Beiträge von Cheddar Goblin


    "In the autumn of 2016 a wave of suicides swept through Stockholm's underworld...

    Investigative journalist Tommy T's star has faded since he was a fixture on Sweden's talk-show circuit. His deep dive into the mysterious suicides-and the role of the elusive 'X' who seems to be behind everything-will be his ticket back to the top. And the trail is hot: it leads him first to a murdered friend and then to a huge batch of cocaine.

    Meanwhile, Tommy's seventeen-year-old nephew Linus is getting in deep himself. He's been selling his ADHD medication since he was thirteen, hoping for bigger opportunities. Now there's one staring him in the face-in the form of a huge batch of cocaine.But there's a larger plan behind what is happening, and the business turns out to be both stranger and more dangerous than either of them could have imagined."


    Letzter Teil von John Ajvide Lindqvists "Orte"-Trilogie. Die beiden Vorgänger ("Himmelstrand" und "Die Bewegung") waren ja noch hierzulande erschienen, doch inzwischen hat Bastei Lübbe den Autor leider fallen lassen und so bleibt einem als reiner Deutschleser das Finale wohl für immer vorenthalten. Das ist wirklich ärgerlich, denn "I am the Tiger" ist nicht nur ein äußerst lesenswerter Roman, es werden dort auch alle Fragen aus den anderen Büchern geklärt und sämtliche Handlungsstränge konsequent zu Ende geführt. Wenigstens gibt es davon aber eine englische Übersetzung, die gerade als Taschenbuch erschienen ist.

    In "I am the Tiger" folgen wir zwei Protagonisten: Tommy und Linus. Tommy ist Journalist und Autor, der sich auf das Thema Drogenhandelt fokussiert hat. Durch seine jahrelange Arbeit in diesem Metier, ist er in der Szene recht gut vernetzt und auch privat mit diversen Großdealern befreundet. Sein Freundeskreis beginnt jedoch allmählich zu schrumpfen, da Schweden gerade von einer bizarren Selbstmordwelle heimgesucht wird und sich immer mehr Drogenbosse umbringen - Und das scheinbar völlig grundlos. Zuvor trafen sie sich alle jedoch noch mit einer mysteriösen Gestalt, die von jedem nur "X" genannt wird.

    Daneben gibt es noch Linus, den Neffe von Tommy. Er lebt mit seinen Eltern in einer riesigen, heruntergekommenen Gebäudekomplex, hat ADHS und ist chronisch depressiv. Sein Vater sitzt seit einem Unfall im Rollstuhl, kann kaum noch sprechen und bittet seinen Sohn permanent darum, ihn zu töten. Seine Mutter lässt sich währenddessen mit Alkohol volllaufen und versucht verzweifelt die Familie noch irgendwie am Laufen zu halten. Irgendwann fängt Linus dann an zu dealen und kommt so auch mit X in Kontakt. Dabei wird ihm schnell klar, dass dieser kein normaler Mensch sein kann.

    Die Kapitel von Linus sind definitiv harter Tobak, auch wenn Lindqvist dort nie die Intensität, Gnaden- und Trostlosigkeit von "Wolfskinder" erreicht. Das riesige Hochhaus, voller sozialer Verlierer und Krimineller erinnert zudem deutlich an seinen Debütroman "So finster die Nacht" und man wartet eigentlich permanent darauf, dass irgendwann Oskar und Eli um die Ecke kommen.

    Während diese Abschnitte deutlich in Richtung Sozialdrama gehen, arbeitet Lindqvist bei Tommy dann verstärkt mit Thriller-Elementen. Tommy klappert seine alten Kontakte ab (sofern diese noch leben), versucht herauszufinden, wer hinter X steckt und was es mit den ganzen Selbstmorden auf sich hat und kommt so allmählich einer grauenhaften Verschwörung auf die Spur.

    Lindqvist lässt sich dabei sehr viel Zeit um seine Figuren einzuführen. Phantastische Elemente und Horror tauchen dabei erst nach circa 200 Seiten auf. Dann zieht die Spannungsschraube aber ordentlich an (creepy Snapchat-Fotos, Indoktrination von Linus, Reise in die Finsternis) und die Handlung knüpft auch diverse Verbindungen zu den Vorgängern: Himmelstrand, die verschwundenen Wohnwägen, die Ermordung von Olof Palme, der Brunkelberg Tunnel... "

    I am the Tiger" profitiert definitiv davon, wenn man die vorherigen Teile gelesen hat, funktioniert aber auch problemlos als völlig eigenständige Geschichte, die keinerlei Vorwissen benötigt. Sie macht dann aber wahrscheinlich gleich sehr viel weniger Spaß.

