich das Herz, ich habe mich über die Wiederveröffentlichung aber sehr gefreut - Auch wenn ich natürlich lieber den Privatdruck im Regal stehen haben würde.


    Worum geht’s in „Das schwärzeste Buch“:

    Der Staatsanwalt Gunther Glauber lebt, seit der Trennung seiner Frau, sehr zurückgezogen und hat kaum noch Kontakt zur Außenwelt. Zudem raubt ihm sein aktueller Fall jede Nacht den Schlaf: Dort geht es um den unerklärlichen Tod eines Professors namens Gilt (Schwerpunkt „Hexenwesen, Teufelsglaube und Magiegeschichte“), der kurz vor seinem Ableben ein kleines Dorf aufgesucht hatte, da er in der dortigen Kirche ein einzigartiges Dokument vermutete - Das Buch des Todes.

    In besagtem Buch trägt der Novize oder die Novizin ihren Namen ein, wenn er oder sie einem Hexenzirkel beitreten/ einen Pakt mit dem Teufel eingehen möchte (man kennt das eventuell aus Robert Eggers Film „The Witch“).

    Der ansässige Pfarrer stellt sich nach Gilts Eintreffen jedoch als wenig kooperativ und recht feindselig heraus. Zudem wird Gilt, seit er die seltsame Kirche betreten hat, von einer trauernden und ganz in schwarz gekleideten Witwe verfolgt, die jedoch nur er zu sehen scheint.

    Als er es satt hat permanent gegen die Beschränkungen der Kirche ankämpfen zu müssen, nimmt er die Sache schließlich selbst in die Hand und gerät dadurch in einen absoluten Alptraum. Ein Alptraum der sich zunehmend auch auf Glauber überträgt.


    Die Geschichte wird als „eine großartige Hommage an das Genre im Stile M.R. James“ bezeichnet und das würde ich sofort unterschreiben. Spätestens wenn sich die beiden Freunde (Glauber und ein Pathologe) in die Bibliothek begeben, sich an den Kamin setzten und der Staatsanwalt anfängt aus dem Tagebuch des Professors zu lesen, stellt sich sofort das typische James-Feeling ein - Auch wenn die Beiden dabei keine Pfeife rauchen.

    Daneben steckt die Novelle voller kleiner Details, die dem Ganzen noch eine zusätzliche Bedeutungsebene verpassen. Gilts Name erinnert bspw. sicher nicht zufällig an das englische Wort „Guilt“, denn Schuld ist ein zentrales Thema der Handlung. Und auch die seltsamen Schatten, die ständig und überall auftauchen, können (ganz nach dem Psychoanalytiker C.G. Jung) durchaus als verdrängte Persönlichkeitsteile/Erlebnisse verstanden werden. Das verleiht dem „schwärzesten Buch“ zusätzliche Tiefe und ist mehr als man in den meisten Geistergeschichte geboten kriegt.

    Der Nekromantie-Ansatz im Titel ist allerdings etwas irreführend. Besagte Beschwörung hebt sich Siefener wirklich bis ganz zum Schluss auf, liefert dort allerdings dann einen gelungenen Twist, der die vorherigen Geschehnisse in ein völlig anderes Licht rückt.

    Ich fand die Novelle extrem gelungen und bin schon auf die anderen Siefener-Bücher gespannt, die glücklicherweise bereits griffbereit neben mir liegen.

    Kann hier vielleicht jemand etwas besonders empfehlen?

    ..und wurde später in dem Roman Deus Irea weiter verarbeitet, ein Roman, der mir damals schon nicht gefallen hat.

    Der Roman, den er zusammen mit Roger Zelazny geschrieben hat, gilt ja allgemein eher als misslungen. Mir hat er damals allerdings gut gefallen. Dementsprechend habe ich "Das große C" auch wesentlich positiver beurteilt:

    Mich hat die Geschichte nicht überzeugt. Ein menschenfressender Maschinengott, ich fand das arg dünn. Die Maschine hatte auch was von einem Klugscheißer, was mich zusätzlich genervt hat.

