Beiträge von Arkham Insider Axel

    Karl Dove: Die Kobra [nur auf Einband als „Cobra“ geschrieben). Südafrikanische Erzählungen

    Leinen, 115 Seiten

    Hapke & Schmidt Verlag. Berlin 1911




    Der Name Karl Dove (1863 – 1922) taucht auf Webseiten wie decolonize jena! oder freiburg-postkolonial.de auf. In beiden Orten hat der Kolonialgeograph und Afrikaforscher gelehrt. Neben seinen landeskundlichen und akademischen Schriften im Sinne des Kolonialismus’ veröffentlichte er auch ein schmales belletristisches Werk. Der Band Die Kobra. Südafrikanische Erzählungen (1911) fiel mir bei einem antiquarischen Streifzug in Hameln in die Hände. Er enthält vier Kurzgeschichten, die ich bezeichnen möchte als phantastisch anmutende Abenteuererzählungen.


    Inhalt

    In der Titelgeschichte „Die Kobra“ plant ein englische Hauptmann, die Tochter eines indischen Schlangenbeschwörers zu rauben und zu heiraten. Der erboste Vater schirmt das Mädchen ab, dem Engländer wird eine tödliche Prophezeiung gemacht. Bei einem merkwürdig zufälligen Aufeinandertreffen aller Beteiligten in Südafrika erfüllt sich die Vorhersage. „Auf unbekannten Pfaden“ spielt an der südwestafrikanischen Walfischbucht, in deren Hinterland ein deutscher Abenteurer eine sagenhafte Oase entdeckt. Hier führt ein vergessener Stamm von „Buschmännern“ ein ungestörtes Dasein. Der Entdecker wird freundlich aufgenommen, darf aber nicht zurück in die Zivilisation. Sein Fluchtversuch endet tödlich, doch erfährt die Nachwelt dank seiner Aufzeichnungen von dem Wunderland. In der „Hottentottbai“ liegt ein altes, gestrandetes Piratenschiff. Es enthält einen reichen Schatz aus Gold und Elfenbein. Nur als Luftspiegelung erblickt die Mannschaft eines Schoners dieses Schiffsgespenst. Ein in der Navigation erfahrener Matrose peilt den wahren Standort der Fata Morgana an. Er kann den Schatz heben und ist ein gemachter Mann. „Ein Abenteuer in den Hexbergen“ berichtet von blutrünstigen Eingeborenen in der Kapkolonie. Deren Zauberer tötet die hier siedelnden Buren und reißt ihnen die Herzen aus der Brust, um sie für kultische Handlungen zu verwenden. Auch Kinder fallen den als Teufeln bezeichneten „Buschmännern“ zum Opfer. Die Siedler rüsten sich zu einer Strafexpedition und räuchern ihre Feinde in einer Höhle aus. Als man sie anschließend untersucht, findet man auch den Zauberer: Um seinen Hals hat er die Herzen der Getöteten baumeln.


    Eindruck

    Mit seinen Stories bewegt sich Karl Dove in der Nachbarschaft zu Abenteuerschriftstellern wie Henry Rider Haggard, Arthur Conan Doyle oder John Buchan. Mit diesen teilt er den süd- bzw. südwestafrikanischen Schauplatz und die koloniale Sichtweise, die er am Ende jeder Geschichte mittels einer Erkenntnis oder Moral noch betont. Durch die Schilderung von Geheimnis, Mord und Missetat jagt Karl Dove seiner Leserschaft Schauer über den Rücken. Das geht soweit, dass – wie in „Ein Abenteuer in den Hexbergen“ – schlimmste Gewalt gegen die Ureinwohner (hier das in Namibia beheimatete Volk der San) als gerechtfertigte Sühne erscheint.


    Fazit

    Karl Doves Die Kobra ist ein ebenso abseitiges wie bedenkliches Werk deutscher Unterhaltungsliteratur der Kaiserzeit. Unter dem Deckmantel der phantasievollen Abenteuererzählung verbirgt sich eine tendenziöse und rassistische Art der Darstellung als rücksichtslose Kolonialpropaganda. Das Buch steht in der Hinsicht nicht besser da als Perceval Gibbons Was Vrouw Grobelaar erzählt und wird daher – wie dieses – nicht empfohlen, sondern lediglich vorgestellt.