    Aber auch so besitzt das Buch durchaus ein paar Längen und fällt stellenweise etwas repetitiv aus: Linus verkauft Stoff, Tommy befragt Dealer, Linus verkauft Stoff, Tommy befragt Dealer... und die Lovestory und Anitas Backstory hätte es mMn auch nicht unbedingt gebraucht. Zumindest nicht in dieser Ausführlichkeit. Sie hat für die eigentlich Handlung nämlich absolut keine Relevanz und zieht das Ganze nur unnötig in die Länge. 100 Seiten weniger hätten dem Roman sicher ganz gut getan.

    Das ist aber wirklich meckern auf hohem Niveau, denn (wie bereits erwähnt) steigert sich das Ganze gegen Ende enorm und belohnt den Leser schlussendlich auch mit Antworten auf all seine Fragen: Was hat es mit dem Song von Himmelstrand auf sich, der in der gesamten Trilogie immer auftauchte? Wer ist X und welche Ziele verfolgt er? Wohin und warum wurden die Wohnwägen im ersten Buch teleportiert?... Es bleibt sicher Geschmackssache, ob Lindqvist wirklich alles hätte erklären müssen und ob diese Erklärungen mitunter nicht etwas zu banal ausfallen (Stichwort: Rache) - Dennoch ist das hier ein wirklich tolles Buch. Eine wirklich tolle Trilogie.

    Ich bin jedenfalls gerade wieder im Lindqvist-Fieber. Gleich nach "I am the Tiger" habe ich seine Novelle "Tindalos" gelesen - Eine Hommage an Frank Bellkap Long. Und aktuell sitze ich an "So finster die Nacht". Danach bin ich dann leider mit seinem bisherigen Werk durch, aber glücklicherweise muss man nicht lange auf Nachschub warten. Inzwischen hat sich nämlich der dtv-Verlag Lindqvist angenommen und wird nächstes Jahr seinen neusten Roman "Unwesen" veröffentlichen.

    Das Thema „Rasse“ interessiert ihn überhaupt und jede seiner Figuren, ob gut oder böse, wird nach Nation und Ethnie eingeordnet.

    Das war mir, neben jeder Menge Geschmacklosigkeiten (extremer Rassismus, Sexismus, Frauen, die sich in ihre Vergewaltiger verlieben etc.) auch schon bei seinem "Meer der Angst" aufgefallen. Generell scheint mir Wheatley ein ziemlicher Vollpfosten gewesen zu sein.

    Den Film erspare ich mir lieber

    Du verpasst absolut nichts, Katla.


    Gestern Abend habe ich dann mal "The Viewing" gesehen.

    Das Ganze ist eigentlich typische Cosmatos: Ein großartiger Synth-Score von Daniel Lopatin a.k.a. Oneothrix Point Never, 70er Jahre Reto-Optik inklusive Dauer-Farbrausch und a shitload of drugs. Ich würde allerdings lügen, wenn ich behaupten würde, dass die Folge mich nicht enttäuscht hätte.

    Besonders über das Pacing kann man hier streiten. In den ersten 45 Minuten passiert nämlich fast gar nichts. Sieben Menschen sitzen in einem Raum, koksen sich die Birne voll und unterhalten sich über Kunst, Einzigartigkeit und jede Menge Bullshit. Zwar war schon Panos Cosmatos "Beyond the black Rainbow" nicht besonders handlungsgetrieben, hatte den Zuschauer dabei aber (im positiven Sinne) recht schnell eingelullt und so irgendwann eine enorme Sogwirkung entfacht. Den Effekt erzielt der Regisseur mit "The Viewing" leider nicht. Zumindest nicht bei mir.

    Aber wo wir schon beim ersten Film von Panos Cosmatos sind: Sein Beitrag zu "Cabinet of Curiosities" orientiert sich deutlich näher an seinem Debüt als an seiner letzten Mindfuck-Orgie "Mandy" - Sowohl in visueller als auch in inszenatorischer Hinsicht. Und definitiv auch was die Sperrigkeit anbelangt.