    Ich musste sofort an die Frage „nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest“ aus „Per Anhalter durch die Galaxis“ denken und fand die egoistische, selbstverliebte Maschine generell ziemlich amüsant. Sie genießt, dass die Menschen sie verehren und vor ihr erzittern und prahlt damit, schlauer als Einstein zu sein. Dabei verarscht sie die Menschen eigentlich nur und ist in Wahrheit eine ziemlich bedeutungslose K.I., die praktisch über keinerlei Macht verfügt.

    So dünn fand ich die Geschichte ebenfalls nicht: Dick sagt hier doch eine Menge über das Entstehen von Religionen aus, indem Dinge eben völlig verklärt werden, damit Andere ihren Nutzen daraus ziehen können, am Ende aber (zumindest in dieser Geschichte) alles reine Fiktion ist.

    Dabei bedient sich die Maschine eines äußerst perfidem Systems: Indem sie den Fragesteller jedes Mal tötet, bleibt sie einerseits am Leben (denn sie nutzt die Menschen quasi als Batterie), hält die Menschheit gleichzeitig aber auch weiterhin dumm, damit sie nicht lernen und sich weiterentwickeln können und sichert sich so einen unendlichen Nachschub an Energie. Gott frisst seine Kinder.

    Wie weit die Menschen von der angeblichen Freiheit entfernt sind, wird auch durch die drei Fragen von Meredith ersichtlich. Sie lauten: „Wo kommt der Regen her?“, „Was ist es, das die Sonne durch den Himmel bewegt“ und „Wie ist die Erde entstanden?“

    Im Prinzip typische Kinderfragen, die vom großen C auch genauso beantwortet werden. Bei Meredith führen die Antworten allerdings zur puren Fassungslosigkeit und er kann einfach nicht glauben, wie jemand so viel wissen kann. Und Fragen an denen sie ein Jahr lang gearbeitet haben (sic!), innerhalb weniger Sekunden beantworten kann.

    Im Prinzip ist Gott hier Google.

    Wobei die generelle Szene in dem "Amt" mit all den Knochenresten, das hat schon was von einer Horrorgeschichte.

    Stimmt. Gerade am Anfang erzeugt Dick eine leicht surreale und äußerst bedrohliche Stimmung, die mich stellenweise auch etwas an „Picknick am Wegesrand“ von Arkardi und Boris Strugatzki erinnert hat - Eine fremde, geheimnisvolle Welt voller Fallen und Gefahren. Nur dass einem am Ende eben keine goldene Kugel, sondern ein gottgleicher Computer erwartet.

    Wenn Meredith nach seiner Reise schließlich vor einer unendlich erscheinenden Treppe steht, die in ein bodenloses schwarzes Loch führt, hat das schon etwas von einem Abstieg in die Hölle… Doch ab da, wird aus der Geschichte (wie bereits erwähnt) eher eine schwarze Komödie. Ich fands richtig gut (4/5)

    Ich habe den Film damals gesehen, weiß aber nicht mehr wie der mir gefiel.

    Zumindest der trashige Trailer ist extrem schlecht gealtert und wirkt heutzutage eher wie eine Parodie auf einen typischen (Post-Matrix-)Action-Blockbuster der Nullerjahre.

    Ich kann aber auch generell mit den meisten PKD-Verfilmungen nichts anfangen

    Ich finde die Geschichte zeigt in vielem das, was man später an PKD liebt, allerdings ist all das hier nur oberflächlich und noch nicht in der Meisterschaft vorhanden wie in seinen späteren Geschichten.

    Das bringt es mMn perfekt auf den Punkt.

    Ich kann nix versprechen, würde aber gern nach Band 1 direkt weitermachen. Und wenns mal einen Tag länger dauert, ist es ja auch nicht schlümm.

    So sieht's aus.

    Dann machen wir einfach nahtlos mit Band 2 weiter.

    ja, so eine moralische Zeitreisegeschichte, ganz munter erzählt, aber viel mehr wars dann auch nicht.