    Zitat

    „Empusion“ von Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk spielt wie „Der Zauberberg“ in einem Sanatorium. Im Gegensatz zu Thomas Manns Opus Magnum werden Themen wie die sexuelle Identität in dieser brillanten Geschichte aber raffiniert verhandelt.


    „Empusion“ ist allerdings rund 100 Jahre nach Veröffentlichung der berühmten Vorlage keine tiefe Verbeugung, sondern eine so ehrfurchtslose wie raffinierte Erwiderung. Themen wie Eros, Natur, Tod und Weiblichkeit werden hier gegen den Strich gebürstet. Schon formal kommt der Roman radikal anders daher. Olga Tokarczuk wählt für ihre Coming-of-Age-Geschichte über den 24-jährigen polnischen Studenten Mieczyslaw Wojnicz die Gattung des Schauerromans – kaum ein Genre könnte im Zusammenhang mit Thomas Mann bizarrer (und humorvoller) anmuten.

    Habe eine Besprechung des Buchs in der ZEIT gelesen. Die Kommentare oben stammen allerdings von Olga Hochweis' Beitrag für den Deutschlandfunk:

    Olga Tokarczuk: „Empusion“Die schlesische Variante des „Zauberberg“

    Kann mir gut vorstellen, dass das auch etwas für Nils und Arkham Insider Axel sein könnte.

    Oh, das ist übel my dear! Ich hatte das Suhrkamp-Buch einige Jahre hier herumstehen: "hatte", weil verschiedene Expeditionen in meine Bibliothek heute nachmittag nichts mehr zu Tage gefördert haben. Ich erstand den Band von einem Phantastik-Sammler, der einige Jahre auf dem Dortmunder Flohmarkt verkaufte; kann mich noch gut daran erinnern. Allerdings törnte mich dieses nichtssagende Design des Taschenbuchs regelmäßig ab – nie kam ich in Stimmung, mich mal in das Werk zu vertiefen. Jetzt, ja jetzt hätte ich einen hervorragenden Grund zur Lektüre gehabt …


    Ich tu mal den Eintrag zu Hamelink aus dem Lexikon der phantastischen Literatur hier anhängen. Mehr kann ich leider gerade nicht liefern. Asche auf mein Haupt.


    Stark, vielen Dank fürs Teilen!


    Habe mir schon von Nils berichten lassen … und tatsächlich hatte ich den Gedanken gewälzt, auch nach HH zu fahren. Aber entweder wäre ich auf der stundenlangen Hinfahrt irgendwo verreckt oder bei der nächtlichen Heimreise wer weiß wo in der niedersächsischen Provinz hängengeblieben – die Vernunft siegte schließlich und ich hielt brav die Füße still.


    Es wäre sicherlich nicht verkehrt für solche Trips ein kleines Polster zu haben. Um sich auch mal eine Fahrt mit einem Schnellzug gönnen zu können. Obwohl auch die recht unzuverlässig fahren …

    Wozu den SuB immer weiter auftürmen? Was reinkommt, wird gleich gelesen – und hier vorgestellt.


    Gesamteindruck

    Der Band enthält 11 (teils sehr kurze) buchstäblich „wunderbare“ Erzählungen. Tatsächlich konfrontiert uns Maurice Renard fast immer mit einem Wunder. Dass dieses oftmals naturwissenschaftlich bestimmt ist, rechtfertigt seinen Status als Science Fiction-Erzähler. Eher fern stehen ihm die religiöse Gefühlsduselei oder morbiden Vorlieben des Symbolismus oder der Dekadenz. Stattdessen leben die Geschichten von ihrer Tragikomik und einem ausgeprägten Gespür für skurrile Typen. Besonders in seinen anekdotenhaften Texten nimmt Renard den Kleinmeister John Flanders/Jean Ray vorweg (der ihm ja mit „Der Sessel“ seine Reverenz erwies, siehe hier im Forum den Band Eine böse kleine Nachtmusik).

    Inhalt

    Die Sängerin

    Eine Opernsängerin schlägt das Publikum mit ihrer Stimme in den Bann. Nur zu Gesicht darf sie keiner bekommen … In der mondänen Umgebung der Côte d’Azur angesiedelt, wirkt diese Geschichte wie die literarische Umsetzung eines Gemäldes von Arnold Böcklin (à la „Triton und Nereide“).