    An all dem wäre eigentlich gar nichts auszusetzen und die Folge besitzt auch zweifellos eine recht unverwechselbare Atmosphäre, wie man sie eben nur bei Cosmatos findet - Mein Problem dabei ist aber, dass hier sämtliche Figuren völlig nervige Arschgeigen sind, deren möglichst edgy und pseudo-bedeutungsschwangere Dialoge nach der Zeit doch schon stark an den Nerven zerren. Gäbe es das Wort "Cringe" noch nicht, man müsste es für diese Truppe erfinden. Kennt hier jemand zufällig den Reddit-Thread "I'm 14 And This Is Deep" - So in der Richtung darf man sich den Blödsinn vorstellen, den sie so absondern.

    Erst in den letzten 15 Minuten dreht Cosmatos dann endlich auf und liefert uns einen wirklich schrägen Trip voller Body-Horror: Schmelzende Gesichter, explodierende Köpfe, flackerndes Strobo-Licht und eine bizarren Kreatur. Das Ganze ist natürlich völliger Quatsch, aber durchaus unterhaltsam. Es ist aber auch "too little, too late". Zumal die Folge dann plötzlich einfach aufhört.

    "The Viewing" hätte durchaus das Potential gehabt, die beste Episode der Serie zu werden, und sie sticht durch ihre Andersartigkeit auch definitiv heraus, aber Panos Cosmatos kann das eigentlich besser. Viel besser.

    Verglichen mit "Dreams in the Witch House" ist das hier aber natürlich ein psychedelisches Meisterwerk. Und Peter Weller mal wieder auf der Leinwand zu sehen, war auch nett. Seit "Naked Lunch" hat er sich jedenfalls nicht mehr schöner "verwandelt".

    It's Halloween, so here we go...


    "Qualitas occulta: (lat.: dunkle Eigenschaft), vor allem in der Naturlehre auftretende Bezeichnung für unerklärliche, weil nicht wahrnehmbare Ursachen und Kräfte." (Metzler Lexikon der Philosophie).


    Enthalten sind in diesem schmalen Buch drei Kurzgeschichten. Neben dem Tod, spielt dort vor allem Nebel eine große Rolle. Und genauso undurchschaubar und geheimnisvoll wie der Nebel, fallen auch Rufs Texte aus.

    Z.B. "Die verlorenen Kinder des Doktor Dapertutto". Dort geht es um einen ehemaligen Schriftsteller, der inzwischen in einer Psychiatrie lebt und regelmäßig Besuch von Fans bzw. "Verwirrten" bekommt, die mit ihm über Literatur sprechen wollen und ihm ihre Manuskripte übergeben. Von einem Dr. Dupertutto erhält er eines Tages einen recht experimentellen Text, der eigentlich eine Art Abschiedsbrief ist.

    Die Erzählung lebt primär von ihrer melancholischen Stimmung und ihrer wirklich schönen Sprache. Sie erinnert zwar an klassische Schauerliteratur (ich musste z.B. an die Geistergeschichten von Poe, Bierce und Hawthorne denken), Ruf macht daraus aber durchaus etwas Eigenes und erzeugt dabei eine enorme Intensität. Das Ende hat mir jedenfalls eine Gänsehaut bereitet.

    In "Braunhoffers Kutschen" wird es anschließend sogar noch besser. Die Geschichte spielt in einer namenlosen Stadt, die kürzlich einer nicht näher genannten Seuche zum Opfer gefallen ist. Dr. Braunhoff eröffnet dort einen Kutschenbetrieb, doch seine Wagen fahren nur in der Abenddämmerung und bieten den Fahrgästen ein äußerst rätselhaftes Schauspiel. Zudem leidet die Stadt plötzlich an einer Wespenplage und mysteriöse Frauen in Togen durchwandern die nebligen Gassen.

    Hier bewegt sich Ruf eher im Bereich des Surrealismus. Das Ganze hat mich u.a. an Baconsky, Ligotti, vor allem aber an Kubins "Die Andere Seite" erinnert. Braunhoffer scheint mir zumindest eine recht Patera'hafte Figur zu sein. Allerdings mehr Teufel als Gott... Ein ziemlich irrer Trip und eine Leseerfahrung die "einem Traum glich, ohne ein Traum zu sein" und schließlich im absoluten Grauen endete. Während der Tod in der ersten Geschichte noch eine Erlösung darstellte, wird er hier zur reinen Tortur.

    Zum Schluss folgt dann "Austernfischer". Dort begegnen wir dem titelgebenden Vogel, der Sterbenden kurz vor ihrem Tod erscheint, ihnen kryptische Botschaften ins Ohr flüstert, sie mit einem X markiert und danach wieder spurlos verschwindet. Mit 3 Seiten mehr Skizze als Geschichte, stellt sie jedoch einen gelungenen Epilog dar.