    Die Geschichte ist tatsächlich eher mittelmäßig. Aber gerade Hastens Aufenthalt in der Zukunft fand ich ganz interessant. Hier hat es Dick mMn doch geschafft, eine bedrohliche Atmosphäre aufzubauen.

    In Lucius Shepards "Das Leben im Krieg" gibt es auch sehr zielorientierte Schmetterlinge, da ist der Hintergrund ihrer Angriffslust zwar durchaus militärischer Natur, aber verschwimmt dann irgendwie im Mythologischen.

    Klingt interessant. Kannst du das Buch empfehlen?

    Von Lucius Shepard habe ich bisher nur "Aztech" gelesen und das fand ich leider gar nicht gut.

    In der Nighttrain-Anthologie gibt es auch eine Geschichte namens"Die Stadt der leuchtenden Schmetterlinge" von Philipp Schaab, in der ebenfalls recht seltsame Schmetterlinge auftauchen. Mammut mochte die Geschichte gar nicht, mir hat sie allerdings gefallen.


    +++


    Dann machen wir weiter mit...


    Zahltag

    Worum geht’s: Der Mechaniker Jennings hat zwei Jahre lang für Rethrick Constructions gearbeitet. Was er für dieses Unternehmen getan hat, weiß er allerdings nicht, denn nach der Beendigung seines Auftrags wurde ihm (wie vertraglich vereinbart) sofort das Gedächtnis gelöscht.

    Als Gegenleistung hat man ihm dafür allerdings einen Haufen Geld versprochen. Geld das er dringend gebrauchen kann. Daher ist er auch ziemlich überrascht, als er erfährt dass der Vertrag, auf seinen eigenen Wunsch hin, geändert wurde und er als Bezahlung nur noch völlig nutz- und wertlose Dinge ausgehändigt bekommt: Ein Codeschlüssel, eine abgerissene Eintrittskarte, eine Paketannahmebescheinigung, ein Stück Draht, einen halben Pokerchip, einen grünen Stoffstreifen und eine Busmünze.

    Als er das Gebäude verlässt, wird er seltsamerweise sofort von der Polizei verfolgt und erkennt, dass die Gegenstände alle Teil eines elaborierten Fluchtplans sind, den sein Vergangenheits-Ich für ihn entworfen hat. Teil für Teil folgt er seiner eigenen Spur und entdeckt schließlich die Fabrik, in der er die letzten Jahre gearbeitet hat. Scheinbar baut Rethrick Constructions an einer illegalen Zeitschaufel. Aber zu welchem Zweck?


    Die Geschichte spielt in einem gnadenlosen Polizeistaat (der uns bei Dick noch öfters begegnen wird). Hier sind die Polizisten nicht dein Freund und Helfer, hier sind „All Cops“ tatsächlich „B…“ und Police Brutality gehört zur Tagesordnung (Ich hoffe Horst Seehofer verklagt mich jetzt nicht). Die SP (Sicherheitspolizei) hat die absolute Macht und kann quasi machen was sie will. Nur große Firmen und Konzerne stehen unter Schutz. Somit sind sie so etwas wie „die moderne Version der Kirche als Zufluchtsort (…) Das neue Notre Dame der Welt.“

    Es ist eine extrem interessante Welt, die Dick hier entwirft - Leider macht er aus dieser Idee jedoch recht wenig. Ob Jennings am Ende von Polizisten, Gangstern oder Aliens gejagt worden wäre, hätte für „Zahltag“ keinen großen Unterschied gemacht. (Die Idee sollte er später aber immerhin wieder in seinem großartigen Roman „Flow My Tears, The Policeman Said“ bzw. „Eine andere Welt“ aufgreifen.