    Der Frosch

    Ein Dreizehnjähriger wird zum ersten Mal in seinem Leben mit dem Mysterium des Todes konfrontiert, dargebracht an einem ebenso merkwürdigen wie makabren Fall. Die Perspektive des Jugendlichen macht diese Schulgeschichte (denn auch darum handelt es sich) zu etwas Besonderem.


    Das wunderbare Rätsel

    Kann ein Radio aus der Vergangenheit senden? Oder Gedankenwellen übertragen? – Ein literarisches Experiment mit offenem Ausgang.


    Die Klingel

    In der skizzenhaften Erzählung jagt ein Greis den Gespenstern seiner Kindheit nach. Gerade in dieser Form zeigt sich Renards psychologisches Geschick für seine Figuren prägnant und treffsicher.


    Ins Dunkel lauschen

    1. Weltkrieg, die Stadt Reims liegt unter schwerem deutschen Beschuss. Einen Leutnant auf Urlaub zieht es in sein halb zerstörtes Elternhaus. Inmitten des Chaos’ von Glassplittern, zerstreutem Mobiliar und offenliegenden Leitungen klingelt auf einmal das Telefon. Wer um alles in der Welt kann hier und jetzt anrufen?

    :!: Highlight Numéro 1 :!:


    Wer weiß?

    Eine unglaubliche Begegnung im Drogenrausch. Die Frage nach Wahrheit oder Vision bleibt unentschieden.


    Bloomstetters exzellenter Scherz

    Man mache sich nicht über Gespensterfurcht lustig! Und spreche geistigen Getränken maßvoll zu! Andernfalls kann einem das Lachen ganz schnell vergehen.


    Das Versehen der Madame D’Estrailles

    Ein amouröses Abenteuer in einer verwunschenen Waldgegend, den Zauber eines Kunstmärchens versprühend. Gewissermaßen das passende Gegenstück zu der Geschichte „Die Sängerin“. Auch hier: Erinnerungen an Gemälde von Arnold Böcklin oder Franz von Stuck.

    :!: Highlight Numéro 2 :!:


    Die Entdeckung

    Eine bahnbrechende Entdeckung steht bevor – vereitelt, verdorben durch eine unbedachte Geste, die ihren Erfinder zurückschrecken lässt. Technik trifft Tragik: ein immer wiederkehrendes Thema bei Renard.


    Der mausgraue Schal

    Eine alte Prinzessin hortet auf dem Dachboden den Schatz ihrer getragenen Kleider. Nur ein Accessoire vermisst sie: Faustpfand einer längst vergangenen Liebelei. Da stellt sich ein Besucher ein – kann er die Sehnsucht der Prinzessin nach dem Kleidungsstück stillen?


    Der Mann, der unsichtbar sein wollte

    Eine Weiterführung der Idee aus H. G. Wells Roman Der Unsichtbare. Damit markiert Renard unmissverständlich einen weiteren Einfluss. Auch in dieser längeren Erzählung halten sich das Komische und das Tragische die Waage, während das phantastische vom grotesken Element auf den zweiten Platz versetzt wird. Was an der Güte der Story freilich nichts ändert.

    :!: Highlight Numéro 3 :!:


    Fazit

    Wieder einmal haben uns Robert N. Bloch und Manfred Petry mit diesem Privatdruck eine Freude bereitet. Auswahl und Aufmachung des Buchs würdigen Maurice Renard berechtigterweise als einen Klassiker der französischen Phantastik. Die Übertragung ins Deutsche finde ich durchweg gelungen. Nicht, dass ich sie mit dem Original vergleichen könnte. Aber der Ton, wie ihn wohl auch ein zeitgenössischer Übersetzer gewählt hätte, ist sehr gut getroffen und liest sich angenehm. So dass auch in dieser Hinsicht dem Buch eine ebenso erfolgreiche Aufnahme zu wünschen ist, wie sie Der Fluch des Wolfs von Erckmann-Chatrian erfuhr.

    Hat jemand in der Runde schonmal was vom Chaosium-Verlag gelesen?

    Es gibt dort einige Cthulhu-Anthologien.

    Reisebedingt kann ich mich erst jetzt zu Wort melden.


