Richtig cool aber fand ich es, dass die Figuren so schnell bereit waren, an eine Reise in nun bewiesene Parallelwelten zu glauben. Für mich war es ja naheliegender, an eine Versetzung auf einen Planeten mit Minimenschen zu denken.
Absolut. Dass sich die Crew aber sofort auf diese extrem unwahrscheinliche Parallelwelt-Theorie stürzt und bald gar keine anderen Erklärungsversuche mehr zulässt, passt auch irgendwie perfekt zur allgemeinen Skurrilität der Geschichte. Ich hätte es ja interessant gefunden, wenn sie mit ihrer Mutmaßung Recht gehabt hätten. Das hätte zumindest Potential für weitere, interessante Geschichten geboten.
(Ich musste bei "Beutestück" auch an eine alte Star Trek-Folge denken, in der Captain Kirk auf einem fremden Planeten landet und plötzlich auf ein riesiges, sprechendes Kaninchen und die kleine Alice trifft. Auch dort gibt es für das Ganze am Ende eine rein wissenschaftliche Erklärung.)
Putzig auch der Schluss mit der fiesen Spitze gegen die irdische Leichtgläubigkeit. Da tauchte Swift gleich ein weiteres Mal auf.
Hat mir auch gefallen.
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Damit wären wir ja auch schon bei der letzten Geschichte in diesem Band angelangt:
Nanny:
Worum geht’s: In der Zukunft werden alle Kinder nur noch von mechanischen Nannys erzogen. Doch was machen die Roboter eigentlich, wenn alle Menschen schlafen? Mrs. Fields hört jede Nacht jedenfalls sehr seltsame Geräusche in ihrer Wohnung und ist zunehmend beunruhigt. Völlig zu Recht- Denn tatsächlich schleicht sich ihre Nanny, im Schutz der Dunkelheit, regelmäßig aus dem Haus und bekämpft sich in einer Art Robo-„Fight Club“ mit anderen Kindermädchen.
1955 in „Startling Stories“ erschienen. An diese Geschichte konnte ich mich noch gut erinnern, ich hätte allerdings geschworen, dass sie aus Asimovs Feder stammt - So kann man sich irren.
Nach „Die kleine Bewegung“ widmet sich Dick hier mal wieder dem Thema Kindererziehung: In der Kurgeschichte nehmen Robo-Nannys den Eltern sämtliche Arbeit ab, so dass diese sich quasi gar nicht mehr mit ihrem Nachwuchs abgeben müssen. Da ist es auch kaum verwunderlich, dass die Kinder eine enorme Bindung zu den Robotern entwickeln. Mr. Fields erinnern die Nannys jedoch eher an Kriegsmaschinen - Und tatsächlich liegt er damit gar nicht mal so falsch („Still und stumm gingen sie der martialischen Beschäftigung nach, für die sie beide geschaffen waren.“).
Geplante Obsoleszens nennt man das Phänomen, das technische Geräte irgendwann den Geist aufgeben, wenn sie ein gewisses Alter erreicht haben. Es ist „eine Marketingstrategie, bei der das Veralten eines Produktes (Obsoleszenz) vom Hersteller geplant und konzeptionell vorgesehen ist. Ihr Ziel ist eine Sicherung desjenigen Umsatzes, der einem Produzenten dadurch verloren geht, dass ein sehr haltbares Produkt vom selben Kunden nicht so schnell wieder gekauft zu werden braucht.“ (Wikipedia)
Dick treibt dieses Phänomen in „Nanny“ nun auf die Spitze: Wie wäre es, wenn man diesen Vorgang beschleunigen könnte, indem man Maschinen erschafft, die selbstständig aufeinander losgehen und sich dabei absichtlich vernichten?
Dabei profitieren die Unternehmen besonders vom Ego des Mannes, welches sich in ständigen Schwanzvergleichen messen muss. Es kommt nur noch darauf an, wer den tödlichsten Roboter hat. Somit sind sie gezwungen, sich permanent neue und bessere Modell zu besorgen - Auch wenn sie sich dadurch immer mehr verschulden. Natürlich könnten sie den ganzen Wahnsinn auch einfach bleiben lassen, aber dann müssten sie ja auch ihre Kinder selbst erziehen und das wäre eine wirklich grauenhafte Vorstellung.
Eine gelungene Gesellschaftssatire: Dick persifliert hier nicht nur den ständigen Konkurrenzkampf unter Männern, sondern auch den der Firmen, die sich mit ihren neuen Modellen permanent gegenseitig übertreffen müssen. Ein Konkurrenzkampf, im wahrsten Sinne des Wortes, denn ihre Produkte kämpfen tatsächlich gegeneinander… und stampfen sich dabei in den Boden („Wir kämpfen nicht nur gegen die Konkurrenz, wir vernichten sie!“).
Zudem werden hier der grenzenlose Technik-Wahn bzw. das kapitalistische System (welches dahintersteckt) kritisiert, das uns glauben lassen will, dass wir immer das Neuste und Beste haben müssen und dem wir uns bereitwillig unterwerfen. Egal um welchen Preis.
„Ich werd es denen zeigen. Allen werde ich es zeigen. Und wenn ich ein neues, großes Modell bauen lassen muß. Irgendeinen von diesen Herstellern werden ich schon dazu kriegen.“ Daran besteht nicht der geringste Zweifel. (4/5)