    Herr Ruf scheint ja nicht gerade ein Vielschreiber zu sein und dieses Buch fällt auch nicht besonders umfangreich aus, dafür bietet es jedoch eine wirklich enorm hohe Qualität. Ich hoffe mal, dass vom Autor in naher Zukunft noch weitere Veröffentlichungen bei Whitetrain folgen werden.

    "Dreams in the Witch House" war bisher der absolute Tiefpunkt, dieser an Tiefpunkten nicht gerade besonders armen Serie. Gegen diese Episode wirkt sogar die Stuart Gordon-Verfilmung (aus "Masters of Horror") wie ein brillantes Meisterwerk des kosmischen Schreckens.

    Schon der Blick auf die IMDb-Seite der (mir bis dato unbekannten) Regisseurin Catherine Hardwicke versprach wenig Gutes. Findet man dort doch solche Einträge wie "Twilight – Biss zu Morgengrauen" und "Red Riding Hood". Diese Filme machen leider auch recht deutlich auf welchem Niveau wir uns in den kommenden 60 Minuten so bewegen.

    Mit der eigentlichen Geschichte von Lovecraft hat das Ganze fast nichts zu tun. Es gibt eine lächerlich wirkende Hexe, die zufällig Keziah Mason heißt und Brown Jenkin läuft auch ein paar Mal durch Bild... das war es dann auch schon fast mit den Parallelen.

    Apropos Jenkins: Ihn am Anfang und am Ende als Erzähler auftreten zu lassen, ist ein wirklich dämlicher Einfall. Der eigentlich nur noch durch die Tatsache übertroffen wird, dass man ihm in der deutschen Synchro die Stimme von Spongebob Schwammkopf verpasst hat (I'm not kidding!). Aber auch das ist exemplarisch für die Qualität von Hardwickes Umsetzung.

    Gilman ist hier auch kein Student der Miskatonic-Universität mehr, aus ihm wird stattdessen ein paranormaler Ermittler gemacht. Im Prinzip eine Art Fox Mulder für Arme - Inklusive "Tote Schwester"-Trauma. Und um besagte Schwester bzw. die Rettung ihrer verlorenen Seele dreht sich dann auch fast die ganze Handlung.

    Das Ergebnis ist ein unglaublich albernes Spektakel, welches zudem auch noch extrem langweilig ausfällt. Bis Gilman mal im Hexenhaus landet, vergeht locker eine halbe Stunde, in der nichts Nennenswertes passiert. Die halluzinatorischen und surrealen Fieberträume, die ihn dort bei Lovecraft dann quälen, sucht man hier auch vergebens. Sie beschränken sie darauf, dass er von der alten Gruselhexe durch einen dunklen Wald gejagt wird. Buh!

    Am Ende hätte eigentlich nur noch gefehlt, dass sich Gilman und Keziah Mason unsterblich ineinander verlieben, er sich in das Buch der Schatten einträgt und sie gemeinsam, auf ihrem Besen, in den Sonnenaufgang fliegen. Es wäre jedenfalls nicht viel schwachsinniger gewesen als das, was uns Hardwicke als Finale präsentiert.

    Das Einzige was mir gefallen hat, ist der teilweise schwarze Cast, der den ollen Lovecraft sicher geärgert hätte. Auch wenn die Malerin und die Nonnen als Figuren eigentlich völlig belanglos sind und nichts zur Handlung beitragen.

    Inzwischen gelesen.

    First of all: Die Triggerwarnung wäre mMn nicht nötig gewesen. Die Veröffentlichungen der Goblin Press sind bisher ja eher weniger durch expliziten Splatter- und Gore aufgefallen und auch "Der Riss in der Wirklichkeit" stellt da keine Ausnahme dar. Der Textauszug, den man in Shadowmans Eingangspost findet, zeigt schon recht deutlich was man hier in Sachen Gewalt und Sprache erwarten darf - Schlimmer wird es eigentlich nicht. Ein Mann wird später noch totgeprügelt, einem anderen fällt der Penis ab und kriecht davon ("Beyond Re-Animator" lässt grüßen) - Das war es dann aber auch schon... Wer sich davon verstört fühlt, muss schon sehr zart besaitet sein oder an wirklich starker Kastrationsangst leiden. Zudem beschränken sich diese Szenen auch nur auf das Finale bzw. die letzten Seiten der Geschichte. Bis dahin geht es in der Novelle doch wesentlich subtiler zu.