    Ich habe einige von den Büchern und bin froh darüber, da sie ganz gut die sogenannten Zyklen abbilden, die sich im Zuge des Cthulhu-Mythos geformt haben.

    • Der Band Nameless Cults deckt z. Bsp. Robert E. Howards cthuloide Mythos-Geschichten ab (Foto 4)
    • Der Hastur Cycle ist dem König-in-Gelb-Mythos (Robert W. Chambers, Ambrose Bierce) gewidmet (Foto 2)
    • The Book of Iod bringt einen ganzen Schwung Erzählungen von Henry Kuttner (Foto 3)
    • Das Buch The Disciples of Cthulhu von Edward P. Berglund ist freilich auch vor langer Zeit schon auf Deutsch erschienen und meine Wenigkeit hat sich im Forum der Deutschen Lovecraft Gesellschaft e. V. darüber ausgelassen. Die hier gezeigte Chaosium-Ausgabe ist eine erweiterte Neuauflage der erstmals 1975 erschienenen Sammlung.


    Aufmachung und Lesbarkeit

    Es handelt sich um Taschenbücher mit okayem Satz. Stilechte Vignetten und Zierleisten lockern das Ganze optisch auf (Festa hat sich bei seinen frühen Bänden wohl davon inspirieren lassen). Dankbar bin ich auch für die Vorworte von Robert M. Price oder S. T. Joshi, die die Stories und ihre AutorInnen einordnen.


    Fazit

    Besteht die Möglichkeit, an eins oder mehrere von diesen Büchern zu kommen – so würde ich zugreifen.





    See you in Hell: Black Metal in Norwegen

    Aus dem Sendungsmanuskript:


    Zitat

    Wir können heute über Black Metal reden, wie wir über Knut Hamsun reden, über Edvard Grieg oder Edvard Munch. Es ist ein kulturelles Phänomen, und auch ganz normale Menschen müssen begreifen, wie wichtig dieser Teil der norwegischen Geschichte ist.

    Das ist schon bemerkenswert; ein ähnliches Phänomen fällt mir für den deutschsprachigen Raum jedenfalls nicht ein. Ich halte "dem" Black Metal zugute, dass durch die Musik auch wieder gewisse klassische nordische Künstler (etwa durch Cover-Artworks) vermehrt Aufmerksamkeit erhielten. Vor allem denke ich an John Bauer (Schweden) und Theodor Kittelsen (Norwegen).

    MAURICE RENARD EINLADUNG AN DIE FURCHT Seltsame Geschichten

    Ausgewählt und aus dem Französischen übertragen von Manfred Petry




    Das Froschschenkel-Experiment, wobei ein toter Frosch durch Einleitung von elektrischem Strom dazu gebracht wird zu hüpfen, ist eine beliebte Vorführung im Schulunterricht. Was wäre, wenn dieses Experiment auf den Menschen übertragbar wäre? Das fragt sich Maurice Renard (1875-1939) in der Erzählung „Der Frosch”.


    Maurice Renard gilt als französischer Klassiker der Science Fiction und unheimlichen Phantastik durch die Romane Der Doktor Lerne (1908), Die blaue Gefahr (1912) und Orlacs Hände (1920). Nur ein geringer Teil seiner seltsamen und unheimlichen Kurzgeschichten wurden bisher ins Deutsche übertragen. Einladung an die Furcht versammelt elf Erzählungen dieser Couleur — sämtlich in Deutschen Erstveröffentlichungen!

    Der Band enthält die Erzählungen "Die Sängerin", "Der Frosch", "Das wunderbare Rätsel", "Die Klingel", "Ins Dunkel lauschen", "Wer weiß?", "Bloomstetters exzellenter Scherz", "Das Versehen der Madame "D'Estrailles", "Die Entdeckung", "Der mausgraue Schal", "Der ;Mann, der unsichtbar sein wollte".


    ERSTE AUSGABE

    Illustrierte Broschur mit 158 Seiten

    Limitierte Auflage von 90 Exemplaren

    Preis: Euro 19,-

    Versand (Deutschland): Euro 2,-

    Versand (EU): Euro 7,-

    Das Buch ist ab sofort lieferbar!

    Inzwischen können Sie auch das Lexikon "Eine Bildergalerie vergessener Phantasten" direkt bei mir bestellen. Preis: Euro 49 + Versand.