    Die Prämisse, dass sich scheinbar nutzlose Gegenständer als Lebensretter herausstellen, ist aber sicher ganz nett. Dick sagt zu der Idee im Anhang: „Wieviel ist der Schlüssel zu einem Schließfach wert? An einem Tag 25 Cent, an einem anderen ein paar Tausend Dollar. In dieser Geschichte ging ich von der Überlegung aus, daß es Zeiten in unserem Leben gibt, da ein Zehncentstück zu besitzen, mit dem wir einen Telefonanruf tätigen können, über Leben und Tod entscheidet. Schlüssel, Kleingeld, eine Theaterkarte – oder wie wär`s mit einem Parkschein für einen Jaguar? Ich mußte nur diese Idee mit einer Zeitreise verbinden, um zu sehen, wie die kleinen, unbedeutenden Dinge in den Augen eines weitsichtigen Zeitreisenden ungeheuer an Wert gewinnen würden. Er würde wissen, wann das Zehncentstück lebensnotwendig wäre. Zurück in der Gegenwart dürfte er dann dieses Zehncentstück jeder noch so großen Geldsumme vorziehen.“

    Neben einem interessanten Setting und der netten Prämisse, erzeugt Dick anfangs auch durchaus Spannung. Der Leser ist zunächst nämlich genauso verwirrt wie Jennings und erkennt erst Stück für Stück, was es mit dem Ganzen auf sich hat. Genau an diesem Punkt gerät die Handlung dann allerdings auch klar ins Stocken. Die Infiltration in die geheime Fabrik schildert Dick recht langatmig und die actionreiche Verfolgungsjagt fand ich auch extrem langweilig. Außerdem baut er, für meinen Geschmack, (gerade im letzten Drittel) einfach zu viele Erklärtexte ein - Inklusive einem Oberschurken, der en Detail seinen fiesen Masterplan ausplaudert. Stellenweise wirkt das so, als würde PKD seinen Lesern nicht zutrauen, die (gar nicht mal so komplexe) Handlung zu verstehen.

    Das Ende überrascht dann aber doch wieder, denn Jennings verkauft schlussendlich seine Seele bzw. hat von Anfang an keine besessen. Er will Rethrick Constructions (welches die kommende Revolution nutzen will, um gewinnbringend Waffen und Daten an die Widerstandskämpfer zu verkaufen) nämlich gar nicht vernichten, sondern lediglich gleichberechtigter Teilhaber werden, da er einfach die Schnauze davon voll hat, immer nur eine Marionette zu sein - Er will endlich auch ein Stück vom Kuchen abhaben!

    Der Held entpuppt sich also als Arschloch. Wenig überraschend hat man diesen Punkt in der Verfilmung von „Zahltag“ (2003, von John Woo) völlig abgeändert: Jennings Motive fallen da wesentlich ehrenhafter aus. Und am Ende darf er dort sogar noch die Welt retten und trotzdem Millionär werden. Und auch die Polizisten sind im Film plötzlich ganz nett und unterstützen Jennings tatkräftig bei seiner Mission. Dick dreht sich wahrscheinlich im Grab um.

    Der Film hat auch ausschließlich negative Kritiken erhalten („08/15-Action-Knaller-Baller-Spektakel“). Ich kenne ihn zwar nicht, aber die Kurzgeschichte ist ihm vermutlich deutlich vorzuziehen - Mehr als mittelmäßig ist sie allerdings (trotz vieler toller Ansätze) leider auch nicht. Vielleicht sollte man sich also beides sparen und lieber gleich „Flow My Tears, The Policeman Said“ lesen. (2,5/5)

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    "Lilys Arbeitgeber, der kalifornische Tech-Konzern Amaya, präsentiert Beweise, denen zufolge sich ihr Ex-Freund Sergei umgebracht haben soll. Lily will das nicht akzeptieren, beginnt mit eigenen Ermittlungen und gerät in einen dystopischen Albtraum. Nach und nach setzt sie ein unheimliches Puzzle zusammen, das als ein Fall von Industriespionage beginnt und schnell immer größere Dimensionen annimmt.