    Aber lohnt sie sich auch?

    "Der Riss in der Wirklichkeit" beginnt zumindest schon mal mit einem äußerst stimmungsvollen Prolog, der den Leser sofort gefangen nimmt: "Ein dunkler Schatten hatte sich über mein Leben gelegt, eine Verzerrung der Realität, die mich von Korridor zu Korridor tiefer und tiefer in die unbewussten Abgründe meines eigenen Ichs hinabführten..."

    Der namenlose Erzähler hätte dabei sicher auch aus einem Siefener-Roman stammen können: Er ist unattraktiv, pleite, depressiv und ein absoluter Außenseiter. Dann verlässt ihn auch noch seine Freundin, sein Mieter schmeißt ihn raus und er verliert seinen Job. Er wird allerdings nicht einfach nur gefeuert, er wird gleich völlig gelöscht, zur nicht mehr existierenden Person erklärt. Und schon bald fangen die Menschen in seiner Umgebung an ihn zu ignorieren bzw. nicht mehr wahrzunehmen.

    Das erinnert alles extrem stark an Fritz Leibers "Die Sündhaften" (und ich bin mir ziemlich sicher, dass Knoke den Roman gekannt hat), aber natürlich auch an Kafka und Philip K. Dick. Der Einstieg der Novelle ist jedenfalls ziemlich grandios. Danach machen sich jedoch erst Schwächen bemerkbar:

    Die (Ex-)Freundin des Erzählers ist z.B. eine dermaßen überzeichnete Figur, dass sie einfach nur lächerlich wirkt. Generell sind die Figuren und die Dialoge größtenteils ziemlich flach und klischeehaft. Zudem wendet Knoke zu viel Zeit dafür auf, um uns den Alltag und das persönliche Versagen des Protagonisten näherzubringen. Dabei kommt es auch zu einigen störenden Wiederholungen. Allein das Wort "Discounter" taucht am Anfang gefühlt in jedem zweiten Satz auf.

    Deutlich interessanter und wesentlich stärker wird es dann wieder, als die Handlung die Realität hinter sich lässt und in den gläsernen Block verlegt wird - Ein unwirklicher und labyrinthischer Gebäudekomplex, der voller Gefahren steckt und in dem alle Bewohner Glatze, Overalls und Nummern statt Namen tragen. Knoke erzeugt hier eine wirklich bedrückende und surreale Stimmung. Was den Ort zudem noch mysteriöser macht, ist die Tatsache, dass bis zum Schluss nicht geklärt wird, was es mit ihm auf sich hat (Himmel? Hölle? Wahnvorstellung?). Die fehlende Auflösung könnte einige Leser sicher stören, mMn passt sie perfekt zu dieser kafkaesken Geschichte.

    An diesem Punkt übernimmt dann Jörg Kleudgen das Ruder, da es Knoke nicht mehr gelungen war, die Novelle vor seinem Tod zu Ende zu bringen. Darüber wie er dieses geplant hatte, lässt sich natürlich nur spekulieren, die Richtung in die Kleudgen die Geschichte entwickelt hat mir allerdings nicht wirklich zugesagt. Und das lag definitiv nicht an der ganzen Gewalt, auf die ich ja bereits eingegangen bin, sondern daran dass das Ganze plötzlich zum ziemlich banalen Racheplot wird und sich größtenteils wie die alberne Allmachtsphantasie eines trotzigen Manbabys liest (inklusive plumper und plakativer Sozialkritik). Dass Kleudgen die faszinierende Welt des Blocks hinter sich lässt und gleich wieder in die Realität (und damit auch zu den anfänglichen Schwächen) zurückkehrt, ist wirklich bedauerlich.

    Fazit: "Der Riss in der Wirklichkeit" ist eine einzige Berg- und Talfahrt. Trotz der vielen Mängel (schwieriges Frauenbild, viele Klischees und Wiederholungen, lahmes Finale) hat mich die Novelle aber gut unterhalten. Die eigentliche Prämisse ist interessant und die (alp)traumähnliche Atmosphäre gelingt Knoke und Kleudgen absolut perfekt. Die Geschichte bleibt dennoch deutlich hinter ihrem Potential zurück. Mit einem bessern Ende hätte das hier richtig groß werden können.

    Okay, "Pickman's Model" fand ich besser als erwartet.