    Besuchen Sie meine Website über alte Krimis und Phantastica http://www.todspannung.de

    Ich habe ein weiteres Hanstein-Buch gelesen, das sich schon gefühlt ½ Ewigkeit in meiner Bibliothek befindet:

    Im Reiche des goldenen Drachen. Reise-Erzählung aus dem Inneren Chinas. Von Otfrid von Hanstein [1919]. Erster Band: Durch die Höhlen und Schluchten des Wu-tai-Shan.

    Es handelt sich um den ersten Teil einer insgesamt dreiteiligen Romanreihe, die Hanstein für den Leipziger Verlag Gustav Fock verfasste. Wie ich sehe, gibt es einen Band auch als Neubearbeitung des Ueberreuter Verlags von 1979 sowie einen aus dem Safari Verlag von 1931.



    Ausgangslage und Schauplätze

    Das Buch kreist um die Abenteuer einer kleinen Reisegruppe im „Inneren Chinas“. Diese besteht im Kern aus dem deutschen Erzähler, der zuletzt als Lehrer in Peking arbeitete, dem Spanier Don José sowie ihrem treuen chinesischen Diener Ta-kl. Schauplätze sind das nordchinesische Wutai Shan-Gebirge, durch dessen Schluchten man sich hindurch zum Hwang-Ho, dem Gelben Fluss, schlägt. Der Band endet mit der Passage durch die Chinesische Mauer, jenseits derer die Wüste Gobi neue Erlebnisse verheißt – jedenfalls für den Folgeband.


    Handlung

    Das Hauptärgernis unserer Freunde besteht darin, dass ihre ursprüngliche Reiseerlaubnis aus Peking zwischenzeitlich annulliert wurde. Mit einer Mischung aus Maskerade und Versteckspiel versuchen sie, sich dem drohenden Zugriff der Behörden zu entziehen. Zäh wird das ursprüngliche Ziel verfolgt, in die bisher nur wenigen Europäern bekannten Gegenden im Osten des Landes vorzudringen. Wie bei Karl May sind es nicht unbedingt immer Kampf- und Schlagkraft, mit der sich die Helden aus brenzligen Situationen befreien. Selbstbewusstes Auftreten, List oder ein gepflegter Rückzug sind oft des bessere Mittel der Wahl. Freilich ist auch einmal der Ansturm eines reißenden Gebirgsflusses zu überstehen oder ein Kampf mit wilden Leoparden auszutragen.


    Eindruck

    Die Regierung in Peking ist offenbar sehr darauf bedacht, die Reisepläne unserer Expedition zu vereiteln. Woraus der Chronist einen veritablen Fremdenhass macht und die Bezeichnung von den „fremden Teufeln“ gehört bald zum guten Ton aller, die den Europäern Übles wollen. Gewöhnungsbedürftig (und veraltet) ist die deutsche Transkription der chinesischen Namen – selbst der Setzer hatte hier bisweilen Probleme, so dass Städte und Eigennamen mal so, mal so geschrieben werden. Die Handlung selbst ist recht gedrosselt und insgesamt arm an Action. Dafür gibt es immer wieder Schilderungen des chinesischen Kulturlebens: der Besuch einer Opium-Höhle, die Besichtigung einer Seidenraupen-Zucht, einen nächtlichen Fischfang, eine traditionelle Begräbniszeremonie usw.



    Zitat

    Zitat

    „Es gibt also auch zuverlässige und treue Chinesen.“

    „Sogar viele, lieber Don José. Sie sind anders als wir und manches an ihnen erscheint uns wunderlich, aber sie sind ein fleißiges, genügsames Volk, und wenn sie die Fremden hassen, dann liegt wohl auch vieles an diesen selbst. Sie kommen eben als Herren in das Land und wollen sich darin festsetzen. Sie verletzten vielfach die überaus große und empfindliche Höflichkeit der Chinesen. Aber darum sind diese nicht schlecht. Im Gegenteil, sie sind oft auch sehr ehrlich, und besonders im geschäftlichen Leben von großer Höflichkeit und Gewissenhaftigkeit. Alles in allem, das Volk hat eine große Zukunft.“

    Fazit

    Unterhaltsames, wenn auch etwas zähflüssiges Abenteuerbuch im Stil der Zeit. Dass allerlei folkloristische Klischees gepflegt werden, darüber lässt sich hinwegsehen. Bedeutender wiegen diejenigen Versuche des Autors, Verständnis und Anteilnahme der fremden Kultur zu zeigen. Positiv ins Gewicht fällt zudem der Mix aus Mutterwitz und Galgenhumor, mit dem der Erzähler manch haarsträubende Episode kommentiert. Ich vergebe 3 von 5 Daumen.