    Serienmacher Alex Garland hat sich als Drehbuchautor und Regisseur auf subtile Science-Fiction spezialisiert. Auch in "Devs" (Kurzform für Developers) greift er mit Fragen nach den Risiken totaler Überwachung aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen auf. "Devs" sei ein "tiefgründiger, dunkler, wilder Trip", schreibt der "Guardian". Als vielleicht "beste Sci-Fi-Serie aller Zeiten" betitelt Serienjunkies die achtteilige Thrillerserie."


    Alex Garland ("Ex Machina", "Annihilation") gehört für mich sicher zu den interessantesten Sci-Fi-Regisseure unserer Zeit. Deswegen ist "Devs", neben "Raised by Wolves" (von Aaron Guzikowski & Ridley Scott), auch die Serie, auf die ich dieses Jahr am gespanntesten gewartet habe.

    Inzwischen ist die erste Folge auf Sky Ticket zu sehen. Ein Abo, das sich mMn wirklich lohnt, da dort momentan auch "Lovecraft Country" und "Watchmen" abrufbar sind.

    Ich werde jedenfalls heute Abend mit der Serie beginnen. Der Trailer sieht schon mal ziemlich gut aus.

    (Der Soundtrack stammt übrigens wieder von Ben Salisbury und Geoff Barrow, die bei Garlands bisherigen Filmen immer fantastische Arbeit abgeliefert haben.)

    ...aber ich hatte es jahrelang mit Spiderman, Batman, Superman etc. versucht, und da einfach Null Interesse aufbringen können.

    Hast du mal Alan Moore's "Watchmen" gelesen? Ist ja so etwas wie die Superhelden-Bibel (auch wenn es dort eher um die Dekonstruktion der Helden geht) und sicher ein gutes Beispiel, um die Vielschichtigkeit dieses Genres zu belegen.

    Die aller- allermeisten Superheldencomix haben Figuren, Konflikte, Gegner und Plots, die mich absolut nicht reizen.

    Das stimmte ich dir zu. 99% der Superheldencomics bestehen aus endlosen Aneinanderreihung von stupiden Prügelorgien.

    Auf die restlichen 1% würde ich aber nicht verzichten wollen.

    Das geht mir sogar mit Antihelden wie Hellboy so.

    Mit der Serie bin ich irgendwie auch nie so wirklich warm geworden. Obwohl Mignola sich bei "Hellboy" ja stark auf alte Schauergeschichten, Sagen und Mythen bezieht und mir das Ganze eigentlich gefallen müsste.

    Ab davon mag ich auch eher diesen Aquarell- bzw. Graphik-Collagestil, wie ihn z.B. Muth and McKean verwenden, oder die Tuschezeichnungen der alten Warren-Hefte. Das alles ist - mit Ausnahme einiger X-Men, die ich eh mag - in Superheldencomix allgemein sehr selten.

    Es gibt im Superhelden-Bereich schon ein paar großartige Zeichner. Spontan fallen mir Sam Kieth, Mike Allred, JH Williams III, Frazer Irving, Jeff Lemire, Chris Bachalo, Frank Quitely, Ben Templesmith, Andrea Sorrentino, Travel Foreman und Glenn Fabry ein. Man könnte die Liste aber sicher noch ergänzen.

    ...magst du die britische TV Serie Misfits?

    Kenne ich, hab die Serie aber nie gesehen. Ich setzte sie mir mal auf die Watch-Liste.

    Positive Beispiele für TV-Serien im Superhelden-Bereich wären für mich "Watchmen" und "Legion" (von letzterer Serie allerdings leider nur die erste Staffel gesehen, die aber überraschend weird und experimentell war).

    Snyder und Creator Owned bei Image klingt definitiv nach einem Gewinn!

    Finde ich auch.

    Obwohl mich die Superhelden-Connction eher abgeschreckt hatte, hab ich mir den Band mal aus der Bibilothek geholt.

    Von so etwas sollte man sich wirklich nicht abschrecken lassen. In Amerika hat sich fast jeder große Autor irgendwann mal ins Supergelden-Genre verirrt oder dort sogar seine Karriere begonnen (Alan Moore, Neil Gaiman, Warren Ellis, uvm.).