    Gedreht wurde die Episode von Keith Thomas. Von ihm kannte ich bisher nur seinen Debütfilm "The Vergil", der ja durchaus das Potential gehabt hätte, so etwas wie die jüdische Version von "Get Out" zu werden, am Ende dann aber doch zu sehr auf Nummer sicher ging und in der üblichen Jumpscares-Parade mündete. Bei seiner Lovecraft-Adaption macht er mMn aber gar keinen so schlechten Job.

    Die Geschichte gibt es natürlich nicht her, daraus einen 60minütigen Film zu machen, deswegen wird hier noch jede Menge dazu gedichtet. Glücklicherweise bläht man das Ganze dabei aber nicht (wie so oft) durch banale Nichtigkeiten auf, sondern ergänzt die Handlung durch weitere Horrorelemente: Pickmans Bilder lösen hier bei ihren Betrachtern starke Wahnvorstellungen aus, treiben sie systematisch in den Wahnsinn und lassen sie schließlich schreckliche Dinge tun (Selbstverstümmelung, Kannibalismus etc.). Zusätzlich legt Thomas den Fokus noch etwas stärker auf Pickmans Familiengeschichte bzw. Verbindung zu Salem.

    Das gnadenlose Ende fand ich ebenfalls ganz gut, auch wenn der Trailer hier schon zu viel vorweggenommen hat und es die letzte Einstellung nicht unbedingt gebraucht hätte. Das Finale von "Sieben" hat damals schließlich auch funktioniert, obwohl oder gerade weil man den Kopf von Gwyneth Paltrow nicht gesehen hat. Thomas hält hier stattdessen voll drauf.

    Absoluter Tiefpunkt war aber sicher das titelgebende Model/Monster, das viel zu comichaft aussah, so wirkte, als hätte man es aus Tim Burtons "Beetlejuice" geklaut und die zuvor aufgebaute Stimmung doch ziemlich unterminierte. Ganz schreckliches und unpassendes Creature-Design!

    Trotzdem war die Episode wirklich okay und auch die Beste die ich bisher gesehen habe. Es gibt sicher gelungenere Lovecraft-Verfilmungen, aber auch wesentlich schlechtere... Deine Meinung, Filli?

    Der Film ist ganz nett, kann aber bei weitem nicht mit der großartigen Buchvorlage von Shirley Jackson mithalten. Die schräge und latent surreale Atmosphäre, die die Autorin dort erzeugt, geht bei der Verfilmung jedenfalls komplett flöten.

    Inzwischen auch gesehen.

    Unheimlich ist das Ganze wirklich nicht, eher eine reine Satire. Die Botschaft ist dabei allerdings extrem flach und die Figuren völlig überzeichnet. Ganz so katastrophal wie Filli fand ich "The Outside" dann aber trotzdem nicht, denn es gab durchaus ein paar gute Ansätze: Eine Frau, die jemand anderes sein möchte, sich mit ihrem Fernseher unterhält und immer mehr in den Wahnsinn abrutscht. Das hatte doch schon leichte "Requiem for a Dream"-Vibes, auch wenn Amirpour nie die Intensität von Darren Aronofsky erreicht.

    Und auch in Sachen Body-Horror wäre definitiv mehr drin gewesen. Man darf hier jedenfalls keine cronenberg'sche Körper-Transformation erwarten. Dafür hat mich die Verschmelzung mit der "Lotion Lady" aber dezent an das Finale von Garlands "Annihilation" erinnert.

    Generell fand ich das Ende nicht so vorhersehbar wie Filli. Ich hatte eher mit einem simplen Rache-Plot (und anschließender taxedermischer Behandlung der Opfer) gerechnet, aber es wurde dann doch etwas schräger. Zur entrückten Stimmung trägt sicher auch die Kamera bei, die den Figuren permanent mitten im Gesicht hängt. Und Kate Micucci, die man ansonsten primär nur in Comedy-Rollen sieht, liefert mMn ebenfalls eine überzeugende Performance ab.

    Wirklich gut ist das trotzdem alles nicht...


    "Cabinet of Curiosities" bleibt (nach den zwei Folgen, die ich gesehen habe) also weiterhin recht unterdurchschnittlich. Inzwischen erwarte ich da auch keine Steigerung mehr. Nur in die Episode von Panos Cosmatos setzte ich noch große Hoffnung. Heute Abend geht es bei mir aber erst mal mit der Lovecraft-Adaption "Pickman's Model" weiter. Auch wenn ich bezweifele dass man diese Geschichte wirklich gut verfilmen kann...