    :thumbup::thumbup::thumbup:

    Arno Schmidt in der ARD-Audiothek

    Sehr hilfreich, vielen Dank. Die Sitara-Produktion ist wunderbar, ich hörte sie schon 2017 — und kann sie immer wieder hören.


    Sodann habe ich mir heute früh Schwarze Spiegel angehört. Mein Eindruck: solide, auch wenn ich fürchte, dass in dieser etwa anderthalbstündigen Bearbeitung viele Feinheiten unter den Tisch gefallen sind.

    Anlässlich der Ausstellung im Olympiapark in München zum 100-jährigen Gründungsjubiläum der Disney Comapagnie: ein Essay von Georg Seeßlen in der Zeit (der Autor wurde auch schon hier im Forum gefeatured: Romantik & Gewalt).


    Ich sage mal: eine kritische Würdigung, die durchaus nicht die Ecken und Kanten dieses Riesenbetriebs verschweigt. Ein Betrieb – anders kann ich es mir fast nicht denken – der wohl bei uns allen Spuren hinterlassen hat. Erst am Samstag unterhielt ich mich mit einem Gleichgesinnten über die legendäre Übersetzerin Dr. Erika Fuchs. Dann fiel mir ein, dass ich mir vor einigen Monaten aus einer Laune heraus ein Lustiges Taschenbuch an der Supermarktkasse kaufte, welches eine Comic-Adaption von Jules Vernes 20.000 Meilen unter dem Meer brachte.


    Zitat

    Das Kernstück des Disneyanismus, natürlich, ist der American Way of Life. Die Entstehung einer neuen Gesellschaft aus dem Geist der Rebellion, dem Geist der Pioniere, dem Geist der demokratischen und ökonomischen Gemeinschaft. Genauer gesagt: Disney stand für die Essenz der weißen, angelsächsischen, protestantischen Familie mit zugleich traditionellen und progressiven Vorstellungen und Rollenmodellen. Im heißen Herzen der Disney-Mythologie steckte die industrielle Wiederverzauberung des Alltags, die Transformation des Märchens aus Europa in die Fantasy aus der angelsächsischen Tradition, das Wunder als Antwort auf die Trivialisierung des Fortschritts.

    Also das interessiert mich, ich bin dankbar für den Hinweis! Entstanden mit deutscher Beteiligung und entsprechenden Fördermitteln. Gedreht u. a. in Babelsberg.


    Diese im Roman recht nebulös (deshalb um so eindringlicher) dokumentierte Episode ist für mich eines der Highlights der ganzen Story. Es handelt sich, wenn ich recht sehe, um jene Geschehnisse, die Mina Murray in ihrem Tagebuch abheftet, namentlich die Berichte aus dem Daily Telegraph, welche wiederum auf dem Logbuch der Demter basieren.


    Ja, diese tödliche Überfahrt ist überhaupt einer der crucial Aspekte des Buchs, weil sich hiermit der Einzug des Vampyrs in die zivilisierte Welt vollzieht. Sehr richtig wurde auch in dem Nosferatu-Film Wert darauf gelegt. Und nicht umsonst ist eines der berühmtesten Bildes dieses Films jenes, welches den Nosferatu auf Deck stehend zeigt (aus der Froschperspektive).


    Schiff-Filme liebe ich eh und somit habe ich eine recht hohe Erwartung an den Streifen. Mal schauen, ob und wie sich diese erfüllen lässt.

    Roky Erickson - The Evil One

    Auch ich bekenne mich als Roky-Fan. Bin heute morgen schon in den Keller hinabgestiegen, um meine alte Tape-Sammlung zu durchforsten: Eine Seite Roky Erickson & The Explosives Live, andere Seite Bo Diddley … das Tape habe ich irgendwann in den 2000ern erhalten und es lief damals rauf & runter. Auch erinnere ich mich, einen Artikel über Roky aus dem Rock Hard archiviert zu haben. Fragt sich nur wo.