    Und manchen Autoren gelingt es sogar in diesem Bereich fantastische Arbeit abzuliefern. Als positives Beispiel würde mir (neben den bereits genannten) da sofort Grant Morrison einfallen.

    Morrison sprengt in verlässlicher Regelmäßigkeit den beschränkten Rahmen der Superheldencomics und verwandelt sie in surreale, avantgardistische, komplexe Mindfuck-Orgien, die keine Grenzen mehr kennen: Da gibt es dann plötzlich eine absurdistische Verbrecherorganisation, die den Dadaismus zu ihrer obersten Maxime erhebt und Paris in ein expressionistisches Gemälde saugt ("Doom Patrol"); da werden ganze Comics zu Sigillenmagie, durch die Morrison sein eigenes Leben umschreibt und zusammen mit einer transsexuellen Voodoo-Hexe und Marquis de Sade für eine freie Welt kämpft ("The Invisibles"); da berufen sich Kunst-Märtyrer auf den Mathematiker Benoît Mandelbrot und terrorisieren die Welt mit fraktalen Ideen-Bomben, während sich der Titelheld, vollgepumpt mit Meskalin, mit seinem Autor Grant Morrison über dessen Fiktionalität unterhält ("Animal Man")…

    Morrison hat in seinem großartigen Sachbuch "Supergods: What Masked Vigilantes, Miraculous Mutants, and a Sun God from Smallville Can Teach Us About Being Human" sehr deutlich gemacht, wie subversiv, fortschrittlich und experimentell Superheldencomics sein können bzw. schon immer waren.

    Zugegebenermaßen sind die Perlen selten, aber sie existieren.

    Die Mainstream-Arbeiten von Scott Snyder sind mMn aber meist wirklich nicht besonders gut, größtenteils sogar völlig unlesbar ("Justice League"). Seine ersten Batman-Arcs waren aber extrem stark.

    Snyder hat übrigens gerade angekündigt das Superhelden-Business weitestgehend hinter sich zu lassen und sich in Zukunft wieder vermehrt um Creator-Owned-Projekte kümmern zu wollen. Ich bin gespannt.

    Inzwischen gibt es auch schon ein paar Infos zur ersten Serie, die den Namen "Nocternal" trägt: bleedingcool.com

    ich habe gerade sein Undiscovered Country vol 1 (Image), zusammen mit Soule und Camuncoli gelesen.

    Hört sich gut an. Ich setzt mir den Band mal auf die Liste.

    Danke für die Info. Dass man einen Film mehr genießt, wenn man das Buch NICHT kennt, ist ja normal.

    Das stimmt.

    Ich fand jedenfalls die Mischung recht skurril. Auch den absoluten Kitsch zwischendurch, das war teils ärger als in so manchem Liebesfilm.

    U.a. einer der Aspekte, die mich an der Verfilmung gestört haben - Die extrem schmalzige Inszenierung der Liebesgeschichte.

    Ich hoffe wir beenden den Band bis Freitag in einer Woche, notfalls lese ich vor.

    Das hieße, ab morgen jeden Tag eine Geschichte zu besprechen. Das nennt man dann wohl Endspurt.

    Könnte ich jedenfalls hinkriegen. Danach können wir das Tempo aber gerne wieder etwas reduzieren. Sonst bleibt ja kaum noch Zeit über die Geschichten zu diskutieren.

    Danach fahre ich in Urlaub und würde Band 2 mitnehmen. Aufgeben ist also nicht drin.

    :thumbup: Das hört sich doch gut an. Wünsche dir schon mal einen schönen Urlaub.

    Der Film basiert übrigens auf dem gleichnamigen und äußerst lesenswerten Roman von Joe Hill. Auf deutsch hat man dem Buch allerdings den dämlichen Titel "Teufelszeug" gegeben.

    Als Fan der Vorlage hat mich die Verfilmung damals ziemlich enttäuscht. Mit Bizarro Fiction hat das Ganze mMn auch weniger zu tun. Ich würde die Geschichte eher als eine Mischung aus Horror, Drama und Satire bezeichnen.